Zum Baufortschritt beim Tunnelbau von Stuttgart 21 Mitte August 2017

Vor unserer Sommerpause möchten wir wieder einen Überblick über den Baufortschritt beim Tunnelbau für Stuttgart 21 geben. Aktuell sind rund dreieinhalb Jahre nach dem Start der ersten Vortriebsarbeiten rund 54 %, d.h. 31,8 km von 58,8 Kilometer vorgetrieben. Nachfolgend finden Sie den Vortriebsstand der einzelnen Tunnel zum 14.08.2017 sowie weitere Zahlen in unseren Übersichten ab Oktober 2015 / bis September 2015:Die Zahlen zeigen, dass wie bereits seit langem absehbar der offizielle Zeitplan mit einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 in allen Planfeststellungsabschnitten zum Dezember 2021 nicht zu halten ist, auch wenn der neue Bahnchef Richard Lutz „finster entschlossen ist“ Stuttgart 21 im Zeit- und Kostenplan zu bauen. Dafür müsste der Rohbau aller 59 Tunnelkilometer bis spätestens Mitte 2019 einschließlich dem Innenausbau von 44 bergmännischen Tunnelkilometern realisiert sein. Unter den weiteren 27 Tunnelkilometern stehen noch technisch anspruchsvolle Strecken an, wie beispielsweise der Anfahrbereich mit den großen Tunnelquerschnitten und den Hebungsinjektionen unter dem Kernerviertel, die Tunnel Richtung Obertürkheim im Neckarkies oder die Unterquerung des Neckars mit zwei weiteren Röhren. Die Bauarbeiten für den S-Bahn Tunnel Los 4 Süd und den Flughafen-Tunnel sind noch nicht angelaufen und der Tunnel für die Rohrer-Kurve ist im Rahmen einer Planfeststellung noch nicht genehmigt. Derzeit läuft das Anhörungsverfahren. Die seit 2014 laufenden Bauarbeiten für den Rohbau des „Tiefbahnhofs“ hängen weit hinter dem Zeitplan hinterher. Über die widersprüchlichen Aussagen zum Zeitplan von Stuttgart 21 hatten wir Mitte Juni anlässlich einer Anfrage des MdB Matthias Gastel an die Bundesregierung berichtet.

Anhand der von der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) veröffentlichten wöchentlichen Grafiken möchten wir Sie wieder über den Vortrieb in den einzelnen PFAs/ Stadtteilen informieren. Erstmals ist eine Grafik des S-Bahn-Tunnels mit dabei. Die Anfang Juli genehmigte Verlängerung des bergmännischen Vortriebs des Obertürkheimer Tunnels um rund 340 Meter ist bislang weder in den Zahlen noch in den Grafiken der Projektgesellschaft eingearbeitet.

PFA 1.2.Fildertunnel / 1.6a Obertürkheimer Tunnel (Innenstadt, d.h. Rettungszufahrt Süd / Kernerviertel / Gänsheide incl. Uhlandshöhe):

  • Aktuell laufen in diesem Bereich die Bauarbeiten am Verzweigungsbauwerk Süd und an der Wendekaverne unterhalb der Gerokstraße. Laut Information des Abschnittsleiters Günther Osthoff auf der letzten Infoveranstaltung für das Kernerviertel soll die die Wendekaverne 2017 unterhalb der Gerokstraße wie planfestgestellt aufgefahren werden. Die Lage ist auf der präsentierten Folie erkennbar.
  • Die auf der Anwohnerveranstaltung im März  vorgestellten vorbereitenden Bohrungen vom Schacht in der Urban- und Sängerstraße für die Hebungsinjektionen im Kernerviertel  sind angelaufen. Jedoch wurde noch kein Beton in den Untergrund zur Hebung der Gebäude verpresst.
  • Mit dem Vortrieb des Anfahrbereichs unter dem Kernerviertel Richtung Hauptbahnhof soll laut Informationsveranstaltung (Folie 1 / Folie 2) erst 2018 begonnen werden, wenn die ersten Hebungsinjektionen zur Verdichtung des Bodens und die Anhebung der Gebäude im ersten Hebungsfeld abgeschlossen sind.
  • Im Frühjahr 2018 soll die Tunnelvortriebsmaschine nach ihrer 3. Schildfahrt in der Weströhre von Degerloch über die Gänsheide in der fabrikhallengroßen Kaverne wenden (Folie).
  • Wann der Vortrieb des noch nicht aufgefahrenen Abschnitts der Ost-Röhre des Obertürkheimer Tunnels zwischen dem Verzweigungsbauwerk Richtung Plankstraße anlaufen soll, ist unklar.

