StZ: Bahn hofft auf Grundsteinlegung im Juli

Noch in der Unterlage an den Aufsichtsrat war laut den Stuttgarter Nachrichten enthalten, dass mit einer Genehmigung der Bodenplatte des „Tiefbahnhofs“ nicht vor Juli 2017 gerechnet werden kann. Ursprünglich waren die Betonierarbeiten für Frühjahr 2015 geplant. Wir hatten im Zuge unseres Berichts zum Baustand rund um den geplanten Tiefbahnhof darüber berichtet.

Jetzt meldete die Stuttgarter Zeitung in ihrer gestrigen Printausgabe (hier), dass die Bahn auf eine feierliche Grundsteinlegung im Juli hofft. Das Eisenbahn-Bundesamt habe am Freitag das Betonieren der 1,5 bis 2,5 Meter dicken Bodenplatte für die 400 Meter lange Bahnhofshalle freigegeben.

So schreibt die StZ: „Nur einen Tag nach Kefers Bekenntnis zum milliardenschweren Umbau des Stuttgarter Bahnknotens ist der Projektgesellschaft ein lang erwartetes Schreiben ins Haus geflattert. Das Eisenbahn-Bundesamt hat das Betonieren der Bodenplatte im Durchgangsbahnhof nach zähem Genehmigungsprozess freigegeben. Zuletzt hatte die Bahn noch den Nachweis erbringen müssen, dass der Beton den Temperaturschwankungen in dem Bahnhof standhält. „

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Die Genehmigung kommt überraschend. Noch am Donnerstag war weder auf der Pressekonferenz noch in der Präsentation der Bahn auf dem Lenkungskreis, über die wir noch berichten werden, von einer Genehmigung der Bodenplatte und der Grundsteinlegung des „Tiefbahnhofs“ die Rede.

Laut StZ wird noch eine weitere Ausnahmegenehmigung entlang der Bahnhofshalle benötigt „an der Stelle, an der der Bahnhof über den bestehenden S-Bahngleisen auf einer Brücke liegt. Wegen der Komplexität des Bauwerks wird die Wartung dieser ­Brücke erschwert, was ebenfalls eine ZIE nötig macht.“ (siehe auch dazu Links im PS-Forum)

Die DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH hat bis heute zur  überraschenden Baufreigabe der Betonplatte und einer kurzfristig angesetzten Grundsteinlegung im Juli noch keine Pressemitteilung mit näheren Informationen herausgegeben. Wir werden dann noch unseren Beitrag ergänzen.

Update 5.7.2016: Die Projektgesellschaft bestätigt in einer Pressemeldung die Freigabe der Bodenplatte der Bahnsteighalle.

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Verwaltungsgerichtshof lehnt Eilantrag wegen nächtlichen Meißelarbeiten ab

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württenberg (VGH) hat den Eilantrag der Eigentümerin aus Untertürkheim abgewiesen. Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtete darüber. Bislang liegt der klagenden Eigentümerin und den Netzwerken nur die Pressemitteilung vor. Sobald der Beschluss des VGH mit der ausführlichen Begründung eintrifft und ausgewertet ist, werden wir darüber berichten.

Der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass das die Anwohner den sekundären Lärm durch die nächtlichen Meißelarbeiten zu dulden haben. Dieser sei nicht von der Planfeststellung erfasst. Daher sei auch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) nicht verpflichtet im Vorfeld der Bauarbeiten über die Schutzmaßnahmen zu entscheiden.

Für jeden Anwohner, der noch ein Funken Vertrauen in die Planfeststellungsverfahren für Stuttgart 21 hatte, ist diese Argumentation des VGH ein Tiefschlag. Die Beeinträchtigungen durch den  sekundären Luftschall wurden damals komplett ausgeklammert, weil der Gutachter bescheinigt hatte, dass die unterirdischen Tunnelvortriebsarbeiten außer Erschütterungen durch Sprengungen keine Belästigung der Anwohner mit sich bringen. Vom Meißelvortrieb war keine Rede. Jetzt fällt es den Anwohnern rechtlich auf die Füße, weil dadurch das EBA zu keinen Entscheidungen über die Schutzmaßnahmen bei sekundärem Luftschall verpflichtet sei. Diese Argumentation unterhöhlt das Vertrauen in den Prozess einer Planfeststellung, in dem die grundsätzlichen Belastungen und zu ergreifenden Schutzmaßnahmen einer Baumaßnahme auch einbezogen werden müssten. Und es ist eine Einladung an öffentliche Bauherren und Aufsichtsbehörden kritische Belastungen, die mit Großprojekten verbunden sind, einfach auszuklammern.

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Keine Beeinträchtigung ab 35 Meter Überdeckung? Zu den Erschütterungen durch Sprengungen unter Degerloch und der Uhlandshöhe

Diese Woche Dienstag waren Bahnvertreter im Bezirksbeirat Degerloch. Anlass waren die Klagen der Degerlocher über die Sprengungen beim bergmännischen Vortrieb unter ihrem Stadtteil, die sie trotz der hohen Überdeckung von mehr als 110 Meter deutlich spüren. Eine Zusammenfassung der Degerlocher Obenbleben-Gruppe über die Bezirksbeiratssitzung können Sie hier lesen. Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtete über die Sitzung. Daraus ein Zitat:

„In den ersten fünf Minuten der jüngsten Bezirksbeiratssitzung haben Anwohner ihr Leid geklagt. Sie berichteten, wie sie nachts die Schläge aus dem Untergrund zählen, die von der Bahn durch Sprengungen verursacht würden. Die Degerlocher Betreuungsstadträtin Beate Schiener von den Grünen sekundierte den Bürgern. Sie habe keinen leichten Schlaf, werde aber dennoch wach, wenn für das Projekt Stuttgart 21 im Erdreich unterm Hoffeld für den Fildertunnel gesprengt wird, sagte sie“.

Die Bürger klagten vor allem, dass die über die Sprengungen nicht informiert werden. „Spengen ist kein Brotbacken“ bekamen sie laut StZ als Antwort zu hören. Dabei kündigt die Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH auf ihrer Webseite die Sprengzeiten entlang des Cannstatter Tunnels, des Feuerbacher Tunnels und des Obertürkheimer Tunnels an. Auch wenn die genannten Zeiten nach Rückmeldungen von Betroffenen in Untertürkheim nicht unbedingt mit der Sprengrealität übereinstimmen.

Auf Nachfrage des SÖS-Bezirksbeirats Michael Köstler erklärten die Bahnvertreter, dass die nächtlichen Sprengarbeiten von der Landesbergdirektion genehmigt sind. Für den bergmännischen Vortrieb unter Degerloch plant die Bahn einen Zeitraum von eineinhalb Jahren. Bislang ist nur ein Messgerät zur Überwachung der DIN 4150 in ganz Degerloch aufgestellt. Weitere Messgeräte würden folgen.

Dabei sah die Planfeststellung wie auch in den anderen vom S21-Tunnelbau betroffenen Stadtteilen nicht vor, dass Degerloch durch die Sprengungen betroffens sein sollte. Auf Seite 312 des Planfeststellungsbescheides zum PFA 1.2/Fildertunnel kann man Folgendes lesen:

PFA 1.2. Seite 312Auch die Anwohner im Wohngebiet Uhlandshöhe haben nicht damit gerechnet, dass sie von den Tag und Nacht durchgeführten Sprengungen in 70 Metern unter ihren Häusern etwas mitbekommen. Doch wir haben Rückmeldungen aus dem Netzwerk Kernerviertel erhalten, dass sich beispielsweise am Hohengeren Anwohner wegen der stark zu spürenden Erschütterungen bei den Sprengungen an die Bauinfo gewandt haben.

Man muss leider konstatieren: Die Fehleinschätzungen bei den Immissionen, die seit Planungsbeginn von Stuttgart 21 bis heute nur das Gutachterbüro Fritz verantwortet, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Projekt. Die Bahn musste bereits unzureichende Lärmgutachten einräumen und beim Lärmschutz nachbessern. Für Stuttgart 21 soll ein ganzer Bahnknoten einer Großstadt mit 59 Kilometern Tunnel unter die Erde gelegt werden. Dreiviertel davon im bergmännischen Vortrieb, bei dem auch Sprengungen eingesetzt werden. Doch die baubedingten Auswirkungen eines Sprengvortriebs wurden systematisch während der Planfeststellung mit dem Standardsatz „Ab einer Überdeckung von 35 Metern schließt die Bahn jedoch bereits vorhabensbedingte Beeinträchtigungen aus“  falsch eingeschätzt bzw. klein geredet. Die mehr als hundertzehn bzw. siebzig Meter über den Vortriebsarbeiten liegenden Wohngebiete Degerloch und Uhlandshöhe sind dafür nur ein Beispiel.

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Wo liegen die Probleme beim Bau des Fildertunnels? Über den Univortrag von Dr. Martin Wittke

Von dem insgesamt 19,8 Kilometer langen Fildertunnel sind fast zwei Jahre nach der Tunneltaufe mit 4,8 Kilometer rund ein Viertel aufgefahren; davon rund 4 Kilometer maschinell zum Bau der Oströhre des oberen Filderabschnitts zwischen Fasanenhof und Hoffeld. Seit 7. Juni läuft der maschinelle Vortrieb zum Bau der Weströhre dieses Tunnelabschnitts. Unterhalb des Kernerviertels wird seit Frühjahr 2015 am Verzweigungsbauwerk Süd gebaut, seit Februar 2016 auch zusätzlich an der Ost-Röhre des Fildertunnels Richtung Wendekaverne. Seit Mai 2016 sind die bergmännischen Vortriebsarbeiten zum Bau des mittleren Tunnelabschnitts unter Degerloch angelaufen. Die aktuellen Vortriebsstände mit den Grafiken der Projektgesellschaft finden Sie hier. Doch über die „Herausforderungen“ oder die Schwierigkeiten beim Bau dieses längsten Tunnels für Stuttgart 21 und des drittlängsten Bahntunnels Deutschlands schweigt sich die Bahn auch gegenüber den betroffenen Anwohnern weitgehend aus.

Daher möchten wir über den Vortrag von Dr.-Ing. Martin WittkeDer Fildertunnnel des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm, Planung und Bauausführung“ berichten, zu dem das geotechnische Institut der Universität Stuttgart am 25.April 2016 eingeladen hatte. Dr. Martin Wittke, nicht zu verwechseln mit seinem Vater Prof. Dr. Walter Wittke, ist Geschäftsführer der WBI GmbH. Als Tunnelbauspezialisten betreuen sie sowohl in der Planung als auch in der Bauausführung alle Tunnel von Stuttgart 21 und bis auf den Alb-Abstiegstunnel und den Albvorlandstunnel auch die der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm.

Beim Bau der beiden jeweils 9,5 Kilometer langen Röhren des Fildertunnels sollen fast alle Schichten durchfahren werden, die im Stuttgarter Raum vorkommen (Grafik). Der Fildertunnel wird als einziger Tunnel bei Stuttgart 21 sowohl konventionell als auch mit der Tunnelvortriebsmaschine aufgefahren (Grafik). Seinen Vortrag, der einen groben Einblick in die Herausforderungen dieses Tunnelsbaus geben sollte, gliederte Dr. Wittke nach den drei durchfahrenden geologischen Schichten Lias, Stubensandstein und den Schichten des Gipskeupers. Wir haben diese Schichten der besseren Verständlichkeit jeweils den drei Abschnitten und des Anfahrbereichs des Fildertunnels zugeordnet und mit unseren Anmerkungen ergänzt.

Unser Fazit: Sein Vortrag vor Studenten und Fachleuten brachte für uns einige neue Erkenntnisse beim Bau des Fildertunnels in den verschiedenen Gesteinsformationen. Aber auch über die Schwierigkeiten beim Bau des oberen Fildertunnels und des westlichen Verzweigungsbauwerks, die die Bahn leider nicht transparent kommuniziert. Auch ließ Dr. Wittke kritische Punkte zur Arbeit seines Ingenieurbüros WBI als Sachverständige für den Tunnelbau unerwähnt.

Hier unsere Zusammenfassung des Vortrages. Die Fotos der meisten gezeigten Folien mit den Grafiken finden sie unter schaeferweltweit. Soweit sie für das bessere Verständnis sinnvoll sind, haben wir auf sie direkt verlinkt.

  1. Maschineller Vortrieb des oberen Fildertunnels (Lias / Stubensandstein)
  • Der Bau der beiden rund 4,035 Kilometer langen Röhren des oberen Fildertunnels erfolgt mit der Tunnelvortriebsmaschine. Die erste Schildfahrt zum Bau der Oströhre vom Filderportal bis nach Hoffeld startete Ende November 2014 und endete Ende Oktober 2015.
  • Die Vortriebsmaschine durchfuhr in diesem Abschnitt die geologischen Schichten des Lias und des Stubensandstein.
  • Es gibt bereits Erfahrungen mit Tunnelbauwerken in diesen Schichten (Grafik), beispielsweise die S-Bahn-Haltestellen Universität und Flughafen.

a) Lias

  • Der Lias enthält Tonsteine sowie Kalk- und Sandstein in verschiedenen Wechselfolgen mit Klüften (Grafik). Innerhalb des Lias gibt es je nach dem Verhältnis der Zusammensetzung noch weitere Unterscheidungen (Lias alpha 1- 3) mit unterschiedlichen Härte und Durchlässigkeit. Die Festigkeit im Tonstein ist nach Dr. Wittke „nicht so berauschend“.
  • Die Herausforderung im Lias sind erhöhte Horizontalspannungen im Tonstein, die als Vorlast noch aus den Zeiten herrühren als die schwäbische Alb auch im Stuttgarter Raum vorzufinden war (Grafik) und im Laufe der Zeit abgetragen wurde.
  • Dies zeigte sich auch beim Bau der S-Bahnstation Universität. Damals hatte sich die Baugrube wegen der erhöhten Horizontalspannung deutlicher verformt als dies zu erwarten war. Es gab Verschiebung von bis zu 60mm in der Mitte der Baugrube und deutliche Sohlhebung. Die Spannungen mussten daher seitlich und unter die Baugrube umgeleitet werden. Durch die erhöhte Spannung  gab es eine Überschreitung der Festigkeit. Verschiebungen hatten mehrere hundert Meter gereicht.
  • Durch das Rückrechnen dieser Bauwerke sollte für den Bau des Fildertunnels „gelernt“ werden. Nach den Erfahrungen gehen die Horizontalspannungen mit Verwitterung des Gesteins zurück.
  • Auch bei der ersten Schildfahrt zum Bau des oberen Abschnitt des Fildertunnels traten gewisse Horizontalspannungen auf. Es gab horizontale Verschiebungen Richtung Tunnel. Dabei ergaben sich weniger Senkungen als Hebungen. Die Belastungen wurden bei der Bemessung des Fildertunnels berücksichtigt.
  • Die ersten 143 Meter des Fildertunnels vom Filderportal aus wurden unter darüberliegenden Gasleitungen bergmännisch aufgefahren.
  • Normalerweise ist der Tunnelbau mit einer Tunnelvortriebsmaschine gegenüber dem konventionellen Vortrieb relativ setzungsarm. Im Fels ist das laut Dr. Wittke nicht immer der Fall. Bei der Spritzbauweise erfolgt sofort Sicherung. Beim maschinellen Vortrieb wird die Ortsbrust zwar mit dem Einbau von Tübbingen gesichert. Doch es gab in diesem Fall einen Steuerspalt von 4,5 cm, der nicht gestützt war (Grafik). Der Fels hätte sich mit Auswirkungen bis auf die Geländeroberfläche aufsetzen können. Darüberliegende Gebäude wären beschädigt worden.
  • Kritisch war nach Aussage von Dr. Wittke die Unterfahrung der Gebäude entlang der Schelmenwasenstraße am Fasanenhof, die nur in 16 Metern Tiefe erfolgte (Grafik). Zudem liegt die Tunnelröhre dort nahezu vollständig im Tonstein.
  • Die Tonsteine haben jedoch eine sehr geringe Durchlässigkeit. Dies ermöglichte den Steuerspalt mit Druckluft bis zu 2 Bar zu stützen, um die Verschiebung möglichst klein halten (Grafik).
  • Zu Beginn des maschinellen Vortriebs erfolgte keine Druckluftstützung. Dadurch ergaben sich unterhalb eines Waldstückes Senkungen bis 7 cm (Grafik). Mit Druckluftstützungen von 1 bis 2 bar konnten die Gebäude der Schelmenwasenstraße bis auf 1 bis 2mm Senkung schadlos unterfahren werden (Grafik).

b) Stubensandstein

  • Der Stubensandstein besteht aus Sandstein mit Schlufsteinen als Horizonte. Die  Festigkeit und Korrosion ist günstiger als beim Lias. Allerdings liegen die Tunnelröhren bis zu 60 Meter unter dem Grundwasserspiegel. Es herrscht ein Wasserdruck von bis zu 6 bar.
  • Über den Tunnelbau in diesen geologischen Schichten wollte Dr. Martin Wittke auch mit Blick auf die anwesenden Vertreter der Bahn nicht allzu viel erzählen.  Die Probleme deutete er jedoch an.
  • Während zu Beginn der erste Schildfahrt in den Schichten des Lias, Knollenmerkel und den Schlufstein des Stubensandstein durchschnittlich 18 Meter Vortriebsleistung pro Tag erreicht wurde, gab es in den wasserführenden Schichten des Sandstein- /Schlufstein des Stubensandsteins ein auffälliges deutliches Abknicken der Vortriebsleistung. Täglich wurden nur noch 10 Meter pro Tag erreicht.
  • Ursache für den Abfall waren Verklebungserscheinungen am Bohrkopf, die häufigere Werkzeugwechsel und damit Vortriebsunterbrechungen erforderlich machten wurden. Die durch den abgesandenden Stubensandstein verursachten Verklebung werden noch genauer untersucht.
  • Dennoch erreichte die Tunnelvortriebsmaschine mit durchschnittlich 14 Metern pro Tag aus seiner Sicht eine „gute, akzeptable“ Leistung (Grafik).
  • Anmerkung: Allerdings berücksichtigte er bei seiner Berechnung nicht den Zeitraum zwischen Anfang Dezember 2014 und Anfang Februar 2015, als die Maschine nur sehr „schwerfällig“ in Gang kam und der Vortrieb auch sofort wieder unterbrochen werden musste.  Die Stuttgarter Nachrichten führte dies auf fehlende Unterfahrungsrechte zurück. Die Ursache könnte jedoch auch aus der Druckluftstützung bei der knappen Unterfahrung der Gebäude an der Schelmenwasenstraße resultieren.

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StZ: S-21-Anwohner wollen nächtliche Baupause / Zum Eilantrag des Netzwerks Untertürkheim

Die Stuttgarter Zeitung berichtet heute (hier), dass Anwohner in Untertürkheim in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen das Eisenbahn-Bundesamt klagen. Sie fordern einen nächtlichen Baustopp bis eine förmliche Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes über die zugewährenden Schutzmaßnahmen während der monatelangen Bauzeit getroffen wurde. Geklagt hat eine Gruppe von Eigentümern des Netzwerks Untertürkheim.

Seit Monaten ist der Sprengvortrieb in den Wohnhäusern des Untertürkheimer Lindenschulviertels deutlich zu spüren. Seit mehreren Wochen kommt im Nachtzeitraum noch der nächtliche Meißelvortrieb dazu, der als sekundärer Luftschall in den Schlafzimmern ankommt und den Anwohner des Viertels den Schlaf raubt. Daher gilt vorerst bis 8. Juli das Angebot der Bahn auf Hotels auszuweichen. Dieser Zeitraum wird sicherlich verlängert werden. Wegen der nachlaufenden zweiten Röhre, die zudem noch knapper unter den Wohngebäuden gebuat werden soll, drohen weitere monatelange Belastungen. Im Alltag zeigt es sich, dass für die meisten Anwohner, insbesondere Familien mit schulpflichtigen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, ein monatelanger abendlicher Umzug ins Hotel aus organisatorischen Gründen unzumutbar ist. Bei einem Komplettumzug ins Hotel wären sie mangels einer eigenen Küche zudem gezwungen sich teuer extern zu ernähren. Ersatzwohnungen oder Entschädigungen, wie sie eigentlich der Planfeststellungsbeschluss vorsieht, werden als Schutzmaßnahme nicht gewährt.

Beauftragt wurde der Verwaltungsrechtler Dr. Tobias Lieber von der Freiburger Kanzlei Fridrich, Bannasch und Partner, der auch den BUND in der Erörterung zum Filderabschnitt vertreten hat. Auch das Netzwerk Kernerviertel hatte ihn vor zwei Jahren wegen der unzureichenden schalltechnischen Prognosen eingeschaltet. Dr. Lieber hatte auch auf einer Informationsveranstaltung der Netzwerke im Dezember 2014  in seinem Vortrag auf die Untätigkeit des Eisenbahn-Bundesamtes hingewiesen. Die Aufsichtsbehörde müsste laut Planfeststellung in einem förmlichen ergänzenden Verfahren, bei dem die Betroffenen auch informiert und angehört werden müssen, über die erforderlichen  Schutzmaßnahmen  auf Basis umfassender schalltechnischen Detailgutachten entscheiden. Diese förmliche Entscheidung, gegen die auch die Betroffenen ggf. Rechtsbehelf einlegen könnten, hat das Eisenbahn-Bundesamt nicht getroffen, sondern lediglich die von der Bahn vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen akzeptiert.

Sein Eilantrag an den Verwaltungsgerichtshof zeigt, dass das Eisenbahn-Bundesamt weiterhin untätig war.  Er beantragt im Eilverfahren das Eisenbahn-Bundesamt im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zum zum Ergehen eines vollziehbaren Planergänzungsbeschluss den nächtlichen Meißelvortrieb  zu untersagen:

Einstweilige Verfügung 1

Im Antrag wird darauf hingewiesen, dass das Eisenbahn-Bundesamt in keinem Planfeststellungsabschnitt bei Stuttgart 21 das nach der Planfeststellung erforderliche ergänzende förmliche Verfahren durchgeführt hat:

Einstweilige Verfügung 2

Dieses Verfahren ist jedoch erforderlich, um den Betroffenen ihre subjektiven Rechte zu sichern. Es könne nicht der Bahn als Bauherrin überlassen werden, ob und welche Schutzmaßnahmen sie ergreift:

Einstweilige Verfügung 3

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Ludwigsburger Kreiszeitung: „Vertrauenskrise“

Auf der Parkschützer-Seite findet man den Hinweis auf den bemerkenswerten Kommentar „Vertrauenskrise“ der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 11.Juni 2016 zu Stuttgart 21.

Daraus ein Zitat: „Stuttgart 21 steht als Chiffre wie die Dauerbaustelle BER in Berlin für eine tiefe Vertrauenskrise zwischen staatlichen Akteuren und den Bürgern. Es geht längst nicht mehr darum Recht zu behalten, da haben die S21-Kritiker die Nase meilenweit vorn. Bestürzend zu sehen mit welcher die Chupze Politiker und Bahn-Verantwortliche die kritische und in Wahrheit ziemlich gut informierte Öffentlichkeit getäuscht haben…. die Dreistigkeit, wie die Bahn AG, gestützt durch willfährige Politiker, die Öffentlichkeit bis heute an der Nase herumführt, spottet jeder Beschreibung. Noch wäre Aufgabe wahrscheinlich billiger als weiterbauen. Doch kaum jemand rechnet damit…“

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StZ: S-21-Filderabschnitt- Jede Menge Wände zum Schutz der Bürger / Was ist mit der Lärmschutzwand für Obertürkheim?

Die Stuttgarter Zeitung berichtete am Freitag (hier) über das neue Schallschutzkonzept, das die Bahn den Gemeinderäten von Leinfelden-Echterdingen präsentierte. Die hohen Schallschutzwände entlang der Schienenstrecke stießen nicht gerade auf Begeisterung. Den erhöhten Schallschutz hatte sich die Stadt mit Hilfe eines Gutachters, der die Berechnungen der Bahn massiv kritisierte, in der Erörterung zum Filderabschnitt erstritten. Wir hatten darüber berichtet. Immerhin hakt die Stadt Leinfelden-Echterdingen im Interesse ihrer Bürger sowohl bei dem Gutachten als auch bei der Umsetzungsplanung nach.

Auch in Stuttgart-Obertürkheim ist wegen zwei dicht an die Häuser des Imwegs und der Augsburgerstraße heranrückenden Gleisen für den Bahnbetrieb nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 eine 385 Meter (!) lange und vier Meter hohe Lärmschutzwand geplant.Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtete 2010 darüber.

Doch die Stadt lässt es der Bahn durchgehen, dass bis heute auf den Infoveranstaltungen nicht einmal eine Darstellung der Lärmschutzwand präsentiert wurde. Das Bündnis Zukunft Schiene schrieb in dem Bericht über die Veranstaltung: Anwohnerveranstaltung: :Am Imweg wird eine 385 Meter lange Lärmschutzwand gebaut. Sie dient nicht dem Lärmschutz während der Bauzeit, sondern im späteren Eisenbahnbetrieb. Die Frage eines Anwohners nach der Position der Lärmschutzwand können die versammelten Bahnfachleute nicht beantworten – die Karte ist nicht verfügbar“.

Die einzige Information über den betroffenen Bereich durch die Lärmschutzwand kann man einem Foliensatz der Bahn vom 3.Juni 2014 entnehmen, der allerdings nicht präsentiert wurde:

Auszug 2014 Laermschutzwand

Auszug 2014 Laermschutzwand b

 

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Bahn sprengt rund um die Uhr unter Degerloch. Erschütterungen sind über 100 Meter darüber spürbar. Tunnelvortriebsmaschine in Betrieb

In unserem letzten Monatsbericht zum Tunnelvortrieb haben wir bereits darüber berichtet. Die bergmännischen Vortriebsarbeiten von Hoffeld unter Degerloch zum Bau des 1,1 Kilometer langen mittleren Fildertunnel laufen seit ein paar Wochen. Der mittlere, bergmännische Abschnitt ist erforderlich, da im Übergang zum Anhydrit die Abdichtungsbauwerke zum Schutz vor dem Wassereintritt gebaut werden sollen. Über den Ablauf hatten wir in unseren Beiträgen über die Infoveranstaltungen in Degerloch (2014) und Stuttgart-Ost ( 2015 / 2016) berichtet.

In den letzten  Wochen wurde in der Verlängerung der maschinell hergestellten Oströhre die Strecke zwischen Hoffeld und Degerloch aufgefahren. Unter Degerloch soll dann ein Querschlag von der Oströhre zur Weströhre gebaut und anschließend die Weströhre des mittleren Fildertunnels Richtung Fernsehturm vorgetrieben werden. Durch die bergmännisch hergestellte vorgetriebene Weströhre des mittleren Fildertunnels soll dann die Tunnelvortriebsmaschine auf ihrer Fahrt Richtung Innensstadt durchgezogen werden soll.

Mittlerer Fildertunnel

Man sollte eigentlich davon ausgehen, dass bei einer Überdeckung von mehr als 100 bis 120 Metern die Sprengungen für den bergmännischen Tunnelvortrieb nicht zu spüren sind. Doch dies ist nicht der Fall. Anwohner im östlichen Teil von Degerloch, wie beispielsweise in der Pfullingerstraße und am Zedernweg, berichteten seit Mitte Mai davon, dass die Erschütterungen deutlich hör- und fühlbar sind. Wir hatten auch Rückmeldungen aus Degerloch über nächtliche Sprengungen, obwohl diese – soweit keine Ausnahmegenehmigung von Seiten der Landesbergdirektion vorliegt- im Nachtzeitraum zwischen 22 und 6 Uhr untersagt sind.

Zum 20.Juni befanden sich die bergmännischen Vortriebsarbeiten nach der von der Bahn herausgegebenen Grafik am Ortsrand von Degerloch. Die Tunnelvortriebsmaschine ist Anfang Juni gestartet und hat vom Filderportal aus maschinell die ersten hundert Meter der Weströhre des Fildertunnels aufgefahren:

Jetzt hat die Bauinfo verspätet einen Flyer über den Tunnelvortrieb und die Sprengarbeiten herausgegeben. Im Flyer heißt es: „Aus Gesprächen mit Ihnen haben wir erfahren, dass die oben beschriebenen Lockerungssprengungen offensichtlich in einem Umkreis von bis zu 300 Meter um den Vortriebsort, wahrnehmbar sind.“

Auch in dem Flyer ist davon die Rede, dass rund um die Uhr an sieben Tagen gesprengt wird. Ulrich Ebert, aktiv bei den Juristen zu S21 und Ingenieuren22, hat sich daher erneut in einer Mail wegen Verletzung des Nachtsprengverbotes sowie der Sonn- und Feiertagsruhe an das Land BW, die Stadt Stuttgart und das Eisenbahn-Bundesamt gewandt.

