Fast Halbzeit. Zum Baufortschritt beim Tunnelbau für Stuttgart 21 zum 10.April 2017

Ende März meldete die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) in einer Pressemitteilung (hier), dass die Hälfte der 120 Kilometer Tunnel zwischen Stuttgart und Ulm vorgetrieben und ausgehoben sei. Die Halbzeit nimmt die PSU zum Anlass in dieser Pressemitteilung über die Tunnelbauwerke und den aktuellen Stand der Vortriebsarbeiten ausführlich zu berichten. Wir möchten ebenfalls wieder einmal einen kurzen Überblick über den aktuellen Baufortschritt beim Tunnelbau für Stuttgart 21 geben. Wenn man es genau nimmt, war Ende März 2017 bei Stuttgart 21 noch nicht die Halbzeit erreicht, sondern mit 46% knapp darunter. Bis 50% der Tunnel von Stuttgart 21 vorgetrieben sind, wird es wahrscheinlich Ende Mai. Nachfolgend finden Sie den Vortriebsstand der einzelnen Tunnel zum 10.04.2017 sowie weitere Zahlen in unseren Übersichten ab Oktober 2015 / bis September 2015:

Dennoch haben die Tunnelbauer bei Stuttgart 21 im letzten Jahr gegenüber der Neubaustrecke aufgeholt. Seit Mitte April 2016 wurden rund 14 Kilometer vorgetrieben; etwas mehr als in den beiden Jahren zuvor zusammen. Insbesondere beim Obertürkheimer Tunnel wurden seit Mitte April 2016 43% der Tunnelstrecke mit teilweise bis zu vier Sprengungen täglich in jeder Richtung aufgefahren. Mit rund 5,2 Kilometer mehr als im teilweise maschinell hergestellten Fildertunnel. Seit Juli 2016 lag der Vortrieb für Stuttgart 21 erstmals über der vom damaligen Bahnvorstand Volker Kefer im Mai 2015 angekündigten 1.000-Meter-Marke. Hier ein Überblick über den Vortrieb im letzten Jahreszeitraum seit 12.April 2016:

Bis auf die rund 15 Kilometer beim maschinell aufgefahrenen Fildertunnel ist mit dem Vortrieb noch nicht die Fertigstellung des Tunnels verbunden. Rund 42 Kilometer Tunnel müssen noch für die Herstellung des Rohbaus innenverschalt werden. Danach kann erst die bahntechnische Ausrüstung erfolgen. Im letzten Beitrag über den Baufortschritt Mitte Februar hatten wir auf die Termine für die Fertigstellung der Rohbauten hinwiesen, die noch im Lenkungskreis im Mai 2014 präsentiert wurden. So müsste beispielsweise der Feuerbacher Tunnel Ende nächsten Jahres und die anderen Tunnel im Stadtgebiet bis spätestens Mitte 2019 einschließlich der Innenverschalung im Rohbau fertig gestellt sein. Dass der immer noch offizielle Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 zum Ende des Jahres 2021 nicht haltbar ist, hatten vor kurzem sowohl Projektchef Manfred Leger als auch der Architekt Christoph Ingenhoven eingeräumt.

Anhand der von der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH veröffentlichten wöchentlichen Grafiken möchten wir Sie wieder über den Vortriebsstand in den einzelnen Stadtteilen informieren:

PFA 1.2.Fildertunnel / 1.6a Obertürkheimer Tunnel (Innenstadt, d.h. Rettungszufahrt Süd / Kernerviertel / Gänsheide incl. Uhlandshöhe):

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  • Wie in den Vormonaten ruht der Vortrieb für die beiden Röhren des Fildertunnels auf Höhe der Gerokstraße.
  • Laut Information des Abschnittsleiters Günther Osthoff auf der letzten Infoveranstaltung für das Kernerviertel soll die die Wendekaverne 2017 unterhalb der Gerokstraße wie planfestgestellt aufgefahren werden. Die Lage ist auf der präsentierten Folie erkennbar.
  • Im Frühjahr 2018 soll die Tunnelvortriebsmaschine nach ihrer 3. Schildfahrt in der Weströhre von Degerloch über die Gänsheide darin wenden (Folie). Für das Wenden sind laut Günther Osthoff 5 Monate vorgesehen. Anschließend soll die Tunnelvortriebsmaschine im Herbst 2018 zu ihrer letzten Schildfahrt zum Bau der Oströhre zwischen der Wendekaverne und Degerloch starten. Einen groben Zeitplan ohne Angabe der Monate gibt die auf der Veranstaltung präsentierte Folie.
  • Das Verzweigungsbauwerk Süd unter der Jugendherberge im Kernerviertel ist weiterhin im Bau (Ausbruch, Abdichtung, Einbau Innenschale).
  • Das Eisenbahn-Bundesamt hat im November 2016 die Planänderung zu Ausweitung der Hebungsinjektionen im Kernerviertel genehmigt. Darüber haben wir im März berichtet.
  • Mit dem Vortrieb des Anfahrbereichs unter dem Kernerviertel Richtung Hauptbahnhof soll laut Informationsveranstaltung (Folie 1 / Folie 2) erst 2018 begonnen werden, wenn die ersten Hebungsinjektionen zur Verdichtung des Bodens und die Anhebung der Gebäude im ersten Hebungsfeld abgeschlossen sind.
  • Ende März fand der Tunneldurchschlag der Weströhre des Obertürkheimer Tunnels unter Gablenberg statt. Die Oströhre des Tunnels soll laut Günther Osthoff vom dritten Querschlag aus vorgetrieben werden. Die Belüftung und die Baulogistik erfolgt dann über den ZA Wangen.

