Die Stuttgarter Zeitung berichtet in ihrer heutigen Ausgabe (hier), dass sich eine Gruppe von Bürgern, darunter auch Prof. Dr. Uwe Dreiss vom Netzwerk Kernerviertel, in einer Unterschriftenaktion für eine Verlegung der Fildertunneltrasse in Degerloch um ca. 250 Meter einsetzt. Grund dafür ist, dass der Tunnel und auch ein Querstollen direkt unter dem Fernsehturm in 185 Meter Tiefe im quellfähigen Anhydritgestein verläuft. So schreibt die StZ:
„Auch eine nur geringe Anhebung um zehn Zentimeter könne an der Turmspitze zu einer beträchtlichen Neigung führen, sagt Gebhard. Er verweist darauf, dass bei Erdwärmebohrungen (beispielsweise im südbadischen Staufen) Hebungen von mehr als 50 Zentimeter gemessen werden (bei einer Tiefe der Bohrung von rund 100 Metern). Auch in der Fachliteratur werde immer wieder auf die Risiken hingewiesen – und darauf, wie schwer verlässliche Voraussagen seien. „Wir müssen von einem Restrisiko ausgehen“, sagt Gebhard, das aus seiner Sicht leicht zu vermeiden wäre. Man müsste die Trasse nur rund 250 Meter vom Turm wegrücken, was den rund 9,5 Kilometer langen Fildertunnel nur um 70 Meter verlängern würde. Dies hätte zudem den Vorteil, dass weniger Wohnhäuser in Degerloch untertunnelt würden.“
Mehr Informationen zum Tunnelverlauf, den Risiken durch Anhydrit, der Risikoabwägung und der nur 70 Meter längeren Alternativtrasse finden Sie auf der Webseite www.fernsehturmfreunde.de. Unterstützen kann man die Kampagne im Internet oder per „roter Karte“. Den ausdruckbaren Flyer mit der roten Karte, der in nächsten Tagen in den Stadtteilen Degerloch, Sillenbuch und Gänsheide verteilt wird, finden Sie hier.
Die Stuttgarter Zeitung hat sich allerdings in ihrem Bericht einen gravierenden Tippfehler erlaubt. Nicht 2 x 2,3 km, sondern 2 x 4,3 km sollen allein beim Fildertunnel im quellfähigen Anhydrit vorgetrieben werden. Dies zeigt auch ein Auszug (1 / 2) aus der Webseite der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH über die Tunnelbauten im Anhydrit. Dabei sind alle Gebäude entlang der Tunneltrasse von Degerloch und der Gänsheide bis runter zur Haußmannstraße betroffen. Dies zeigt deutlich eine Karte, die man auf der Webseite der Fernsehturmfreunde finden kann:
Tunnel, die bisher durch Anhydrit-Schichten erstellt wurden, sind in Stuttgart nur der Wagenburgtunnel (110 Meter Anhydrit), und der Heslacher-Tunnel (Gesamtlänge 2.300 Meter, nur ein kurzes Stück Anhydrit) sowie die S-Bahn-Wendeschleife (900 Meter Anhydrit) und der Hasenbergtunnel (1.100 Meter Anhydrit). Diese Größenordnungen sind jedoch nicht mit Stuttgart 21 vergleichbar. Wir hatten bereits über den Tunnelbau von Stuttgart 21 berichtet, bei dem rund 16 Kilometer im Anhydrit verlaufen soll.
Die Bahn weist zwar jegliche Kritik mit dem Hinweis auf die Beherrschbarkeit der Risiken ab. Doch auch die Azer-Risikoliste aus dem Jahr 2011, über die wir berichtet haben, enthält einen deutlichen Hinweis auf das Baurisiko Anhydrit. So heißt es auf Seite 19: „PFA 1.2/1.6 + 1.5: Risiko über das Baugrundrisiko hinaus, daß vereinbarte Maßnahmen nicht ausreichend greifen. Gefahrenpotential da nicht erkennbar ist, wo
Erschwernisse auftreten, auf welcher Länge und die Lage im Querschnitt. Gefahr vor allen Dingen bei Kontakt des Anhydrits mit Wasser.“
Die Tunnelvortriebsmaschine hat mittlerweile ihre erste Schildfahrt vom Fasanenhof bis kurz vor der Gemarkung Degerlochs beendet. Wegen der Übergangszone zum Anhydrit soll der rund 1,15 km lange mittlere Fildertunnel in bergmännischer Weise gebaut werden. Dafür muss erst einmal die Maschine abgebaut zurückgezogen und am Filderportal für die zweite Schildfahrt wieder aufgebaut werden. Über den Ablauf und den bislang von der Bahn kommunizierten Zeitplan finden Sie mehr Informationen in unseren Beiträgen über die im September 2014 stattgefundene Anwohnerveranstaltung in Degerloch und die Anwohnerveranstaltung für den Stuttgarter Osten vom April 2015.