Am 28.Juni 2016 werden auch Bahn-Vertreter im Bezirksbeirat Degerloch über die Vortriebs- und Spengarbeiten unterhalb des Stadtteils informieren. Das letzte Mal war die Bahn vor mehr als zwei Jahren im Bezirksbeirat. Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtete darüber.

Informationen zum Bau des Fildertunnels finden Sie neben den Berichten zum Vortriebsstand u.a. in folgenden Beiträgen:  Tunnelbau ohne Zeitplan? Zur Informationsveranstaltung für den Stuttgarter Osten / Berichte über den Tag der offenen Baustelle am Filderportal und dem Zeitplan des Fildertunnels /Pressesprecher der Bahn dementiert im SWR quellfähige Anhydritschicht unter dem Fernsehturm /StZ: Tunnel unterm Fernsehturm riskant? /Alles im Plan und transparent“ – Zur Informationsveranstaltung zum Tunnelbau in Stuttgart-Ost / Fildertunnel: Tübbingtransporte und Baustart im November – Nachtrag zur Informationsveranstaltung in Degerloch

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Anwohner des Nordbahnhofviertels stellen Anzeige wegen Nichteinhaltung des Sonn- und Feiertagsgesetzes beim Baustellenverkehr für Stuttgart 21

Der Geduld der Anwohner des Nordbahnhofviertels ist jetzt erschöpft. Seit mehr als zwei Jahren machen sie darauf aufmerksam, dass entgegen den Auflagen aus der Planfeststellung Lkws für Stuttgart 21 Tag und Nacht durch ihr Wohngebiet fahren, obwohl es eine Baulogistikstraße gibt. Selbst Sonn- und Feiertags donnern die Laster durch die engen, zum Teil mit Kopfstein bepflasterten Wohnstraßen.

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Auch die Stadt Stuttgart duldet dies. Dabei hatte Ordnungsbürgermeister Marin Schairer auf den Brief der Nordlichter vom 25.Juli 2015  in seinem Antwortschreiben vom 26.August 2015 eigentlich unmissverständlich bestätigt, dass der Lkw-Verkehr zur Anlieferung des Betons nicht durch das Wohnviertel erfolgen darf. Das Eisenbahn-Bundesamt antwortete den Nordlichtern erst nach einem Vierteljahr , konnte keine Verstöße feststellen und erklärte sich nicht für zuständig, die Auflagen aus der Planfeststellung zu überwachen.

Gestern haben Vertreterinnen der Nordlichter und zahlreiche weitere Anwohner/Eigentümer des Viertels eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die Bahn, die beauftragten Bauunternehmen, dem Eisenbahn-Bundesamt und der Stadt Stuttgart wegen der Nicht-Einhaltung des Sonn- und Feiertagfahrverbotes für Lkw erhoben. Sie fordern „zum Schutz der Bürger vor unzulässigem Lärm geltenden Vorschriften, Verletzung der Sonntagsruhe und der einschlägigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung“ die sofortige Unterlassung.

Lesen Sie hier die mehrseitige Anzeige „gegen die Verantwortlichen für vielfache Verstöße gegen § 30 Abs. 3 StVO und wegen anderer infrage kommender Vorschriften, insbesondere gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn und der von ihr beauftragten Bauunternehmen sowie gegen die Vertreter der für die Überwachung zuständigen Behörde, das Amt für öffentliche Ordnung (AföO) der Stadt Stuttgart, wegen Verletzung der Aufsichtspflicht.“

Update: Die Stuttgarter Zeitung berichtete darüber in ihrem Innenstadtteil (hier).

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BI Neckartor gründet am 18.Juli eine Fuss-Gruppe in Stuttgart

Mit den Bauarbeiten für Stuttgart 21 sind auch jahrelange Einschränkungen und Umwege für die Fußgänger verbunden. So sind beispielsweise die direkten Wege vom Kernerviertel in die Innenstadt gekappt. Die Bürgerinitiative Neckartor will jetzt die Lobby der Fußgänger mit Gründung einer Stuttgarter Fuss-Gruppe unter einem Dachverband stärken und informiert mit folgendem Text:

Seit es unsere Bürgerinitiative Neckartor https://bineckartor.wordpress.com/ gibt, hat uns ein Thema immer ganz besonders begleitet: Fußverkehr. Als FußgängerIn und FahrradfahrerIn wird es uns täglich bewusst: die Masse der öffentlichen Straßen, Plätze und Wege sind extrem einseitig zu Gunsten einer autogerechten Infrastruktur gestaltet. Das trifft insbesondere an Baustellen zu, der Autoverkehr muss rollen, die Fahrbahn wird in voller Breite verschwenkt (siehe aktuell am Gebhard-Müller-Platz an der Nesenbachdüker-Baustelle für S21). Der/die Fußgänger/in (und auch Radfahrer/in) müssen dagegen weite Umwege in Kauf nehmen, werden gemeinsam auf einen Weg gequetscht, haben unter Lärm und Dreck zu leiden.

Die größten Verlierer, im harten Kampf um die Verteilung der Flächen im öffentlichen Raum, sind deshalb am Ende zu oft die FußgängerInnen. Also genau die Gruppe, deren Art der Mobilität die umweltschonendste und nachhaltigste überhaupt ist. Dabei kann eine Gemeinschaft immer nur so stark sein wie ihr schwächstes Glied. Der Verkehr in einer Stadt muss deshalb auf den Fußgänger ausgerichtet sein und nicht auf den PKW.

Wir haben uns deshalb entschlossen einen „Anwalt“, eine „Stimme“ eine „Lobby“ für die Stärkung des Fußverkehrs in unserer Stadt zu installieren. Wir organisieren und unterstützen die Gründung einer FUSS e. V.-Gruppe Stuttgart unter dem Dach von FUSS e.V. http://www.fuss-ev.de/. Das ist der Fachverband für Fußverkehr in Deutschland. Dies verstehen wir ausdrücklich nicht als Konkurrenz zu den etablierten Gruppen der Fahrradgemeinde. Im Gegenteil, wir möchten mit euch zusammen arbeiten für eine Um- und Neuverteilung des bestehenden Straßenraumes zugunsten der schwächeren Verkehrsteilnehmer.

Wenn Ihr also Lust habt mitzumachen, eine fuß- (und natürlich auch Fahrrad-) gerechte Stadt auf die Beine zu stellen, dann kommt am 18. Juli um 19:30 Uhr in den Friedrich-John-Saal im Gemeindehaus Friedenskirche am Neckartor, Schubartstraße 14, Stuttgart Mitte zum Gründungstreffen der Stuttgarter Fussgruppe (Einladung).

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Von Zusatzgleisen, Kombi-Lösungen und dem Umstiegsszenario „Plan B“

Der Vorstand der Deutschen Bahn gegenüber dem Aufsichtsrat musste erneuet Projektkostensteigerungen und Zeitverzug bei Stuttgart 21 einräumen. Dabei fordern selbst Befürworter noch nicht finanzierte Nachbesserung an der geplanten betrieblichen Infrastruktur. Der SWR sieht folglich sowohl die Kosten als auch die betriebliche Leistungsfähigkeit des Projektes nicht ausdiskutiert. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch Alternativen mit Blick auf die  verkehrliche Leistungsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart wieder ins Gespräch kommen. Mit völlig unterschiedlichen Ansätzen, auf die wir kurz hinweisen möchten:

Update 23.06.: Die Frankfurter Rundschau kritisiert in ihrem Artikel „Stuttgart 21: Starrsinn vor Vernunft“, dass die Bahn nicht einmal über Alternativen nachdenkt: „Die tiefe Krise der Deutschen Bahn zeigt sich am deutlichsten an ihrem Umgang mit dem Großprojekt Stuttgart 21. Eisern hält sie an der Verlegung des Kopfbahnhofs in die Tiefe fest, obwohl die Gegenargumente der Kritiker ständig bestätigt werden. Experten gehen davon aus, dass die Kosten nicht bei den geplanten 6,5 Milliarden Euro bleiben werden – neueste Schätzungen kommen auf fast zehn Milliarden Euro. Damit käme Stuttgart 21 fast so teuer wie der neue 57 Kilometer lange Alpentunnel durch den Gotthard“

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Kontext: Wer eine Grube gräbt / Täuschung und Lüge / Ausgelächelt / Schattenboxen und Schienenrealität

Ein aus unserer Sicht kein leichtes Thema hat sich Kontext  diese Woche vorgenommen. Es geht in dem lesenswerten Artikel „Wer eine Grube gräbt“ (hier) um einen Überblick zum Stand der Bauarbeiten bei Stuttgart 21: „Kostensteigerungen und Terminverzögerungen: Mit dem Projekt Stuttgart 21 wird die Bahn nicht fertig – nicht bis 2021 und nicht innerhalb des bewilligten Kostenrahmen. Und die größten Probleme stehen erst noch aus.“  Auch auf Beiträge der Netzwerk-Seite wird u.a. verlinkt.

Zur Kostenentwicklung bei Stuttgart 21 ist in diesem Kontext-Artikel angesichts der Flut beantragten und genehmigten Planänderungen bei Stuttgart 21 folgende Analyse zu finden:  „Auch steigen die Kosten nicht etwa, weil einzelne Maßnahmen unvorhersehbar teurer werden als erwartet. Wo noch gar nicht alles genehmigt ist, wo selbst genehmigungsfähige Unterlagen fehlen, wo laufend nachgebessert werden muss, weil sich die Pläne als unzureichend erweisen, kann es einen realistischen Kostenrahmen gar nicht geben, vielmehr nur eine politisch bewilligte Grenze, die bei fortschreitender Planung immer wieder überschritten wird.“

Einen anderen Aspekt zur Kostenspirale bei Stuttgart 21 hatte Kontext bereits letzte Woche in dem ebenfalls empfehlenswerten Artikel „Täuchung und Lüge“ (hier) beleuchtet: „Irren ist menschlich: Der Wirtschaftswissenschaftler Werner Rothengatter entdeckte systematische Täuschungen bei Großprojekten, gutachtete dann selbst nach unten und ist jetzt überrascht, dass Stuttgart 21 noch teurer geworden ist“.

In einem weiteren aktuellen Beitrag „Ausgelächelt“ berichtet Kontext (hier) über den Rückzug von Bahnvorstand Volker Kefer: „Für Stuttgart-21-Gegner ist Volker Kefer zentrale Reizfigur. Jetzt verzichtet er auf eine Verlängerung seines Vertrags. Mal angenommen, er würde die neue Beinfreiheit nutzen, um die Wahrheit rauszurücken: Das Milliardenprojekt wäre Geschichte“.

Nicht nur Bahnvorstand Volker Kefer ist angeschlagen. Ein weiterer Kontext-Beitrag „Schattenboxen und Schienenrealität“ (hier) wirft einen Blick auf das (Miss-)Management der Deutschen Bahn AG: „Kefer lächelt und schwächelt. Grube wackelt und dackelt. Weber wabert und labert. Pofalla lauert und dauert. Wenn das mal nur alles wäre. Bahnexperte Winfried Wolf beschreibt, was sonst noch im Argen liegt beim Schienenkonzern“.

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Ein Trauerspiel. Zum aktuellen Baustand rund um den geplanten Tiefbahnhof mit Luftbildern von Manfred Grohe

Über den aktuellen Baustand bei den geplanten 59 Tunnelkilometern für Stuttgart 21 berichten wir in regelmäßigen Abständen, zuletzt vor wenigen Tagen. Doch wie sieht es beim Bau des „Tiefbahnhofs“ aus?

Der in der Schlichtung präsentierte Zeitplan für die Bauarbeiten, die eisenbahntechnische Innenausstattung des „Tiefbahnhofs“ sowie den einjährigen Probebetrieb umfasst insgesamt achteinhalb Jahre. Davon waren entfallen auf die Erstellung des Rohbaus sechs Jahre. Zum Schutz des Mineralwassers ist eine Bautaktung der 25 Baufelder in neun Bauphasen vorgesehen.

Mehr als sechs Jahre nach dem offiziellen Baustart für Stuttgart 21 im Februar 2010, mehr als vier Jahre nach der Freimachung des Baufeldes durch die Rodung des historischen mittleren Schloßgartens und fast zwei Jahre nach dem offiziellen Baustart des „Tiefbahnhofs“ erleben die Stuttgarter das Gebiet rund um den Hauptbahnhof als eine „Baustellenwüste“ und „Wunde in der Stadt“. Den Anwohnern, Anliegern und Bahnfahrern mutet die Bahn über ein Jahrzehnt eine Dauerbaustelle zu. Selbst Befürworter des Projekts müssen schmerzlich mitanschauen, dass die Bahn das Projekt offensichtlich nicht im Griff hat. Die auch in der Schlichtung vorgebrachten Kritikpunkte zur schwierigen Geologie des Baugrundes und dem Brandschutz haben sich bestätigt. Es ist ein Trauerspiel.

Zweieinhalb Jahre nach der Rodung des mittleren Schloßgartens im Februar 2012 tat sich auf der Brache außer Abrisse, Leitungsverlegungen, den Bau der Baustraßen und die mediengerechte Umschichtung von Erdhügeln nicht viel. Der Start für den Trogbau wurde von der Bahn zwar wiederholt für Anfang 2013 angekündigt (StZ 1 / StZ 2 / StZ 3). Doch das Planänderungsverfahren zur Verdoppelung der Grundwasserentnahmemenge verzögerte den eigentlichen Baustart des „Tiefbahnhofs“ um weitere eineinhalb Jahre auf Anfang August 2014. Auch danach ging der Baubetrieb nur schleppend voran. Vollmundige Ankündigungen der Bauzeitenpläne in der Presse und auf den Anwohnerveranstaltungen für das Kernerviertel waren nach kurzer Zeit Makulatur. Über die deutlichen Verzögerungen, die sich bereits nach einem Jahr Bauzeit zeigten, berichteten wir  in einem Beitrag sowie die Stuttgarter Zeitung (hier) und der SWR (hier). Wie komplex allein die Gründung des Baugrundes ist, zeigt unserer Beitrag über den Uni-Vortrag des vom Eisenbahn-Bundesamt beauftragten geotechnischen Sachverständigen.

Noch in der letzten Lenkungskreissitzung im November 2015 ging die Bahn trotz „angespannter Terminsituation“ von einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember 2021 aus. „Zahlreiche terminliche Gegensteuerungsmaßnahmen sind erfolgreich“ hieß es weiter in der Projektübersicht. Trotz des in der Präsentation ausgewiesenen, rot markierten Zeitverzugs von einem Jahr wies die Bahn damals einen positiven Trend für den Bau der Bahnhofshalle aus. Drei Gegensteuerungsmaßnahmen, u.a. das parallele Betonieren der Kelchstützen, seien in Prüfung.

Jetzt musste der Bahnvorstand in seinem Bericht an den Aufsichtsrat zwei Jahre Bauverzögerung beim Bau des „Tiefbahnhofs“ einräumen, dem mit einer Verlängerung der täglichen Bauzeit bis 22 Uhr und dem parallelen Bau von weiteren Baufeldern, der nicht von der Planfeststellung abgedeckt ist, entgegengesteuert werden soll. Dr. Martin Vieregg, der im Auftrag des Aktionsbündnisses die Gegengutachten zu Stuttgart 21 erstellt hat, sprach im Deutschlandradio (hier) bereits von vier Jahren Bauverzögerung bei Stuttgart 21.

Entgegen dem im August 2014 zum Baustart des „Tiefbahnhofs“vorgestellten Zeitplan sind die ersten drei der insgesamt fünundzwanzig Baufelder immer noch im Bau. Eine Twittermeldung zeigt den Baufortschritt zwischen Oktober 2014 und Mai 2016:

Bauforschritt 2014 Mai 2016

Ein konkreter Zeitpunkt für die Fertigstellung der drei Baufelder 16, 22 und 25 ist nicht absehbar. Bis heute ist nicht einmal ein Grundstein für den „Tiefbahnhof“ gelegt, geschweige denn die Bodenplatte eines Baufeldes betoniert. Schuld daran sind Umplanungen, fehlende Baufreigaben durch die vom Eisenbahn-Bundesamt beauftragten Sachverständigen, noch nicht genehmigte Planänderungen und die Achillesferse des Projekts, das nicht abschließend freigegebene Brandschutz- und Entrauchungskonzept.

Die für den Bau verantwortlich DB Projektbau Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) desinformierte immer wieder die Öffentlichkeit über den Fortgang der Bauarbeiten. Eigentlich hätte nach dem Zeitplan die Bodenplatte im Startbaufeld 16 im März 2015 fertig sein müssen. Dann versprach Manfred Leger, verantwortlicher Projektchef für Stuttgart 21, im April 2015 in dem StZ-Interview „Warten wir ab, wie schnell wir noch werden“ mit der Stuttgarter Zeitung: “ In diesem Sommer werden wir das Betonieren der Bodenplatte erleben, und im Frühjahr 2016 sieht man dann die erste kelchförmige Stütze des Bahnhofsdachs entstehen. Und dann geht es ratzfatz.“ Stattdessen präsentierte die Projektgesellschaft als „Riesen-Meilenstein“ das Betonieren einer Probe-Achtel-Kelchstütze. Im Oktober 2015 berichteten die Stuttgarter Nachrichten (hier) über den fehlenden Statik-Nachweis der Bodenplatte. Die Statik erst nach dem Baustart zu liefern, sei „völlig normal“, so die Aussage der Vertreter der PSU eine Woche später vor dem Umwelt- und Technikausschuss. Parallel dazu erklärte Manfred Leger in der Südwest-Presse (hier), dass die Pläne die Fluchtreppen zu verlegen vom Eisenbahn-Bundesamt noch nicht genehmigt seien; die Entscheidung könne aber „in ein paar Monaten fallen„. Am 04.11.2015 vermeldete die Projektgesellschaft in den Präsentationsunterlagen für den Lenkungskreis, dass die Bodenplatte für das Startbaufeld 16 vom EBA-Prüfingenieur freigegeben sei und die Herstellung der Bodenplatte folge.

Auch aus der von der Projektgesellschaft lancierte Ankündigung der Betonierarbeiten für Januar 2016 (StZ) wurde nichts. Stattdessen Lichtshows an den „Tagen der offenen Baustelle“. Die Ingenieure22 kommentierten im Februar 2016 in einem lesenswerten Rundbrief die wiederholten Ankündigungen der Bahn über die ersten Betonarbeiten. Noch vor zwei Monaten sprach Manfred Leger in einem StZ-Interview (hier), dass sich das Projekt in der „Beschleunigungsphase“ befände und erklärte: „Wir gehen davon aus, dass die letzte noch ausstehende Genehmigung für die Fertigstellung der Bodenplatte noch vor den Sommerferien kommt.“ Erst am 12.Mai erklärte der Projektchef auf der Anwohnerveranstaltung in Unterürkheim, dass die erste Bodenplatte im Trogbaufeld in diesem Sommer gegossen werden soll. Eine erste Kelchstütze würde im Herbst dazukommen. 

Zuletzt berichtete die Stuttgarter Zeitung in der Printausgabe vom 4.Juni 2016 über die Desinformation der Projektgesellschaft: „… In zwei Baugruben am Bahnhof hat die Bahn zumindest teilweise die Genehmigung. Im Loch vor der LBBW, in der Bahnzählung nach Nr. 8, habe man die komplette Genehmigung vorliegen, sagte Anfang vergangener Woche ein Sprecher. Was er nicht sagte: Die Genehmigung bezieht sich nur auf einen kleinen Abschnitt der Grube, die in Gänze derzeit gar nicht ausgehoben werden kann. Da ist unter anderem noch die Heilbronnerstraße im Weg…“.

Jetzt erwartet die Projektgesellschaft laut Bericht des Bahnvorstandes an den Aufsichtsrat (StN) wegen der jetzt erst beim Eisenbahn-Bundesamt beantragten Verlagerung der Fluchtreppenhäuser die Statikfreigabe für die Bodenplatten für alle Baufelder der Halle des „Tiefbahnhofs“ (Nr. 9 bis 18) erst im Juni 2017! Bis dahin wird sich auf diesen Baufeldern nicht viel tun. Unklar auch, ob die angrenzenden Baufelder, wie beispielsweise das Baufeld 22, von der fehlenden Statikfreigabe betroffen sind. Auf diesem Baufeld wollte eigentlich die SSB ab Juli 2016 ihre neue Haltstelle „Staatsgalerie“ bauen. Auch im Baufeld 25 am Südkopf neben der grünen Lärmschutzwand hätten die Bauarbeiten im Juli 2016 abgeschlossen sein müssen.

Dank der Fotos, die uns der Luftbildfotograf Manfred Grohe zur  Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat, können wir einen aktuellen Eindruck des Baustand der Bauarbeiten der Bahn und der SSB rund um für den geplanten „Tiefbahnhof“ vermitteln. Sehen sie selbst:

01_Baustellen Weinberghäusle bis Wagenburg 1620

Luftbild 1: Dieses Foto gibt einen guten Überblick über den Umfang der angefangenen Baugruben und der Verkehrsverschwenkungen rund um den Hauptbahnhof mehr als sechs Jahre nach der Prellbockanhebung, vier Jahre nach der Rodung des mittleren Schloßgartens zur Freimachung des Trogbaufeldes und fast zwei Jahre nach dem offiziellen Beginn der Bauarbeiten für den „Tiefbahnhof“ im August 2014 . Rechts unterhalb des Planetariums befindet sich entlang der B14 die Baugrube für die neuen SSB-Tunnel SSB, die im Zuge der Verlegung der Haltestelle Staatsgalerie gebaut werden.

02_Baustellen Weinberghäusle bis Wagenburg CCC1 1620

Luftbild 2: Diese Foto zeigt den nördlichen Abschnitt der Trogbaufelder (1-12). im oberen Abschnitt erkennbar ist die Baugrube 1 mit dem Portal der beiden Tunnelröhren unter dem Kriegsberg. Davor die Fassade der ehemaligen, denkmalgeschützten Bundesbahndirektion, die mit Abstützungsmaßnahmen und Hebungsinjektionen nur knapp unterfahren werden soll. Zwischen den beiden überdachten, provisorischen Fußgängerstegen das Baufeld 12, auf dem jetzt die neuen Stege im Bau befindlich sind.

03_Baustellen Weinberghäusle bis Wagenburg CCC2 1620

Luftbild 3: In der Mitte des Fotos ist das mit einer 10 cm Sauberkeitsschicht betonierte Startbaufeld 16 erkennbar, aus dem noch die Pfähle herausschauen. Nach dem Zeitplan der ausführenden Baufirma Züblin vom August 2014 hätte dieses Trogbaufeld einschließlich der Bodenplatte und der Kelche für die Lichtaugen des „Tiefbahnhofs“ im Mai 2016 fertig gestellt sein. Jetzt laufen noch die eigentlich für Frühjahr 2015 geplanten Bauarbeiten am Ober- und Unterhaupt des Cannstatter Dükers, der dieses Baufeld unterquert.

04_Baustellen Weinberghäusle bis Wagenburg CCC3 1620

Luftbild 4: Oberhalb der Willy-Brandt-Straße und unterhalb des grauen Förderbandes ist die ausgehobene Grube des Baufeld 22 zu erkennen. Nach dem im August 2014 auf der Pressekonferenz vorgestellten Zeitplan müsste der Trogblock im April 2016 fertig gestellt sein. Anschließend sollten eigentlich die zweijährigen Bauarbeiten der SSB zum Bau der neuen Haltstelle „Staatsgalerie“ starten. Links neben dem Planetarium ist der Bau für das Pumpenhaus den Nesenbachdükers erkennbar. Mehr ist aber von den seit Juni 2015 laufenden Bauarbeiten noch nicht zu sehen. Der Nesenbachdüker, der vom Planetarium bis zum König-Katharinen-Stift nach einer Planänderung in offener Bauweise hergestellt werden soll, hätte nach der ursprünglichen Zeitplanung der Bahn seit Jahren bereits fertig gestellt sein sollen. Über die komplexen Abhängigkeiten des Baufortschritts der Bahn und der SSB am Südkopf, bei dem der Nesenbachdüker eine Achillesferse darstellt, haben wir bereits berichtet. Der versehentlich Anfang Januar 2016 an den Tagen der „offenen Baustelle“ ausgehängte Zeitplan ging von einer Fertigstellung des Südkopfes erst im Jahr 2023 aus. Auf Nachhaken des Aktionsbündnisses und des Netzwerks Kernerviertel dementierte die Projektgesellschaft diesen Zeitplan als „worst-case“ eines Workshops. Dabei ist jetzt bereits schon am hinterher hängenden Baufortschritt zu erkennen, dass es wohl mehr ein „best-case“-Szenario darstellt.

06_Baustellen Weinberghäusle bis Wagenburg CCC5 1620

Luftbild 5: Gut erkennbar ist die Verkehrsverschwenkung am Gebhard-Müller-Platz zur Freimachung der Baufläche vor dem König-Katharinen-Stift. Die große graue Fläche ist das wegen des 24-Stunden-Tunnelbaubetrieb incl. Steinbrecher nachträglich erforderliche Schallschutzdach vor dem Portal der Rettungszufahrt Süd neben dem Wagenburgtunnel. Am rechten oberen Bildrand ist das Baufeld 25 zu erkennen. Auch dieses hätte nach dem im August 2014 vorgestellten Zeitplan einschließlich des Schwallbauwerkes bereits im Juli 2016 fertig gestellt sein sollen. Aktuell wird nach dem Einbringen der Verbaupfähle die Grube ausgehoben. Die weiteren Bauarbeiten sind abhängig von der Genehmigung der Planänderung des Entrauchungskonzeptes mit den dafür vorgesehenen neuen Hochleistungslüfter für das Schwallbauwerk Süd.

Update 3.Juli 2016: Die Stuttgarter Zeitung berichtete in ihrer gestrigen Printausgabe, dass die Bodenplatte für den „Tiefbahnhof“ jetzt doch vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt wurde. Näheres finden Sie auch in unserem Beitrag.

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Frankfurter Rundschau: Super-Vorstand geht, Probleme bleiben


Gestern haben wir vom „Fehler im System“ in der der Aussagefähigkeit der Gutachten bei Stuttgart 21 berichtet. Einen interessanten Blick auf die Folgen des Ausscheidens von Volker Kefer als Bahnvorstand hat die Frankfurter Rundschau in ihren gestrigen Beitrag „Super-Vorstand geht, Probleme bleiben“ geworfen. Die FR zitiert Bahn-Insider, die allein durch den Weggang des Bahnmangers von höheren Kosten und einer späteren Fertigstellung für Stuttgart 21 ausgehen, weil der Nachfolger die Risiken bei Stuttgart 21 auch zu seinem eigenen Schutz neu bewerten wird. Risiken unter 50%  mussten nach den Vorgaben nicht dem Aufsichtsrat angezeigt werden. Die FR schreibt dazu:

„Der Aufsichtsrat befinde sich nach dem in offizieller Lesart freiwilligen Rückzug Kefers in einer sehr komfortablen Lage, so der Kenner. „Die schlechte Botschaft, dass Stuttgart 21 signifikant teurer wird, ist raus, was im Prinzip eh schon alle wussten. Der Aufsichtsrat kann sich jetzt empören, aber Konsequenzen daraus entstehen für ihn nicht.“ Schließlich habe man mit der Bahn vereinbart, bei Stuttgart 21 im Drei-Monats-Rhythmus nur die Kostenrisiken anzuzeigen, die mit mehr als 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit eintreffen werden. „Kefer hat sich daran gehalten“, sagt der Insider. „Man könnte das Stuttgart-Debakel deshalb auch anders bewerten: Der Aufsichtsrat wollte gar nicht alles wissen.“ Diese Zeiten dürften mit dem Ende der Kefer-Ära vorbei sein. Dieses Risiko wird der Kefer-Nachfolger mit Sicherheit nicht eigehen.“

Laut der Webseite der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH arbeiten mittlerweile 20 Mitarbeiter im Chancen-Risiko-Management. Daher dürfte die aktuelle Risikoliste bei Stuttgart 21 als Großprojekt deutlich mehr Risiken enthalten als die mittlerweile veröffentlichte „Hany-Azer-Risiko-Liste“ aus dem Jahr 2011. Diese Liste war zuvor durch die Reportage von Arno Luik im Stern und in weiten Teilen 2013 durch die Ingenieure 22 (Abschrift / Bewertung / Video Pressekonferenz) an die Öffentlichkeit gekommen. Gerüchten zufolge enthält die aktuelle, unter Verschluss stehende Risikoliste der Projektgesellschaft bis zu 1.700 Risiken. Eine Neubewertung der Risiken könnte sich in der Tat als zusätzlicher Preistreiber bei Stuttgart 21 erweisen.

