Übermorgen geht im Aufsichtsrat u.a. um die erneute Kostenexplosion bei Stuttgart 21. Bis auf 15 Millionen ist der nicht finanzierte „Reservepuffer“ abgeschmolzen. Dabei sind zweieinhalb Jahre nach dem ersten feierlichen Tunnelanstich gerade mal einmal ein Viertel der Tunnel im schwierigen Stuttgarter Untergrund vorgetrieben. Nicht jedoch „fertig gestellt“, wie zuletzt in der überregionalen Presse immer wieder zu lesen war. Die bergmännischen Strecken, die immerhin 75% der 59 Tunnelkilometer ausmachen, müssen nachdem der Tunnel aufgefahren ist, in einem zweiten, aufwendigen Arbeitsgang mit Beton innenverschalt werden. Erst danach kann die bahntechnische Ausrüstung starten. Beide Arbeitsvorgänge kosten Zeit und Geld.
Wie jeden Monat möchten wir wieder einen Überblick über den Baufortschritt bzw. Vortriebsstand bei Stuttgart 21 geben. Die wöchentlichen Vortriebzahlen der einzelnen Röhren seit Mai 2014 finden Sie in unseren Übersichten bis ab Oktober 2015 / bis September 2015. Der Baufortschritt bei den einzelnen S21-Tunnel weicht stark von einander ab (26,8% beim Obertürkheimer Tunnel bis 51,1% beim Bad Cannstatter Tunnel). 12,2 Tunnelkilometer, darunter die Tunnel für den nicht planfestgestellten Filderabschnitt, befinden sich noch nicht im Bau. Hier die Übersicht über den Vortriebsstand in den einzelnen Tunneln:
Zwar hat die Bahn jetzt Bauverzögerungen bei Stuttgart 21 um ein bis zwei Jahre bei Stuttgart 21 eingeräumt. Nach dem Aufsichtspapier ist offiziell nur der Feuerbacher Tunnel ein Jahr in Verzug. Dies ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Nach der bisherigen Zeitplanung sollen die Tunnel bei Stuttgart 21 2018 bzw. 2019 im Rohbau, d.h. einschließlich der Innenschale, fertig gestellt sein. In der Lenkungskreisunterlage vom November 2015 sind die konkreten Fertigstellungstermine für den Rohbau der einzelnen Tunnel (RB) zu finden:
Beispielsweise ist nach diesem Zeitplan die Fertigstellung des Rohbaus des Obertürkheimer Tunnels für Anfang 2019 geplant. Aktuell ist nur rund ein Viertel der Strecke aufgefahren, obwohl der Tunnelvortrieb nach den 2013 und 2014 in Wangen vorgestellten Plänen abgeschlossen sein sollte. Mit einem Sprengvortrieb, der derzeit die Anwohner in Unterürkheim sehr belastet, soll jetzt der Zeitverzug zumindest bei der Weströhre eingeholt werden. Obwohl mehr als zwei Tunnelkilometer durch den Anhydrith gebaut werden müssen, ist ein Durchschlag dieser Röhre Richtung Innenstadt für Ende dieses Jahr geplant. Bei der Oströhre Richtung Obertürkheim hingegen stocken die Vortriebsarbeiten wegen des unerwartet hohen Wasserandrangs vor dem Neckar auf Höhe des Wangener Großmarkts. Vor der nächsten Neckarunterquerung mit drei weiteren, sich überkreuzenden Röhren muss noch ein Verzweigungsbauwerk gebaut werden. Mit dem Vortrieb der Röhre von der Innenstadt Richtung Wangen soll entgegen der bisherigen Planung erst 2017 begonnen werden. Im Obertürkheimer Abschnitt wartet die Bahn noch auf eine Genehmigung für die geänderte Bauweise für den Trog.
Andere bergmännische Tunnel, wie der S-Bahn-Tunnel im PFA 1.5. (Los 4 Süd) noch nicht einmal im Bau. Und die fast 7 Kilometer langen Tunnel des PFA 1.3 auf den Fildern, Flughafentunnel und Tunnel Rohre Kurve, sind noch nicht einmal vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt.
