StZ: Stadt gibt keinen Solo-Auftrag an Ingenhoven

Angesichts des noch schleppenden Baufortschritts am geplanten „Tiefbahnhof“ werden wir über die nach Fertigstellung von Stuttgart 21 verbundenen städtebaulichen Fragen nur am Rande berichten. Dennoch möchten wir auf den lesenwerten Artikel der Stuttgarter Zeitung (hier) hinweisen, in der die Stadt auf die erneut massive Kritik des Architekten Christoph Ingenhoven an einer aus seiner Sicht verschleppten städtebaulichen Planung des Bahnhofsumfeldes reagiert. Er hatte seine Kritik wieder an der Grundsteinlegung (Video von MichaKultur ab Min 41:20) und gegenüber der Süddeutschen (hier) und FAZ (hier) geäußert.

Die StZ schreibt in ihrer aktuellen Meldung: „Ganz uneigennützig scheint Ingenhovens Kritik an der Stadt nicht gewesen zu sein. Nach Informationen unserer Zeitung ist er wenige Tage vor der Grundsteinlegung bei der Stadt vorstellig geworden, um sich eine direkte Beauftragung für die Gestaltung des Bahnhofsumfelds zu sichern. Den Anspruch darauf leitet der Architekt aus dem Gewinn des alten Wettbewerbs ab. Als man Ingenhoven bedeutet habe, dass etwa für die von ihm angeregte Öffnung der Klettpassage ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werde, an dem er sich in Konkurrenz zu anderen Büros sehr gerne beteiligen könne, habe der Stararchitekt das Gespräch ziemlich abrupt beendet. Teilnehmer der Gesprächsrunde sprechen hinter vorgehaltener Hand von einem „Affront“. Am Freitag sagte der erfolgsverwöhnte Gestalter: „Die Stadt redet derzeit nicht mit uns.“ Und kommentierte dies in „Kein Meister der Diplomatie“ mit den WortenEin klarer Fall von Selbstüberschätzung“.

Wie weit die Vorstellungen des Architekten Christoph Ingenhovengehen, sich für das städtebauliche Umfeld um den geplanten Tiefbahnhof zuständig zufühlen, wird aus einem StZ-Interview vom November 2015  (hier) deutlich. Darin erklärte er:

Wenn man sich den Geltungsbereich des Architektenwettbewerbs für den Bahnhof anschaut, zeigt sich, wie umfangreich das ist. Es beinhaltet nämlich alle Kontaktflächen zwischen Bahnhofsgelände und Stadt, über die wir heute vorrangig reden. Das geht los jenseits der Willy-Brandt-Straße ein Stück den Hang hinauf und setzt sich fort über die Ecke des Schlossgartens zur Schillerstraße hin, wo es weiterhin in allen Plänen ein Gebäude für Kulturnutzung gibt. Teil des Wettbewerbs war auch die Fläche des Oberen Schlossgartens bis fast zur Oper hin. Dazu gehören Flächen in die Königstraße hinein sowie die Klett-Passage und der Arnulf-Klett-Platz, also alles zwischen dem Bahnhof und dem Zeppelin-Carré und schließlich über die Bahndirektion und den Bereich vor der LBBW bis ins A2-Areal hinein. Letzteres vor allem auch, weil man im Wettbewerb noch unterstellt hatte, dass über dem  Gleisbereich eine große Halle gebaut wird. Daran sollte sich in Richtung des neuen Viertels eine 80 bis 90 Meter tiefe Platzfläche anschließen. Das dahinter entstehende Gebäude war auch Bestandteil des Wettbewerbs. Weil wir den Platz aufs Bahnhofsdach gerückt haben, sind die direkt angrenzenden Gebäude nun Teil unserer Konzeption.“

Welche grundsätzlichen Vorstellungen der Architekt Christoph Ingenhoven vom städtbaulichen Umfeld unmittelbar hinter dem neuen „Tiefbahnhof“ hat, zeigte er in einer Präsentation auf einer Ingenieurs-Tagung der Deutschen Bahn im Jahr 2012. Hier die Folie:

main-shopping-street

Update 22.9.16: Die StZ (hier) berichtet, dass Architekt Christoph Ingenhoven sich auf den Wettbewerb von 1997 beruft. Die Stadt widerspricht in einer Presseerklärung.

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