Die Erfahrung beim Bau des Projekts Stuttgart zeigt, dass die Kostensteigerungen auch aus zu niedrig oder gar nicht bewerteter Risiken resultieren. Beispielsweise war noch in der Azer-Liste von 2011 das Risiko beim Bau von 15 Kilometern Tunnel im tückischen, quellfähigen Anhydrit mit Null Euro angesetzt. Ein Risiko, vor dem die Kritiker immer wieder gewarnt hatten. So heißt es auf Seite 20 der Liste„Erschwernisse beim Anhydrit: Risiko über das Baugrundrisiko hinaus, daß vereinbarte Maßnahmen nicht ausreichend greifen. Gefahrenpotential da nicht erkennbar ist, wo Erschwernisse auftreten auf welcher Länge und die Lage im Querschnitt. Gefahr vor allen Dingen bei Kontakt des Anhydrits mit Wasser.“ Jetzt zeigt es sich. Allein durch die zusätzlich erforderliche Sicherungstechnik beim Bau im Anhydrit im Feuerbacher- und Cannstatter Tunnel, über die wir in zwei Beiträgen (Beitrag 1/ Beitrag 2) berichtet hatten, musste die Bahn 144 Millionen Mehrkosten einräumen.

Fazit: Der Vertrag von Bahnvorstand Volker Kefer läuft offiziell noch bis September 2017. Nach der Meldung der FR wird sich erst ein Nachfolger an die Offenlegung und ev. Neubewertung der Risiken gegenüber dem Aufsichtsrat heranwagen. Ob die neue Risikobewertung für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 bereits in dem für September angekündigten Gutachten enthalten ist, ist fraglich. Der Aufsichtsrat will nach offizieller Darstellung keine erneute Kostenexplosion bei Stuttgart 21. Bahnintern wird damit gerechnet, dass die Zahlen nach Antritt des neuen Bahnvorstandes erneut nach oben gehen werden. Sprich, das eigenwirtschaftliche Milliardenprojekt Stuttgart 21 entwickelt sich für die DB AG zum „Fass ohne Boden“.

Der Versuch der Projektgesellschaft, „Kapital“ aus dem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Mitfinanzierung von Bahnprojekten zu schlagen (StZ), schlug fehl. Nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung (hier) zeigen die Projektpartner Land und Stadt der „Bahn bei Mehrkosten die kalte Schulter“. Nach Einschätzung des Bahnpolitischen Sprechers der Grünen Matthias Gastel gegenüber SWR4 (hier) wird Stuttgart 21  „auch nach der Aufsichtsratssitzung vom vergangenen Mittwoch weiter die Bahn AG belasten…  S 21 sei günstig gerechnet worden, um politische Mehrheiten zu sichern. Das Projekt laste wie Blei auf der Deutschen Bahn und sei auch deren finanzielles Risiko.“

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Verkehrswert vs. Bodenrichtwert – eine Diskussion ohne Ende

Während die politische Diskussion über Zeit- und Kostenprobleme von S 21 hohe Wellen schlägt, dürfen sich die von den Untertunnelungen betroffenen Eigentümer durchaus mit ihren persönlichen Interessen befassen, sind sie doch nicht in der Lage, auf die große Politik rund um das Projekt Einfluss zu nehmen. So besinnen sich die Eigentümer auf ihr berechtigtes Interesse, dass in den mit der Bahn abzuschließenden Gestattungsverträgen eine angemessene Entschädigung für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks für die Unterfahrung bezahlt wird. Und so lagen die Netzwerke als Vertreter der Eigentümer in den vergangenen Wochen mit der Projekt Stuttgart – Ulm GmbH (PSU) im Clinche, auf welcher Basis diese Entschädigung berechnet werden soll. Auf Basis Verkehrswert oder Basis Bodenrichtwert?

Das Landesenteignungsgesetz gibt vor, dass nach dem Verkehrswert entschädigt werden muss. Mehr dazu finden Sie im Memorandum von Prof. Dr. Uwe Dreiss zu Enteignung und Entschädigung bei Stuttgart 21.Und die Bahn bestätigt dies in ihren Äußerungen ja auch, wobei sie sagt, dass für die Entschädigungen der Verkehrswert des unbebauten Grundstücks und damit der Bodenwert herangezogen werden. Fakt ist aber, dass die Bahn, vertreten durch die PSU, in der bisherigen Praxis jeweils nur die gemittelten Bodenrichtwerte für die Berechnung der Entschädigungen verwendet. Und diese lassen Faktoren wie Wohnlage oder Geschossflächenzahl (GFZ), welche vom Bodenrichtwert zu einem individuellen Bodenwert führen, außer acht. Und ein Musterprozess zwischen einem der Eigentümer und der Bahn, der u.a. auch diese Frage gerichtlich klären sollte, kam bisher nicht zustande.

Die Sprecher der Netzwerke hatten schon Mitte April im Nachgang zu einem Gespräch bei der PSU in einem Schreiben (hier) die Bahn aufgefordert, zu dem Widerspruch zwischen verbalen Ankündigungen und dem realen Heranziehen von Bodenrichtwerten Stellung zu nehmen. Mit einem ausführlichen Antwortschreiben vom 2. Mai 2016 (hier) hat die Bahn versucht, ihre Rechtsposition darzulegen, konnte aber nicht aufzeigen, wie sie im Einzelfall von den allgemeinen Bodenrichtwerten zu individuellen Bodenwerten kommt. In einem Schreiben vom 24. Mai (hier) haben die Netzwerke der Bahn ihren Standpunkt dann noch einmal dargelegt und den Musterprozess angemahnt.

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DB-Aufsichtsrat gibt Gutachten zur Kosten- und Terminsituation bei Stuttgart 21 in Auftrag. Doch wie belastbar sind die Zahlen?

Über die Aufsichtsratssitzung der DB AG wurde im Vorfeld in den Medien viel berichtet. Der vom Spiegel angekündigte  „Highnoon“, der Machtkampf in der Vorstandstage der Deutschen Bahn, hat sich insoweit bestätigt, als dass Vorstand Volker Kefer zum September 2017 den Konzern verlassen wird. Die erneute Bauzeitverlängerung und Kostenexplosion um rund 623 Millionen Euro für Stuttgart 21 und die Nichtinformation des Aufsichtsrates in der letzten Sitzung wird ihm zur Last gelegt. Darüberhinaus melden die Zeitungen, dass der Aufsichtsrat ein Gutachten zu Stuttgart 21 in Auftrag gegeben hat. So schreibt die Stuttgarter Zeitung (hier):

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn will sich mit einem weiteren Gutachten Klarheit über die Probleme bei Stuttgart 21 verschaffen. Bis zur nächsten Sitzung im September solle der wirtschaftliche und technische Stand des Bauprojekts nochmals untersuchen werden, sagte Aufsichtsratmitglied Klaus-Dieter Hommel nach einer Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwoch in Berlin. „Wir wollen keine weiteren Überraschungen bei den Kosten und beim Zeitplan erleben.“ So solle auch festgestellt werden, ob der bisherige Finanzierungsrahmen von 6,5 Milliarden Euro ausreicht.“

Doch dies ist keine neue Information. Bereits in der letzten Sitzung des Aufsichtsrates im März 2016 hieß es, dass ein Gutachten zu den Kosten und den Risiken bei Stuttgart 21 in Auftrag gegeben sei. Wir hatten anlässlich einer Meldung der Stuttgarter Zeitung darüber berichtet.

Manfred Leger, Geschäftsführender Vorstand der DB Projektgesellschaft, relativierte Anfang April dieses Gutachten in einem Interview (hier) mit der Stuttgarter Zeitung. Auf die Frage nach dem Gutachten, das der Aufsichtsrat zur Kosten- und Terminsituation in Auftrag gegeben habe, antwortete er: „Da müssen wir etwas gerade rücken. Die drei Geschäftsführer der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm haben letzten Sommer beschlossen, dass wir die Kosten- und Terminsituation für uns selbst im Detail neu bewerten. Zuletzt war das 2012 gemacht worden. In den nächsten Tagen sind wir damit fertig. Was der Aufsichtsrat beschlossen hat, ist nicht eine neue Kostenbewertung, sondern unsere zu nehmen und testieren zu lassen.“

Wenn tatsächlich die Wirtschaftsprüfer die Berechnungen der Projektgesellschaft testieren, ist große Skepsis angesagt. Zu oft in der Geschichte des Projekts wurden von Wirtschaftsprüfern die Plausibilität über die Einhaltung des Kostenrahmens auf Basis der bahneigenen Berechnungen bestätigt. Man erinnere sich nur an die Schlichtung, in der der damalige Kostenrahmen von 4,5 Milliarden testiert wurde. Mehr dazu auf der projektkritischen Seite Wikireal.  

Auch die Testate der Wirtschaftsprüfer, die 2013 dem Aufsichtsrat vor seiner Entscheidung über den Weiterbau von Stuttgart trotz der Kostenexplosion von 6,8 Milliarden vorlagen, sind kritisch zu hinterfragen. Die Zeit berichtete in ihrem sehr lesenswerten Beitrag „Hohes Risiko“ von 23.Juli 2013  über das Zustandekommen und das Ergebnis dieser Wirtschaftsprüfung:

„Wie unabhängig diese „Plausibilitätsbegutachtung“ zu Stuttgart 21 war, ist allerdings fraglich. Aus dem Bericht der Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC), der der ZEIT vorliegt, geht hervor, dass sich das Gutachten lediglich „auf die von der DB AG zur Verfügung gestellten Unterlagen“ stützt. Ob die Angaben richtig oder vollständig sind, wurde gar nicht überprüft. Die Prüfer selbst sehen deshalb ein „höheres Risiko“, dass „wesentliche Fehler“ und „rechtswidrige Handlungen“ nicht aufgedeckt worden seien. Wie aussagekräftig ist aber ein Testat, das komplett von Dokumenten des zu überprüfenden Unternehmens abhängt und dem die Prüfer selbst nicht ganz trauen?“

Die Prüfer attestierten Stuttgart 21  ein hohes Kostenrisiko. Die Zeit schrieb: „Die Bahn hat mögliche Nachforderungen von Auftragnehmern, wie sie bei Großprojekten üblich sind, in ihrer Kalkulation nicht ausreichend berücksichtigt. Ohne umfassende Maßnahmen rechnen die Prüfer mit einem im Vergleich zum „Gesamtwertumfang erheblichen Nachtragsvolumen“, also mit einer weiteren Kostenexplosion.“

Man fragt sich, warum nicht damals bereits bei den Aufsichtsräten alle Alarmglocken geläutet hatten. Selbst bei einem „hochpolitisierten“ Großprojekt wie Stuttgart 21, von dem für die Bundeskanzlerin die „Zukunftsfähigkeit“ des Landes abhängt, gilt das strenge Aktienrecht. Zumal bereits damals die Projektpartner Stadt und Land jede Finanzierung von Mehrkosten über den Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro abgelehnt hatten.

Wie wenig sich die DB AG zur Kostensituation des Projekts in die Karten schauen lässt, hat der Bundesrechnungshof in seiner fast drei Jahren laufenden Prüfung erfahren. Überprüft wurde die von den Vertretern des Bundes im Aufsichtsrates der DB AG mitgetragene Entscheidung Stuttgart 21 trotz der Finanzierungslücke von mehr als 2 Milliarden Euro weiterzubauen.  Wir haben Anfang Mai in einem Beitrag über die kurz vor dem Abschluss stehende Prüfung auch über das Antwortschreiben des Bundesrechnungshofes an eine Parkschützerin berichtet. Daraus geht hervor, unter welchen erschwerten Bedingungen die Prüfung über die Kostensteigerungen bei Deutschlands teuersten Bauprojekt stattfand. So schreibt der Bundesrechnungshof in seinem achtseitigen Antwortschreiben vom 26.Februar 2016:

„Der Bundesrechnungshof musste den DB-internen Gründen für die Erhöhung des Finanzierungsrahmens in den beteiligten Bundesministerien und bei der DB AG selbst nachgehen…. Hinsichtlich der eingesehenen Unternehmensunterlagen unterliegt der Bundesrechnungshof der Verschwiegenheitspflicht nach § 395 AktG…. Darüberhinaus hat das MVI einige Unterlagen nach der Verschlusssachenanweisung des Bundes mit dem Vertraulichkeitsgrad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft. Über diese Einstufung und diese Verpflichtung zur Verschwiegenheit darf sich der Bundesrechnungshof nicht hinweg setzen…

Die DB AG hat zur Beantwortung der Fragen, die auch nach Einsicht in die Unterlagen der zuständigen Bundesministerien offen geblieben waren, dem Bundesrechnungshof einen Datenraum an ihrem Hauptsitz in Berlin eingerichtet. Dort hat sie die zur Beantwortung notwendigen Unterlagen zur Einsichtnahme bereitgestellt. Da sie dem Bundesrechnungshof nicht erlaubte, Kopien der internen Unterlagen zu fertigen, mussten alle Erkenntnisse im Datenraum der DB AG selbst gewonnen werden. Nachfragen mussten sodann schriftlich gestellt werden. Tiefergehende Besprechungen fanden zu einigen Fragen statt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle Fragen – wie den zu den Prüfungs- und Erhebungsrechten erläutert – einen Zusammenhang mit der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats der DB AG haben mussten. Dieses Erhebungsverfahren nahm längere Zeit in Anspruch…“.

Solange sich die DB AG unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht nach dem Aktienrecht verschanzen kann, Dateneinsicht nur in einem streng abgeschirmten Datenraum zulässt und die Gutachter auf Plausibilitätsprüfungen beschränkt sind, haben diese Gutachten nur eine geringe Halbwertszeit. Die Kostenexplosion bei Stuttgart 21 (Chronologie des SWR) zeigt, dass die Berechnungen in immer kürzer werdenden Zeiträumen überholt sind. Wie der Landesverkehrsminister Hermann im oben verlinkten StZ-Bericht darauf hinweist, reicht es auch nicht aus, die Vorstände auszutauschen. So wird er in der StZ zitiert: „Wichtig ist es, dass endlich umfassende Transparenz und Offenheit über den weiteren Zeitplan und die Kostenentwicklung hergestellt wird“. Der Fehler liegt im System. Und dass ein Minipuffer von 15 Millionen bei einem noch mindestens sieben Jahre dauernden Großprojekt ausreichend ist, ist auch für Laien fern jeder Baurealität von Großbauprojekten.

Weitere Mehrkosten in Milliardenhöhe durch erneute Planänderungen und Nachträge der Baufirmen drohen. Von den zusätzlichen Mehrkosten, die Befürwortern des Projekts für die Nachbesserung der Leistungsfähigkeit des geplanten unterirdischen Bahnknotens jetzt fordern, einmal abgesehen. Der SWR hinterfragte gestern in einem Beitrag „Wie zukunfsfähig ist das Zukunftsprojekt? und kam darin zum Schluss: „Die Kritik, dass Stuttgart 21 unterdimensioniert ist, gibt es schon lange, die Gegner hatten sie stets vorgebracht. Bemerkenswert ist nun, dass ausgewiesene Befürworter des Projekts jetzt Nachbesserungen am Projekt fordern. Das Fazit: Wenn Stuttgart 21 wirklich ein Zukunftsprojekt sein soll, dann müsste man – folgt man den Verkehrsexperten – noch deutlich mehr Geld als die ohnehin schon veranschlagten 6,5 Milliarden Euro investieren.“

Das Handelsblatt titulierte Anfang Juni Stuttgart 21 als „BER des Südens“. Das Versagen der Verantwortlichen beim Bau des Berliner BER listet jetzt der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses auf  (StN). Für Stuttgart 21 ist ein Bruchteil gebaut und die kalkulierten Kosten liegen über dem des BER.

Von daher könnte die Zeit in ihrem Resümee des Artikels aus dem Jahr 2013 richtig liegen: „Stuttgart 21 läuft also nicht nur finanziell und technisch aus dem Ruder, es könnte auch ein ewiger Streitfall vor Gericht werden. Und die größte Blamage in der deutschen Baugeschichte“.

Weitere Links zu ausgewählten heutigen Meldungen:

Stuttgarter Zeitung: Steht Stuttgart 21 auf der Kippe? / S21-Kritiker sprechen von „Eingeständnis des Scheiterns“ / Deutschlandradio: Stuttgart 21 und die Kosten“Der Aufsichtsrat hat seine Chance verspielt“. Winfried Hermann im Gespräch mit Nana Brink / Deutschlandradio Kultur: Stuttgart21 soll teurer werden und später fertig sein / FAZ: Ein Abgang, der Fragen aufwirft / Badische Zeitung: Leitartikel: Vermächtnis der Versäumnisse / Stuttgarter Zeitung: Bahn setzt S-21-Partner unter Druck

Veröffentlicht unter Bund, Bundesrechnungshof, Klageverfahren, Kosten, Land BW, Zeitplan | Kommentare deaktiviert für DB-Aufsichtsrat gibt Gutachten zur Kosten- und Terminsituation bei Stuttgart 21 in Auftrag. Doch wie belastbar sind die Zahlen?

Am Tag vor der Aufsichtsratssitzung der Bahn

Morgen wird im Aufsichtsrat der DB AG u.a. die erneute Bauzeit- und Kostensteigerung des Bahnprojekts Stuttgart 21 behandelt. Im Vorfeld der Sitzung überschlagen sich die Meldungen zu Stuttgart 21. Wir wollen daher die Entwicklung nur kurz anreissen.

Aufsichtsratsmitglieder räumten gegenüber der Presse ein, dass sie sich vom Vorstand der Bahn getäuscht sehen. So schreibt die Frankfurter Rundschau (hier):“Die Probleme bei Stuttgart 21 werden auch für die Bahn-Spitze zunehmend zur Belastung, insbesondere für Vorstandschef Rüdiger Grube und dessen Vize Volker Kefer. Aufsichtsrats-Vizechef Alexander Kirchner forderte eine lückenlose Aufklärung darüber, wie es zu der Kostensteigerung kommen konnte. Insbesondere wolle er bei der Aufsichtsratssitzung an diesem Mittwoch aber erfahren, wer im Vorstand der DB AG wann was wusste. „Es kann nicht sein, dass uns noch vor drei Monaten gesagt wird, es sei alles in Ordnung – und dann erweist sich das als falsch“, sagte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).“

Damit stehen die Aufsichtsratsmitglieder nicht alleine da. Auch Winfried Hermann, der Verkehrminister des Landes BW, erklärte am Samstag im Interview mit der Stuttgarter Zeitung (hier) „Ich fühle mich von der Bahn ein Stück weit getäuscht. Ich teile da die Kritik des OB Kuhn. Noch am Tag, bevor die Verzögerungen und drohenden Kostensteigerungen in der Zeitung standen, gab es von dem Unternehmen offizielle Informationen, dass im Grunde alles in Ordnung sei. Auf diese Weise hat die Bahn das Verhältnis zu den Projektpartnern belastet“. Hermann betonte, dass sich Baden-Würtemberg keinesfalls an höheren Kosten des Bahn-Projekts beteiligen werde und sieht den Bund in der Pflicht. Vorgestern erklärte er gegenüber der Presse, dass trotz der Finanzierungsprobleme ein Ausstieg des Landes BW aus dem Milliardenprojekt nicht in Frage käme. Jede Landesregierung stünde nach dem Volksentscheid in der Pflicht (StZ).

Zeitgleich hat das Aktionsbündnis auf einer Pressekonferenz zusammen mit dem Verkehrsgutachter Dr. Martin Vieregg für den Umstieg geworben und einen „Plan B“ (Animation) für die Verwendung der Baugruben vorgestellt.  Die Stuttgarter Nachrichten berichten ausführlich darüber (hier). Das Video der Pressekonferenz „Stuttgart 21 in der Krise“ hat Cam21 (hier) eingestellt. Die Ideen wurden bereits Ende Mai auf einer Veranstaltung (youtube-Video) präsentiert.

http://www.parkschuetzer.de/assets/statements_neu/000/190/783/original/11_Sanierung_Kopfbahnhof_u_Park_Gesamtschau_1620.jpg?1465890549

Nach der Gerüchteküche in der Presse über die Konsequenzen der erneuten Kostenüberschreitung von Stuttgart für die Vorstände der Bahn, veröffentlichte das Aktionsbündnis die Pressemitteilung „Nach den neuerlichen Kostentricks: Rücktritte reichen nicht. Kein Vorstand wird S 21 retten können.“

Dabei scheinen sich die Gerüchte bewahrheitet zu haben. Nach Informationen der Argentur Reuters soll der Vertrag des u.a. für Stuttgart 21 zuständigen Bahnvorstandes Volker Kefer nicht über September 2017 verlängert werde. Er selbst habe -so die StZ (hier) -„um die Entbindung von seinem Posten gebeten.“

Eine weitere Nachricht vom heutigen Tag: Stuttgart 21-Gegner scheiterten in der Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens und der Mischfinanzierung vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof Leipzig. (StZ 1 / StZ 2 / StZ-Kommentar).

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Nur der Feuerbacher Tunnel im Zeitverzug? Zum Vortriebsstand bei Stuttgart 21 Anfang Juni 2016

Übermorgen geht im Aufsichtsrat u.a. um die erneute Kostenexplosion bei Stuttgart 21. Bis auf 15 Millionen ist der nicht finanzierte „Reservepuffer“ abgeschmolzen.  Dabei sind zweieinhalb Jahre nach dem ersten feierlichen Tunnelanstich gerade mal einmal ein Viertel der Tunnel im schwierigen Stuttgarter Untergrund vorgetrieben. Nicht jedoch „fertig gestellt“, wie zuletzt in der überregionalen Presse immer wieder zu lesen war. Die bergmännischen Strecken, die immerhin 75% der 59 Tunnelkilometer ausmachen, müssen nachdem der Tunnel aufgefahren ist,  in einem zweiten, aufwendigen Arbeitsgang mit Beton innenverschalt werden. Erst danach kann die bahntechnische Ausrüstung starten. Beide Arbeitsvorgänge kosten Zeit und Geld.

Wie jeden Monat möchten wir wieder einen Überblick über den Baufortschritt bzw. Vortriebsstand bei Stuttgart 21 geben. Die wöchentlichen Vortriebzahlen der einzelnen Röhren seit Mai 2014 finden Sie in unseren Übersichten bis ab Oktober 2015 / bis September 2015. Der Baufortschritt bei den einzelnen S21-Tunnel weicht stark von einander ab (26,8% beim Obertürkheimer Tunnel bis 51,1% beim Bad Cannstatter Tunnel). 12,2 Tunnelkilometer, darunter die Tunnel für den nicht planfestgestellten Filderabschnitt, befinden sich noch nicht im Bau. Hier die Übersicht über den Vortriebsstand in den einzelnen Tunneln:

Monatsstand Mai 2016 b

Zwar hat die Bahn jetzt Bauverzögerungen bei Stuttgart 21 um ein bis zwei Jahre bei Stuttgart 21 eingeräumt. Nach dem Aufsichtspapier ist offiziell nur der Feuerbacher Tunnel ein Jahr in Verzug. Dies ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Nach der bisherigen Zeitplanung sollen die Tunnel bei Stuttgart 21 2018 bzw. 2019 im Rohbau, d.h. einschließlich der Innenschale, fertig gestellt sein. In der Lenkungskreisunterlage vom November 2015 sind die konkreten Fertigstellungstermine für den Rohbau der einzelnen Tunnel (RB) zu finden:

Zeitplan Lenkungskreis 11 2015

Beispielsweise ist nach diesem Zeitplan die Fertigstellung des Rohbaus des Obertürkheimer Tunnels für Anfang 2019 geplant. Aktuell ist nur rund ein Viertel der Strecke aufgefahren, obwohl der Tunnelvortrieb nach den 2013 und 2014 in Wangen vorgestellten Plänen abgeschlossen sein sollte. Mit einem Sprengvortrieb, der derzeit die Anwohner  in Unterürkheim sehr belastet, soll jetzt der Zeitverzug zumindest bei der Weströhre eingeholt werden. Obwohl mehr als zwei Tunnelkilometer  durch den Anhydrith gebaut werden müssen, ist ein Durchschlag dieser Röhre Richtung Innenstadt für Ende dieses Jahr geplant. Bei der Oströhre Richtung Obertürkheim hingegen stocken die Vortriebsarbeiten wegen des unerwartet hohen Wasserandrangs vor dem Neckar auf Höhe des Wangener Großmarkts.  Vor der nächsten Neckarunterquerung mit drei weiteren, sich überkreuzenden Röhren muss noch ein Verzweigungsbauwerk gebaut werden. Mit dem Vortrieb der Röhre von der Innenstadt Richtung Wangen soll entgegen der bisherigen Planung erst 2017 begonnen werden. Im Obertürkheimer Abschnitt wartet die Bahn noch auf eine Genehmigung für die geänderte Bauweise für den Trog.

Andere bergmännische Tunnel, wie der S-Bahn-Tunnel im PFA 1.5. (Los 4 Süd) noch nicht einmal im Bau. Und die fast 7 Kilometer langen Tunnel des PFA 1.3 auf den Fildern, Flughafentunnel und Tunnel Rohre Kurve, sind noch nicht einmal vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt.

Um die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 einschließlich des Filderabschnitts noch bis Ende 2021 zu realisieren, müssten weitere 43,6 Kilometer bis spätestens Ende 2018/Mitte 2019 durch den schwierigen Stuttgarter Untergrund aufgefahren und bis auf die maschinell hergestellten Strecken noch innenverschalt werden. Bislang wurde die vor einem Jahr von Bahnvorstand Volker Kefer im Verkehrsausschuss angekündigte 1.000 Meter-Marke  bis auf den Monat Oktober, als Schächte und Stollen nacherfasst wurden, noch in keinem Monat errreicht. Zwar wird die monatliche 1.000- Meter-Marke mit dem Start des maschinellen Tunnelvortrieb sicherlich deutlich überschritten werden. Doch die Probleme liegen bis auf den Cannstatter Tunnel in den bergmännischen Stecken. Auf Basis des durchschnittlichen monatlichen Vortriebs in 2016 bräuchte die Bahn nach einer groben, vereinfachten Hochrechnung noch allein weitere 4 Jahre, um die restlichen 32 Kilometer bergmännischen Tunnel aufzufahren. Wohlgemerkt ohne Innenverschalung und eisenbahntechnische Ausrüstung. Hier unsere aktuelle Monatsübersicht zum Mai 2016:

Monatsstand Mai 2016 a

Für die beiden Monate Januar und März hatten wir einen ausführlichen Überblick über den Stand beim Tunnelbau von Stuttgart 21 veröffentlicht. Gegenüber diesem Stand hat sich folgendes getan:

  1. PFA 1.2./1.6a Kernerviertel / Gänsheide / Gablenberg

a) PFA 1.2./Fildertunnel :

201606506 Fildertunnel b

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Zum neuen Bauverfahren im Anhydrit. Von Netzwerken 21 beauftragter Geologe warnte vor Gefahr des Wasserzutritts

Über das 144 Millionen teure neue Bauverfahren der Tunnel im PFA 1.5. zur Absicherung gegen den Wassereintritt im Anhydrit haben wir bereits berichtet. In der Schlichtung hatte der renommierte Sachverständige für den Tunnelbau, Prof. Dr. Walter Wittke, das „erprobte Bauverfahren“ mit „doppelter Sicherheit“ gegen die Einwände von kritischen Geologen verteidigt. Damit waren allerdings die Bedenken nicht ausgeräumt. Im Gegenteil.

