I. Gestattungsverträge und deren Ausgestaltung im PFA 1.6a
Vorab:
Wie Sie wissen, hat bei der Volksabstimmung am 27. November 2011 eine Mehrheit im Land und auch in Stuttgart gegen den Ausstieg des Landes aus der Finanzierung gestimmt. Das Projekt war im Anschluss daran weiterhin umstritten, gerade angesichts der massiven Kostensteigerungen. Doch auch der Aufsichtsrat der Bahn hat schließlich am 05. März 2013 für den Bau des Tiefbahnhofs trotz erheblich gestiegener Kosten votiert. Der Kostenrahmen wurde um 2 Mrd. auf ca. 6,5 Mrd. Euro erhöht. Die baden-württembergische Landesregierung steht zu ihrem vertraglich vereinbarten Zuschuss von 930 Mio. Euro. Sie hat aber auch wiederholt klar gemacht, dass sie sich darüber hinaus nicht an weiteren Mehrkosten beteiligen wird. Hierzu gibt es einen einstimmigen Beschluss des Kabinetts.
Die Entscheidungen zum Weiterbau, auch wenn ich sie aus inhaltlichen Gründen für falsch finde, sind aus meiner Sicht zu respektieren. Es bedeutet nun aber nicht, dass ich deshalb meine Meinung ändere, was den Bahnhof angeht. Ich finde das Projekt angesichts der Kosten nach wie vor für falsch. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Bahnknoten Stuttgart modernisiert werden muss – aber Stuttgart 21 ist aus meiner Sicht die falsche Antwort. Das Verhältnis von Kosten und Nutzen stehen aus meiner Sicht in einem schlechten Verhältnis zueinander, so dass es eine Fehlinvestition ist. Auch führen die Kostensteigerungen dazu, dass andere wichtige(re) Infrastrukturprojekte der Bahn deshalb auf die lange Bank geschoben oder gar nicht realisiert werden können. Hier werden falsche Prioritäten gesetzt. Die Bahn ist da leider auf dem falschen Gleis.
1. Welche Schritte werden Sie und Ihre Partei unternehmen, die Deutsche Bahn AG bzw. die Tochter DB Netz AG zu veranlassen, Gestattungsverträge vorzulegen, die dem Anspruch einer angemessenen Entschädigung genügen?
2. Welche Schritte leiten Sie bzw. Ihre Partei außerdem ein, die im sogenannten „Stuttgarter Verfahren“ (Vorschlag der DIA Consulting AG) rein auf subjektiver Wertminderung basierenden Entschädigungsvorschläge in ein Verfahren umzuwandeln, das die Belange der Eigentümer angemessen berücksichtigt?
Antwort auf die Fragen 1 – 2:
Die Deutsche Bahn ist der Projektträger und hat sich dabei an Recht und Gesetz zu halten. Wir setzen darauf, dass DB Projektbau sich gegenüber den Hauseigentümern als fairer Partner verhält, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Es sollte grundsätzlich zu einer Verständigung mit dem Haus- und Grundbesitzerverein über die Höhe einer angemessenen Entschädigung kommen. Der politische Einfluss auf Managemententscheidungen der Deutschen Bahn AG geht allerdings gegen null. Durch die Organisationsprivatisierung im Jahr 1994 in Form einer Aktiengesellschaft verhält sich die DB AG wie ein privates Wirtschaftsunternehmen. Auch deshalb treten wir politisch dafür ein, die Infrastruktur aus der DB AG herauszulösen und wieder in unmittelbares Eigentum des Bundes zu überführen.
3. Welche Schritte werden Sie und Ihre Partei unternehmen, die Deutsche Bahn AG bzw. die Tochter DB Netz AG zu veranlassen, bei eventuell entstehenden Schäden die Beweisumkehr (die Bahn weist nach, dass der Schaden nicht durch sie entstanden ist) in die Gestattungsverträge aufzunehmen?
Die Beweisumkehr bei Schäden halten wir für geboten. Sollten Schäden an Gebäuden auftreten, die im zeitlichen Zusammenhang mit Tunnelbohrungen auftreten, muss es Aufgabe der Bahn sein, nachzuweisen, dass diese nicht von den Bauarbeiten verursacht wurden. Entsprechende Regelungen haben wir bereits in unserem grünen Vorschlag zur Novellierung des Bundesberggesetzes formuliert.
4. Was wollen Sie und Ihre Partei dafür tun, dass der Immissionsschutz auf dem aktuellsten und technisch möglichen Stand bei S21 durchgeführt wird und nicht auf dem Stand einer Planfeststellung aus dem Jahr 2007, die sich auf Pläne aus dem Jahr 2002 bezieht und angesichts der zu erwartenden Bauzeit bei Fertigstellung völlig veraltet sein wird?
Wir setzen uns für eine deutliche Beschränkung der Gültigkeitsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen von heute 15 Jahre ein, damit veraltete Planungen nicht weiterbetrieben werden können.
II. Lärmbeeinträchtigung durch den geplanten Wartungsbahnhof PFA1.6b
1. Wie stehen Sie als Wahlkreiskandidatin zu der drohenden Lärmproblematik am Wartungs- und Abstellbahnhof Untertürkheim?
2. Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, um der Bevölkerung vor einer Planfeststellung die Problematik praktisch erfahrbar zu machen – beispielsweise mit einer Lärmsimulation?
3. Werden Sie sich für ein neutrales Lärmgutachten einsetzen, das nicht von der Bahn beauftragt wurde und auch die konkreten topografischen Gegebenheiten im Neckartal berücksichtigt?
Antwort 1-3
Die Deutsche Bahn darf keine Abstriche beim Lärmschutz am Wartungs- und Abstellbahnhofs Untertürkheim machen. Im Sinne guter Nachbarschaft sollte es schon im eigenen Interesse der DB sein, für anspruchsvollen Lärmschutz zu sorgen.
4. Auch wenn der 5db(A)-Schienenbonus erst ab 2016 zur Anwendung kommen wird (geändertes BlmSchG), halten Sie es für sinnvoll, dass bei einem Jahrhundertprojekt, das frühestens 2020 in Betrieb gehen soll, dieser Bonus nicht gelten soll, dass also noch Regelungen aus dem letzten Jahrhundert zur Anwendung kommen sollen?
Für die Abschaffung des Schienenbonus haben wir Grüne uns vehement eingesetzt. Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag konnte zumindest eine Vorverlegung auf den 1.1.2015 erreicht werden. Allerdings gilt diese Frist nur für Planfeststellungsverfahren, bei denen es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine öffentliche Planauslegung gegeben hat.
5. Was werden Sie konkret für die Bewohner von Untertürkheim unternehmen, um für den noch nicht planfestgestellten Abschnitt 1.6b den optimalen Lärmschutz nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen durchzusetzen?
Geeignete Lärmschutzmaßnahmen sind unbedingt durch den Projektträger Deutsche Bahn AG vorzunehmen.
6. Werden Sie sich in einem Projekt, bei dem aller Erfahrung nach bei weiter steigenden Kosten nach Einsparpotenzial gesucht werden wird, gesetzliche Mindestanforderungen akzeptieren und sich auf die Eigenwirtschaftlichkeit der Bahn berufen können/wollen?
Am Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner darf der Projektträger DB Projektbau nicht sparen.
Biggi Bender MdB