Arno Lederer in der StZ: Ja, mach nur keinen Plan!

Eigentlich fokkussieren wir auf der Webseite www.netzwerke-21.de weitgehend das Bauen bei Stuttgart 21 aus dem Blickwinkel der betroffenen Anwohner. Die Baupläne für die Bahnflächen nach einer geplanten Fertigstellung von Stuttgart 21, die jetzt auch der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn mit Bürgerbeteiligung angehen möchte, lassen wir für die nächsten Jahre erst einmal außen vor.

Wir hatten bereits mehrfach über die jetzt schon absehbaren Zeitverzögerung des Großprojekts im Tunnelbau und beim Trogbau berichtet berichtet. Nicht nur der Verkehrsminister der Landes BW Winfried Hermann, sondern auch auch sehr gemäßigte, betriebswirtschaftlich geschulte Kritiker sagen – so die Zeit in ihrem Artikel „Unterirdisch in Stuttgart“ vom 13.August 2014  – mindestens acht Milliarden Euro Gesamtkosten und eine Bahnhofseröffnung frühestens im Jahr 2025″ vorher. Die anschließende Baufreimachung des Geländes, soweit sie überhaupt rechtlich und bahntechnisch möglich ist, wird noch einmal weitere Jahre in Anspruch nehmen. In einem Beitrag der StZ vom 28.Januar 2015 heißt es: „Einen oder zwei Fahrplanwechsel lang müssten die alten Gleise noch liegen bleiben, danach dauere es „einige Zeit“, bis das Gelände frei geräumt sei. Konkreter wird in dieser Frage Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD): Er spricht – je nach Teilgebiet – von zwei bis sechs Jahren nach der Übergabe.“

So kommentierte die StZ im Februar 2012 (hier) die Debatte über die Bebaubarkeit hinter dem Bahnhof mit den folgenden Worten, die nichts an Aktualität verloren haben: „Die Debatte über die Bebauung hinter dem Bahnhof ist vor allem eines: reine Spekulation… Die Bahn vermag gegenwärtig jedenfalls nicht zu beschwören, dass sie bis Ende 2020 das Areal zwischen Bonatz-Bau und Abstellbahnhof zur Besiedlung frei geben kann – womöglich werden es zwei, drei oder fünf Jahre später. Danach müssen erst einmal die Gleisanlagen entfernt werden. Deshalb schon heute städtebauliche Ideen für ein vielleicht 2030 baureifes Gelände zu konkretisieren, erscheint vor dem Hintergrund des raschen ökologisch-technologischen Wandels doch sehr ambitioniert.“

Dennoch möchten wir auf einen empfehlenswerten aktuellen Beitrag der StZ zum Städtebau bei Stuttgart 21 hinweisen.  Am Wochenende hat der renommierte Stuttgarter Architekt Prof. Arno Lederer in seinem StZ-Gastbeitrag „Ja, mach nur keinen Plan!“ das Fehlen einer städtebaulichen Planung rund um den geplanten „Tiefbahnhof“ kritisiert: „Im Bahnhof und um den Bahnhof herum, vom Kriegsberg bis zum Wagenburgtunnel: Wüste soweit das Auge reicht. Neu an dieser Lage ist nur, dass es keinerlei Vorstellungen über die städtebauliche Neuordnung des Stuttgarter Zentrums gibt…“.

Arno Lederer hatte die Preisentscheidung für den Ingenhoven-Entwurf mitgetragen, jedoch 2009 die sich im Nachhinein als unnötig herausgestellten Pläne der Bahn kritisiert, dabei die Nord- und Südflügel des denkmalgeschützten Bonatz-Baus zu opfern. Später distanziert er sich aus bahntechnischen, architektonischen und denkmalpflegerischen Überlegungen von dem Projekt, wie es die Bahn betreibt.

Er wies 2010 in dem FAZ-Gastbeitrag  „Verzichtet auf die futuristischen Pickel“ auf die aus seiner Sicht städtbaulich notwendige Überarbeitung des „Tiefbahnhof“-Entwurfs von Christoph Ingenhoven hin, der den Stuttgarter Talkessel gleich einer Riesenboa in einer Querlinie trennt: „Wohlmeinende sprechen von markanten Lichtaugen, die den unterirdischen Raum mit Tageslicht versorgen, was zudem hohen ästhetischen Reiz habe. Allerdings gilt das nur für den zweifellos schönen Innenraum, denn von außen gesehen werden diese Ausstülpungen die Zäsur zwischen der Innenstadt und dem neuen Stuttgart- 21-Gebiet noch verstärken. Naturgemäß sieht das Ingenhoven nicht so. Ihn, den überaus begabten Schöpfer solitärer Bauten, dürften auch urbane Fragen weniger beschäftigen, zumal er auch kein Vertreter des europäischen Stadtgedankens ist.“

In einem Interview mit dem SWR , über das wir berichtet haben, erklärt er im Januar 2014  zum architektonischen Entwurf für den Tiefbahnhof: „…Welche Arroganz besitzt ein Bauherr, der auf einem Entwurf sitzen bleibt, der Mitte der neunziger Jahre angefertigt wurde. Das ist schon eine Art Bundesbahn-Widerstand gegenüber der Öffentlichkeit, auch die Unsensibilität wie mit der Stadt, mit der Bevölkerung umgegangen wird… Man hat auf niemand gehört, auf die Fachleute nicht wie auch nicht auf die Leute, die man Wutbürger nennt. Das ist leicht abgetan, aber da sind ja viele dabei, die kulturell gebildet sind“.

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