Wir möchten noch einmal daran erinnern, dass die Netzwerke 21 immer wieder auf die Risiken des Tunnelbaus im Anhydrit auch für die darüber liegenden Gebäude hingewiesen haben. So hatten die Netzwerke im Frühjahr 2013 im Rahmen des Planänderungsverfahrens zum Grundwassermanagment den Geologen Dr. Hermann Behmel mit einer Stellungnahme und einer Präsentation für die Erörterung beauftragt. Im März 2013 erläuterte Dr. Behmel auf einer Infoveranstaltung der Netzwerke in Stuttgart Wangen  die aus seiner Sicht beim Tunnelbau des Obertürkheimer Tunnels für die Gebäude bestehenden Risiken. Alle Einwände seinerseits wurden vom Regierungspräsidium Stuttgart letztendlich nur zu den Akten genommen wurden.

Dr. Behmel wies damals darauf hin, dass sich der Wassereintritt vorallem im Bereich des Killesbergs kaum vermeiden lässt. Dies ist genau der Bereich, in dem jetzt die Bahn 144 Millionen Euro zusätzlich investieren muss, um die Tunnel vor dem Wassereintritt zu schützen. So schrieb Dr. Behmel in seiner Stellungnahme 2013:

„Killesberg-Kriegsberg: Im Bereich der Störungen greift die Umwandlung von Anhydrit zu Gips und die Auslaugung von Gips weit in die Tiefe. Horizontale Verwerfungen ohne oder mit geringer vertikaler Komponente können auch in einer Serie von Bohrungen nicht erkannt werden. Bei nahezu allen Störungen handelt es sich häufig nicht um glatte Brüche, sondern um breite Zonen der Gesteinszerrüttung. Beim Tunnelvortrieb entstehen neue Wasserwegsamkeiten im Gestein, der Wasserzutritt aus dem Gipskarst in den Anhydrit lässt sich kaum vermeiden.“  Seine  Präsentation enthielt die folgenden Längsschnitt des Feuerbacher Tunnels:

Behmel Killesberg 3

Der Sachverständige für den Tunnelbau der Bahn für Stuttgart 21, Prof. Dr. Wittke, verwies wiederholt auf seine Erfahrungen beim Bau des Hasenbergtunnels und den jahrelangen Forschungen im Freundensteintunnel. Nun reichen die damals zum Einsatz kommenden Sicherungstechniken doch nicht aus. Dabei hätte die Bahn auch einmal auf kritische Geologen hören müssen. So schrieb Dr. Behmel in seiner Präsentation:

„Im Vergleich zum Hasenbergtunnel werden die stärker bebauten Gebiete Kriegsberg, Killesberg, Wartberg, Feuerbach, Kernerviertel und Stuttgart Ost mit einer größeren Anzahl von Tunnelröhren unterfahren. Eine größere Zahl tektonischer Störungen, Anhydrit- und Auslaugungsfronten werden in viel kürzeren Abständen viel häufiger gequert. Der schmale Bergsporn des Hasenbergs hat einen hohen Oberflächenabfluss der Niederschläge, geringe Versickerungsraten und geringe Wasserzutritte durch die Störungen. Die größeren Flächen Killesberg und Gablenberg haben höhere Versickerungsraten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit des Wasserzutritts in den Anhydrit. Schäden an Rohrleitungen und Gebäuden sind auch außerhalb den Beweissicherungsgrenzen nicht auszuschließen. Die Beweissicherungsgrenzen sind daher nach der geologischen Struktur parzellenscharf auszuweisen. „

Auch die Forderung nach an der geologischen Struktur orientierte Beweissicherungsgrenzen wurde nicht aufgegriffen bzw. von der Bahn unter Hinweis auf die Unbedenklichkeit ihrer Vortriebsarbeiten abgetan. Mit Ausnahme des Lindenschulviertels blieb es bei den engen Beweissicherungszonen entlang einzelner Tunneltrassen. Im Stuttgarter Osten, unter dem die Vortriebe des Obertürkheimer Tunnels und des Fildertunnels fast 10 Kilometer im Anhydrit durchfahren, ist von der Bahn überhaupt keine Beweissicherung vorgesehen!

Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass sich durch den Tunnelbau im Anhydrit die Geländeroberfläche anhebt. So vier Jahre nach dem Bau des Heslacher Tunnels in mehr als 70 Meter Überdeckung. Seine Präsentation enthielt dazu folgende Folie:

Behmel Killesberg 4

Doch davon war auf keiner Informationsveranstaltung der Bahn für die vom Tunnelbau betroffenen Anwohner die Rede, auch nicht auf der Veranstaltung am 2.Juni für den Stuttgarter Osten.

Wir möchten daher auch noch einmal auf den Vortrag des Geologen Dr.Behmel hinweisen,  den er 2013 auf einer Veranstaltung der Netzwerke in Wangen gehalten und den Fluegel-TV dankenswerterweise aufgenommen hat:

Themen:

04:23 Topographie, Hangbewegungen und -Rutschungen
07:35 Hohlräume unter Stuttgart
12:20 Anhydridspiegel
13:40 Aufquellungen: Wagenburgtunnel, Nordröhre
15:20 Hebung der Weinsteige durch den Bau des Heslacher Tunnels (Anhydrid)
18:00 Auslaugungen, Dolinen in Stuttgart

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Neues Video zur Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs

Die Leistungsfähigkeit bei Stuttgart 21 ist umstritten. Zu denken geben sollte, dass mittlerweile Befürworter, wie Gerhard Heimerl und SSB-Vorstand Klaus Arnold und laut StZ-Bericht auch die Region Stuttgart, Nachbesserungen an der geplanten Infrastruktur von Stuttgart 21 fordern. SWR-Stuttgart 21-Experte Harald Kirchner hielt letzte Woche im Landesschau-Interview (hier) angesichts der erneuten Kostenexplosion und den selbst von den Befürwortern des Projekts geforderten -aber noch nicht finanzierten- Nachbesserungen an der Leistungsfähigkeit  “ Stuttgart 21 weder finanziell noch betrieblich ausdiskutiert. “

Vorgestern ist ein neues, 7-minütiges Video zur Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 auf youtube eingestellt worden. Es befasst sich mit den ofiiziellen Dokumenten zur Leistungsfähigkeit des „Tiefbahnhofs“: „Das „Jahrhundertprojekt“ Stuttgart 21. Wie sieht es aus mit der Leistungsfähigkeit dieses teuersten Bauprojekts Deutschlands? Welche offiziellen rechtsgültigen Dokumente, Gutachten und Gerichtsurteile gibt es dazu? Es sind einige. Hier sind sie zusammen gestellt.“

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Tunnelbau ohne Zeitplan? Zur Informationsveranstaltung für den Stuttgarter Osten

Letzte Woche Donnerstag fand die zweite Infoveranstaltung für die vom Tunnelbau im Stuttgarter Osten betroffenen Anwohner und Eigentümer statt, zu der die städtische Bürgerbeauftragte Alice Kaiser in Kooperation mit der Bezirksvorsteherin für Stuttgart-Ost, Tatjana Strohmeier, eingeladen hatten. Der Stadtbezirk soll von jeweils zwei Röhren des Obertürkheimer Tunnels und des Fildertunnels unterfahren werden. Die ersten Vortriebsarbeiten vom Verzweigungsbauwerk sind seit Februar 2016 angelaufen. Der erste Vortrieb von Wangen aus wird bald Gablenberg erreichen.

Im Nachhinein ist es klar, warum die Veranstaltung so verhältnismäßig kurzfristig angekündigt stattfand. Wenige Stunden später war in den beiden Stuttgarter Zeitungen von den zu erwartenden Zeitverzögerung von zwei Jahren, einer erneuten Kostensteigerung von 623 Millionen Euro und einem kümmerlichen Puffer von 15 Millionen zu lesen. Doch Manfred Leger, Vorsitzender der Geschäftsführer der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH, erwähnte in seiner Begrüßungsrede kein Wort von der prekären Situation bei Stuttgart 21 , die in der Presse in den darauf folgenden Tagen als „Planungsdesaster und „Finanzkollaps“ tituliert wurde und zu einer hohen Nervosität im Aufsichtsrat und Vorstand der DB AG führte (Welt).

Wie seit einigen Veranstaltungen sprach der Projektchef nicht mehr von der Inbetriebnahme zum Ende 2021 und dieses Mal auch nicht mehr von der Einhaltung des Kostenrahmens, sondern einen wachsweichen Satz, der bei Deutschlands teuersten  Milliarden-Bauprojekt aufhorchen ließ: „Wir haben eine Budget- und eine Terminvorgabe und wir versuchen diese auszufüllen“. Noch vor einem Jahr auf der ersten Infoveranstaltung für den Stuttgarter Osten war „alles im Plan“. Der Projektchef erwähnte in seiner Begrüßung den aktuellen Tunnelvortrieb bei Stuttgart 21 von rund 15 Kilometern mit 25 % und den der Neubaustrecke, bei der rund die Hälfte aufgefahren sei. Selbstverständlich fehlte nicht der obligatorische Hinweis auf die finanziellen Belastungen durch den Artenschutz beim Großprojekt. Konkrete Teilziele wurden nicht mehr genannt. Stattdessen nur der Hinweis, dass dieses Jahr eine „ganze Menge Tunneldurchbrüche“ anstehen würden.

Auf die Frage aus dem Publikum nach einem Projektabbruch bei Stuttgart 21, reagierte er „not amused“. Innerhalb der DB AG bestünde nicht ein irgendwie geartetes Interesse dieses Projekt einzustellen. Schließlich seien 50% des Budgets für Stuttgart 21 durch Vergaben gebunden und bereits 1,5 Milliarden ausgegeben. Dass aber der vom Aufsichtsrat freigegebene Kostenrahmen bereits überschritten bzw. die 6,5 Milliarden bis auf lächerliche 15 Millionen Puffer ausgeschöpft und damit weitere Kostensteigerung bei dem Milliardenprojekt zu erwarten sind, erwähnte er nicht.

Auch bei der Präsentation über die anstehenden Bauarbeiten, die der Abschnittsleiter für den bergmännischen Teil des PFA 1.2. und 1.5., Günther Osthoff hielt, blieb einiges im Unklaren. Die Präsentation, die sie auf der Webseite der Projektgesellschaft abrufen können, enthielt im Gegensatz zur Veranstaltung im Vorjahr oder in Degerloch 2014 bezeichnenderweise keinen Zeitplan für den Bau der beiden Tunnel unter dem Stuttgart Osten. Wahrscheinlich aufgrund der Erfahrung, dass bislang kein einziger auf den Anwohnerveranstaltungen präsentierter Zeitplan eingehalten werden konnte. Wie dies zur Aussage des Aufsichtsratspapiers passt, nachdem nur der Feuerbacher Tunnel ein Jahr in Verzug sei, können wir uns nicht erklären.

Hier die Zusammenfassung des Vortrages ergänzt mit unseren Anmerkungen:

1. Bau des Verzweigungsbauwerks Süd und Tunnelvortrieb Richtung Wangen und Wendekaverne

  • Weiterhin laufen die Bauarbeiten am aufwendigen Verzweigungsbauwerk unter der Jugendherberge. Hier die auf der Veranstaltung präsentierte Übersicht:

  • Aktuell sind die beiden südlichen Pfeiler gebaut. Der Vortrieb der beiden Oströhren 902/62 Richtung Wangen und 802 Richtung Wendekaverne läuft seit Februar 2016, der Vortrieb der ersten Weströhre 801 Richtung Wendekaverne seit Mai 2016.
  • Der Bau der zweiten Weströhre 901 Richtung Wangen soll erst 2017 starten. Auf Nachfrage des Netzwerks Kernerviertel erklärte Günther Osthoff, dass sich der Vortrieb Richtung Wangen auf die Röhre 902/62 konzentrieren soll. Für die Röhre 62 zwischen dem Verzweigungsbauwerk und Wangen hatte er mehrfach in den letzten Anwohnerveranstaltungen in den Neckarvororten den Tunneldurchbruch auf Ende diesen Jahres angekündigt. Dass aber der Vortrieb des Weströhre 901 erst 2017 starten soll, überrascht. Zumal Eigentümer in der Haußmannstraße im September 2015 wegen der Unterfahrungsrechte angeschrieben wurden. Dies deutet eher auf Probleme beim Tunnelbau hin.
  • Am Pfeiler Nordost laufen noch die Betonarbeiten. Der Pfeiler Nordwest ist noch nicht im Bau. Wann die Tunnelvortriebsarbeiten Richtung dem Anfahrbereich Süd (Kernerviertel) starten, blieb auf der Veranstaltung offen.
  • Dabei sollten die Bauarbeiten für die Herstellung des Verzweigungsbauwerks nach dem auf der letzten Infoveranstaltung  präsentierten Zeitplan (Folie) bis Ende des Jahres 2015 abgeschlossen sein und der Tunnelvortrieb des Anfahrbereich Richtung Kernerviertel starten. Jegliche Nachfragen betroffener Eigentümer im Kernerviertel zu den Hebungsinjektionen wurden vom Abschnittsleiter auf der Veranstaltung abgeblockt.
  • Wegen der Geologie (Übergang ausgelaugter Gipskeuper zu teilweise anhydritführenden unausgelaugten Gipskeuper) und der Nähe zu den betonierten Pfeilern kommen die Vortriebsarbeiten im Bereich des Verzweigungsbauwerk nur mit durchschnittlichen täglichen Abschlagslängen von 60-80 cm voran. Wie viele Sprengungen am Tag unterhalb des Kernerviertels durchgeführt werden, erwähnte Günther Osthof nicht.
  • Nach den Staubwolken, die aus dem Tunnelportal an der Rettungszufahrt neben dem Wagenburgtunnel immer wieder nach Sprengungen austreten, sind die Vortriebsarbeiten seit längerem im quellfähigen Anhydrit angelangt.
  • Ein Zeitplan, wann die Vortriebsarbeiten welches Wohngebiet im Osten erreichen, wurde nicht genannt.

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Unterwegs mit dem Stuttgart 21-Seelsorger / 3Sat: Die Mineure vom Gotthardtunnel

Auch wenn wir von Seiten der Anwohner-Netzwerke die Bauarbeiten von Stuttgart 21 kritisch begleiten, muss man der harten Arbeit der Tunnelbauer und  Bauarbeiter selbstverständlich Respekt zollen. Daher möchten wir auf zwei Filmbeiträge hinweisen:

Die Diozöse Rottenburg-Stuttgart hat auf youtube einen kurzen Film über die Arbeit des katholischen Betriebsselsorgers bei Stuttgart 21 eingestellt. Sie schreibt dazu: „Das Bahnprojekt Stuttgart 21 kennen viele vor allem aus den Schlagzeilen: Es gibt Streit um Naturschutz, Finanzierung, Effizienz. Einen ganz anderen Blick darauf hat Peter Maile. Er kümmert sich als Seelsorger um die Bauarbeiter von „S21″. Wir haben ihn hinter den Kulissen der Baustelle begleitet.“ Die Stuttgarter Zeitung (hier) und der Spiegel (hier) hatten bereits über ihn und seine Arbeit auf den Baustellen berichtet.

Welche Auswirkungen das Arbeiten im Schichtbetrieb unter Tage fern von den Familien hat, zeigt die 3Sat-Dokumentation „Die Mineure vom Gotthardtunnel“.  3Sat schreibt dazu: „In dieser Langzeitbeobachtung begleiten die Filmemacher sechs Tunnelarbeiter in ihrem Alltag. Die Dokumentation gibt den Tunnelarbeitern vom Gotthard so ein Gesicht. Mehr als zwölf Jahre haben sie unter dem Gotthardmassiv für den längsten Tunnel der Welt gegraben, gebohrt und gesprengt.“

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StZ: Kuhn wirft der Bahn „Vertrauensbruch“ vor / StN: OB Kuhn ist sauer auf die Bahn

Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichten heute (StZ /StN) über die Reaktion des Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn auf die erneut von der Bahn verschwiegenen Kosten- und Terminproblemen.

Der OB weist laut StN daraufhin, dass „die Bahn und die Projektbefürworter sich „die Kosten und die Komplexität von Stuttgart 21 kleingeredet, um es durchzusetzen. Kuhn: „Das rächt sich jetzt. Die von der Bahn für den Aufsichtsrat vorgetragenen Probleme wie Anhydrit auf den Tunnelstrecken und die Brandschutzthematik im Bahnhof seien „in der Substanz nicht neu“, sagt Kuhn. Nicht neu sei allerdings auch der Mechanismus, dass die Bahn von aufholen spreche. Kuhn: „Das hatten wir jetzt schon inflationär oft, das erweckt meinen Argwohn.“ Und Kuhn fordert laut StZ „Dabei solle die Bahn auch Wege aufzeigen, wie die Verzögerung aufgeholt werden können. Diese Vorschläge müssten ausschließlich von dem Verkehrskonzern kommen. „Denn klar ist: Die Bahn baut Stuttgart 21 und nur die Bahn.““

Von  einer „klaren Kante“ (StZ) und „roten Linien“ (StN)  bei den von der Bahn erhofften „Freibrief“ beim Bau des Tiefbahnhofs, wie beispielsweise für die parallelen Bauarbeiten an mehreren Baugruben gleichzeitig oder der Einschränkung des Straßenverkehrs der B14,  ist in den beiden Kommentaren die Rede.

Zwar kann der OB die rechtzeitige Fertigstellung von Stuttgart 21 von der verantwortlichen Bauherrin Bahn einfordern. Doch die Baurealität, über die wir regelmäßig berichtet haben, sieht anders aus. Nach der ursprünglichen Planung sollten die Rohbauarbeiten für Stuttgart 21 2018 bzw. spätestens Mitte 2019 fertig gestellt sein. Doch davon sind die S21-Baustellen weit entfernt. Laut dem Aufsichtsratspapier wird die Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes für die Statik der Bodenplatte des Tiefbahnhofs und der Planänderung für die Verlegung der Fluchtreppenhäuser erst im Juni 2017 erwartet. Erst dann könnten die Bauarbeiten an der Bahnhofshalle mit den bautechnisch sehr anspruchsvollen Betonarbeiten für die Lichtkelche starten. 75 % der Tunnelkilometer müsen noch durch die schwierige Stuttgarter Geologie noch vorgetrieben und rund 45 Kilometer innenverschalt werden. Danach kann erst die eisenbahntechnische Ausrüstung des unterirdischen Bahnknotens beginnen. Und das auch noch mit einem lächerlichen Finanzpuffer von 15 Millionen Euro….

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Kontext: Echsen sind nicht schuld/ Wasser im Kessel / Der alte Kombi

Die Zeitschrift Kontext hat diese Woche wieder drei lesenswerte Artikel zu Stuttgart 21 veröffentlicht, auf die wir hinweisen möchten:

Echsen sind nicht schuld: “ Stuttgart 21 wird teurer und später fertig. Für den Münchner Verkehrsplaner Martin Vieregg kommt das nicht überraschend. Schon in wenigen Wochen werde der Kostendeckel gesprengt, sagt er im Interview mit Kontext – und erklärt auch die Geschichte mit den Eidechsen.“

Wasser im Kessel: „Nach den katastrophalen Überschwemmungen wird im Schwabenland über hausgemachte Hochwassergefahren diskutiert. Der mächtige Bahnhofstrog von Stuttgart 21 versperrt extremen Regenfluten den Abfluss aus der Innenstadt, sagen Projektkritiker*innen. Die Bahn widerspricht.

Der alte Kombi:Es ist wenig realistisch, dass die Deutsche Bahn wieder abzieht aus dem Talkessel und die schon gebohrten Tunnelkilometer zuschüttet. Deshalb müssen Alternativen zum Ausstieg aus Stuttgart 21 betrachtet werden. Eine liegt seit mehr als 20 Jahren auf dem Tisch: die Kombilösung.

Wer sich für die verkehrliche Alternative des Kombi-Hauptbahnhofs interessiert, findet mehr dazu  im Webblog „S21-Irrrtum“ von Fritz Möbius, wie beispielsweise im Beitrag vom 17.Mai 2016 „Der neue Stuttgarter Kombi-Hauptbahnhof als Ersatz für das Bahnrückbauprojekt Stuttgart 21„.

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StZ: Bahnbrechende Werbung

Die Stuttgarter Zeitung berichtet in ihrer heutigen Ausgabe (hier) über die Werbung des Brauseherstellers Red Bull in der Bahnhofshalle und schreibt: „„…Wer den Schaden hat, muss nicht lange warten, bis sich Spötter einstellen. Wenn der Hohn dann auch noch direkt vor der Haustüre ausgekübelt wird, tut’s doppelt weh. Gedanken, die womöglich den einen oder anderen Stuttgart-21-Bauer durchströmen, wenn er dieser Tage durch den Bahnhof geht – also den bestehenden, nicht den irgendwann einmal fertigen in Tieflage. Wenn Ihr Projekt früher fertig werden muss“, heißt es auf einem Werbebanner des österreichischen Brauseherstellers Red Bull, verbunden mit der obligatorischen Feststellung, das in Büchsen gereichte Getränk verleihe Flügel. Das Reklameplakat steht in der Kopfbahnsteighalle, nur einen Dosenwurf entfernt von jenen Baugruben, in denen es gerade nicht so prickelnd läuft…“.

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Gürtel und Hosenträger reichen nicht. Zum neuen 144 Millionen Euro teuren Bauverfahren im Anhydrit

Bei 16 der 59 geplanten Tunnelkilometer für Stuttgart 21 müssen die Tunnelbauer  durch stark quellfähige, anhydritführende Schichten. Unten finden Sie die geologischen Längsschnitte der einzelnen Tunnel mit den rot eingezeichneten Anhydritschichten.  Zum Vergleich:  Für den Bau des S-Bahn-Tunnels wurden insgesamt 2 km Anhydrit durchfahren.  Entgegen mancher Zeitungsmeldungen verläuft jedoch kein einziger SSB-Tunnel  durch anhydritführendes Gestein.

Die von dem renommierten Sachverständigen für den Tunnelbau bei Stuttgart 21, Prof. Dr. Walter Wittke, viel beschworenen „Gürtel und Hosenträger“ beim Tunnelbau durch das heimtückische Gestein reichen nun doch nicht aus. Gemeint sind die doppelten Dammringe, die als Abdichtungsbauwerke jeweils vor und hinter einer Anhydritschicht gebaut werden sollen, damit kein Wasser in das stark quellfähige Gestein eindringen kann. Prof. Wittke erläuterte dieses Bauverfahren in der Schlichtung vom 20.Oktober 2010 (S.10ff).

Für den Cannstatter sowie den Feuerbacher Tunnel präsentierte er in der Schlichtung wegen der speziellen Geologie (hier liegen die Tunnelquerschnitte nicht vollständig im unausgelaugten, anhydritführenden Gipskeuper) noch ein Schaubild Bauverfahren mit „doppelter Sicherheit“…

Wittke Doppelte Sicherheit

… und erläuterte es mit den folgenden Worten: „Das nächste Bild zeigt einen typischen Querschnitt für die Tunnel nach Feuerbach und Bad Cannstatt. Hier liegen die Dinge anders. Hier liegt der Anhydrit in Höhe der Tunnelsohle, teilweise auch höher. Aber ich zeige als Beispiel hier den Anhydrit in Höhe der Tunnelsohle. Hier können wir das Quellen nicht ganz vermeiden…. Hier bauen wir eine Knautschzone ein – das ist ein erprobtes Bauverfahren –, also einen Blähton, der sich bei Quellen zusammendrückt, ohne dem Quellen einen großen Widerstand entgegenzusetzen. Wenn ich das Quellen zulasse, bauen sich die Drücke ab. Das ist eine Folge des Quellverhaltens des Anhydrits. Wenn ich ein Quellen zulasse, werden die Drücke klein; verändere ich das Quellen, werden die Drücke größer, wenn Wasser da ist.Damit auch hier der Wasserzutritt begrenzt oder ausgeschlossen wird, führen wir einen Injektionskranz, der violett im rech ten Bild dargestellt ist, um den Tunnel herum und dichten das Gebirge noch einmal ab, sodass kaum Wasser nach unten vordringt. Auch hier: doppelte Sicherheit oder, wenn ich das so sagen darf, Gürtel mit Hosenträgern. Das ist das Prinzip für die Tunnel nach Bad Cannstatt und Feuerbach…“.

Der Geologe Dr. Jakob Sierig wies in der Schlichtung u.a. auf die nach seiner Einschätzung kritischen Abschnitte im Feuerbacher Tunnel hin, bei denen durch ev. Undichtigkeiten Wasser in das Anhydrit eindringen könnte:

Sierig Anhydri Feuerbach

Doch erst jetzt wurde im Zuge der Kostenexplosion um 623 Millionen Euro bekannt, dass im Cannstatter und Feuerbacher Tunnel das 2010 vom „Tunnelpapst“ Prof. Dr. Wittke noch präsentierte „erprobte Verfahren“ mit „doppelter Sicherheit“ doch nicht ausreichend ist. Dieses neue – 2015  nach einem Gutachten zum Dauersanierungsfall Engelbergtunnel von WBI empfohlene –  Bauverfahren kostet die Bahn bei Stuttgart 21 zusätzlich 144 Millionen Euro.

So schreiben die Stuttgarter Nachrichten (hier)  „Der Tunnelbau in diesem Abschnitt 1.5 wurde, nachdem der Bahn Erkenntnisse aus Untersuchungen im Engelberg-Autobahntunnel vorlagen, auf ein neues Verfahren umgestellt. Die zusätzliche Absicherung der beiden Röhren durch das Einspritzen von Harz in Bohrungen bis zu 25 Meter oberhalb der Tunnelröhren und eine deutlich verstärkte Tunnelsohle kostet laut Unterlagen allein 144 Millionen Euro zusätzlich.“

Und die Welt (hier) schrieb:  „Das Verfahren zum Tunnelbau, das zunächst von einem renommierten Wissenschafter vorgeschlagen und ausgewählt wurde, ist aufgrund neuer Erkenntnisse überholt. Derselbe Wissenschaftler, dessen Befähigung weiter unumstritten ist, empfiehlt nun eine neue Bauweise, um die Robustheit der Röhren zu steigern. Sie sollen ein festeres Fundament und an den Decken bis zu 25 Meter lange Lanzen erhalten, die eingesickertes Wasser von der Röhrenhaut ableiten. Das und die Änderung der Planung schlagen mit 144 Millionen Euro zu Buche.“

Dieses neue Verfahren wurde jedoch auf der bislang ersten und einzigen Anwohnerveranstaltung für die vom Tunnelbau im Stuttgarter Norden betroffenen Anwohner, die im November 2015 statt gefunden hat, nicht erläutert. Weder das Einspritzen mit Harz noch die bis zu 25 Meter lange Lanzen im Erdreich unter den Gebäuden.

Nach dem negativen Berichterstattungen der letzten Tage hat die Projektgesellschaft  Journalisten das neue, kostspielige Verfahren im Tunnelbau im Cannstatter Tunnel präsentiert. Die Stuttgarter Zeitung (hier), die FAZ (hier), SWR (hier), der SWR-Landesschau (hier), die Badische Zeitung (hier) und das Schwäbische Tagblatt (hier) berichten über die neue Technik. Die Tunnelbauer vermelden, dass sich der Tunnelboden während der Vortriebsarbeiten nur um 8 mm gehoben habe. Wobei anzumerken wäre, dass die Quellprozesse auch erst Jahre später einsetzen können und für Stuttgart 21 erst kurze Abschnitte im Anhydrit durchfahren wurden.

Die StZ schreibt: „An der Tunneldecke war davon aber schon nichts mehr zu registrieren, an der 60 Meter weiter oben liegenden Geländeoberfläche schon gar nicht. Geschuldet ist dieses problemlose Durchfahren der ersten Anhydritmeter aus Sicht von Wittke auch neuen Erkenntnissen im Umgang mit dem problematischen Gestein. Daraus resultierte eine neue Vorgehensweise unter Tage. In dem betroffenen Bereich wurde der Tunnel in Form eines umgekehrten U aus dem Berg gebrochen – ansonsten stellen die Mineure einen kreisrunden Querschnitt her. Dort wo das U über die Kreisform hinausgeht, wird verstärkt Spritzbeton eingesetzt, damit kein Wasser an das feuchtigkeitsempfindliche Gestein gelangt. 2015 ist dieses Verfahren erstmals angewendet worden… Um zu vermeiden, dass Feuchtigkeit von vorne in die Baustelle eindringt, werden vor dem eigentlichen Tunnelbau bis zu acht Meter lange Bohrungen in den Berg eingebracht, in die organische Verbindungen gepresst werden, die die Baustelle abdichten…“

Interessanterweise berichtet die Stuttgarter Zeitung von einer zweiten Anhydrit-Linse, die die Tunnelbauer Richtung Hauptbahnhof erwarten. Im publizierten Längsschnitt des Cannstatter Tunnels ist zumindest nur eine Linse eingezeichnet.

