Bahn muss mehr als sechs Jahre vor geplanter Inbetriebnahme Risikopuffer für Stuttgart 21 angreifen

Noch im Januar 2018 hatte der Aufsichtsrat der DB AG für Stuttgart 21 wegen steigender Baukosten weitere 1,7 Milliarden einschließlich eines Risikopuffers von 495 Millionen Euro genehmigt. Damals wurde als Grund für die Kostensteigerung  nicht erwartete Abweichungen bei Ausschreibungen zwischen der internen Kalkulation und Angeboten der Baufirmen angegeben.

Jetzt muss die S21-Projektgesellschaft wegen erneut steigender Baukosten diese  Notreserve angreifen. Darüber berichtete gestern Spiegel Online (hier). In der Meldung heißt es: „So sei die Bahn bei Vergaben an Baufirmen etwa für aufwendige Brücken und Tunnel „zum Teil mit über 20 Prozent höheren Geboten konfrontiert“. Diese Marktpreiseffekte hätten sich etwa bei Aufträgen an der Anschlussstelle Esslingen und der Haltestelle Staatsgalerie „mit rund 60 Millionen Euro Mehrkosten gegenüber den Budgetansätzen niedergeschlagen“.

SPON schreibt weiter: „Eine Garantie, dass es beim ursprünglich festgesetzten Budget bleibt, kann Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla nicht geben. Das Unternehmen verspricht dennoch: „Die DB hält weiter an der Kostenprognose in Höhe von maximal 8,2 Milliarden Euro fest. […] Die Fertigstellung des Projekts im Jahre 2025 soll davon nicht beeinflusst werden, heißt es aus Aufsichtsratskreisen.“

Matthias Gastel, der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, fordert laut einer StZN-Meldung (hier) erneut die Offenlegung der Kostenentwicklung. Die StZN zitiert ihn mit den Worten: „Das kann niemanden wundern. Verwunderung auslösen kann höchstens, dass die Deutsche Bahn erklärt, der zuletzt festgesetzte Kostenrahmen von 8,2 Milliarden Euro solle nicht überzogen werden“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Das glaube niemand, der das Projekt kenne und die bisherige Projektentwicklung beobachtet habe. Bei Stuttgart 21 würden zwei Dinge zusammenkommen: „Das Projekt wird bis heute nicht ehrlich und seriös geplant. Hinzu kommen teils exorbitante Preissteigerungen im Bahnbau allgemein, von denen Stuttgart 21 nicht verschont bleiben kann.

Gastel will Ende 2018 aus gut unterrichteten Kreisen erfahren haben, dass weitere Kostensteigerungen für das Mammutprojekt unter Verschluss gehalten werden und  bahnintern bereits mit Gesamtkosten von über 10 Milliarden Euro gerechnet wird.

Dass es nicht bei den 8,2 Milliarden Euro bleiben wird, zeigt ein Blick in die letzte Präsentation des Lenkungskreises vom Mai 2019. Dort findet man auf Seite 7 die Information, dass zum 4.Quartal 2018 erst 55% des Gesamtwertumfangs von 7,7 MIlliarden für Stuttgart 21 vergeben waren. Dass der bereits jetzt benötigte Risikopuffer von 495 Millionen für die restlichen 45% und eine Bauzeit von mehr als sechs Jahren bis zur geplanten Inbetriebnahme im Dezember 2025 ausreicht, erscheint unwahrscheinlich.

Bereits 2013 berichtete die StZ (hier), dass die Bahn intern für Stuttgart 21 laut den Informationen des damaligen Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), mit 11 Milliarden Kosten und einer Inbetriebnahme nicht vor 2025 rechnete. Damals schrieb die StZ: „Der bisher von der Bahn genannte Betrag sei „eine politische Zahl, um das Projekt am Leben zu erhalten“, sagt Hofreiter. Er wisse, dass viele Risiken ausgeblendet worden seien. Die Bahn habe zudem nicht ausreichend Vorsorge für Preissteigerungen während der langen Laufzeit des Projekts geschaffen.“

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