Um die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 einschließlich des Filderabschnitts noch bis Ende 2021 zu realisieren, müssten weitere 43,6 Kilometer bis spätestens Ende 2018/Mitte 2019 durch den schwierigen Stuttgarter Untergrund aufgefahren und bis auf die maschinell hergestellten Strecken noch innenverschalt werden. Bislang wurde die vor einem Jahr von Bahnvorstand Volker Kefer im Verkehrsausschuss angekündigte 1.000 Meter-Marke bis auf den Monat Oktober, als Schächte und Stollen nacherfasst wurden, noch in keinem Monat errreicht. Zwar wird die monatliche 1.000- Meter-Marke mit dem Start des maschinellen Tunnelvortrieb sicherlich deutlich überschritten werden. Doch die Probleme liegen bis auf den Cannstatter Tunnel in den bergmännischen Stecken. Auf Basis des durchschnittlichen monatlichen Vortriebs in 2016 bräuchte die Bahn nach einer groben, vereinfachten Hochrechnung noch allein weitere 4 Jahre, um die restlichen 32 Kilometer bergmännischen Tunnel aufzufahren. Wohlgemerkt ohne Innenverschalung und eisenbahntechnische Ausrüstung. Hier unsere aktuelle Monatsübersicht zum Mai 2016:
Für die beiden Monate Januar und März hatten wir einen ausführlichen Überblick über den Stand beim Tunnelbau von Stuttgart 21 veröffentlicht. Gegenüber diesem Stand hat sich folgendes getan:
- PFA 1.2./1.6a Kernerviertel / Gänsheide / Gablenberg
a) PFA 1.2./Fildertunnel :
b) PFA 1.6a./ Obertürkheimer Tunnel:
- Seit Anfang Februar 2016 sind die beiden Oströhren des Fildertunnels und des Obertürkheimer Tunnels im Bau. Seit Mai auch die Weströhre des Fildertunnels Wegen der dort anzutreffenden schwierigen Geologie (u.a. anhydritführende Gesteinsschichten) geht es nur sehr langsam voran. Wir haben darüber im Zuge der Anwohnerveranstaltung für den Osten berichtet.
- Die Ost-Röhren des Fildertunnels und des Obertürkheimer Tunnels befinden sich aktuell weiterhin ungefähr unterhalb der Gerokstraße.
- Der Vortrieb der Weströhre des Tunnels Richtung Wangen soll erst ab 2017 starten. Dabei sollte das Verzweigungsbauwerk nach dem im letzten Jahr präsentierten Zeitplan Ende 3. bzw. Ende 4. Quaral 2015 fertiggestellt sein und anschließend der Tunnelvortrieb aller Tunnelröhren Richtung Wangen, Wendekaverne und dem Anfahrbereich unter dem Kernerviertel starten.
- Wann der Tunnelvortrieb vom Verzweigungsbauwerk Richtung Kernerviertel zum Bau des Anfahrbereichs startet, wurde auf der Infoveranstaltung für Stuttgart-Ost nicht kommuniziert. Auch Fragen zu den Hebungsinjektionen mit dem Hinweis auf die Bezirksgrenze nicht beantwortet. Nach der Projektgesellschaft schreibt nun das Eisenbahn-Bundesamt die Eigentümer zur Einholung des Einverständnisses für die erweiterten Hebungsinjektionen im Kernerviertel an.
- Weiterhin werden Sprengungen durchgeführt. Dies zeigen auch die Staubwolken, die aus dem Tunnelportal an der Rettungszufahrt. Das Netzwerk Kernerviertel hatte sich bei der Bürgerbeauftragten und dem Umweltamt der Stadt wegen der Staubbelastung, die aus den Trockensprengungen im quellfähigen Anhydrit resultieren, beschwert.
2. PFA 1.2./Fildertunnel / Fasanenhof / Möhringen / Hoffeld / Degerloch:
- 2015 wurde die Oströhre des oberen Fildertunnels zwischen dem Filderportal und Hoffeld maschinell aufgefahren.