PFA 1.2. / Fildertunnel (Fasanenhof, Möhringen, Degerloch):

  • Auf ihrer zweiten Schildfahrt hat die Tunnelvortriebsmaschine in der Weströhre die Germarkung Degerloch erreicht und fährt Richtung Bopseräcker.
  • Gegenüber dem Vortriebstand von Mitte Februar ist die Maschine nur ein relativ kurzes Stück, etwa 250 m, vorangekommen. Ob dies den wechselhaften geologischen Verhältnisse geschuldet ist, über die Dr. Martin Wittke in seinem Vortrag vor der Univerität Stuttgart berichtet hatte, ist nicht bekannt.
  •  Um den Zeitplan einzuhalten wird unter Degerloch an den dem bergmännischen Teilstück der Weströhre mittlerweile in zwei Richtungen gearbeitet. Bis September 2017 soll der 1,1 Kilometer lange bergmännische Abschnitt der Weströhre vorgetrieben sein, damit die Maschine durchgezogen werden und ihre dritte Schildfahrt von Degerloch Richtung Wendekaverne starten kann.
  • Vertreter der Bahn werden am 25.April im Degerlocher Bezirksbeirat berichten.
  • Trotz der hohen Überdeckung von mehr als hundert Meter und obwohl der Vortrieb das Ende der Wohnbebauung erreicht hat, sind die rund um die Uhr stattfindenden Sprengungen noch in Degerloch spürbar. Im aktuellen Degerlocher Journal wurden die Beeinträchtigungen von den Anwohnern teilweise drastisch geschildert.
  • Dass dies nicht immer nur „subjektive Empfindungen“ der Anwohner sind, zeigen einzelne Erschütterungswerte, die oberhalb des nächtlichen Anhaltswerts lagen.
  • Der SWR berichtete über eine Degerlocher Eigentümerin, die nach den Sprengungen Risse an ihrem Wohnhaus beklagte.

PFA 1.5. / Tunnel Bad Cannstatt (Killesberg, Bad Cannstatt):

  • Ende Dezember fand der Tunneldurchschlag der Oströhre des Cannstatter Tunnels zwischen dem Verzweigungsbauwerk Nord und dem Zwischenangriff Nord statt. Auch die Querschläge sind vorgetrieben.
  • Weiterhin wird unter dem Kriegsberg das Verzweigungsbauwerk hergestellt.
  • Der Vortrieb der Weströhre des Bad Cannstatter Tunnels vom Zwischenangriff Nord Richtung Innenstadt steht oberhalb der Türlenstraße.
  • Wegen des Anhydritvorkommens  und des eingesetzten Injektionsverfahrens kommen die Mineure in der Weströhre langsamer voran. Gesprengt wird maximal 1-2 Mal am Tag. Trotz der Überdeckung sind die Erschütterungen für Anwohner spürbar.
  • Am Kriegsberg hatten sich bei drei Wohngebäuden deutliche Risse gebildet. Nach einem Bericht der beiden Stuttgarter Zeitungen lud die PSU Vertreter des Netzwerks Killesberg zum Gespräch ein. Dabei wurde von Seiten der PSU erstmals ein Zusammenhang mit den Sprengungen nicht ausgeschlossen. Das nach dem Gespräch von der PSU verschickte Gutachten sieht jedoch keine Verursachung der Hangrutschung durch den Sprengvortrieb.
  • Die Tunnelvortriebsarbeiten von der Ehmannstraße Richtung Bad Cannstatt unter dem Rosensteinpark sind jetzt angelaufen, nachdem das Eisenbahn-Bundesamt die 22.Planänderung freigegeben hat.
  • Weiterhin nicht genehmigt ist die Fällung von hundert Bäumen im Naturschutzgebiet am Neckarhang des Rosensteinparks. Hier fehlt noch die Zustimmung der EU, insbesondere für die sechs Juchtenkäfer geschützten Bäume. Die PSU hofft laut StZ-Meldung und StN-Meldung auf die Genehmigung im Oktober 2017.