Wie hochkomplex und damit auch kostentreibend die Anforderungen an den Tunnelbau in dem schwierigen Stuttgarter Gestein sind, verdeutlicht auch dieses Bild aus dem Video der Bahn „FaSzination 21 – Tunnelbau mit Durchblick“ . Allein der Cannstatter Tunnel soll nach Aussage des Abschnittsleiters Wadim Strangfeld in 21 verschiedenen Querschnitten hergestellt werden:

Tunnelquerschnitte Cannstatter Tunnel b

Längsschnitte Tunnel im Anhydrit bei Stuttgart 21: Fildertunnel ( 2 x 4,3 km) /Obertürkheimer Tunnel (2 x 2,2 km) / Bad Cannstatt (2 x 215 m) /Feuerbacher Tunnel (2 x 1,3 km)

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Reaktionen auf die erneute Bauzeit- und Kostenexplosion bei Stuttgart 21

Nachdem bereits am Wochenende nach Berichten der Stuttgarter Zeitung (StZ) und der FAZ (hier) sowohl das Land BW als auch der Bund die Übernahme von Mehrkosten bei Stuttgart erneut abgelehnt haben, steigt die Nervosität im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG.

Die beiden Stuttgarter Zeitungen (hier ) berichtet heute, dass die DB-Aufsichtsräte angesichts der neuen Zahlen und dem bereits bis auf 15 Millionen Euro ausgeschöpfen Baubudget alarmiert und maximal verärgert sind. Zuletzt wurde den Aufsichtsräten noch vom Bahnvorstand ein Puffer von 120 Millionen Euro präsentiert. Die StZ schreibt: „Uns wurde dabei immer erzählt, dass der Finanzrahmen und der Eröffnungstermin eingehalten werden“, sagt ein Aufsichtsrat. Das sei auch in den jüngsten Sitzungen der Fall gewesen, als diverse Nachfragen wegen der Kosten gestellt worden seien. Das Gesamtbudget liegt zwar bei 6,526 Milliarden, freigegeben wurden vom Aufsichtsrat 2013 aber nur 5,987 Milliarden Euro…. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der gesamte Finanzrahmen nicht eingehalten werden kann, ist sehr groß“, weiß der Aufsichtsrat um die Brisanz. Die Frage sein nun, wie man überhaupt weiter finanzieren könne, und ob der Vorstand 2013 Tatsachen falsch bewertet oder dem Aufsichtsrat vorenthalten habe…Das Vertrauen in die Fähigkeit des Vorstandes, das aus dem Ruder gelaufene Projekt umzusteuern, schwindet.“

Auch das Vertrauen von Seiten der mitfinanzierenden Projektpartner der Bahn bei Stuttgart 21 , die Stadt Stuttgart, das Land BW und die Region, ist am Schwinden. Heute wurden sie vom Vorstand der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH laut Recherche der beiden Stuttgarter Zeitungen (hier) mit einer 7-zeiligen (!)  Mail und der Information, dass der Zeit- und Kostenrahmen gehalten werden kann, abgespeist. Die StZ schreibt: „Die Art und Weise, wie Land, Stadt und Region Stuttgart und der Bund von der Bahn abgespeist werden, scheint angesichts der dramatischen Entwicklung beispiellos. Noch immer herrscht dort Sprachlosigkeit. Die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH halte weiterhin am Termin für die Inbetriebnahme im Dezember 2021 fest, erfahren die Mitzahler in dem elektronischen Brief. Das Projekt habe an drei Stellen Aufholbedarf: beim Hauptbahnhof zwei, beim Flughafenbahnhof und im Feuerbacher Tunnel je ein Jahr, heißt es unter Punkt 3 knapp. Das war es dann schon an Neuigkeiten. „Das Projekt“, heißt es unter Ziffer 4, „wird regelmäßig über den Erfolg von Aufholmaßnahmen berichten.“ 2018 sei eine weitere vertiefte Bestandsaufnahme geplant. Ein Teil dieser sei „eine finale Abschätzung der voraussichtlichen Gesamtkosten und des Inbetriebnahmetermins“.“

Die Bahn scheint die Brisanz der neuen Zahlen in der Öffentlichkeit zu verdrängen und die Konsequenzen auf 2018, wenn Mehrkosten endgültig gerichtlich eingeklagt werden müssen, verschieben zu wollen.

Das Medienecho ist jedoch einhellig. Die FAZ (hier) verweist auf die nur noch vorhandenen 15 Millionen Euro und auf die bisherige Taktik der Bahn, die Schuld für Kostensteigerungen bei anderen zu suchen. So schreibt die FAZ: „Immer wenn es um Kosten und Termine für das Infrastrukturprojekt Stuttgart 21 geht, verstecken sich die Verantwortlichen der Bahn hinter bürokratischen Wortungetümen. Es gebe „extern induzierte Risiken“ und einen „Gegensteuerungsbedarf“ in Höhe von 524 Millionen Euro. Im Klartext: Das für die Verkehrsinfrastruktur des Wirtschaftslandes Baden-Württemberg so bedeutsame Projekt wird teurer, der Bahnhof kann wahrscheinlich erst Ende 2022 oder Anfang 2023 in Betrieb gehen, und die Schuld hierfür hat nicht die Bahn, sondern „Externe“, die Artenschützer, die feindseligen Politiker in Stuttgart oder die schwierigen geologischen Gegebenheiten der Stadt…“

NTV (hier) sieht Stuttgart 21 vor dem „Finanz-Kollaps„. Selbst SWR-Experte Harald Kirchner stellt heute im Landesschau-Interview (hier) die Frage „Wie glaubwürdig sind die Schätzungen noch?“. Er hält angesichts der erneuten Kostenexplosion und den selbst von den Befürwortern des Projekts geforderen noch nicht finanzierten Nachbesserungen an der Leistungsfähigkeit  “ Stuttgart 21 weder finanziell noch betrieblich ausdiskutiert„.

Von Seiten der S21-Kritiker sind die Reaktionen eindeutig. Sie fordern nach Berichten der beiden Stuttgarter Zeitungen (hier) maximale Aufklärung. Der VCD fordert Grundsatzdiskussion zu Stuttgart 21 und sieht offene Fragen bei Sicherheit, Leistungsfähigkeit, Kosten und Zeitplan. Das Aktionsbündnis sieht in einer heute herausgegebenen Presseerklärung „Stuttgart 21 erneut in der Kriseund weist darauf hin, dass sich eine Arbeitsgruppe aus Architekten, Bahnexperten, Denkmalschützern und Ingenieuren seit Monaten mit der Frage befasst, wie auch bei gegebener Bauentwicklung ein Ausstieg möglich wäre.

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StZ: Stuttgart-21-Betroffene leiden länger

Auch wenn die Bahn dem Aufsichtsrat „Gegensteuerungsmaßnahmen“ präsentieren wird, die Bauarbeiten von Stuttgart 21 werden sich noch weitere Jahre hinziehen. Die Stuttgarter Zeitung (hier) geht der Frage nach, welche Auswirkung diese „Hiobsbotschaft“ für die Stuttgarter, die Stadt Stuttgart und die Region haben wird. Denn nicht nur die Anwohner entlang der S21-Baustellen, wie dem Nordbahnhofviertel, sind länger vom Baustellenbetrieb betroffen, sondern auch Bahn- und Autofahrer  sowie die SSB-Fahrgäste. Auch die Zeitpläne für die Bebauung der nach freigewordenen Flächen im Rahmen einer Internationalen Bauaustellung und die Verbesserung des Nahverkehrs in der Region sind davon tangiert.

Wir möchten noch anmerken, dass diese Verzögerung für Projektkritiker nicht überraschend kommt. Sie hatten immer wieder darauf hingeweisen, dass Stuttgart 21 entgegen der offiziellen Darstellung der Bahn mit massiven Bauverzögerungen und Beeinträchtigungen von weit über einem Jahrzehnt für die Stadt und ihre Bürger verbunden sein wird. Nicht nur der Verkehrsminister der Landes BW Winfried Hermann, sondern auch auch sehr gemäßigte, betriebswirtschaftlich geschulte Kritiker sagten – so die Zeit in ihrem Artikel „Unterirdisch in Stuttgart“ vom 13.August 2014  – mindestens acht Milliarden Euro Gesamtkosten und eine Bahnhofseröffnung frühestens im Jahr 2025″ vorher.

Der Landesverkehrsminister erklärte 2013 im Interview mit der StZ:  „… Mit etwas Realismus muss man sagen, 2025 wäre das schon extrem optimistisch kalkuliert. Es kann ja niemand wollen, dass wir bis 2030 eine Dauerbaustelle haben. Nicht weil wir schwergängig sind, sondern weil die Bahn es ist. Sie ist an den Verzögerungen schuld…“. Dieses vor mehr als drei Jahren gehaltene Interview lohnt sich übrigens nachzulesen. Was die Informationspolitik über Zeitverzögerungen und Mehrkosten bei Stuttgart 21 angeht, hat die Deutsche Bahn anscheinend nichts dazu gelernt.

Update 8.6.2016: Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtet, dass das Land BW nach Aussage des Verkehrsministers Winfried Hermann mit ein, zwei Jahren Bauverzögerung „eine erkennbare, aber noch nicht sichere Erhöhung um 500 Millionen Euro“ bei Stuttgart 21 rechnet. Näheres könne erst nach dem am 30.Juni stattfindenden Lenkungskreis in Erfahrung gebracht werden. Hermann kritisiert die Informationspolitik der Bahn.

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Tunnelbau nach Art der Schwaben

Diese Woche wurde nach 17 Jahren Bauzeit der 57 Kilometer lange Gotthard-Basis-Tunnel  als längster Eisenbahntunnel der Welt eingeweiht. Die Medien berichten ausführlich darüber und zogen auch den Vergleich zum Verlauf der deutschen Großprojekte, wie beispielsweise dem BER und Stuttgart 21. Wir hatten über den Beitrag von Hermann G. Abmayr in Kontext berichtet.

Doch nicht nur bei der direkten Bürgerbeteiligung sowie dem Zeit- und Kostenmanagement unterscheidet sich Stuttgart 21 und die sich ebenfalls im Bau befindliche Neubaustrecke Stuttgart-Ulm vom Gotthard-Basis-Tunnel. Sondern auch vom Trassenverlauf und der Nutzbarkeit durch Güterzüge. Klaus Gebhard hat dies in einer Grafik „Tunnelbau nach Art der Schwaben“ dargestellt:

http://www.parkschuetzer.de/assets/statements_neu/000/190/535/original/Vergleich_NBS-NEAT_vertikal_1620.jpg?1465065984

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Bahn-Unterlage für den Aufsichtsrat weist massive Termin- und Kostenprobleme für S 21 auf. Bahn will u.a. mit Ausweitung der Bauzeiten gegensteuern

Projektkritiker hatten immer wieder vor den unbeherrschbaren Risiken bei Stuttgart 21 gewarnt. Ein ganzer Bahnknoten einer Großstadt mit einem „Tiefbahnhof“ und 59 Tunnelkilometern soll in einem der geologisch schwierigsten Untergründe Deutschlands (Stichwort: Anhydrit, Mineralwasservorkommen) verlegt werden. Neuralgische Punkte, wie der Brandschutz, sind nicht abschließend genehmigt. Zahlreiche Ausnahmegenehmigungen für den Bau und Betrieb sind erforderlich. Ganze Planungsabschnitte, wie der Filderbereich oder der Abstellbahnhof sind wegen unzureichender Planungsunterlagen der Bahn noch nicht genehmigt. Eine Flut von Planänderungen behindern den Bauablauf bei Stuttgart 21, zuletzt aufgelistet in der Lenkungskreisunterlage von November 2015. Eine Auflistung der Mängel findet man bei den Ingenieuren 22, zuletzt vorgestellt in einer Infoveranstaltung im Januar 2016. Der BER lässt grüßen. Nur dass das Stuttgarter Projekt von den Kosten her Berlin längst überholt hat. Die Kosten explodierten bereits nach der Volksabstimmung und vor dem eigentlichen Baubeginn. 2 Milliarden sind vom Aufsichtsrat der DB AG genehmigt, aber nicht finanziert. Das Münchner Beratungsunternehmen Vieregg-Rösler ermittelte noch vor wenigen Monaten in einem Gutachten vorallem wegen der hochkomplexen Konstruktion des „Tiefbahnhofs“ geschätzte Kosten von 10 Milliarden Euro und empfahl aus wirtschaftlichen Gründen den Ausstieg aus Stuttgart 21. Projektkritiker wie beispielsweise die Bundestagsabgeordnete der Linken, Sabine Leidig, fordern dies schon lange, zuletzt formuliert in ihrem Gastbeitrag vor drei Tagen in der Frankfurter Rundschau. Noch letzte Woche veranstaltete das Aktionsbündnis eine Veranstaltung „Der S21-Umstieg ist nötig und möglich!“, nachzuhören als Audio bei Schaeferweltweit.

Seit Baubeginn von Stuttgart 21 im Februar 2010 bzw. im Herbst 2013 zeigten sich sehr schnell die Probleme. Regelmäßig hatten wir als vom Bau betroffene Anwohner in unseren Beiträgen zu den Zeitplänen und dem Baufortschritt bei Stuttgart 21 darauf hingewiesen, dass entgegen den offiziellen Verlautbarungen der Bahn die Zeitpläne der für den Trog- und Tunnelbau aus dem Ruder laufen und der offizielle Inbetriebnahmetermin 2021 nicht zu halten sei. Wie beispielsweise im Mai 2015 zur Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestages,  im Januar zum Bauzeitenplan für den Südkopf, dem vor wenigen Wochen anlässlich des offenen Streits zur Übernahme von Mehrkosten während der Koalitionsverhandlungen der neuen Landesregierung  oder zuletzt am Montag, als noch Projektsprecher gegenüber den Stuttgarter Zeitungen noch erklärten, dass am Termin 2021 weiterhin festgehalten werde.

Heute überschlugen sich die Meldungen zu Stuttgart 21. 12 Tage vor der nächsten Aufsichtsratssitzung, in der die aktuelle „Termin- und Kostensituation“ behandelt werden soll, muss der Bahnvorstand gegenüber den Aufsichtsrat eine extreme Zeit- und Kostensteigerungen bei Stuttgart 21 einräumen. Dies zeigt ein der Presse zugespieltes internes Papier, das für die Mitglieder des Aufsichtsrates der DB AG bestimmt war. Das Projekt sei wegen verzögerter Bauarbeiten und hinterherhinkender Genehmigungsprozesse zwei Jahre im Rückstand.

Dies ergab die von Manfred Leger im STZ-Interview angekündigte komplette Überprüfung der „Termin- und Kostensituation“ bei Stuttgart 21, der ersten seit 2012. Nach Informationen der FAZ ist diese Überprüfung jedoch noch nicht wie angekündigt bereits von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen testiert. Das Testat wird erst für September erwartet. So schreibt die FAZ: „Kefer, der auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bahnkonzerns ist, hatte die neue Bestandsaufnahme im Spätsommer vergangenen Jahres in Auftrag gegeben, es ist die erste komplette Überprüfung seit 2012 über die üblichen Quartalsberichte hinaus. Die Ergebnisse liegen seit kurzem vor. Der Aufsichtsrat unter der Leitung von Utz-Hellmuth Felcht soll sich am 15. Juni damit befassen. Felcht hat schon mit Billigung von Bahnchef Rüdiger Grube eine Sonderprüfung für Kefers Bericht in Aussicht gestellt, welche die Unternehmen KPMG und Basler + Partner vornehmen sollen. Ihr Ergebnis soll im September vorliegen.“

Laut StN wird als Hauptgrund für die jetzt in der aktuellen Aufsichtsratsunterlage ausgewiesenen  „24 Monate Gegensteuerungsbedarf„die Änderung des Rettungskonzept mit der Verschiebung der bereits genehmigten Fluchttreppenhäuser im Durchgangsbahnhof genannt. Die Genehmigung der durch die Änderung auch nötigen neuen Statik für alle Baufelder der Halle mit den Nummern 9 bis 18 wird erst für Juni 2017 erwartet…Neben dem Hauptbahnhof liegen die Abschnitte am Flughafen und der Tunnelbau nach Feuerbach außerhalb des bisherigen Zeitplans. Auf dem unterirdischen Weg vom Hauptbahnhof nach Feuerbach müssen die Mineure mit quellfähigem Anhydrit rechnen. Die Bahn ist hier nun ein Jahr in Verzug…“.

Trotz des schleppenden Baufortschritts ist der Risikotopf wegen Kostensteigerungen von über 623 Millionen Euro bis auf läppische 15 Millionen Euro nahezu ausgeschöpft. Der vom Aufsichtsrat genehmigte Kostenrahmen ist damit überzogen. Maßnahmen zur Gegensteuerung sind im Papier für den Aufsichtsrat in der Größenordnung von 524 Millionen Euro enthalten.  Für viele dieser Maßnahmen ist allerdings die Zustimmung der Projektpartner von Stadt und Land bzw. formelle Planänderungsverfahren erforderlich. Sollte der Eröffnungstermin Ende 2021 nicht eingehalten werden können, würden der Bahn Verzögerungskosten von jährlich 100 Millionen Euro entstehen. Bei Durchsetzung der Gegensteuerungsmaßnahmen – so die Bahn- sei der Zeitplan, den Bahnhof 2021 einzuweihen, immer noch zu halten.

Dies nehmen jedoch die wenigsten Zeitungen der Bahn ab. Die Stuttgarter Zeitung kritisiert massiv die Bauherrin Bahn, die ihr Projekt nicht im Griff  und das Vertrauen endgültig verspielt hätte. Auch Bahnvorstand Volker Kefer, der in der Schlichtung das Projekt als „bestgeplant“ verkaufe und nun dem Aufsichtsrat die brisante Lage bei Stuttgart 21 eingestehen muss, hätte ein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit. Selbst die FAZ zieht den Vergleich mit dem BER. ( StN 1/ StN 2 / StN 3 / StZ 1 / StZ 2 / StZ 3 / StZ 4 FAZ1 / FAZ2SWR / Welt / SZ / / SPON  / Zeit / Heute / Handelsblatt). Auch der Landesflughafen Stuttgart wird nervös und will laut StZ Ansprüche gegen die Bahn wegen verzögerter Fertigstellung prüfen.

Wir möchten angesichts der Vielzahl der Meldungen den Versuch machen, einen Überblick zu geben:

Welche Mehrkosten macht die Bahn bei Stuttgart 21 geltend?

  • 166 Millionen wegen verzögerte Planfeststellungsverfahren, wie beispielsweise der Filderabschnitt. Die Bahn sieht „neue behördliche Auflagen“ und fehlendes Personal im Eisenbahn-Bundesamt als Preistreiber. Dabei lässt die Vielzahl an Planänderungsverfahren (Stand November 2015), mit denen die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde „geflutet“ wird, und die immer wieder zurückgezogenen und eingereichten Planfeststellungsverfahren zum Filderabschnitt und dem Abstellbahnhof Untertürkheim Rückschlüsse auf die unzureichende Qualität der eingereichten bzw. ursprünglich genehmigten Pläne zu.
  • 78 Millionen Euro aufgrund dem geänderte Brandschutzkonzept.
  • SZ:Nach der Änderung der Rettungs-Strategie durch die Feuerwehr im Jahr 2014 wurde eine Reihe von Szenarien zur Umgestaltung der Fluchttreppen im Bahnhof durchgespielt. Schließlich zeigte sich, dass die bisherige Statik Treppenhäuser, die bis zu 90 Minuten feuerbeständig sein sollen, nicht tragen könnte. Hier läuft die Änderungsplanung im Schneckentempo; der EBA-Bescheid wird erst 2017 erwartet. Dies könnte am Ende zwei Jahre Zeit zusätzlich sowie 78 Millionen Euro kosten, ist der Aufsichtsratsvorlage zu entnehmen.“
  • StN: „Nach den Terminplänen der Bahn soll der Rohbau für den neuen Tiefbahnhof in Stuttgart Ende 2019 fertig sein. Bei dem in 25 Segmente unterteilten Bauwerk hat das Unternehmen bisher erst für einen Abschnitt die Baufreigabe. Der Bahnhof sei so komplex, dass für Berechnungen Abweichungen von diversen Regelwerken vereinbart werden mussten, heißt es. Das habe bestehende Terminprobleme verschärft. Dazu kommen weitere Umplanungen zum Beispiel bei den Fluchttreppenhäusern. Sie neu zu platzieren wurde von der Bahn vor wenigen Tagen beim Eisenbahn-Bundesamt (Eba) beantragt. Die Verschiebung der Rettungswege ist ein deutlicher Eingriff in den im August 2014 im Schlossgarten begonnenen Rohbau.“
  • 144 Millionen Euro wegen zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen beim Tunnelbau im Anhydrit, insbesondere entlang des Cannstatter- und Feuerbacher Tunnels.
  • StN: „Der Tunnelbau in diesem Abschnitt 1.5 wurde, nachdem der Bahn Erkenntnisse aus Untersuchungen im Engelberg-Autobahntunnel vorlagen, auf ein neues Verfahren umgestellt. Die zusätzliche Absicherung der beiden Röhren durch das Einspritzen von Harz in Bohrungen bis zu 25 Meter oberhalb der Tunnelröhren und eine deutlich verstärkte Tunnelsohle kostet laut Unterlagen allein 144 Millionen Euro zusätzlich.“
  • Welt:  „Das Verfahren zum Tunnelbau, das zunächst von einem renommierten Wissenschafter vorgeschlagen und ausgewählt wurde, ist aufgrund neuer Erkenntnisse überholt. Derselbe Wissenschaftler, dessen Befähigung weiter unumstritten ist, empfiehlt nun eine neue Bauweise, um die Robustheit der Röhren zu steigern. Sie sollen ein festeres Fundament und an den Decken bis zu 25 Meter lange Lanzen erhalten, die eingesickertes Wasser von der Röhrenhaut ableiten. Das und die Änderung der Planung schlagen mit 144 Millionen Euro zu Buche.“
  • In keiner Anwohnerveranstaltung wurden diese zusätzlich im Anhydrit erforderlichen Maßnahmen vorgestellt. Statt dessen war immer nur von Abdichtungsbauwerken vor und hinter der Anhydritschicht bzw. Dammringen die Rede, die in zwanzig Jahren Forschung im Freudensteintunnel erprobt waren.
  • 125 Millionen für zu erwartende  Risiken
  • StN :Weitere 77 Risiken, die von der Bahn bisher mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von weniger als 50 Prozent bewertet wurden, deren Eintreten nun aber offenbar erwartet werden muss, werden mit 125 Millionen Euro angegeben.“
  • Die  mittlerweile veröffentlichte Azer-Risiko-Liste aus dem Jahr 2011 ist sicherlich nicht in allen Teilen aktuell. Damals waren bereits die meisten Risiken mit unter 50% bewertet und damit nicht eingepreist.  Die projektverantwortliche DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) verwies in ihren aktuellen Pressemitteilungen immer wieder ihr mittlerweile mit zwanzig Mitarbeitern besetztes Risikomanagement. Noch im November 2015 erklärte die PSU auf ihrer Webseite, dass der Kostenrahmen von Stuttgart 21 eingehalten wird.: „Zum Stand Ende 2015 ist zu erwarten, dass für das Projekt Stuttgart 21 Aufträge einschließlich etwaiger Nachträge in einem Volumen von rund 3.100 Mio. Euro vergeben sind. Dies entspricht fast der Hälfte des Gesamtwertumfangs. Zum Jahresende erwartet das Projekt Gesamtausgaben in Höhe von 1.500 Mio. Euro und damit etwa ein Viertel des Gesamtwertumfangs. Stuttgart 21 kann somit nach Überzeugung der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH mit großer Plausibilität innerhalb des bewilligten Kostenrahmens realisiert werden.“
  • 65 Millionen durch verschärfte Lärmschutzauflagen
  • Die Mehrkosten für die zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen im Kernerviertel und am ZA Prag sowie die Hotelübernachtungen entlang des Sprengvortriebs in Wangen und Untertürkheim resultieren nicht aus vetschärften Lärmschutzauflagen, sondern aus falschen Lärmprognosen des langjährigen Gutachters.
  • Da fragen wir uns wo diese Millionen herkommen sollen. In der Presse war bislang nur von ganz anderen Beträgen die Rede. In der UTA-Sitzung im Oktober 2015 wurden den Stadräten beispielsweise sieben Millionen Mehrkosten für zusätzliche Lärmschutzfenster und zwei Millionen für die Schallschutzwände kommuniziert (StZ / StN) Hinzu kommen noch die Kosten für die Hotelgutscheine und nach Wegfall des geplanten Schallschutzdaches am ZA Prag die Baukosten für den Zwischenlagerbereich innerhalb des Feuerbachertunnels. Wir können uns die Summe nur vorstellen, dass die Bahn hier auch Kosten für die nicht erteilte Ausnahmegenehmigung für den nächtlichen Sprengvortrieb miteinrechnet.
  • 45 Millionen Euro für den Umweltschutz, darunter Juchtenkäferbäume und Umsiedelung der Mauereidechsen.
  • Auch hier fragen wir uns, warum die vielzitierten Umsiedelungskosten nicht bereits von Anfang an im Budget enthalten waren. Schließlich sind die Baugebiete mit den  dort bislang lebenden geschützten Tiere lange bekannt.

Welche Gegensteuerungsmaßnahmen sind erwähnt?

  • 100 Millionen Euro Baukostensenkung
  • StN: „Dieses Vorgehen erinnert stark an die von Rüdiger Grube im Jahr 2009 nach der Unterzeichnung des Finanzierungsvertrags aufgegebene Kostenprüfung. Sie drückte das Projekt am Ende unter den von allen Partnern beschlossenen Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro.“
  • Ausweitung der parallel laufenden Bauarbeiten im Trogbau
  • StN: „Um den Bau im Talkessel zu beschleunigen, könnten nach Absprache mit dem Eba, mehr Baugruben gleichzeitig geöffnet und damit an deutlich mehr Segmenten zeitgleich gearbeitet werden als bisher erlaubt. Die bisherige Einschränkung dient vor allem dem Schutz des Grundwassers.“
  • Die eingeschränkte Bautaktung dient dem Schutz des darunterliegenden, unter Druck stehendem Mineralwasservorkommen. Die Bautaktung könnte nur durch ein Planänderungsverfahren genehmigt werden. Die letzte Planänderung zum Grundwassermanagment kostete der Bahn rund 2 Jahre Bauverzögerung.
  • Ausweitung der täglichen Bauzeiten im Bereich des Hauptbahnhofs:
  • Welt: „So soll möglichst bald auf der Baustelle im Herzen Stuttgarts im Zweischichtbetrieb gearbeitet werden und außerdem auch an Samstagen. Eine kürzere Bauzeit soll Kosten sparen„.
  • Stärkere Eingriffe in den Straßen-und Schienenverkehr
  • StN: „Der Bau könne auch schneller voran gehen, wenn stärkere Eingriffe in den Straßen- und Schienenverkehr zugelassen würden. Bisher musste die Zahl der Fahrspuren rund um die Baustelle beibehalten werden.“
  • Behelfsbrücke am Südkopf:
  • Welt:Darüber hinaus will der Vorstand die Stadt Stuttgart davon überzeugen, am Südkopf des Bahnhofs für die Dauer der Arbeiten eine Behelfsbrücke zu bauen. Damit würde sich verhindern lassen, dass ständig die betroffene Straße verlegt werden muss, was den allgemeinen Verkehr stocken lässt und damit auch die An- und Abfahrt zur Baustelle.“
  • SWR: Verzicht auf die Verlegung der A 8

Fazit: Wie die Kritiker immer vorausgesagt hatten, die Bahn hat Stuttgart 21 als Deutschland größtes Bauprojekt nicht im Griff. Sie fordert einen Freibrief beim Bau. Wegen jahrelanger Verzögerungen beim Bau des „Tiefbahnhofs“ will die Bahn mit Maßnahmen entgegensteuern, die für das Mineralwasser riskant sind und zu Lasten der Lebensqualität der Stuttgarter Bürger gehen würden, vor allem der Anwohner des nahegelegenen Kernerviertels! Nach den bisherigen Erfahrungen mit Stuttgart 21 ist Skepsis angesagt. Alle bislang von der Bahn präsentierten Gegensteuerungsmaßnahmen entpuppten sich als „heiße Luft“ bzw. waren nach kurzer Zeit wegen erneut aufgetretener technischer Probleme und erforderlicher Planänderungen Makulatur. Und dass der auf 15 Millionen Euro zusammengeschmolzene Risikotopf die nächsten sieben Jahre ausreichen würde, ist fern jeder Baurealität von Großprojekten.