- Nach einer Pressemeldung der DB Projektgesellschaft hat sich letzten Montag, den 7.6. die Tunnelvortriebsmaschine am Filderportal zur Herstellung der Weströhre in Bewegung gesetzt. Der Vortriebsstand wird in den Grafiken, die diese Woche veröffentlicht werden, eingezeichnet sein.
- Parallel dazu laufen seit ein paar Wochen die bergmännischen Vortriebsarbeiten für den Bau des mittleren Fildertunnels. Der Vortrieb hat Degerloch erreicht. Erste Rückmeldungen von Degerlochern im Wohngebiet Pfullingerstraße, Zedernweg zeigen, dass die Erschütterungen durch die Sprengungen trotz der hohen Überdeckung von mehr als 100 Meter deutlich gespürt werden. Wir werden noch darüber berichten.
- Eigentlich war der Baubeginn dieser bergmännischen Vortriebsarbeiten unter Degerloch nach dem auf den Anwohnerveranstaltungen vorgestellten Zeitplänen Ende letzten Jahres vorgesehen. Doch wegen der fehlenden Genehmigung der beantragten Planänderung für die Vergrößerung der Baustelleneinrichtungsfläche am Filderportal konnten die Bauarbeiten nicht starten. Eine modifizierte Planänderung zur Erweiterung der Baustelleneinrichtungsfläche am Filderportal wurde am 25.April vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) genehmigt. Wie die Stuttgarter Nachrichten (hier) bereits ankündigte, wurde von Seiten der Stadt Stuttgart in der Nähe des Filderportals eine zusätzliche Lagerfläche bereitgestellt und außerdem kann die Bahn „vorab auf künftige Logistikflächen für den Gleisbau beim Flughafen zurückzugreifen.“
- Eingezeichnet ist ein Tunnelvortrieb in der Oströhre zwischen Hoffeld und Degerloch. Dies passt jedoch nicht zur den Plänen, die die PSU auf der Anwohnerveranstaltung in Degerloch 2014 vorgestellt hatte. Danach sollte von der Oströhre aus bergmännisch ein Querstollen zur Startbaustelle für die Weströhre gegraben werden. Durch die dann bergmännisch aufgefahrene Weströhre des mittleren Abschnitts soll die Tunnelvortriebsmaschine durchgezogen und ihre dritte Schildfahrt Richtung Degerloch fortsetzen. Hier ein Auszug aus der damaligen Präsentation:
Möglicherweise wird der Querschlag erst unerhalb Degerlochs auf Höhe des ursprünglich vorgesehenen Zwischenangriffs Sigmaringer Straße erfolgen.
3. PFA 1.5./ Killesberg / Feuerbach / Bad Cannstatt
a) Bad Cannstatter Tunnel:
- Das Verzweigungsbauwerk Nord unterhalb des Kriegsbergs befindet sich weiterhin im Bau. Anfang April genehmigte das EBA eine Planänderung für eine Änderung der Lage und Form des Verzweigungsbauwerks. Dafür war das Einverständnis der betroffenen Eigentümer für den Erwerb einer etwas größeren Fläche erforderlich. Die PSU berichtete darüber auf dem Anwohnerstammtisch des Infoladens (StZ-Bericht).
- Die Vortriebe der beiden Röhren des Bad Cannstatter Tunnels vom Zwischenangriff Nord Richtung Innenstadt haben unterhalb des Killesberges auf Höhe der Mönchshaldenstraße (Oströhre) und der Rebhalde (Weströhre) erreicht.
- Der Baufortschritt der beiden Röhren weicht stark voneinander ab. Wegen des Anhydritvorkommens kommen die Mineure in der Weströhre langsamer voran. In der Oströhre wurde hingegen laut einem StZ-Bericht über die neue zusätzliche Sicherungstechnik bislang kein Anhydrit angetroffen. Auf dem Weg bis zum Hauptbahnhof wird noch – entgegen des offiziellen Längsschnitts – mit einer weiteren Anhydritlinse gerechnet.
- Über die Kunstharzinjektionen in das über den Tunnel liegende Erdreich, die letzte Woche der Presse vorgestellt wurden, sind die Eigentümer nicht informiert.
