update: Gestern ging es in der SWR-Fernsehsendung „mal ehrlich…wer fährt noch auf die Bahn ab?“ auch um Stuttgart 21 und die vom Tunnelbau betroffenen Anwohner des Kernerviertels (ab Minute 40:40).
Im Studio waren neben Frank Schweizer, Sprecher Netzwerk Kernerviertel, auch der Eigentümer und eine Mieterin des Wohnhauses in der Kernerstraße 47, das von starken Rissen durch den Tunnelbau betroffen ist. Die Risse hatten sich Anfang Mai gebildet, sich im Laufe der letzten Wochen deutlich verbreitert und jetzt teilweise auch das Mauerwerk tief aufgerissen. Die Mieterin zeigte in der Sendung aktuelle Fotos aus ihrem Schlafzimmer mit gravierenden Schäden:
Die Risse bereiten Angst. Sie übernachtet inzwischen auf der Schlafcouch im Wohnzimmer und berichtete von schlaflosen Nächten wegen der Sorge um die Standfestigkeit der betroffenen tragenden Wand. Mittlerweile kämen morgens täglich Messingenieure in die Wohnung um die Rissbildung zu überwachen. Auch ein Prüfingenieur des städtischen Baurechtsamts wurde einbezogen, der dem Haus jedoch aktuell die statische Standfestigkeit bescheinigt hat.
Angesichts der Fotos und der eindrücklichen Schilderung der betroffenen Anwohnerin forderte der in der Sendung als Gast anwesende Verkehrsminister Winfried Hermann, dass die Bahn in solch einem gravierenden Fall vorübergehenden Ersatzwohnraum bereitstellen und Entschädigungen leisten müsste.
Das Wohnhaus Kernerstraße 47 wird zwar nicht unterfahren, wurde jedoch durch den Absenktrichter und aufgrund einer beim Tunnelbau dort angetroffenen geologischen Störung (Hohlraum im ausgelaugten Gipskeuper) deutlich stärker als ursprünglich von den Sachverständigen der Projektgesellschaft eingeschätzt gesenkt. Die Risse haben sich mit der ungleichmäßige Setzung der Gebäudeecken gebildet. Laut dem von der Projektgesellschaft dem Eigentümer zur Verfügung gestellten Messprotokoll liegen die Setzungen der Gebäudeecken aktuell mit ca. 4,4 cm Differenz zwischen 2 und 6,4 cm. Die Setzungen dauerten die letzte Woche noch an und die Risse werden nach Aussage des Eigentümers immer noch breiter.
Nur zum Vergleich: das gegenüberliegende, denkmalgeschützte Wohnhaus in der Kernerstraße 32 wurde bei der Unterfahrung der ersten Tunnelröhre gleichmäßig um ca. 5 cm gesenkt. Hier gab es bislang nur wenige Rissbildungen durch die Bauarbeiten zu melden. Allerdings steht bei diesem Wohnhaus noch der Vortrieb der zweiten Tunnelröhre noch an. Beide Gebäude liegen außerhalb des erweiterten Hebungsfeldes, d.h. wurden nicht vorher mit Hebungsinjektionen angehoben.
Die Projektgesellschaft zeigte sich im Gespräch mit Vertretern des Netzwerks Kernerviertel über die noch vor den Sommerferien stattfindenden Informationsveranstaltungen für die Anwohner optimistisch und überzeugt, dass es trotz der schwierigen Geologie unter dem Kernerviertel bei den bisher bekannten Schäden an den Wohnhäusern in der Wera- und Kernerstraße bleiben wird.
Zurück zur SWR-Sendung: Auch der Konzernbeauftragte der DB AG für Baden-Württemberg, Thorsten Krenz, war dort zu Gast. Er versprach der Mieterin Unterstützung und dass man gemeinsam eine Lösung finden werde. Auch er hält eine verstärkte Informationspolitik seitens der Bahn über die Bauschäden im Kernerviertel für notwendig und spricht von einer Bürgerversammlung. Als er allerdings erwähnte, dass bei dem abzureißenden Gebäudeteil des Nachbargebäudes Kernerstraße 30 ein nicht nach dem Bauantrag erfolgter Wiederaufbau nach dem Krieg ursächlich für den Schaden sei und den Tunnelbau dabei außen vorlässt, ging ein doch etwas empörtes Raunen durch das Publikum.