Update 4.6.2016: Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtet über erste Reaktionen der Projektpartner, der Kritiker wie MdB Sabine Leidig und Matthias Gastl und des BUND. Dieser kritisiert laut StZ: „Dieses Vorgehen würde die „erhebliche Gefahr einer unwiederbringlichen Schädigung des Stuttgarter Mineralwasservorkommens“ mit sich bringen. Je mehr abdeckende Erdschichten gleichzeitig entfernt würden, desto größer sei die Gefahr eines Mineralwasseraufstiegs, der die Mineralwasserzu- und -abströme in Stuttgart verändern könnte. Die Folge könnte ein Versiegen der Quellen für die Mineralbäder Berg und Leuze sein. In eine ähnliche Kerbe hieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel aus dem Kreis Esslingen. Bei Stuttgart 21 laufe nach wie vor nichts nach Plan, weil die Deutsche Bahn gar keinen habe. Nun auch noch zu fordern, dass von wesentlichen Bauvorgaben abgewichen werden darf, stelle eine Bankrotterklärung der Deutschen Bahn dar. Bahnbetriebliche, sicherheits- und umweltrelevante Vorgaben für den S-21-Bau seien nicht verhandelbar. „

Das Landesregierung BW lehnt eine Beteiligung an den Mehrkosten für Stuttgart 21 ab (StZ). Auch das Bundeverkehrsministerium unterstrich gegenüber der FAZ (hier), dass es „dass es sich um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Bahn handele. Die Mehrkosten müssten Bahn und Projektpartner decken.“

Veröffentlicht unter Allgemein, Anhydrit, Bad Cannstatt, Bauarbeiten, Baufortschritt, Brandschutz, Eisenbahn-Bundesamt, Filderbereich, Grundwassermanagement, Kernerviertel, Kosten, Lärm, Ökologie, Planfeststellung, Stadt Stuttgart, Tiefbahnhof, Zeitplan | Kommentare deaktiviert für Bahn-Unterlage für den Aufsichtsrat weist massive Termin- und Kostenprobleme für S 21 auf. Bahn will u.a. mit Ausweitung der Bauzeiten gegensteuern

Zusätzliche Bohrungen am Wangener Großmarkt trotz des umfassenden Bohrerkundungsprogramms bei Stuttgart 21?

Seit ein paar Monaten zeichnet sich ab, dass die Tunnelbauer bei den Vortriebsarbeiten in Wangen  in der Oströhre (61) unterhalb des Wangener Großmarktes Richtung Neckar  trotz der Tieferlegung der Röhren um vier Meter weiterhin mit den wasserführenden Schichten zu kämpfen haben. Dagegen kam der Vortrieb und die Neckarunterquerung der Weströhre (62) zügig voran und steht kurz vor dem Untertürkheimer Lindenschulviertel. Wobei man anmerken muss, dass  nach den ursprünglichen Zeitplänen der Bahn die beiden Tunnelröhren bereits seit Ende letzten Jahres vorgetrieben hätten sein sollen. In den seit März auf der Webseite der Projektgesellschaft veröffentlichten Grafiken über den Vortriebsstand des Obertürkheimer Tunnels sind die stark unterschiedlichen Baufortschritte der beiden Röhren unterhalb Stuttgart-Wangen deutlich zu erkennen. Sie finden Sie in unseren Monatsberichten März und April. Hier der aktuelle Stand zum 30.Mai 2016:

20160530 Obertürkheimer Tunnel

Jetzt berichten die beiden Stuttgarter Zeitungen (StN / StZ) über zusätzlich erforderliche Erkundungsbohrungen in Wangen im Bereich des Großmarktes. Dadurch sollen neue Erkenntnisse über wasserführende Schichten gewonnen werden.

Wie auch bei der gestern von der StZ erwähnten Auftragsänderung wurde bei der Bekanntmachung im EU-Amtsblatt wieder nur ein Euro als Auftragswert angegeben. Auf Nachfrage bei der DB Projektgesellschaft erhielt die STN/STZ die Auskunft, dass seit der Auftragsvergabe mehr als 4,61 Millionen Mehrkosten angefallen seien. In der Meldung heißt es : „Ob die Ursache dafür Zusatzleistungen, so genannte Nachträge, oder zuvor vereinbarte Inflationszuschläge oder Gleitpreise für Stahl oder Beton waren, diese Frage beantwortet die Projektgesellschaft nicht. Vertragsdetails wolle man nicht weiter vertiefen, man bitte um Verständnis.“ Es liegt jedoch auf der Hand, dass der wegen des hohen Wasserandrangs bedingte zwischenzeitliche Baustopp und die Planänderung zur Tieferlegung der Tunnelröhren ihren Teil zu den Mehrkosten beigetragen haben.

Zwar ist es verständlich, dass angesichts der Bauschwierigkeiten weitere Erkundungsbohrungen durchgeführt werden. Doch wir möchten in diesem Zusammenhang doch noch einmal daran erinnern, dass auf kritische Einwände von Anwohnern und Geologen zum Tunnelbau unter dem geologisch schwierigen Stuttgarter Untergrund immer mit dem großen und dichten Bodenerkundungsnetz argumentiert wurde. Auch wenn die Bohrungen aus Sicherheitsgründen in der Regel 5 bis 10 Meter neben der geplanten Tunneltrasse gesetzt wurden. Und jetzt zeigt sich, dass trotz der 400 Bohrungen mit 25.000 Bohrmetern im Stuttgarter Stadtgebiet für die Tunnel die bauausführende ARGE vor überraschenden geologischen Verhältnissen nicht gefeit ist.

So wurde beispielsweise in der Schlichtungsrunde am 20.11.2010 durch den renommierten Sachverständigen der Bahn für den Tunnelbau, Prof. Dr. Walter Wittke der umfassende Erkundungsstand für ausreichend befunden, nachzulesen in den Folien und dem Schlichtungsprotokoll S.12 “ ….Meine Damen und Herren, der Umfang der Erkundungen in Stuttgart ist sehr groß nach meinen Erfahrungen… Für die Tunnel sind 400 Bohrungen mit mehr als 25.000 Bohrmetern ausgeführt worden. Im Mittel heißt das: etwa alle 100 m eine Bohrung. Das ist ausreichend. Schauen Sie sich die entsprechenden Normen usw. an. Dann werden Sie feststellen, dass das ausreichend ist. Weiterhin gab es 1.900 Feldversuche und 25.000 Laborversuche. Das ist eine ganze Menge. Es war natürlich auch eine lange Zeit, während der die Tunnel geplant und entworfen wurden…“.

Auch in der Erörterung am 10.09.2013 zur Planänderung Grundwassermanagement wurden den Einwendern eine Folie mit den  umfangreichen Baugrunderkundungen bei Stuttgart 21 entlang der Tunneltrassen präsentiert:

20130910-Grundwassermanagement-TOP4_Erkundungen

Hier der noch Ausschnitt für Wangen, der gerade im Gebiet des Großmarktes zahlreiche rotmarkierte  Bodenerkundungen aus dem 1. bis 4. Erkundungsprogramm ausweist:

20130910-Grundwassermanagement-TOP4_Erkundungen Auszug Wangen

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StZ: Jetzt werden schon S-21-Sitzungstermine kritisch / StN: Zeitnot der Bahn wächst, aber es bleibt bei 2021

Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichten heute (StZ / StN) ausführlich über die mit Blick auf die Sitzung des DB-Aufsichtsrates erforderliche erneute Verschiebung des Lenkungskreises. Die StN beleuchtet die zentrale Rolle der drei Staatssekretäre bei der Entscheidung des Weiterbaus von Stuttgart 21 im März 2013. Auch die Zeitnot wegen des schleppenden Baufortschritts beim Tiefbahnhof und der immer noch ausstehenden Genehmigungen (Filderbereich, Bodenplatte, 15.Planänderung) wird in den Zeitungsmeldungen thematisiert.

Trotzdem soll der offizielle Eröffnungstermin weiterhin mit Gegensteuerungsmaßnahmen gehalten werden. So schreibt die StZ: „Es bedarf keiner prophetischen Gabe vorauszusagen, dass vor allem der Terminplan arg in Schräglage geraten ist. Also wird die PSU – wie schon früher immer wieder – so genannte Gegensteuerungsmaßnahmen ins Felde führen, mit denen der längst mehr als ambitioniert geltende Inbetriebnahmetermin Ende 2021 gehalten werden können soll“. Und die StN: „Die Inbetriebnahme des Gesamtsystems Ende 2021 bleibt kritisch. „Wir halten an dem Termin fest“, sagt ein Projektsprecher. Allerdings werde angesichts der Verzögerungen der „Gegensteuerungsbedarf ein großes Thema“ – auch für den Aufsichtsrat.“

Wir sind da mehr als skeptisch. Als vom Bau für Stuttgart 21 betroffene Anwohner müssen wir immer wieder feststellen, dass bislang kein einziger von der Bahn vorgestellter Zeitplan für Stuttgart 21 eingehalten wurde und die verbleibende Zeit bis zum offiziellen Inbetriebnahmetermin im Dezember 2021 „dahinschmilzt“. Alle Beteuerungen auf Beschleunigung der Bauarbeiten, wie beispielsweise von Projektchef Manfred Leger vor mehr als einem Jahr im StZ-Interview (hier) „Warten Sie ab, wie schnell wir hier noch werden“, haben sich als „heiße Luft“ entpuppt.

So müssten nach der zum Trogbaustart im August 2014 vorgestellten Bauzeitenplan einzelne Trogbaufelder, wie das Startbaufeld 16 und der Trogblock 22 neben dem Planetarium, auf dem die SSB in zwei Jahren die neue Haltestelle in Betrieb nehmen will, bereits seit Mai bzw. April 2016 fertig gestellt sein. Wir werden noch darüber berichten. Doch wegen der neu geplanten Verlagerung der Fluchttreppenhäuser und der immer noch ausstehendenden Genehmigung der Bodenplatte ist auf dem Baufeld 16 seit Monaten nahezu Stillstand zu verzeichnen und die Bauarbeiten des Baufeld 22 hinken weit hinterher. Hier ein aus dem Netz gefischter Twitter-Tweet mit einer Gegenüberstellung des Baufortschritts beim Trogbau des südlichen Abschnitts in den letzten eindreiviertel Jahren. Im Vordergrund das jetzt mit einer 10 cm Sauberkeitsschicht überzogene Baufeld 16:

Bauforschritt 2014 Mai 2016

Auch die Bauarbeiten am Baufeld 25 neben der Lärmschutzwand im Kernerviertel hätten eigentlich im Juli 2016 samt dem Schwallbauwerk und den unterirdischen Technikräumen abgeschlossen sein müssen. Hier laufen gerade erst einmal nach dem Verbau die Baggerarbeiten für den Erdaushub. Und laut StZ ist mit der ursprünglich für November 2015 erwarteten Genehmigung der 15.Planänderung (neues Entrauchungskonzept mit Hochleistungsventilatoren in den Schwall- und Entrauchungsbauwerken) erst im Juli 2016 zu rechnen. Entsprechend hängt auch der Logistikzeitplan „der aus der Stadt zu schaffenden Erdmassen“ laut StZ deutlich hinterher.

Beim Tunnelbau für die Tieferlegung des Bahnknotens müssen bis Ende 2020 noch 75% der 59 Kilometer Tunnel vorgetrieben, 45 bergmännisch hergestellte Kilometer innenverschalt und 59 Tunnelkilometer eisenbahntechnisch ausgerüstet werden, bevor der einjährige Testbetrieb starten kann.

Bezeichnend ist, dass die PSU nicht entsprechend der seit 18.April in nationales Recht  umgesetzten EU-Vergaberichtlinie die Mehrkosten bei Auftragsänderungen transparent kommuniziert. So schreibt die StZ am Schluss des Artikels: „Nun musste auch noch die Bausumme für den Durchgangsbahnhof nach oben korrigiert werden. Mitte Mai erschien ein entsprechender Hinweis in der Online-Ausschreibungsdatenbank der Europäischen Union. Das sei aber nur neuen EU-Vergaberichtlinien geschuldet, so ein Projektsprecher. Demnach hat sich das Bauwerk genau um einen Euro auf nun 347 435 934 Euro verteuert.“

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Geschwärzte Kanzleramtspapiere nach Klage freigegeben. Zur Aufsichtsratssitzung der DB AG, dem Bundesrechnungshofs-Bericht und dem erneut verschobenen Lenkungskreis

Am 8 und 15. Juni werden die nächsten Aufsichtsratssitzungen der Deutschen Bahn AG stattfinden. Es ist zu erwarten, dass Stuttgart 21 wieder auf der Agenda steht. Die Stuttgarter Zeitung schrieb im März (hier) über diese geplante Aufsichtsratssitzung: „Der zuständige Bahn-Vizechef Volker Kefer erklärte darauf, mit den Wirtschaftsprüfern von PWC, die seit Jahren auch die DB-Bilanzen testieren, eine vertiefte Darstellung der Kosten und Risiken zu erstellen, die bis zur nächsten Sitzung des Aufsichtsrats im Juni vorliegen soll. „Natürlich soll ein Offenbarungseid für S 21 vermieden werden“, sagte ein Teilnehmer, „denn das wäre ein politisches Debakel für die Befürworter“. 

Bei der „vertieften Darstellung der Kosten und Risiken“  handelt es sich laut Projektchef Manfred Leger im StZ-Interview (hier) um eine erstmals seit 2012 (!) von der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH aktualisierte  „Termin- und Kostensituation“ für Stuttgart 21, die nach dem Beschluss des Aufsichtsrates der DB AG durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC testiert werden soll. Die vom Aktionsbündnis vorgelegten Gutachten des Beratungsunternehmens Rössler-Vieregg gehen von Kosten von 10 Milliarden Euro und einer Wirtschaftlichkeit des Ausstiegs aus Stuttgart 21 aus. Die Zahlen der Gutachten wies die DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH entschieden zurück. Angesichts des schleppenden Baufortschritts, der fehlenden Baugenehmigungen und der Flut von Planänderungen bei Stuttgart 21 können wir uns jedoch nichts anderes vorstellen, als dass die Projektgesellschaft ihren Zeitplan für Stuttgart 21 und damit auch die Gesamtkosten revidieren muss.

Darüberhinaus hatte der Aufsichtsrat nach den Untreue-Anzeigen des Aktionsbündnisses in seiner letzten Sitzung laut dem StZ-Bericht auch ein Rechtsgutachten zur Haftungsfrage in Auftrag gegegeben. Letzten Donnerstag hat das Aktionsbündnis vor dem Verwaltungsgericht Berlin um die „Entschwärzung“ der eingesehenen Kanzleramtsdokumente  einen Teilerfolg erzielt. Die Stuttgarter Zeitung (StZ1 / StZ2) und die TAZ (hier) berichteten  ausführlich darüber. Das Aktionsbündnis gab dazu gestern abend eine Pressemitteilung heraus, die im Anhang die jetzt von der Bundesregierung freigegebenen drei Passagen des Aktenvermerks enthält. Das Aktionsbündnis sieht den Verdacht der rechtwidrigen Einflussnahme der Bunderegierung auf die Weiterbauentscheidung für Stuttgart 21 als erhärtet an. In der Pressemitteilung heiß es : „Die jetzt offengelegten Textpassagen stellen weitere Mosaiksteine eines Ablaufs dar, an dessen Ende der Aufsichtsrat der DB am 5. März 2013 ein offenkundig unwirtschaftliches Projekt aus sachfremden politischen Motiven weiterbauen ließ“.

Immer noch nicht veröffentlicht bzw. den Parlamentariern des Bundestages vorgestellt ist der  Prüfbericht des Bundesrechnungshof über das Handeln der drei Vertreter der Bundesregierung beim Beschluss des Aufsichtsrates der DB AG zum Weiterbau von Stuttgart 21. MdB Matthias Gastl, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, hat deswegen nachgehakt. Er schreibt: „Weshalb lässt sich die Bundesregierung (…) so viel Zeit mit ihren Stellungnahmen zu den Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofes zur Kostenplausibilität von Teilbereichen des Projektes Stuttgart 21 sowie zum Verhalten der vom Bund gestellten Aufsichtsratsmitglieder (…) und wann wird dieser Vorgang nach Einschätzung der Bundesregierung so weit sein, dass das Parlament über die Prüfungsergebnisse informiert wird?

Am 2.Juni sollte ursprünglich die bereits von Mai verschobene Sitzung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 und der Neubaustrecke mit Sachstandsberichts des Bahnvorstands Volker Kefer stattfinden. Die Stuttgarter Nachrichten (hier) berichteten darüber. Die StN sieht bei Stuttgart 21 und neuerdings auch der Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm „… an mindestens drei Stellen Probleme mit dem Baufortschritt. So fehlt die Genehmigung für den Anschluss des Flughafens an die Schnellfahrstrecke entlang der Autobahn, beim Albvorlandtunnel könnten sich Bauverzögerungen durch die Umsiedlung von Eidechsen einstellen, und in der Stadtmitte hat sich das Betonieren des Tiefbahnhof-Fundaments verzögert. Die Bahn AG nennt als Termin der Inbetriebnahme der neuen Infrastruktur den Dezember 2021. Jedes Jahr Verzögerung würde die Bahn nach früheren Berechnungen etwa 100 Millionen Euro kosten. Bahn-Vorstand Kefer wird erneut die Terminfrage beantworten müssen…“.

Dieses Treffen der Bahn mit den Projektpartnern von Stadt, Land und Region wird nun laut einer Pressemitteilung der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH wegen „terminlichen Problemen bei mehreren Projektpartnern“ erneut verschoben.

Update 29.05.2016: die Stuttgarter Zeitung berichtet morgen in ihrer Printausgabe (hier) in einem lesenswerten Artikel über den „entschwärzten“ Aktenvermerk des Kanzleramtes und schreibt: „…Das Bundeskanzleramt hat massiven Einfluss ausgeübt, damit Stuttgart 21 trotz unklarer Finanzierung milliardenteurer Mehrkosten und drohender Unwirtschaftlichkeit zu Lasten der bundeseigenen Deutschen Bahn AG weitergeführt wird. Das zeigen weitere brisante Vermerke aus der Regierungszentrale, deren Offenlegung der Projektkritiker Eisenhart von Loeper vor dem Berliner Verwaltungsgericht durchgesetzt hat…“.

Update 30.05.2016: Die Rede von Eisenhart von Loeper anlässlich der 323.Montagsdemo finden Sie auf schaeferweltweit.

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ZDF: Gefährliche Bahnsteigneigung

Das ZDF-Magazin Frontal 21 berichtete diese Woche (hier) wieder über Stuttgart 21. Dieses Mal über die über sechfach überhöhte Gleisneigung des geplanten „Tiefbahnhofs“ und die damit verbundenen Risiken für die Passagiere: „Die Deutsche Bahn behauptet, Stuttgart 21 könne trotz drastischer Bahnsteigneigung genauso sicher betrieben werden wie ein ebener Bahnhof. Doch Frontal21 liegen exklusiv Videos vor, die anhand von Rolltests mit Kinderwagen auf vergleichbaren Bahnsteigen das Gegenteil zeigen“.

Dabei liegt dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) noch kein Nachweis der gleichen Sicherheit vor. Dies räumte vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages der Präsident des EBAs im März 2016 ein. Das Genehmigungsverfahren mit der Vorlage des Nachweises der gleichen Sicherheit wird danach erst vor der eigentlichen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 stattfinden. Der Spiegel hatte im Januar 2015 parallel zu einem Beitrag in einem Video (hier) die Risiken der Gleisneigung bei Stuttgart 21 für den Zugverkehr erläutert.

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StZ/StN: Bei kritischen Punkten kneift die Bahn

Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichteten heute  in einem lesenswerten Beitrag (hier) über die vor 14 Tagen stattgefundene Infoveranstaltung zur geplanten Untertunnelung  in Untertürkheim. Ein Zitat daraus:

„… Als sich ein Bewohner des Bereichs Bruckwiesenweg „schockiert“ zeigte, dass das Dämpfersystem „nach dem Lindenschulviertel aufhört“, sagte Manfred Leger, Vorsitzender der Geschäftsführung des Projektes: „Wir sichern zu, dass wir uns das ganz genau anschauen. Zehn Meter zur Tunneldecke ist eine spannende Sache.“ Peter Schütz aber, als Rechtsbeistand des Projektes vorgestellt, betonte: „Wo das vorgeschrieben ist und wo nicht, das steht in der Planfeststellung. Uns ist nicht bekannt, dass Sie Einsprüche erhoben hätten.“ Worauf dem Fragesteller nurmehr der Ausruf blieb: „Sie überfordern den Bürger!“ Darauf wollte eine Dame, die bekannte, „als Bankfrau davon keine Ahnung“ zu haben, wissen, „was passiert, wenn der Tunnel acht Meter unter meinem Haus verläuft?“ Die Antwort der Projektverantwortlichen: „Hier können wir das nicht klären…“

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Über den neuen Gotthard-Basistunnel, den Güterverkehr und Stuttgart 21

SWR-betrifft Autor Hermann G. Abmayr hatte  2014 und 2015 in mehreren Dokumentarbeiträgen die Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG hinterfragt. Sein neuster Film vom 18.Mai 2016  „Falsches Signal. Wie die Bahn beim Güterverkehr versagt“  ist noch in der SWR-Mediathek abrufbar.

Parallel dazu hat die Wochenzeitschrift Kontext von Abmayr einen lesensweren Beitrag „Ein Tunnel blamiert die Kanzlerin(hier) zur bevorstehenden Eröffnung des Schweizer Gotthard-Basis-Tunnels mit folgenden Fazit veröffentlicht und in dem auch die fehlende Güterzugtauglichkeit der Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm kritisiert wird: „Wenn Angela Merkel am 1. Juni bei der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels in die Kameras lächelt, müsste sie vor Scham im Boden versinken. Während die Schweiz den längsten Eisenbahntunnel der Welt gebaut hat, bleibt das Schienen-Nadelöhr Basel–Karlsruhe noch mindestens 20 Jahre bestehen.“

Allerdings ist der Gotthard-Basis-Tunnel in der Schweiz mittlerweile auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht unumstriten. Der SWR2 hat dazu ein Feature (hier) gesendet und mit folgendem Text angekündigt: „Die Entscheidung zum Bau des neuen Gotthard-Basistunnels wurde vor Jahrzehnten mit großem Applaus getroffen. Mittlerweile sehen viele Schweizer das Projekt allerdings als Fehler. Der neue Megatunnel steht wirtschaftlich und verkehrstechnisch in der Kritik“.

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StZ: Die Erde bewegt sich

In der morgigen Ausgabe veröffentlicht die Stuttgarter Zeitung (hier) einen Reisebericht zur Baulogistik von Stuttgart 21. Denn allein 8 Millionen Tonnen Aushub müssen zur Tieferlegung des Bahnknotens einer Großstadt aus dem Innenstadtbereich abtransportiert werden. Der Redakteur begleitet den Weg des Aushubs vom Sprengen an der Ortsbrust des Tunnelvortriebs unter dem Kernerviertel über die verschiedenen Transportstationen in der Innenstadt bis zur Deponie Michelbach im Hohenlohe.

Darin werden auch die im 24-Stundenbetrieb laufenden beiden Lüfter an der Rettungszufahrt Süd neben dem Wagenburgtunnel erwähnt. Diese sind erreichen nach der letzten Messung im März bei eingeschränktem Tunnelvortrieb ungefähr den Maximalwert, den das Gutachterbüro Fritz im aktuellen schalltechnischen Detailgutachten für das nahgelegene Gebäude ermittelt hat. Dabei sind wegen des eingeschränkten Tunnelvortriebs unter dem Kernerviertel bislang nur zwei der vier vorgesehenen Lüfter in Betrieb. Das Netzwerk Kernerviertel hat daher bei der DB Projektgesellschaft nachgehakt, die dies jetzt prüft. Auch wegen der Staubwolken, die bei den Sprengungen aus dem Tunnelmund kommen, hat das Netzwerk Kernerviertel nachgehakt.

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StZ: Weiter Ärger um die Lüftungsanlage

Die Stuttgarter Zeitung berichtete in der Innenstadtbeilage (hier) über den letzten Infoladen-Stammtisch, bei dem es u.a. wieder um die Lüfter am Zwischenangriff Prag ging. Die Bahn versucht sie seit Monaten zu modifizieren und betreibt diese auch mit geringerer Leistungsfähigkeit. Doch sie sind weiterhin zu laut und die Anwohner leiden weiter unter den Vibrationen des 24 Stundenbetriebs, die in ihren Häusern spürbar ist.  So schreibt die StZ:

Auch beim jüngsten Treffen in der Martinskirche beschwerten sich Anwohner über den Bau: Die Anlage löse irritierende Erschütterungen aus. Ulrich Hangleiter von der Initiative Netzwerk Killesberg machte seinem Ärger Luft: „Das ist langsam unerträglich. Ständig gibt es Versprechungen, aber es passiert nichts.“ Die Geduld der Anwohner sei langsam aufgezehrt, sie seien in höchstem Maße beunruhigt. Peter Schütz, als Anwalt für das Bahnprojekt tätig, erwiderte, ein Maßnahmenbündel sei in Arbeit. „Das Problem sind ja die Stahlschläuche, die in Schwingung geraten“, sagte Schütz. Diese sollen durch Stahlrohre ersetzt werden. Derzeit laufe die Anlage bereits mit geringerer Schwingung, was die Situation schon entschärft habe. Zudem plane man, Schalldämpfer zu installieren. Hangleiter blieb skeptisch. Lange wollen sich die Anwohner das nicht mehr bieten lassen, meinte er.“

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Bericht über die letzte Anwohnerveranstaltung. Lässt die Bahn die Untertürkheimer wirklich nicht im Regen stehen?

Bericht des Netzwerks Wangen/Untertürkheim:

Letzten Donnerstag, am 12.Mai 2016,  fand in Untertürkheim die Anwohnerveranstaltung über die bevorstehenden Unterfahrung des Lindenschulviertels statt. Alice Kaiser als  Bürgerbeauftragte der Stadt Stuttgart und die Untertürkheimer Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel begrüßten ca. 150 der ungefähr 900 Anwohner in der gut besuchten Sängerhalle. Die Bürgerbeauftragte wies zu Beginn der Veranstaltung wie üblich darauf hin, dass weder Fotografieren, noch Tonaufnahmen etc. wegen Persönlichkeitsrechten der Referenten zulässig sind. Update: Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichteten im Beitrag „Bei kritischen Punkten kneift die Bahn“ über die Untertürkheimer Veranstaltung.

Begrüßung durch Projektchef Manfred Leger

Projektchef Manfred Leger erklärte in seiner Begrüßung den Anwohnern,  dass die Bahn wisse, dass Bauen in der Stadt eine große Herausforderung und der Lärmschutz ein sensibles Thema sei. Er wies auf den Baufortschritt beim Projekt Stuttgart 21  und der Neubaustrecke hin. Von den 59 geplanten Tunnelkilometern seien in Stuttgart aktuell 14,1 km aufgefahren. Erneut erwähnte er den Aufwand und die Kosten für die Umsiedelung der Eidechsen. Von einer Einhaltung des Zeitplans und des Kostenbudgets beim Großprojekt Stuttgart 21 war in seiner Begrüßung im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen nicht mehr die Rede.  Stattdessen beschränkte er sich auf die Aufzählung von Etappenzielen. Der Tunneldurchschlag einer Röhre des Obertürkheimer Tunnels zur Innenstadt soll Anfang nächsten Jahres erreicht werden. Die erste Bodenplatte im Trogbaufeld soll im Sommer gegossen werden, eine erste Kelchstütze wird im Herbst dazukommen. Da sind wir aber gespannt!

Der Projektchef sicherte zu, dass die Fragen nach „bestem Wissen und Gewissen“ beantwortet werden würden. Die Präsentationsfolien der Veranstaltung finden Sie hier.