- Der Bau der beiden Röhren vom Zwischenangriff Nord Richtung Bad Cannstatt ruhen weiterhin wegen einer noch nicht eingereichten Planänderung für den Bereich der Ehmannstraße bzw. werden jetzt bis zur Genehmigung innenverschalt.
b) Feuerbacher Tunnel:
- Der Vortrieb des Feuerbacher Tunnels hat in der Weströhre Richtung Innenstadt die Oskar-Schlemmer-Straße bzw. das Gelände der Kunstakademie erreicht. Die Oströhre Richtung Feuerbach steht knapp hinter dem Höhenfreibad Killesberg.
- Der Bau des Tunnels soll sich wegen den jetzt zusätzlich erforderlichen Sicherungen gegen dem Wassereintritt im Anhydritgestein weiter verzögern. Über die Kunstharzinjektionen in das über den Tunnel liegende Erdreich, die letzte Woche der Presse vorgestellt wurden, sind die Eigentümer nicht informiert.
- Weiterhin klagen sich die Anwohner des Wartbergs über den Lärm und die Vibrationen der Lüfter am Zwischenangriff Prag. Die Bahn ist immer noch dabei diese zu modifizieren. Die StZ berichtete über den letzten Infoladen-Stammtisch. Die Anwohner verlieren die Geduld. Wir werden noch darüber berichten.
- Auch der Staub, der noch bei den Sprengungen am Tunnelportal austritt, belastet die Anwohner am Zwischenangriff Prag.
4. PFA 1.6a./ Obertürkheimer Tunnel/ Wangen/ Unter- und Obertürkheim:
- Der Vortrieb der Oströhre des Obertürkheimer Tunnels Richtung Innenstadt hat das Ende der Wohngebäude an der Jägerhalde erreicht, der Vortrieb der Weströhre mittlerweile unbebautes Gebiet.
- Der Vortrieb der Weströhre 62 Richtung Innenstadt steht kurz vor der Gemarkung zum Stadtbezirk Ost. Als nächstes soll Gablenberg unterfahren werden. Einen konkreten Zeitplan konnte der Abschnittsleiter auf der Infoveranstaltung nicht nennen. Pro Tag würde der Vortrieb je nach Anzahl der Sprengungen zwischen 3,90 und 5,20 Meter vorankommen. Dass entlang dieser Strecke zur Innenstadt mehrfach anhydritführendes Gestein durchfahren wird, ließ er unerwähnt. Hier könnten sich nach den Erfahrungen beim Feuerbacher und Cannstatter Tunnel die Arbeiten wegen des Baus der Abdichtungsbauwerke und anderer Schutzmaßnahmen verzögern.
- Der Tunnelvortrieb der Oströhre Richtung Neckar stockt weiterhin. Nach unerwartet hohem Wasserandrang hat die Projektgesellschaft weitere Erkundungsbohrungen im Gebiet des Wangener Großmarkts beauftragt.
- Der Vortrieb der Weströhre hat die Wohngebäude des Lindenschulviertels in Untertürkheim, das noch immer nicht auf den grafischen Übersichten der PSU eingezeichnet ist, bald erreicht. Der Kanal im Lindenschulviertel ist bereits unterfahren. Das Untertürkheimer Wirtenberg Gymnasium ist vom Bau der Weströhre nur am Rande tangiert.
- Seitdem die Tunnelvortriebsarbeiten auf der Untertürkheimer Neckarseite angekommen sind, ist jede Sprengung in den Gebäuden im Lindenschulviertel zu hören und zu spüren. Wir werden noch über die weitere Entwicklung berichten.
- Die starke Übertragung der Erschütterungen deutet für die Anwohner daraufhin, dass auch im Bahnverkehr jeder Zug erhebliche Immissionen für die Anwohner des Lindenschulviertels erzeugen wird. Das Netzwerk Wangen/Untertürkheim machte in einer Presseerklärung auf das gegenüber der Innenstadt vergleichsweise niedrige Schutzniveau aufmerksam.
- Weitere Informationen finden Sie in unserem Bericht über die letzte Infoveranstaltung in Untertürkheim.