Der SWR sendete heute in „Zur Sache Baden-Württemberg“ einen Beitrag „Baulärm rund um die Uhr. Schlaflos wegen Stuttgart 21“ (hier) über Anwohner in Wangen, die seit Wochen wegen der Erschütterungen durch den Tunnelbau und des dadurch ausgelösten Lärms nicht schlafen können.
So kündigt der SWR seine Reportage an „Erich Wolf und seine Nachbarn klagen über eine unzumutbare Lärmbelastung. Unter ihrer Straße wird gerade eine Tunnelröhre für Stuttgart 21 in Richtung Innenstadt gebaut. Dafür muss gebohrt werden – auch nachts. Wolf hat in seiner Wohnung bis zu 57 Dezibel gemessen. „Das ist wie ein Presslufthammer im Keller“, klagt er. “
Noch 2014 hatte die Bahn den vom Tunnelbau betroffenen Anwohnern schriftlich zugesichert, dass während der Vortriebsarbeiten „eine Beeinträchtigung der Aufenthaltsqualität“ nicht zu erwarten sei. Die Bahn bietet zwar jetzt Hotelübernachtungen an. Die ist aber für nicht jeden – insbesondere Familien mit kleinen Kindern oder Ältere- eine Alternative. Zumal die lauten Arbeiten noch weitere 5 Monate andauern sollen. Die Anwohner in Wangen fordern mittlerweile, dass der nächtliche Baulärm auf ein zulässiges Maß reduziert wird. Doch die Bahn verweist auf den rund um die Uhr laufenden Tunnelbaubetrieb, der nur mit großem Aufwand über Nacht gesichert bzw. still gelegt werden könne.
Außerdem gäbe es – so argumentierte auch der Rechtsanwalts der Bahn im UTA am Dienstag – keinen Grenzwert für den sekundären Luftschall, der durch die Vibrationen der Meißelarbeiten ausgelöst wird.
Dies ist jedoch nicht richtig. Zwar findet sich in den Planfeststellungsbescheiden im Gegensatz zum sekundären Luftschall beim Bahnbetrieb keine einzige Auflage über die beim Spreng- oder Meißelvortrieb, obwohl beim Tunnelbau in niedrigerer Überdeckung eigentlich damit zu rechnen ist. Die Anwohner in Wangen haben jedoch recherchiert, dass für den sekundären Luftschalls die maßgebenden akustischen Regelwerke (insbesondere die TA Lärm sowie bei tieffrequenten Geräuschimmissionen die DIN 45680: 1997-03 in Verbindung mit dem Beiblatt 1 zu dieser Norm) heranzuziehen sind. Die TA Lärm sagt für solche Fälle:
6.2 Immissionsrichtwerte für Immissionsorte innerhalb von Gebäuden
Bei Geräuschübertragungen innerhalb von Gebäuden oder bei Körperschallübertragung betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für betriebsfremde schutz- bedürftige Räume nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, unabhängig von der Lage des Gebäudes in einem der in Nummer 6.1 unter Buchstaben a bis f genannten Gebiete
tags 35 dB(A) nachts 25dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten. Weitergehende baurechtliche Anforderungen bleiben unberührt.
6.5 Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit
Für folgende Zeiten ist in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben d bis f (all. Wohngebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete) bei der Ermittlung des Beurteilungspegels die erhöhte Störwirkung von Geräuschen durch einen Zuschlag von +6dB zu berücksichtigen: 1.an Werktagen: 06.00 – 07.00 Uhr 20.00 – 22.00 Uhr
2. an Sonn- und Feiertagen: 06.00 – 09.00 Uhr 13.00 – 15.00 Uhr 20.00 – 22.00 Uhr
Messungen des Imissionsschutzbeauftragten bestätigten, dass die Spitzenwerte in den Wohn- und Schlafzimmern überschritten werden.
Auch der Lärm und die Erschütterungen der seit fast einem Jahr durchgeführten Sprengungen sind für die Anwohner in Wangen belastend. Für den Erschütterungsschutz gilt laut Planfeststellungsbescheid die DIN 4150. Zwar sieht diese für die Messüberwachung einen Beurteilungszeitraum zwischen 6 bis 22 Uhr vor. Doch nach Ziffer 3.7.4 der DIN 4150-2 müssen werktags von 6.00 bis 7.00 und von 19.00 bis 22.00, sonn- und feiertags zwischen 6.00 bis 22.00 als Ruhezeiten berücksichtigt werden. Die Bahn verweist auf die Ausnahmegenehmigung der Landesbergdirektion, nachdem sie in einem Zeitraum zwischen 6 bis 22 Uhr sprengen darf. Trotz mehrfacher Nachfrage des Netzwerks Wangen, wurde das behördliche Genehmigungsschreiben nicht veröffentlicht.