Zusätzliche Bohrungen am Wangener Großmarkt trotz des umfassenden Bohrerkundungsprogramms bei Stuttgart 21?

Seit ein paar Monaten zeichnet sich ab, dass die Tunnelbauer bei den Vortriebsarbeiten in Wangen  in der Oströhre (61) unterhalb des Wangener Großmarktes Richtung Neckar  trotz der Tieferlegung der Röhren um vier Meter weiterhin mit den wasserführenden Schichten zu kämpfen haben. Dagegen kam der Vortrieb und die Neckarunterquerung der Weströhre (62) zügig voran und steht kurz vor dem Untertürkheimer Lindenschulviertel. Wobei man anmerken muss, dass  nach den ursprünglichen Zeitplänen der Bahn die beiden Tunnelröhren bereits seit Ende letzten Jahres vorgetrieben hätten sein sollen. In den seit März auf der Webseite der Projektgesellschaft veröffentlichten Grafiken über den Vortriebsstand des Obertürkheimer Tunnels sind die stark unterschiedlichen Baufortschritte der beiden Röhren unterhalb Stuttgart-Wangen deutlich zu erkennen. Sie finden Sie in unseren Monatsberichten März und April. Hier der aktuelle Stand zum 30.Mai 2016:

20160530 Obertürkheimer Tunnel

Jetzt berichten die beiden Stuttgarter Zeitungen (StN / StZ) über zusätzlich erforderliche Erkundungsbohrungen in Wangen im Bereich des Großmarktes. Dadurch sollen neue Erkenntnisse über wasserführende Schichten gewonnen werden.

Wie auch bei der gestern von der StZ erwähnten Auftragsänderung wurde bei der Bekanntmachung im EU-Amtsblatt wieder nur ein Euro als Auftragswert angegeben. Auf Nachfrage bei der DB Projektgesellschaft erhielt die STN/STZ die Auskunft, dass seit der Auftragsvergabe mehr als 4,61 Millionen Mehrkosten angefallen seien. In der Meldung heißt es : „Ob die Ursache dafür Zusatzleistungen, so genannte Nachträge, oder zuvor vereinbarte Inflationszuschläge oder Gleitpreise für Stahl oder Beton waren, diese Frage beantwortet die Projektgesellschaft nicht. Vertragsdetails wolle man nicht weiter vertiefen, man bitte um Verständnis.“ Es liegt jedoch auf der Hand, dass der wegen des hohen Wasserandrangs bedingte zwischenzeitliche Baustopp und die Planänderung zur Tieferlegung der Tunnelröhren ihren Teil zu den Mehrkosten beigetragen haben.

Zwar ist es verständlich, dass angesichts der Bauschwierigkeiten weitere Erkundungsbohrungen durchgeführt werden. Doch wir möchten in diesem Zusammenhang doch noch einmal daran erinnern, dass auf kritische Einwände von Anwohnern und Geologen zum Tunnelbau unter dem geologisch schwierigen Stuttgarter Untergrund immer mit dem großen und dichten Bodenerkundungsnetz argumentiert wurde. Auch wenn die Bohrungen aus Sicherheitsgründen in der Regel 5 bis 10 Meter neben der geplanten Tunneltrasse gesetzt wurden. Und jetzt zeigt sich, dass trotz der 400 Bohrungen mit 25.000 Bohrmetern im Stuttgarter Stadtgebiet für die Tunnel die bauausführende ARGE vor überraschenden geologischen Verhältnissen nicht gefeit ist.

So wurde beispielsweise in der Schlichtungsrunde am 20.11.2010 durch den renommierten Sachverständigen der Bahn für den Tunnelbau, Prof. Dr. Walter Wittke der umfassende Erkundungsstand für ausreichend befunden, nachzulesen in den Folien und dem Schlichtungsprotokoll S.12 “ ….Meine Damen und Herren, der Umfang der Erkundungen in Stuttgart ist sehr groß nach meinen Erfahrungen… Für die Tunnel sind 400 Bohrungen mit mehr als 25.000 Bohrmetern ausgeführt worden. Im Mittel heißt das: etwa alle 100 m eine Bohrung. Das ist ausreichend. Schauen Sie sich die entsprechenden Normen usw. an. Dann werden Sie feststellen, dass das ausreichend ist. Weiterhin gab es 1.900 Feldversuche und 25.000 Laborversuche. Das ist eine ganze Menge. Es war natürlich auch eine lange Zeit, während der die Tunnel geplant und entworfen wurden…“.

Auch in der Erörterung am 10.09.2013 zur Planänderung Grundwassermanagement wurden den Einwendern eine Folie mit den  umfangreichen Baugrunderkundungen bei Stuttgart 21 entlang der Tunneltrassen präsentiert:

20130910-Grundwassermanagement-TOP4_Erkundungen

Hier der noch Ausschnitt für Wangen, der gerade im Gebiet des Großmarktes zahlreiche rotmarkierte  Bodenerkundungen aus dem 1. bis 4. Erkundungsprogramm ausweist:

20130910-Grundwassermanagement-TOP4_Erkundungen Auszug Wangen

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