Geplante Tunnelvortriebsarbeiten / Geologie / Zeitplan

  • Die Präsentation über die geplanten Vortriebsarbeiten hielten Abschnittsleiter Günther Osthoff und der Teilabschnittsleiter Benjamin Denk.
  • Zunächst wurde der Baufortschritt dargelegt und betont, dass die Unterquerung des  Kraftwerkskanals anspruchsvoll sei.
  • Bis Jahresende soll die erste Röhre des Obertürkheimer Tunnels die Losgrenze am Bruckwiesenweg erreichen. Der nach der Planfeststellung vorgesehene Startschacht an der Bruckwiesenbrücke wird nicht hergestellt. Der Aushub soll aus Immissionsgründen nur über den Zwischenangriff Wangen abgewickelt werden. Die ausstehende Genehmigung der Planänderung in Obertürkheim erwähnte der Abschnittsleiter nicht.
  • Vom Zwischenangriff Wangen wurde die Röhre/Achse 62 bisher 862 m in Richtung Obertürkheim vorgetrieben (bis vor den Kraftwerkskanal), die Achse 61 lediglich 278 m. Diese ist derzeit noch ca. 200 m vom Neckarufer entfernt und die Arbeiten ruhen gerade.
  • Auf die Frage, aus welchem Grund die beiden Röhren so unterschiedlich weit vorgetrieben werden, antwortete Herr Osthoff lediglich: „Das hat mit der Geologie zu tun“ und ging nicht näher auf diesen Punkt ein. Beim Vortrieb wird nach der Neuen Österreichischen Technik NÖT gearbeitet. Es gibt unterschiedliche Vortriebsklassen 1-7 mit jeweils unterschiedlichen Sicherungen. In Untertürkheim sind die Vortriebsklassen 4-7 mit vorauseilenden Sicherungen, wie Spieß- und Rohschirme vorgesehen.
  • Auf mehrfache Nachfrage räumte der Abschnittsleiter Günther Osthoff ein, dass der Tunnelquerschnit ca. 10 Meter beträgt. Anmerkung: Damit sind viele Gebäude im Lindenschulviertel nur 10-15 Meter von der Tunnelröhre entfernt. Am Bruckwiesenweg sogar noch darunter. Deutlich wird dies beispielsweise aus dem Längsschnitt, der das Wirtemberg-Gymnasium betrifft. Derzeit wird die tiefer gelegte Röhre mit einer Überdeckung von 22,5 Metern gebaut. Die zweite Röhre ist nur 12,55 Meter vom Keller des Schulgebäudes entfernt:

  • Nachdem das Netzwerk Wangen/ Untertürkheim schon seit 3 Jahren Fragen zur Geologie stellt, gab es nun immerhin ein paar Informationen. Die Gebirgsschicht besteht u.a. aus ausgelaugtem und nicht ausgelaugtem Gipskeuper. Die Röhre 62 liegt „in weiten Bereichen“ (Zitat) im unausgelaugten Gipskeuper, am Ende des Vortriebs Richtung Bruckwiesenweg trifft sie auf ausgelaugten Gipskeuper. Der quellfähige Anhydrit liegt 80 Meter unter der Tunnelsohle.
  • Herr Osthoff beschränkte sich leider bei seinem Vortrag zur Geologie auf das Thema Anhydrit, was laut seiner eigenen Aussage in Untertürkheim und Obertürkheim kein Thema ist. Relevante Informationen zur Geologie, also wie genau der Untergrund im Lindenschulviertel und im Bereich Bruckwiesenweg beschaffen ist, blieb die Bahn auch in dieser „Informationsveranstaltung“ den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.

Beweissicherung / Vortriebsmessungen / Beweislast

  • Die Beweissicherungen der Gebäude sind noch am laufen.
  • Zusätzlich zu dem in der Planfeststellung beschränkten Bereich wird wegen der speziellen Geologie (Aufschüttungen) noch einige Gebäude zusätzlich in die Beweissicherung mit einbezogen (siehe Plan Foliensatz).
  • Während der Vortriebsarbeiten werden Setzungsmessungen durchgeführt, bis im Nachlauf keine Veränderungen mehr gemessen werden.
  • Auf Nachfrage erklärte der Rechtsanwalt der Bahn Peter Schütz, dass der von der Bahn in den Gestattungsverträgen eingeräumte sogenannte „Anscheinsbeweis“ sich im Schadensfalle auf den unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Vortriebsarbeiten beschränkt.  Darüber hinaus gelten die gesetzlichen Haftungsregeln, nachdem der Geschädigte die Verursachung des Schadens nachweisen müsse.
  • Das Netzwerk Untertürkheim hakte wegen der skandalösen Abwicklung des Schadensfalls in Wangen nach. Wir haben bereits darüber berichtet.

Immissionen / Sprengungen / Erschütterungsmessungen

  • Am Vormittag fand im Verkehrsministerium Baden-Württemberg wegen der von der Bahn beantragten erweiterten Sprenggenehmigung im Nachtzeitraum ein Treffen mit Vertretern der für die Genehmigung zuständigen Landesbergdirektion und dem Regierungspräsidium Freiburg statt. Die Bahn beantragt, die bisherigen Sprengzeiten zwischen 6 und 22 Uhr auszudehnen auf den Zeitraum zwischen 5 Uhr und 24 Uhr. Dies würde bedeuten, dass einmal mehr als bisher gesprengt werden würde und zwischen 24 Uhr und 5 Uhr in der Nacht keine Meißelarbeiten stattfinden würden. Allerdings ohne ein Ergebnis. Die Stuttgarter Zeitung berichtete darüber.   Die Bahn muss innerhalb der nächsten 3 Wochen nähere Informationen liefern. Welcher Art diese Informationen sind, beschrieb Herr Leger nicht.
  • Passend zum Thema war in diesem Augenblick eine Sprengung live zu hören, auf welche die Herren der Bahn mit einem fröhlichen Lachen reagierten. Herr Leger besaß zusätzlich die Dreistigkeit und bat darum, dass die Menschen doch das Landesamt für Geologie und Bergbau ansprechen und sich für die Ausweitung der Sprengzeiten einsetzen mögen. Argumentativ wurde er von Herrn Denk unterstützt mit der Aussagen, dass die Bahn mit erweiterten Sprengungen tatsächlich schneller fertig sei.
  • Die Sprengungen werden mit hintereinander geschalteten Zündern durchgeführt. Daher dauern sie bis zu 10 Sekunden.
  • Anwohner, die 100 m vor und hinter dem Einwirkungsort der Sprengung ansässig sind, erhalten Angebot zur Hotelübernachtung. Dies sei in ca. drei bis vier Wochen der Fall.
  • Erschütterungsmessungen werden an Referenzgebäuden des Lindenschulviertels durchgeführt. Die Messprotokolle sollen „monatlich gebündelt“ mit den Zeitpunkten der Sprengungen auf der Homepage veröffentlicht werden.
  • Die Auswahl für die Refernzmesspunkte wurde allerdings nicht begründet erläutert. Die betroffenen Anwohner würden per Postwurfsendung wegen der Aufstellung von Messgeräten informiert und sollen sich dann melden.
  • Messgeräte sollen z.B. in der Lindenschulstr. 12, 15 und in der Türkenstraße 3, 9, 12 aufgestellt werden. Seltsamerweise erhalten die bekannten Netzwerker dieses Angebot nicht.
  • In Bezug auf die Länge der Belastung wollte sich die Bahn nicht festlegen. Man gehe von drei Sprengungen am Tag innerhalb von 4-5 Stunden aus, die den Tunnel etwa 1,30 vorantreiben. Im Groben werden also 4 m pro Tag erreicht, im besten Fall beschränken sich die Belastungen auf ca. 50 Tage (100 m vor und 100 m hinter dem jeweiligen Haus). Leider vergaß Herr Osthoff die Tatsache, dass schon jetzt, auch wenn die Arbeiten noch ca. 200 m entfernt sind, der Lärm und die Erschütterungen der Sprengungen und der Meißelarbeiten spürbar sind und die Nachtruhe rauben.
  • Dass die Theorie oft nicht mit der Realität übereinstimmt, wurde auch von Herrn Osthoff bestätigt. Dies bedeutet im Klartext – die Prognosen der Bahn sind Makulatur im wahrsten Sinne des Wortes (= etwas führt zu nichts / ergibt keinen Sinn / bringt kein Ergebnis / ist wertlos / hinfällig / funktioniert nur scheinbar und ist auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten).

Masse-Feder-System (MFS)

  • Die Züge in den Tunneln fahren auf festen Betonfahrbahnen (im Gegensatz zu oberirdischen Gleisen auf Schotter). Die Erschütterungen sollen durch eine „Kunststoffunterlage“, das „Masse-Feder-System“, aufgefangen werden.
  • In Bezug auf das Masse-Feder-System wird folgendermaßen vorgegangen: Prophylaktisch müssen beim Tunnelrohbau mögliche Änderungen in Bezug auf das Masse-Feder-System mit einkalkuliert werden.
  • Die Bahn arbeitet derzeit mit prognostischen Werten, laut Herrn Fritz ist die Konfliktfreiheit (Erschütterungsgrenzwerte) anhand der Prognosen nachweisbar. Die tatsächlichen Erschütterungen sollen während des Betriebs gemessen und dem Eba mitgeteilt werden, das ggf. eine Nachjustierung vorschreibt.
  • Der Lärm im Bahnbetrieb wird tagsüber im Grenzbereich sein, nachts auch mit MFS wird das Geräusch von 30 dbA erreichen. Das ist der zulässige Bereich, aber deutlich wahrnehmbar.
  • Nach Aussage des Immissionsschutzbeauftragten für Schall und Erschütterungen Peter Fritz sind die geplanten Schutzmaßnahmen eher überdimensioniert statt unterdimensioniert. Falls doch nötig, gibt es für den Überbaubereich Sonderlösungen (elektr. gelegte Gleistragplatten etc. als Notbehelfe).
  • Das MFS soll lediglich bis zum Sportplatz eingesetzt werden, so dass der Bereich Bruckwiesenweg, der als Mischgebiet ausgewiesen war und in dem die Häuser zudem extrem niedrig (teilweise nur 10 Meter bis zum Tunnelfirst) untertunnelt werden sollen, ungeschützt den Erschütterungen ausgesetzt sind.
  • Herr Leger sicherte zu, dass der Sache nachgegangen werde und die Bürger „nicht im Regen stehen gelassen werden“ (Zitat). Dies sah Herr RA Schütz anders und vertrat die Ansicht, dass während der öffentlichen Auslage der ca. 300 Seiten umfassenden Unterlagen im Fachjargon zum Planfeststellungsbeschluss die betroffen Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit gehabt hätten, gegen das so geplante Masse-Feder-System Einspruch zu erheben. Dies bedeutet im Klartext, dass nach Ansicht von Herrn RA Schütz die Bürgerinnen und Bürger selbst schuld sind, weil sie sich nicht während der Zeit der Planauslegung mit den umfangreichen Planunterlagen und den komplexen ingenieurwissenschaftlichen Sachverhalten auseinandergesetzt haben.
  • Frau Kaiser sicherte eine Veranstaltung zum Thema Geologie/Problematik fehelndes MFS im Bruckwiesenweg zu, welcher der Bahn allerdings nicht zustimmen wollte. Die Vertreter der Bahn würden lieber mit den Bewohnerinnen und Bewohnern individuell ins Gespräch kommen. Was nun folgt, ist nicht klar.
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Informationsveranstaltung am 2. Juni 2016 über Tunnelbau in Stuttgart-Ost

Anwohner in Stuttgart-Ost, die nicht in die Pfingstferien gefahren sind, haben bereits oder werden in den nächsten Tagen im Briefkasten eine Einladung der Bürgerbeauftragten der Stadt Stuttgart  zu einer zweiten Infoveranstaltung über den Tunnelbau unter ihrem Stadtteil vorfinden. Die Veranstaltung  ist bereits für den ersten Mittwoch nach den Pfingstferien um 19 Uhr im großen Saal des Rathauses angesetzt. Den Flyer, in dem Alice Kaiser in Kooperation mit der Bezirksvortseherin von Stuttgart-Ost, Tatjana Strohmaier, einlädt, finden Sie hier. Hier eine Übersicht der Tunnel:

Tunnel im Osten b

Letztes Jahr fand im März die erste Veranstaltung statt, über die wir berichtet hatten. Damals kündigte die Bahn den Beginn des Tunnelvortrieb vom Verzweigungsbauwerk Süd (Kernerviertel) aus ab Oktober/November 2015 an. Mit etwas Verspätung startete dann im Februar 2016 der bergmännische Vortrieb von jeweils einer Röhre des Obertürkheimer Tunnels Richtung Wangen und des Fildertunnels Richtung Wendekaverne. Zum 09.Mai 2016 sind die beiden Röhren auf Höhe der Gerokstraße angelangt. Der Vortrieb der beiden anderen Röhren sowie der zwei Röhren des Anfahrbereichs unter dem Kernerviertel ist noch nicht angelaufen.

Von Wangen aus ist die Weströhre des Obertürkheimer Tunnel bereits hinter der Jägerhalde und wird damit auch in absehbarer Zeit Gablenberg erreichen. Auf den letzten Informationsveranstaltungen für die Neckarvororte kündigte der Abschnittsleiter Günther Osthoff an, dass zumindest eine Röhre des Obertürkheimer Tunnels bis Ende diesen Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres vorgetrieben sein soll. Die Einhaltung dieses Zeitplans soll unabhängig vom Anhydritvorkommen entlang der Strecke mit vorwiegendem Spengvortrieb sichergestellt werden. Von einem „bergschonenden Sprengverfahren„, das noch der damalige Abschnittsleiter Matthias Breidenstein im letzten März erläutert hatte, war auf der Anwohnerveranstaltung in Wangen nicht mehr die Rede. So heißt es in einer Meldung der Stuttgarter Nachrichten (hier):

„Im Rahmen des Bauloses 1b „Tunnel Ober- /Untertürkheim“ kämpfen sich Hofer und seine Arbeiter durch die Erde. Sogar weit unter dem Neckar, an zwei Fronten. Sie nennen es Zwischenangriff, weil sie sich vom Startpunkt an der Ulmer Straße in Wangen gleichzeitig Richtung Bahnhof und der Neckarvororte sprengen. „Geht schneller“, sagt Hofer trocken. Zeit ist knapp. Zeit ist Geld. Bis 2018 sollen die Eisenbahnröhren fertig sein.“

Hier die Längsschnitte des Obertürkheimer Tunnels und des Filder Tunnels (rot= vermutetete Anhydritvorkommen):

http://netzwerke-21.de/wordpress/wp-content/uploads/WBI-Laengsschnitt-Tunnel-Obert%C3%BCrkheim.jpg

http://netzwerke-21.de/wordpress/wp-content/uploads/Prof-Wittke-Schnitt-Fildertunnel.jpg

Das bedeutet, dass sich die Anwohner und Eigentümer entlang der Weströhre des Obertürkheimer Tunnels in den Wohngebieten Uhlandshöhe/ Untere Gänsheide und Gablenberg sich auf die Unterfahrung ihrer Häuser in diesem Jahr einstellen müssen. Die Unterfahrung der Gänsheide mit der Tunnelvortriebsmaschine plant die Bahn im Laufe des Jahres 2017.

Letztes Jahr versprach Bernd Sievers, der kaufmännische Geschäftsführer der PFA 1.2. und 1.6a, dass die Vertreter der Projektgesellschaft ein halbes Jahr vor der Unterfahrung auf die Eigentümer zukommen werden. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass den Eigentümern von Seiten der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) sehr viel weniger Zeit eingeräumt wird.  Auch dass die ursprünglich versprochenen Gruppengespräche für die Eigentümer stattfinden, ist nichts bekannt.

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Staubwolken über dem Wagenburgtunnel. Das Netzwerk Kernerviertel hakt nach.

Die Anwohner am Wartberg und am Dornbusch klagen bereits seit längerem über die nach Ammoniak stinkenden Staubwolken, die immer wieder aus dem Tunnelmund des Zwischenangriff Prags entweichen. Aber auch das Kernerviertel wird immer wieder von diesen Staubwolken belästigt. Ursache sind die Sprengarbeiten im unausgelaugten Gipskeuper und das Verladen des Gesteins am Steinbrecher. Wegen des Vorkommens von quellfähigem Anhydrit darf das Gestein bei den Vortriebsarbeiten nicht in Kontakt mit Wasser kommen. Dies bedeutet zum einen sehr erschwerte Arbeitsbedingungen für die Mineure beim Tunnelbau, die wie im Beitrag der Stuttgarter Nachrichten beschrieben, mit Staubmasken und einer Sichtweite von teilweise unter 2 Meter arbeiten müssen.

Die DB Projektgesellschaft hatte zwar angekündigt, dass Wassertröpfchenanlagen vor dem Tunnelmund den Staub binden sollen. Doch die Staubwolken treten dennoch immer wieder auf.  Das Netzwerk Kernerviertel hatte daher im April beim Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart nachgehakt. Die Bürgerbeauftragte der Stadt Stuttgart, Alice Kaiser antwortete daraufhin am 20. April Frank Schweizer vom Netzwerk Kernerviertel, dass die Projektgesellschaft weiter ihre alternativen Schutzmaßnahmen „optimiert„.  So heißt es in der Antwortmail: „Nach Rücksprache mit dem Immissionsschutzbeauftragten sind die Staubminderungsmaßnahmen im Bereich der Baustelle am Wagenburgportal auf einem guten Weg, sich den neuen Verhältnissen anzupassen.

Dass die dem Immissionsschutzbeauftragten „angepassten Staubminderungsmaßnahmen“ weiterhin nicht den Erfolg wie gewünscht haben, zeigen diese Twitter-Fotos vom vorletzten Sonntag vormittag:

STaub Twitter c

Noch zwanzig Minuten nach der hörbaren Sprengungen am Sonntag war eine dichte Staubwolke zu sehen:

STaub Twitter b

Die Bürgerbeauftragte wies in Ihrer Mail auch auf die Staubniederschlagsmessung Messungen im Bereich der Baustelle am Wagenburgtunnel an der Kreuzung Urbanstr./Sängerstr. und beim Königin Katharina Stift hin. So würden die Berichte des Immissionsschutzbeauftragten für Staub und Luftschadstoffe im Internet regelmäßig veröffentlicht. Der nächste Messbericht würde routinemäßig die Monate Juli 2015 bis Juni 2016 enthalten, er wird voraussichtlich im Sommer 2016 veröffentlicht werden.

Darauf antwortete Frank Schweizer vom Netzwerk Kernerviertel u.a.: „Der Bericht zum Staubniederschlag für das Jahr 2014/2015 ist sehr interessant, kann jedoch nichts zu der konkreten Staubemission aus den Sprengungen im April 2016 aussagen. Ich befürchte die Jahres-Mittelwerte, die im nächsten Bericht veröffentlicht werden sollen, lassen auch keinen Vergleich zu, ob die Auflagen, die Sie den Baufirmen wegen der Sprengungen machen, erfüllt werden (können). Die Staubwolken die aus dem Rettungsstollen dringen vermischen sich vermutlich mit dem Verkehrsstaub aus dem Wagenburgtunnel und ziehen nach unserer Beobachtung ins Kernerviertel hoch. Die Staubmessstelle am Urbansplatz, die diese Staubwolken unter Umständen erfassen könnte, wurde ja abgebaut. (Dort wären auch die Staubemissionen aus der Baustelle John-Cranko-Schule miterfasst worden). Dennoch sind wir auf die Jahresmittelwerte im nächsten Bericht gespannt. Da ja offenbar Monatsmittelwerte erfasst werden, könnten ja diese laufend publiziert werden. Das traue ich einer kompetenten Firma wie der DEKRA
durchaus zu….“.

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StN: Stadträte wollen Einblick

Die Fraktionen der CDU, SPD, FDP und der Freien Wähler im Gemeinderat der Stadt Stuttgart schlagen in einem gemeinsamen Antrag für Herbst eine „umfassende Baustellentour“ zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm, dem „größten Infrastrukturprojekt Europas“ vor. Die Stuttgarter Nachrichten berichteten am Samstag (hier) darüber.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn sich  Stadträte ein Bild von dem Baustellenbetrieb für Stuttgart 21 Europas machen wollen. Um sich jedoch einen  „umfassenden“ Eindruck zu verschaffen, gehört auch der kritische Blick auf den seit Baubeginn mehr als schleppenden Baufortschritt beim Trog- und Tunnelbau dazu. Schließlich wird die Bahn wegen der nicht finanzierten 2 Milliarden Mehrkosten sowie weiterer drohender Kosten auch auf die Stadt Stuttgart mit Forderungen zukommen. Und man sollte auch von gewählten Vertretern erwarten, dass sie sich auch über die Beeinträchtigungen und Zumutungen, denen die Bürger ihrer Stadt durch den über ein Jahrzehnt dauernden Baubetrieb ausgesetzt sind, informieren. Zumal diese Parteien im Gegensatz zu den Grünen- und der SÖS-LINKE-PLUS-Fraktionen noch in keinem einzigen Gemeinderats-Antrag wegen den von Stuttgart 21-Betroffenen nachgehakt haben.

Doch der Antrag der vier Fraktionen hat leider eine andere Zielrichtung. Hier soll eindeutig die „rosa Brille“ bei der Baustellentour aufgesetzt werden. In dem Papier heißt es u.a.:

„… In Stuttgart ist rund ein Viertel der Tunnelröhren gegraben. Von den Baustellen in der Stadt wurden bisher etwa 2 Millionen Tonnen Aushubmaterial abtransportiert. Die ausgeklügelte und gut funktionierende Baulogistik sorgt dafür, dass die meisten Einwohner/innen und Besucher/innen Stuttgarts trotz der enormen Dimensionen des Bauprojekts keinen oder nur vergleichsweise geringen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Selbstverständlich wissen wir, dass direkt betroffene Anwohner und Immobilieneigentümer mit Einschränkungen zurechtkommen müssen und Sorgen haben. Dennoch haben wir den Eindruck, dass vieles gut klappt und alle Herausforderungen dieses einzigartigen Zukunftsprojekts gemeistert werden können…

Die Unterzeichner dieses Antrags stehen für eine aufmerksame und positive Begleitung des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm und wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie gut die vielfältigen Herausforderungen bei der Umsetzung dieses großartigen Projekts mitten in der Landeshauptstadt und darüber hinaus gemeistert werden.“

Dazu nur drei Beispiele: Kein Wort, dass trotz der „ausgeklügelte[n] und gut funktionierende[n] Baulogistik“ LKWs  jahrelang 7 Tage die Woche rund um die Uhr durch das zum Teil kopfsteinbepflasterte Nordbahnhofviertel donnern, obwohl der städtische Ordnungsbürgermeister Martin Schairer die Betontransporte durch das Wohngebiet nicht für zulässig eingeschätzt hatte. Kein Hinweis, dass beispielsweise den Anwohnern am Zwischenangriff Prag wegen viel zu lauten Lüftern seit vielen Monaten Lärmwerte zugemutet werden, die weit über die Prognosen des Gutachters und das immissionsrechtliche Zulässige hinausgehen. Keine Erwähnung, dass die Wangener und Untertürkheimer Bürger monatelang rund um die Uhr Lärm und Erschütterungen durch den Spreng- und Meißelvortrieb ertragen bzw. ins Hotel ausweichen müssen.

Die Netzwerke 21 und die Stadtteilgruppe „Nordlichter“ halten es daher für dringend erforderlich, dass sich der Blickwinkel dieser „umfassenden Baustellentour“ der Gemeinderatsmitglieder doch auch für die Belange der betroffenen Bürger weitet.

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Versicherung lehnte Schadenserstattung ohne Stellungnahme der Bahn und ohne Begutachtung ab und lenkt jetzt ein- alles nur ein Missverständnis?

Traurig, aber wahr. Monate lange heftige, zum Teil erdbebenarige Sprengungen während des Tunnelvortriebs in Wangen, dann ein immer feuchter werdender Keller und die Versicherung der Bahn lehnt eine Schadensübernahme ohne Begutachtung vor Ort ab. Erst nach unserem Beitrag auf der Webseite, in dem wir die Schilderung der Eigentümerin veröffentlichten, ist Bewegung in die Angelegenheit gekommen.

Auf der am letzten Donnerstag stattgefundenen Infoveranstaltung in Untertürkheim, musste Dr. Peter Schütz, Rechtsanwalt der Bahn, auf Nachfrage des Netzwerks Unterürkheim einräumen, dass im Schadensfalle eigentlich eine Begutachtung vor Ort Standard bei der Schadensabwicklung sei. Benjamin Denk, Teilabschnittsleiter im Obertürkheimer Tunnel, erklärte die ganze Angelegenheit als Missverständnis. Dies sei der erste Schadensfall, der entlang der Tunnelstrecke gemeldet wurde. Die Versicherung hätte leider seine Mail nicht erhalten. In dieser hätte er erklärt, dass die Verursachung aus dem Sprengvortrieb nicht direkt zuzuordnen, aber auch nicht auszuschließen sei.

Die Versicherung hat sich jetzt nochmals schriftlich bei der Wangener Eigentümerin gemeldet. Zitat aus dem Schreiben vom 12.Mai 2016, das sie am Samstag im Briefkasten vorfand:

„.. in dieser Angelegenheit hat uns unsere Versicherungsnehmerin kürzlich weitere Informationen übermittelt.  Wir sind bereit, den Vorgang noch einmal aufzugreifen und haben das Ingenieurbüro Dr. Spang damit beauftragt, die von Ihnen reklamierten Schäden zu besichtigen und anschließend in Form eines Haftpflichtgutachtens Stellung zu nehmen. Das Büro wird den Ortstermin mit Ihnen vereinbaren.  Nach Erhalt des Gutachtens werden wir uns wieder mit Ihnen in Verbindung setzen.“

Die Eigentümerin hatte sich auch parallel dazu an das Gutachterbüro Spang gewendet, das die Beweissicherung vorgenommen hatte und schilderte uns:  „Herr G. teilte mir mit das er gerade meine Akte vorliegen hat. „Alles würde sich entspannen.“ Er stimmte mir zu, dass ohne eine Besichtigung der Schäden vor Ort überhaupt keine finale Aussage getroffen werden kann. Die HDI wäre nun auf sie zugekommen. Sie prüfen nun den Vorgang, aber er bittet um Geduld zwecks einem Termin vor Ort, weil das Büro Dr. Spang derzeit mit Terminen im Lindenschulviertel überlastet ist. Nun warte ich auf einen Terminvorschlag.“

Die Eigentümerin kommentierte diese Wendung mit den folgenden Worten: „Hier ist klar ersichtlich, dass dies nur aufgrund der Veröffentlichung auf der Netzwerkseite geschehen ist. Ich bin die Behandlung der Bahn so leid!!! Von wegen die Bahn tut alles, um ihre Kommunikation zu verbessern, da ist noch viel Spielraum drin!

Wir fragen uns auch, wie es sein kann, dass eine Versicherung ohne eine Einschätzung der Bahn als Versicherungsnehmerin und ohne Begutachtung vor Ort erst einmal pauschal eine Schadensübernahme ablehnte und der Wangener Eigentümerin im ersten Schreiben mitteilte:

 „Zwischenzeitlich hat unsere Versicherungsnehmerin ergänzend Stellung genommen. Danach kann ein Zusammenhang zwischen den projektbezogenen Tiefbauarbeiten und den von Ihnen reklamierten Gebäudeschäden ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für die Sprengungen, die in einem so großen Abstand zu Ihrem Anwesen stattfanden, dass dort mit Schäden nicht zu rechnen ist. Daher weisen wir etwaige Schadensersatzforderungen im Namen unserer Versicherungsnehmerin zurück.“

Man kann nur hoffen, dass dies das einzige „Missverständnis“ bei der Schadensabwicklung entlang des Tunnelbaus von 59 Kilometern für Stuttgart 21 bleibt und dieses Vorgehen der Versicherung der Bahn keine Methode zur pauschalen Abwehr von Schadenersatzforderungen darstellt.

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StN: Das unterirdische Gebirge hat seine eigenen Gesetze

Die Stuttgarter Nachrichten berichteten gestern (hier) über die Arbeit eines beauftragten Bauingenieurs vom renommierten Ingenieurbüro Prof. Dr. W. Wittke Beratende Ingenieure für Grundbau und Felsbau GmbH auf der Stuttgart 21-Tunnelbaustelle im Obertürkheimer Tunnel, der trotz der „sehr komplexen“ Geologie im Stuttgarter Untergrund keine unkakulierbare Gefahr sieht. Seine Aufgabe ist es die Geologie zu untersuchen und die Sicherheit beim Tunnelbau zu gewährleisten.

