Vorgestern, am 4.Dezember, feierten die Stuttgarter Mineure unter Beisein der Tunnelpatinnen in Wangen wieder den Namenstag ihrer Schutzpatronin Barbara (Pressemitteilung/UT-Zeitung). Eine Tradition, die auf die Gefahren des Berufs unter Tage hinweist, der immer noch ein Knochenjob ist. Trotz fortschrittlicher Baumethoden können Unfälle bei den Vortriebsarbeiten nicht ausgeschlossen werden. So zog sich 2014 bei Arbeiten an der SSB-Tunnelbaustelle der U12 in Stuttgart-Münster ein Mann schwere Verletzungen zu, weil ein Erdrutsch ihn bis zur Hüfte umschlossen hatte (StN / StZ). Von daher ist diese Tradition verständlich.
Hellhörig werden wir jedoch bei einem Zitat der Untertürkheimer Zeitung, in der auch der erfolgreiche Baufortschritt beschworen wird: „Wir haben keine schwerwiegenden Unfälle erleiden müssen, merkte Andreas Rath, der technische Abschnittsleiter der Firma ATCOST 21, dankbar an. Trotz einiger Schwierigkeiten schauten er und nach ihm Bahnmanager Günther Osthoff auf ein „erfolgreiches Jahr 2015″ zurück. Der Vortrieb ist in beiden Tunneln [Fildertunnel und Obertürkheimer Tunnel] zügig voran gekommen. Wir haben nun 5.900 Meter geschafft.“
Unerwähnt bleibt, dass von den 5.900 allein fast 4.000 Meter auf den maschinellen Vortrieb im oberen Fildertunnel entfällt. Kein Wort auch zum schleppenden Baufortschritt beim Bau des 9,5 Kilometer langen Obertürkheimer Tunnels und den Belastungen der Anwohner. Zwei Jahre nach der Tunneltaufe in Wangen sind gerade einmal 1.382 Meter bzw. 12,7 % der Gesamtstrecke vorgetrieben wurde. Die aktuellen Zahlen zu den Tunnelröhren finden Sie in unserem letzten Beitrag zum Tunnelvortriebsstand bei Stuttgart 21.
Kein Wort auch, dass damit die den Anwohnern und dem Bezirksbeirat in Wangen vorgestellten Zeitpläne zum Bau des Obertürkheimer Tunnels völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Auf der ersten und bisher einzigen Anwohnerveranstaltung in Wangen im Dezember 2012 war von einem Vortrieb für den Spritzbetonvortrieb Richtung Obertürkheim bis Ende 3.Quartal 2016 und für den Spritzbetonvortrieb Richtung Hauptbahnhof bis Mitte 2015 die Rede:
Und nach dem auf der Wangener Bezirksbeiratssitzung im Juli 2014 von der Projektgesellschaft vorgestelltem Zeitplan sollte der Spritzbetonvortrieb Richtung Obertürkheim Mitte 2016 und der Richtung Hauptbahnhof Ende 2015 realisiert sein:
Wir müssen es noch einmal wiederholen: Eigentlich sollten die Tunnelvortriebsarbeiten vom Zwischenangriff Wangen Richtung Hauptbahnhof ohne Ausbau der Innenschale jetzt im Dezember 2015 fertiggestellt sein! Aktuell sind in der Weströhre gerade einmal 23,1 % und in der Oströhre 10,7% vorgetrieben. Wie die Verantwortlichen der ATCOST 21 und der Bahn auch für den Obertürkheimer Tunnel von einem „erfolgreichem Jahr“ sprechen können, bleibt ein Rätsel. Und für die Wangener Bürger, die seit Monaten unter dem Lärm und den Erschütterungen der Spreng- und Meißelarbeiten leiden und denen auch durch den nachrückenden Vortrieb der Oströhre in 2016 keine Besserung in Aussicht gestellt wurde, ist dies ein Schlag ins Gesicht.
Auf keine der Ankündigungen der Bahn für den Zwischenangriff Wangen zum Bau des Obertürkheimer Tunnels war Verlass. Weder wurde der Zeitplan auch nur annähernd eingehalten, noch das Versprechen auf ein immissionsarmes Bauverfahren. Beim nächsten Mal, wenn die Veranwortlichen der Bahn und der Baufirma von einem erfolgreichen Jahr sprechen, sollten sie wenigstens vorher einmal in die Bauzeitenpläne schauen, die den Anwohnern und der Öffentlichkeit zuvor als realistisch verkauft wurden.