PFA 1.2. / Fildertunnel (Fasanenhof, Möhringen, Degerloch):

PFA 1.3.a (Flughafen-Tunnel) und PFA 1.3b Tunnel im Filderabschnitt (Tunnel Flughafen-/Rohrer-Kurve)

  • Auch ein Jahr nach Genehmigung des Planfeststellungsabschnitts 1.3 a sind die Bauarbeiten im Flughafenabschnitt, daunter auch für den 4,3 Kilometer langen Flughafen Tunnel, noch nicht angelaufen. Die Arbeiten sind wegen der anhängigen Klagen vor Gericht gegen den Planfeststellungsbeschluss noch nicht einmal vergeben. Die Bauarbeiten für die Erweiterung der S-Bahnstation um ein drittes Gleis erfordern eine Baugrube in unmittelbarer Nähe des Flughafen-Terminals 4, die 460 Meter lang, 15 Meter tief und 13 Meter breit sei. Darüber berichtete die Stuttgarter Zeitung Mitte Juli.
  • Das Anhörungsverfahren zum zum Planfeststellungsabschnitt 1.3b „Gäubahnführung“  ist eingeleitet. Die Bekanntmachungstexte für die verschiedenen betroffenen Gemeinden sowie Planunterlagen sind bis Anfang September ausgelegt und online auf der Webseite des Regierungspräsidiums verfügbar. Sowohl die betroffenen Gemeinden als auch die Anwohner und die Schutzgemeinschaft Filder kritisieren die Planungen der Bahn für den geplanten Bau und Betrieb der Strecke. Näheres finden Sie unter unseren Beiträgen über den Filderbereich.

PFA 1.4. Denkendorf (Tunnel Denkendorf + Bau oberirdische Strecke entlang der A8)

PFA 1.5. / Tunnel Bad Cannstatt (Killesberg, Bad Cannstatt):

  • Ende Dezember fand der Tunneldurchschlag der Oströhre des Cannstatter Tunnels zwischen dem Verzweigungsbauwerk Nord und dem Zwischenangriff Nord statt. Auch die Querschläge sind vorgetrieben.
  • Weiterhin wird unter dem Kriegsberg das Verzweigungsbauwerk hergestellt. Aktuell laufen auch Verschalungsarbeiten.
  • Mit einem Tunneldurchschlag der Weströhre unter dem Kriegsberg ist in wenigen Wochen zu rechnen. Dann ist der Vortrieb des Cannstatter Tunnels unter dem bewohnten Gebiet abgeschlossen. Für die Anwohner des Killesbergs gehen die seit mehr als zwei Jahren andauernden Sprengungen zu Ende.
  • Die bergmännischen Tunnelvortriebsarbeiten von der Ehmannstraße Richtung Bad Cannstatt unter dem Rosensteinpark sind seit Mitte März angelaufen, nachdem das Eisenbahn-Bundesamt die 22.Planänderung freigegeben hatte.
  • Weiterhin nicht genehmigt ist die Fällung von hundert Bäumen im Naturschutzgebiet am Neckarhang des Rosensteinparks. Hier fehlt noch die Zustimmung der EU, insbesondere für die sechs Juchtenkäfer geschützten Bäume. Die PSU hofft laut letzter StZ-Meldung weiterhin auf die Genehmigung zum Fällen der Bäume im Oktober 2017.

