Diese Woche Dienstag waren Bahnvertreter im Bezirksbeirat Degerloch. Anlass waren die Klagen der Degerlocher über die Sprengungen beim bergmännischen Vortrieb unter ihrem Stadtteil, die sie trotz der hohen Überdeckung von mehr als 110 Meter deutlich spüren. Eine Zusammenfassung der Degerlocher Obenbleben-Gruppe über die Bezirksbeiratssitzung können Sie hier lesen. Die Stuttgarter Zeitung (hier) berichtete über die Sitzung. Daraus ein Zitat:
„In den ersten fünf Minuten der jüngsten Bezirksbeiratssitzung haben Anwohner ihr Leid geklagt. Sie berichteten, wie sie nachts die Schläge aus dem Untergrund zählen, die von der Bahn durch Sprengungen verursacht würden. Die Degerlocher Betreuungsstadträtin Beate Schiener von den Grünen sekundierte den Bürgern. Sie habe keinen leichten Schlaf, werde aber dennoch wach, wenn für das Projekt Stuttgart 21 im Erdreich unterm Hoffeld für den Fildertunnel gesprengt wird, sagte sie“.
Die Bürger klagten vor allem, dass die über die Sprengungen nicht informiert werden. „Spengen ist kein Brotbacken“ bekamen sie laut StZ als Antwort zu hören. Dabei kündigt die Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH auf ihrer Webseite die Sprengzeiten entlang des Cannstatter Tunnels, des Feuerbacher Tunnels und des Obertürkheimer Tunnels an. Auch wenn die genannten Zeiten nach Rückmeldungen von Betroffenen in Untertürkheim nicht unbedingt mit der Sprengrealität übereinstimmen.
Auf Nachfrage des SÖS-Bezirksbeirats Michael Köstler erklärten die Bahnvertreter, dass die nächtlichen Sprengarbeiten von der Landesbergdirektion genehmigt sind. Für den bergmännischen Vortrieb unter Degerloch plant die Bahn einen Zeitraum von eineinhalb Jahren. Bislang ist nur ein Messgerät zur Überwachung der DIN 4150 in ganz Degerloch aufgestellt. Weitere Messgeräte würden folgen.
Dabei sah die Planfeststellung wie auch in den anderen vom S21-Tunnelbau betroffenen Stadtteilen nicht vor, dass Degerloch durch die Sprengungen betroffens sein sollte. Auf Seite 312 des Planfeststellungsbescheides zum PFA 1.2/Fildertunnel kann man Folgendes lesen:
Auch die Anwohner im Wohngebiet Uhlandshöhe haben nicht damit gerechnet, dass sie von den Tag und Nacht durchgeführten Sprengungen in 70 Metern unter ihren Häusern etwas mitbekommen. Doch wir haben Rückmeldungen aus dem Netzwerk Kernerviertel erhalten, dass sich beispielsweise am Hohengeren Anwohner wegen der stark zu spürenden Erschütterungen bei den Sprengungen an die Bauinfo gewandt haben.
Man muss leider konstatieren: Die Fehleinschätzungen bei den Immissionen, die seit Planungsbeginn von Stuttgart 21 bis heute nur das Gutachterbüro Fritz verantwortet, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Projekt. Die Bahn musste bereits unzureichende Lärmgutachten einräumen und beim Lärmschutz nachbessern. Für Stuttgart 21 soll ein ganzer Bahnknoten einer Großstadt mit 59 Kilometern Tunnel unter die Erde gelegt werden. Dreiviertel davon im bergmännischen Vortrieb, bei dem auch Sprengungen eingesetzt werden. Doch die baubedingten Auswirkungen eines Sprengvortriebs wurden systematisch während der Planfeststellung mit dem Standardsatz „Ab einer Überdeckung von 35 Metern schließt die Bahn jedoch bereits vorhabensbedingte Beeinträchtigungen aus“ falsch eingeschätzt bzw. klein geredet. Die mehr als hundertzehn bzw. siebzig Meter über den Vortriebsarbeiten liegenden Wohngebiete Degerloch und Uhlandshöhe sind dafür nur ein Beispiel.