 PFA 1.5. / Tunnel Feuerbach (Killesberg, Feuerbach):

  •  Der Vortrieb des Feuerbacher Tunnels erfolgt weiterhin im Bereich der oberen Birkenwaldstraße. In Richtung Feuerbach steht der Vortrieb der Ost- und Weströhre auf Höhe der Rüdigerstraße.
  • Auch der Bau des Feuerbacher Tunnels erfolgt im Sprengvortrieb, den die Anwohner spüren. Im Gegensatz zum Bad Cannstatter Tunnel finden die Sprengungen rund um die Uhr unter dem Killesberg statt.
  • Neben den bereits bekannten zusätzlichen Kunststoffinjektionen zum Schutz vor eindringendes Wasser soll der Feuerbacher Tunnel laut einem Bericht der SWP auch mit einem zusätzlichen Gitternetz umgeben werden. Um die Wirksamkeit der Abdichtungsmaßnahmen im Anhydrit, insbesondere des besonders kritischen Feuerbacher Tunnels wurde auf der Sondersitzung des Lenkungskreises im Januar gestritten.
  • Nach einem Deckenabsturz in einem der Ateliergebäude forderte das Netzwerk Killesberg in einem Brief  an den Kanzler der Akademie der bildenden Künste Aufklärung darüber, ob dieser Absturz durch die Erschütterungen des Sprengvortriebs verursacht bzw. ausgelöst wurde.

PFA 1.6a/ Tunnel Obertürkheim (Wangen, Untertürheim, Obertürkheim, Gablenberg):

  • Ende März fand der erste Tunneldurchschlag der Weströhre zwischen Untertürkheim und dem Verzweigungsbauwerk Süd unter Gablenberg statt.
  • Die Sprengungen unterhalb Gablenbergs waren für die Anwohner deutlich hör- und spürbar.
  • Der Vortrieb der Oströhre vom Zwischenangriff Wangen Richtung Verzweigungsbauwerk Süd/ Hbf. steht auf Höhe des Plettenbergs.
  • Der Tunnelvortrieb der Oströhre vom Zwischenangriff Wangen Richtung Untertürkheim steht unter dem Untertürkheimer Wirtemberg-Gymnasium.
  • Die bis zum 8.Februar für einen Monat erteilte Ausnahmegenehmigung für die Nachtsprengarbeiten zwischen 22 bis 24 Uhr ist ausgelaufen. Ein Antrag auf Verlängerung wurde von der Bahn gestellt. Bis dahin will die Bahn im Nachtzeitraum wieder meißeln.
  • Trotz der Nähe und der sehr knappen Unterfahrung von ca. 10 Meter unter den Kellern berichten Anwohner, dass seit einer Woche kaum Spreng- und Meißelgeräusche vernehmbar seien.
  • Nachdem in den letzten Monaten der Boden für den Tunnelbau mit Beton verdichtet wurde, hat die Bahn Ende März den Untertürkheimer Sportplatz laut einer Pressemitteilung der PSU früher als geplant wieder an den Sportverein übergeben. Wann der Vortrieb wieder anläuft, wurde dabei nicht erwähnt.
  • Über die noch laufende Planänderung zum Wegfall des Einschubbauwerks in Obertürkheim, über die Ende September berichtete das Infobündnis Zukunft Schiene in einem Gastbeitrag berichtete, gibt es keine weiteren Informationen.
  • Nachdem die Bahn ihre Pläne für den S21-Abstellbahnhof in Untertürkheim zum dritten Mal seit 2006 komplett überarbeitet hat, hat sie laut einer Pressemitteilung der PSU den Planänderungsantrag vorletzten Freitag beim Eisenbahn-Bundesamt einreicht. In der Pressemitteilung heißt es: „Im Wartungsbahnhof in Untertürkheim werden auch Betriebsanlagen für die Reinigung und Instandhaltung von Zügen errichtet werden. Eine Untersuchung zu den von diesen Anlagen ausgehenden Geräuschimmissionen kommt zu dem Ergebnis, dass im gesamten Einwirkungsbereich der Anlage die Immissionsrichtwerte gemäß der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) eingehalten bzw. unterschritten werde.“
  • Nach einem Bericht der StZ  ist die Umsiedelung der 6500 streng geschützte Eidechsen Mauereidechsen, die auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs von Untertürkheim leben, weiterhin nicht gelöst.
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