 PFA 1.5. / Tunnel Feuerbach (Killesberg, Feuerbach):

  •  Der Vortrieb des Feuerbacher Tunnels erfolgt weiterhin im Bereich der oberen Birkenwaldstraße. In Richtung Feuerbach steht der Vortrieb der Ost- und Weströhre auf Höhe der Rüdigerstraße.
  • Wegen der zusätzlichen Kunststoffinjektionen zum Schutz vor eindringendes Wasser kommen die Vortriebsarbeiten beim Feuerbacher Tunnel nur langsam voran. Durchschnittlich 2 Meter werden täglich jeweils in beiden Tunnelröhren als Strecke aufgefahren.
  • Auch der Bau des Feuerbacher Tunnels erfolgt im Sprengvortrieb, den die Anwohner spüren. Im Gegensatz zum Bad Cannstatter Tunnel finden die Sprengungen rund um die Uhr unter dem Killesberg statt.
  • Anfang August wurden die Anwohner des Wartbergs und des Dornbusch von der Bahn über das jetzt am Zwischenangriff Prag geplante Entrauchungsbauwerk informiert. Die Bahn kommt damit dem Wunsch der Stadt Stuttgart nach Verlegung des Bauwerks vom planfestgestellten Gelände am Augustinum-Sift entgegen. Betroffene Eigentümer am Wartberg forderten in Schreiben von der Stadt Stuttgart einen finanziellen Ausgleich für den Wertverlust ihrer Immobilie.
  • Auf der Veranstaltung wurde ein Zeitplan erwähnt. Man schätze, dass wahrscheinlich der Vortrieb der Weströhre Ende des ersten Quartals 2018 und der Oströhre Ende des zweiten Quartals 2018 abgeschlossen sei.

PFA 1.5. / S-Bahn-Tunnel (Europa- und Nordbahnhofviertel)

PFA 1.6a/ Tunnel Obertürkheim (Wangen, Untertürheim, Obertürkheim, Gablenberg):

  • Seit dem Tunneldurchschlag der Weströhre des Obertürkheimer Tunnels im März wird die Oströhre des Tunnels vom dritten Querschlag aus Richtung Wangen vorgetrieben. Die beiden Vortriebe der Weströhre haben Gablenberg erreicht. Mit einem Tunneldurchschlag ist in wenigen Wochen zu rechnen. Die Gablenberger müssen seit Wochen mit den Detonationen des rund um die Uhr stattfindenen Sprengvortriebs leben.
  • Das Unterürkheimer Lindenschulviertel wurde im Mai /Juni von der zweiten Röhre (Oströhre)  in einer geringen Tiefe von teilweise weniger als 10 Meter Abstand zu den Kellern unterfahren. Die Anwohner hatten wieder unter den Meißel- und Sprengarbeiten zu leiden.
  • Um ihr Wohnhaus vor den Auswirkungen der Sprengerschütterungen zu schützen, hatten zwei betroffenen Eigentümerinnen auf Einhaltung der durch die Planfeststellung vorgegebenen Richtwerte in einem Zivilprozess vor dem Landgericht Stuttgart geklagt. Die beiden Anwohnerinnen hatten zuvor mehrfach die verantwortlichen Bahnvertreter auf die vom Gutachter gemessenen hohen Erschütterungswerte und die Risiken für die Bausubstanz ihres Wohnhauses hingewiesen und die Anpassung der Sprengparameter gefordert. Dass der Planfeststellungsbeschluss beachtet werden müsse, hatten die Eigentümerinnen als extra Passus in ihren Gestattungsvertrag schreiben lassen. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, nachdem der Richter hinterfragte, ob die die Bahn damit vertraglich an die Anhaltewerte gebunden sei. Diese Auslegung des Richters wurde von den Netzwerken (Leserbrief / Demorede) massiv kritisiert.
  • Auch nach der Unterfahrung des Lindenschulviertels kommen die Vortriebsarbeiten der Oströhre Richtung Obertürkheim wegen der schwierigen Geologie im Neckartal nur schleppend voran.
  • Sobald der Tunneldurchschlag unter Gablenberg erfolgt ist, soll der nach einem Wassereinbruch seit einem Jahr ruhende Vortrieb der Weströhre unter dem Untertürkheimer Sportplatz wieder aufgenommen werden.
  • Anfang Juli wurde die seit 2014 angekündigte Planänderung zum Wegfall des Einschubbauwerks in Obertürkheim, vom Eisenbahnbundesamt genehmigt. Wir berichteten in zwei Beiträgen (Beitrag 1 / Beitrag 2) darüber. Statt des geplanten Auftauchbereichs in offener Bauweise wird damit der geplante bergmännische Vortrieb des Obertürkheimer Tunnels um einen 340 Meter langen eingleisigen Abschnitt verlängert.

PFA 1.6b Abstellbahnhof Untertürkheim

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