Interessant ist die Passage der StN zu den Arbeitsbedingungen beim Bau der Tunnel im quellfähigem Anhydrit. Denn immerhin rund 16 Kilometer müssen bei Stuttgart 21 durch anhydritführenden unausgelaugten Gipskeuper durchfahren werden:

„Beim Anhydrit ist das anders. Da hilft es auch nicht, irgendeinen Puffer einzuplanen, falls sich der Untergrund ausdehnen sollte. Anhydrit kann man nur mit absoluter Trockenheit bändigen. „Also darf an solchen Stellen kein Wasser dran. Die Baustelle im Nachbartunnel zum Beispiel ist staubtrocken“, sagt Hochgürtel. Ohne eine gewaltige Absauganlage und Mundschutz könnte dort niemand arbeiten. Die Sicht liegt oft bei unter zwei Metern. Doch selbst wenn später irgendwo Gestein aufquellen sollte, habe man das im Griff, beteuert der Bauingenieur: „Die Innenschale ist stark genug. In Deutschland herrscht ein sehr großes Sicherheitsdenken.“

Die Einschätzung des Bauingenieurs, dass man beim Anhydrit alles im Griff habe, ist angesichts der Probleme, die bei Tunnelbauten auch noch in jüngster Zeit auftreten, optimistisch. So schrieb die Basler Zeitung über die hohen Sanierungskosten beim 2001 fertiggestellten Schweizer Adler Tunnel: „Bei jedem neuen Juradurchstich warnen die Geologen vor dem Gipskeuper, während die Ingenieure erklären, inzwischen habe man das Problem im Griff. Das war auch beim 5,3 Kilometer langen Adlertunnel so.“

Auch berichtete die Stuttgarter Zeitung im Dezember letzten Jahres (hier) über die erneut erforderliche, aufwendige und kostspielige Sanierung des 1999 in Betrieb gegangenen Leonberger Engelbergtunnels:

„Erste Anzeichen, dass sich in dem Tunnel etwas tut, gab es schon vor 2010. In den beiden Röhren wurden Verschiebungen in der Fahrbahn gemessen. Obwohl die sich nur im Millimeterbereich bewegten, zeigten angehobene Gullyroste und verbogenen Blechverkleidungen an den Abluftschächten, dass etwas im Gange ist. (…) „Es wurde festgestellt, dass das Anhydrit auch von den Seiten drückt und die Fahrbahnen in Mitleidenschaft zieht“, erläuterte jetzt Hermann Klyeisen, der Baudirektor im Regierungspräsidium Stuttgart, bei dem Vor-Ort-Termin. Deshalb soll nun der Tunnel in den Jahren 2017 und 2018 unter Verkehr saniert werden.“

Im StZ-Kommentar war damals Folgendes zulesen:  „Aufquellender Anhydrit hat schon während der Bauzeit 30 Zentimeter dicke provisorische Betonwände wie Eierschalen geknackt. Und weil man das wusste, versuchte man, mit drei Meter dickem Stahlbeton entgegenzuhalten – wie sich zeigt, nicht gerade erfolgreich. Die Planer von Stuttgart 21 sollten durch die Entwicklung in Leonberg gewarnt sein, denn sie haben mit ähnlichem Untergrund zu tun. Die doch nicht immer kalkulierbaren Kräfte der Natur zu unterschätzen, kann ganz schön ins Geld gehen.“

In der Schlichtung wurden auch die Risiken des Tunnelbaus im Anhydrit behandelt. Verantwortliche der Bahn bzw. ihr Sachverständige für den Tunnelbau bei Stuttgart 21, Prof. Dr. Wittke, argumentierten in den Planfeststellungsverfahren und in der Schlichtung, dass die Risiken des Tunnelbaus auch im stark quellenden Anhydrit-Gestein aufgrund der jahrezehntelangen Erfahrungen im Freudensteiner Versuchsstollen (StZ-Bericht) sowie beim Bau der S-Bahn-Wendeschleife und des Hasenbergtunnels allesamt beherrschbar seien.

Doch die beiden vom „Tunnelpapst“ Prof. Dr. Wittke begleiteten Tunnel bilden die Ausnahme, wie die Übersichten, die der Geologe Dr. Jakob Sierig damals in der Schlichtung präsentierte, zeigt:

Karte Tunnel im Anhydrit

Wenn die Quellprozesse eingesetzt haben, sind sie auch nach Jahrzehnten nicht mehr zu stoppen: Tunnel im Anhydrit Zeitstrahl

Ein exemplarische Auflistung von Schäden durch quellenden Anhydrit findet man auf der Webseite der Fernsehturmfreunde.

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StZ: S-21-Bauer bohren hartnäckig an der Behördenfront

Projektchef Manfred Leger hatte es bereits am Donnerstag auf der Anwohnerveranstaltung in Untertürkheim in seiner Begrüßung erwähnt. Noch immer hat die beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelte Landesbergdirektion die von der Bahn beantragten nächtlichen Sprengarbeiten zwischen 22 und 6 Uhr nicht genehmigt.

Die Bahn hat jetzt die Politik eingeschaltet. Auch bei einem an diesem Tag stattgefundenen Termin im Verkehrsministerium mit der Landesbergdirektion brachte kein Ergebnis. Die Stuttgarter Zeitung berichtet heute (hier) darüber. Die Bahn hatte als Kompromiss eine Sprengung zwischen 22 und 24 Uhr vorgeschlagen. Zwischen Mitternacht bis 6 Uhr sollten dann die auch die Meißelarbeiten ruhen.

Für die Anwohner sind beide Vortriebstechniken besonders im Nachtzeitraum extrem belastend. Sie wollen wenigstens acht Stunden in Ruhe schlafen und nicht über Wochen und Monate ins Hotel ausweichen. Zwar kann eine kurze Sprengung innerhalb des Nachtzeitraums prinzipiell weniger den Schlaf rauben. Doch man muss beispielsweise auch an Familien mit kleinen Kindern denken, für die die nächtlichen Sprengungen psychisch extrem belastent sein können. Nicht umsonst fordert die Landesbergdirektion von der Bahn den Nachweis über die Einhaltung des Schutzes von Leben und Gesundheit bei den Sprengungen im Nachtzeitraum. Nach der Mail der Landsbergdirektion vom März  lagen zumindest zum damaligen Zeitpunkt der Genehmigungsbehörde nur unzureichende Unterlagen der Bahn vor.

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Zum Beginn der mehrjährigen SSB-Streckensperrungen: Wie die Bauarbeiten für S21 in den öffentlichen Raum eingreifen

Die Bauarbeiten für Stuttgart 21 am Südkopf des „Tiefbahnhofs“ und die dadurch erforderliche Verlegung der Stadtbahnhaltestelle „Staatsgalerie“ greifen massiv in den öffentlichen Verkehrsraum ein. Dies bekommen ab Dienstag viele SSB-Fahrgäste zu spüren. Statt der ursprünglich in der Planfeststellung vorgesehenen 14-tägigen SSB-Betriebsunterbrechung  sind nach offziellem Planungsstand 3,25 Jahre SSB-Streckensperrungen bzw. damit verbundene Linienumleitungen geplant.

Nach den ersten, im Oktober 2013 vor dem Umwelt- und Technikausschuss vorgestellten Plänen, über die die  Stuttgarter Nachrichten (hier) berichtete, sollten die Bauarbeiten zur Verlegung der Haltstelle und dem Neubau der unterirdischen Zulaufstrecken 63 Monate bis 2019 gehen. Dies war auch noch der Zeitplan, der im Juni 2014 auf einer Infoveranstaltung im Juni 2014 vorgestellt wurde.

Jetzt wird ab Dienstag die Stammstrecke zwischen den beiden Haltestellen „Staatsgalerie“ und „Charlottenplatz“ für 15 Monate bis August 2017 gesperrt. Die Linien 1 und 2 werden über den Hauptbahnhof umgeleitet. Die Linie 4 unterbrochen. Die SSB nennt dieses Betriebsszenario „Netz 2016″. Auf der SSB-Webseite sucht man allerdings vergeblich ein Enddatum. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (StN) berichten heute ausführlich über die Umstellung auf das „Netz 2016“ und auch über die Zahl der Betroffenen. Dennoch erhöht der VVS erneut die Fahrpreise (StZ ).

Anschließend soll im Betriebsszenario „Netz 2017“ die Stammstrecke ab der Haltestelle „Staatsgalerie“ Richtung Hauptbahnhof ab August 2017 für zwei Jahre gesperrt werden.  Allerdings erklärte Winfried Reichle, der Infrastrukturleiter der SSB für Stuttgart 21, auf der Anwohnerverstaltung im Oktober 2015, dass dieser Zeitraum vorläufig und vom Baufortschritt der Bahn beim Bau des Nesenbachdükers und des Tiefbahnhofs abhängig sei. Winfried Reichle kommentierte dies auf der Veranstaltung mit dem Nebensatz, „bis wir halt fertig sind“.

Dass auch mit einem längeren Zeitraum für das eingeschränkte „Netz 2017“ zu rechnen ist, zeigte der Anfang Januar an den „Tagen der Baustelle“ ausgehängte Bauzeitenplan. Dieser weist eine Sperrung des SSB-Stammastes Richtung Hauptbahnhof bis Januar 2020 aus und damit für 2,5 Jahre. Zwar titulierte die Bahn diesen Zeitplan als veraltetes „Worst-case-Szenario eines Workshops“. Dieses Szenario hatte der Infrastrukturleiter der SSB für Stuttgart 21, Winfried Reichle, im Januar 2016 gegenüber den Stuttgarter Nachrichten nicht dementiert, sondern mit den Worten „Das kann schon sein“, kommentiert.

Dabei sind über dieses „Worst-case“-Szenario“ weitere Bauverzögerungen wegen der erst für Sommer bzw. Herbst erwarteten Freigabe der Bodenplatte für den „Tiefbahnhof“ nicht ausgeschlossen. Nach dem im August 2014 vorgestellten Zeitplan hätte das Trogbaufeld 22, auf dem die SSB ihre neue Haltstelle „Staatsgalerie“ bauen will,  bereits im April 2016 fertig gestellt werden sollen, nach dem Worst-case-Szenario im Juli 2016. Auch daraus wird nichts. Der Startbeginn für den eigentlichen Bauabschnitt der neuen SSB-Haltestelle „Staatsgalerie“, die nach den offiziellen Planungen im Juli 2018 in Betrieb gehen sollte, wird sich verzögern. Weitere Verzögerungen der Bauarbeiten am Südkopf sind wegen des komplexen Bauablaufs sind nicht ausgeschlossen. Über die Abhängigkeiten der Bauarbeiten haben wir in unserem Beitrag „Umwege und komplexe Bauabläufe: zum Baustart des Nesenbachdükers am 8.Juni 2015“ berichtet.

Doch nicht nur die SSB-Fahrgäste sind von den Bauarbeiten am Südkopf betroffen. So sind die Fußwege zwischen dem Kernerviertel und dem Hauptbahnhof bereits seit knapp einem Jahr mit Umwegen verbunden. Die Autofahrer müssen seit letzter Woche komplizierten „Fahrspurverschwenkungen“ am Gebhard-Müller-Platz und der B 14 folgen. Die StZ berichtete gestern (hier) darüber.

Weniger bekannt ist, dass für den Bau des Südkopfes des „Tiefbahnhofs“ und der Gestaltung seines Südausgangs auch die B 14 abgerisssen bzw.  auf 120 Meter Länge tiefergelegt werden soll. Noch 2013 plante die Stadt Stuttgart diese Bauarbeiten für 2017 nach Fertigstellung der neuen Haltstelle  „Staatsgalerie“. Nach dem auf den „Tagen der offenen Baustelle“ aushängten Bauzeitenplan sind diese  Bauarbeiten an der neuralgischen Hauptverkehrsachse der Stadt für viereinhalb (!) Jahre zwischen Januar 2019 und Juli 2023 geplant.

Aber dabei handelt es sich – wie erwähnt-  laut Bahn um ein veraltetes „Worst-case-Szenario“ eines Workshops. Warten wir es ab…

Kritisches zu den SSB-Streckensperrungen bzw. -umleitungen wegen Stuttgart 21 : www.s21irrtum.blogspot.de /www.unsere-stadtbahn.de /Tunnelblick Ausgabe Mai 2016 „SSB 21“ /Rede von Jürgen Schwab auf der 204.Montagsdemo

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Eingeschränkter Tunnelvortrieb, aber prognostizierte Lärmwerte in der Nacht erreicht – Netzwerk Kernerviertel hakt nach

Seit Februar läuft der Vortrieb der Tunnelröhren vom Verzweigungsbauwerk Süd unter dem Kernerviertel. Allerdings nur bei zwei der insgesamt sechs Röhren, nämlich die der beiden Oströhren. Und seit März steht das Schallschutzdach über der Rettungszufahrt Süd neben dem Wagenburgtunnel, das die Anwohner des Kernerviertels vor dem 24-Stundenbetrieb an der Tunnelbaustelle schützen soll.

Doch trotz des eingeschränkten Tunnelvortriebs erreichten im März 2016 die gemessenen Lärmpegel im Nachtzeitraum die vom langjährigen Gutachter und Immissionsschutzbeauftragten der Bahn prognostizierten Maximalwerte. Schuld daran ist wahrscheinlich der Dauerlärm der beiden Lüfter, die wegen der Luftzufuhr in einer U-förmigen Versenkung auf dem Schallschutzdach montiert sind. Zwei weitere sollen noch dazukommen, wenn der Vortrieb der beiden Weströhren vom Verzweigungsbauwerk startet. Hinzu kommen wird auch noch mehr Lärm durch den dann verstärkten Baubetrieb sowie zusätzlich noch 2017 der Lärm der Betonpumpen aus den Hebungsinjektionsschächten.

Daher hat sich das Netzwerk Kernerviertel in einer Mail an die DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) gewandt und nachgehakt. Die PSU prüft derzeit den Sachverhalt. Sobald eine Antwort eingeht, werden wir sie veröffentlichen. Hier erst einmal die Anfrage des Netzwerks Kernerviertel:

Der Tunnelvortrieb an der Rettungszufahrt Süd ist mittlerweile angelaufen und das Schallschutzdach fertiggestellt. Mit dem Tunnelvortrieb der beiden Oströhren laufen auch zwei der vier Lüfter im 24-Stunden-Betrieb, die – auf dem Schallschutzdach montiert- doch einen nicht unerheblichen Dauerlärm für die Wohnumgebung ausstrahlen.

Der zuletzt veröffentlichte Messbericht vom 14.-20.3.2016 weist trotz des Schallschutzdaches bereits durchschnittliche nächtliche  Lärmpegel in der Größenordnung zwischen 51,5 bis 54,6 dB(A) aus. Diese erreichen nahezu die Werte, die in dem schalltechnischen Detailgutachten vom Oktober 2015 für das neben dem Messpunkt gelegene Wohnhaus (Urbanstraße 62 a) als nächtliche Maximalwerte (52,7 bis 54,4 dB(A) / Lastfall 1-3) prognostiziert wurden.

Dabei fielen im Mitte März 2016 innerhalb des Messzeitraums ein Teil der Schallquellen nicht an, die der schalltechnischen Prognoserechnung vom Oktober 2015  (Auszug Emmissionen des Baubetriebs an der Rettungszufahrt Seite 1 / Seite 2) zugrunde gelegt wurden:

  • das Förderband war noch nicht in Betrieb,
  • nur zwei der vier Lüfter sind im Dauereinsatz bzw. auf dem Schallschutzdach montiert,
  • die Hebungsinjektionsschächte sind noch nicht in Betrieb,
  • wegen des eingeschränkten Tunnelvortriebs war der Steinbrecher nicht permanent in Betrieb und entsprechend weniger Fahr-/Be- und Entladungsgeräusche durch LKWs, Dumper etc sind angefallen.

Wir befürchten, dass die Lärmbelastung im Volllastbetrieb – insbesondere beim Betrieb der 4 montierten Lüfter auf dem Schallschutzdach-  die vom Büro Fritz errechneten Maximalwerte deutlich übersteigen wird und sehen Handlungsbedarf. Auch am ZA Prag belasten leider deutlich höhere Lärmpegel als geplant die Anwohner. Die Lüfterfirma ist seit Monaten immer noch am Modifizieren der Lüfter.

Daher bitten um die Beantwortung der folgenden Fragen und bedanken uns  dafür bereits im Voraus:

1. Wann soll der Vortrieb der beiden Weströhren vom Verzweigungsbauwerk starten und damit die beiden weiteren geplanten Lüfter in Betrieb gehen?

2. Mit welchen durchschnittlichen Lärmpegeln ist im Tages- und Nachtzeitraum beim Vollastbetrieb mit Einsatz der vier Lüfter auf Basis der jetzt gemessenen Werte zu rechnen?

3. Sind von Seiten der PSU aktive Schallschutzmaßnahmen (Modifizierung der Lüfer) für den geplanten Vollastbetrieb von vier Lüftern an der Rettungszufahrt Süd geplant?

4.  Ist während des ab 2017 geplanten Vortriebs der beiden weiteren Röhren des Anfahrbereichs Süd der Einsatz weiterer Lüfter vorgesehen oder wie soll die Belüftung dieser Röhren erfolgen?

5. Wann wird die nächste Messung, die nach dem Messkonzept spätestens 6 Wochen nach der Letzten (14.-20.3.2016) durchgeführt werden soll, auf der Webseite der PSU veröffentlicht?

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Kontext: Ins Hotel mit Hirtenbrief

Trotz des strengen Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Baden-Württemberg wird bei den Bauarbeiten für Stuttgart 21 die an diesen Tagen besonders geschützte Ruhe nicht eingehalten. Die Tunnelvortriebsarbeiten und die Anlieferung des Baumaterials an den innerstädtischen Zwischenangriffen laufen 7 Tage die Woche rund um die Uhr. Die Baufirmen sprengen mit deutlichen Erschütterungen oder Staubbelastungen auch an Sonn- und Feiertagen, wie z.B. in Wangen, am Zwischenangriff Prag/Wartberg oder an der Rettungszufahrt neben dem Wagenburgtunnel. Auch lautstarke Rammarbeiten, wie in Untertürkheim oder  jetzt am Pfingstwochenende in Obertürkheim finden an Sonntagen statt.

Ulrich Ebert, aktiv bei den Ingenieuren22 und Juristen zu Stuttgart 22 hat immer wieder auf die fehlende, aber nach dem Gesetz vorgeschriebene Beteiligung der Kirchen an den Ausnahmegenehmigungen hingewiesen und bei den Kirchen, den Behörden und der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH nachgehakt. Wir haben zuletzt seinen Mailverkehr mit der Landesbergdirektion veröffentlicht, in dem die Freiburger Behörde die Beachtung des Sonn- und Feiertagsgesetzes sowie der Immissionsschutzgesetze beim Sprengvortrieb betont.

Die Zeitschrift Kontext beleuchtet in dieser Woche in einem sehr lesenswerten Beitrag (hier) die Gesetzeslage und die Rolle der Kirchen und Behörden. Ein Zitat daraus: „Autowaschen an Sonn- und Feiertagen ist verboten. Aber gesprengt werden darf schon, wenn die Deutsche Bahn es will. Eigentlich müssten die Kirchen dagegen protestieren. Aber sie tun es nicht. Als Trostpflaster bietet die Bahn Hotels über Pfingsten an.“

Veröffentlicht unter Bauarbeiten, Baulogistik, Eisenbahn-Bundesamt, Erschütterungen, Kernerviertel, Killesberg, Land BW, Lärm, Luftschadstoffe / Feinstaub, Nordbahnhofviertel, Obertürkheim, Planfeststellung, Sprengungen, Stadt Stuttgart, Untertürkheim, Wangen | Kommentare deaktiviert für Kontext: Ins Hotel mit Hirtenbrief

Monatelange Sprengungen und danach feuchter Keller. Versicherung der Bahn lehnt Schadensübernahme ohne jegliche Begutachtung pauschal ab

Die Netzwerke haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die von der Bahn eingeräumte Haftung für die Eigentümer, die vom Bau der 59 Kilometer Tunnel für Stuttgart 21 betroffen sind, unzureichend ist. Zwar sehen die Mustergestattungsverträge der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH mittlerweile während der eigentlichen Vortriebsphase eine Haftungserleichterung durch den sogenannten Anscheinsbeweis vor. Aber bei Schäden, die nach den Vortriebsarbeiten auftreten, gelten die gesetzlichen Bestimmungen – d.h. die Eigentümer müssen beweisen, dass die Schäden durch die Baumaßnahmen entstanden sind. Die Netzwerke 21 befürchten, dass damit die Betroffenen auf den durch den S21-Tunnelbau verursachten Schäden sitzen bleiben.

Die Konsequenz bekommt jetzt eine Eigentümerin in Stuttgart-Wangen zu spüren, deren Wohnhaus monatelang schweren, teils erdbebenartigen Erschüterungen durch die ständigen Sprengungen ausgesetzt war. Ihre Protokolle hatten wir im September 2015 in einem Beitrag veröffentlicht.  Auch die SPD-Stadträtin Marita Gröger hatte Sprengungen vor Ort in Wangen miterlebt und laut StZ (hier) im Gemeinderat berichtet, dass die von den Sprengungen ausgelösten Erschütterungen so stark sind, dass „man glaubt, das Haus bewegt sich.

Der Tunnel verläuft ca. 30 Meter unter dem Grundstück der Wangener Eigentümerin, in ca. 9-12 Meter Entfernung vom Haus. Wegen des Hangs sind es teilweise weniger als 30 Meter. Als Entschädigung für die Unterfahrung würde die Eigentümerin rund elfhundert Euro erhalten.

Seit dem Bau des Tunnels und den Sprengungen wird der Keller ihres Wohnhauses immer feuchter. Diesen Schaden hatte sie der Bahn und der Bauinfo gemeldet. Doch die Versicherung der Bahn lehnt jetzt die Schadensübernahme pauschal ab. Dabei hat nicht einmal ein Gutachter der Versicherung den Schaden vor Ort in Augenschein genommen. Wir veröffentlichen die Schilderung der Wangener Eigentümerin, wie sie ohne Federlesens nach Meldung des Schadensfalls abwimmelt wurde:

Ich hatte nach der Versammlung vom 17.02.2016 und den großen Worten von Herrn Sturm meine Schäden bei der Bahn am 28.02.2016 angemeldet. Ferner hatte ich um eine Kopie der Höhenmessungen mein Grundstück/Objekt betreffend gebeten, die ich bis heute nicht erhalten habe. Ich bekam jeweils automatische Empfangsbestätigungen.

Am 08.03. hatte ich Frau O. von der Bauinfo erneut per Email gefragt, ob meine Unterlagen angekommen sind und auch darauf hingewiesen, dass mein Tiefkellerboden immer feuchter wird. Am 09.03. bestätigte mir Frau O. den Erhalt der Schadensmeldung vom 28.02.16. Ferner meinte Sie, es wird eine „interne Prüfung der Schadensmeldung“ stattfinden und wenn die Prüfung abgeschlossen ist, werde ich über das Ergebnis informiert.

Am 10.03. erhielt ich von der HDI Global SE – Mainz (Versicherung der DB-Projekt) ein Schreiben. Sie sind der Objektversicherer der DB-Projekt und erwarten noch nähere Informationen und Unterlagen. Nach deren Erhalt kommen sie wieder auf mich zu.

Am 03.05. hatte ich dann bei der HDI angerufen. Der zuständige Herr ist im Urlaub, der Kollege teilte mir mit, mit Datum 29.04. ist ein Schreiben an mich rausgegangen, bei Fragen könnte ich den Kollegen nächste Woche anrufen. Dieses Schreiben habe ich am 03.05. abends auch erhalten.

Zitat: „Zwischenzeitlich hat unsere Versicherungsnehmerin ergänzend Stellung genommen. Danach kann ein Zusammenhang zwischen den projektbezogenen Tiefbauarbeiten und den von Ihnen reklamierten Gebäudeschäden ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für die Sprengungen, die in einem so großen Abstand zu Ihrem Anwesen stattfanden, dass dort mit Schäden nicht zu rechnen ist. Daher weisen wir etwaige Schadensersatzforderungen im Namen unserer Versicherungsnehmerin zurück.“

Bis auf diesen Schriftverkehr hat sich niemand mit mir in Verbindung gesetzt! Es war auch kein Gutachter da!

Die Bahn geht nie auf die Erschütterungen ein, immer nur auf die Setzungen! Die wissen genau warum. Die Erschütterungen kommen Erdbeben gleich, nur wenige Sekunden, aber zu den Spitzenzeiten hat hier wirklich das Gebäude gewackelt! Dies setzt unsere alten aus Holz und Stein gebauten Häusser in Bewegung und somit entstehen Spannungen und Risse. Dazu muss ich kein Ingenieur sein!

Ich kann den Untertürkheimern nur raten, sich die Erschütterungsmessgeräte der Firma Woelfel einbauen zu lassen, damit die Erschütterungen, die die Bahn bis heute abstreitet (Erdbeben Stufe 2-4) bewiesen werden können und alles über einen Anwalt abzuwickeln.“

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Zum Vortriebsstand beim Tunnelbau für Stuttgart 21 zum April 2016: noch mehr als 75 % der Tunnelkilometer müssen gegraben werden

Wie zu Beginn jedes Monats möchten wir wieder einen Überblick über den Baufortschritt bzw. Vortriebsstand bei Stuttgart 21 der vergangenen vier Wochen geben. Aktuell sind zweieinhalb Jahre nach dem ersten feierlichen Tunnelanstich  fast ein Viertel bzw. 14,15 der geplanten rund 59 Tunnelkilometer für Stuttgart 21 aufgefahren:

MOnatsstand April 2016

Bis auf die maschinell hergestellte 4 Kilometer lange Oströhre des oberen Fildertunnels noch ohne Innenverschalung. Die wöchentlichen Vortriebzahlen seit Mai 2014 finden Sie in unseren Übersichten bis ab Oktober 2015 / bis September 2015. Der Baufortschritt bei den einzelnen S21-Tunnel weicht stark von einander ab (22,9% beim Obertürkheimer Tunnel bis 48,1% beim Bad Cannstatter Tunnel). 12,2 Tunnelkilometer, darunter die Tunnel für den nicht planfestgestellten Filderabschnitts, befinden sich noch nicht im Bau.

Nach dem aktuell noch geltenden Zeitplan will die Bahn weitere 44,65 Kilometer bis spätestens Ende 2018/Mitte 2019 durch den schwierigen Stuttgarter Untergrund auffahren und innenverschalen. Ein nach unserer Einschätzung weiterhin unrealistisches Unterfangen. Selbst wenn die vor einem Jahr von Bahnvorstand Volker Kefer im Verkehrsausschuss angekündigte 1.000 Meter-Marke  erreicht worden wäre. Diese Marke ist jedoch bis auf den Monat Oktober, als Schächte und Stollen nacherfasst wurden, bislang in keinem Monat erzielt worden. Allerdings wird, sobald der maschinelle Tunnelvortrieb für die zweite Röhre des oberen Fildertunnels anläuft, die 1.000- Meter-Marke sicherlich erreicht bzw. überschritten werden. Hier unsere aktuelle Monatsübersicht zum April 2016:

MOnatsstand April 2016 b

Derzeit überprüft die Projektgesellschaft die „Termin- und Kostensituation“. Auch angesichts der noch zu realisierenden Tunnelstrecken in der Größenordnung von dreiviertel der geplanten Strecke bzw. 44,6 Kilometern können wir uns nichts anderes vorstellen, als dass die Projektgesellschaft wegen Verzögerungen bei den Trog- und Tunnelbaustellen ihren Zeitplan von Stuttgart 21 bzw. den Inbetriebnahmetermin revidieren werden muss.

Anfang April hatten wir einen ausführlichen Überblick über den Stand beim Tunnelbau von Stuttgart 21 mit den von der Projektgesellschaft eingestellten wöchentlichen Grafiken veröffentlicht. Gegenüber diesem Stand hat sich folgendes getan:

  1. PFA 1.2./1.6a Kernerviertel / Gänsheide / Gablenberg

a) PFA 1.2./Fildertunnel :

20160502 Fildertunnel a

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