Verkehrswert vs. Bodenrichtwert – eine Diskussion ohne Ende

Während die politische Diskussion über Zeit- und Kostenprobleme von S 21 hohe Wellen schlägt, dürfen sich die von den Untertunnelungen betroffenen Eigentümer durchaus mit ihren persönlichen Interessen befassen, sind sie doch nicht in der Lage, auf die große Politik rund um das Projekt Einfluss zu nehmen. So besinnen sich die Eigentümer auf ihr berechtigtes Interesse, dass in den mit der Bahn abzuschließenden Gestattungsverträgen eine angemessene Entschädigung für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks für die Unterfahrung bezahlt wird. Und so lagen die Netzwerke als Vertreter der Eigentümer in den vergangenen Wochen mit der Projekt Stuttgart – Ulm GmbH (PSU) im Clinche, auf welcher Basis diese Entschädigung berechnet werden soll. Auf Basis Verkehrswert oder Basis Bodenrichtwert?

Das Landesenteignungsgesetz gibt vor, dass nach dem Verkehrswert entschädigt werden muss. Mehr dazu finden Sie im Memorandum von Prof. Dr. Uwe Dreiss zu Enteignung und Entschädigung bei Stuttgart 21.Und die Bahn bestätigt dies in ihren Äußerungen ja auch, wobei sie sagt, dass für die Entschädigungen der Verkehrswert des unbebauten Grundstücks und damit der Bodenwert herangezogen werden. Fakt ist aber, dass die Bahn, vertreten durch die PSU, in der bisherigen Praxis jeweils nur die gemittelten Bodenrichtwerte für die Berechnung der Entschädigungen verwendet. Und diese lassen Faktoren wie Wohnlage oder Geschossflächenzahl (GFZ), welche vom Bodenrichtwert zu einem individuellen Bodenwert führen, außer acht. Und ein Musterprozess zwischen einem der Eigentümer und der Bahn, der u.a. auch diese Frage gerichtlich klären sollte, kam bisher nicht zustande.

Die Sprecher der Netzwerke hatten schon Mitte April im Nachgang zu einem Gespräch bei der PSU in einem Schreiben (hier) die Bahn aufgefordert, zu dem Widerspruch zwischen verbalen Ankündigungen und dem realen Heranziehen von Bodenrichtwerten Stellung zu nehmen. Mit einem ausführlichen Antwortschreiben vom 2. Mai 2016 (hier) hat die Bahn versucht, ihre Rechtsposition darzulegen, konnte aber nicht aufzeigen, wie sie im Einzelfall von den allgemeinen Bodenrichtwerten zu individuellen Bodenwerten kommt. In einem Schreiben vom 24. Mai (hier) haben die Netzwerke der Bahn ihren Standpunkt dann noch einmal dargelegt und den Musterprozess angemahnt.

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