Das Risiko Anhydrit muss „neu in die Betrachtung eingezogen werden“. Ein Rückblick auf die Salami-Taktik der Bahn

Die Kostenexplosion bei Stuttgart 21 auf 8,2 Milliarden Euro und die Verschiebung des Inbetriebnahmetermins auf Ende 2025 zeigen deutlich, dass die Bahn die Risiken ihres Großprojekts kleingerechnet hatte. Als einen der Hauptursachen für die Mehrkosten und Bauverzögerung benannte Bahnchef Richard Lutz den Tunnelbau im quellfähigen Gestein Anhydrit. Der Deutschlandfunk (hier) zitierte den Bahnchef vor der Aufsichtsratssitzung: „Und es geht auch um geologische Besonderheiten, die schon bekannt sind – Stichwort: Anhydrit. Das muss neu in die Betrachtung miteinbezogen werden. Wie baut man dort, wie lange dauert es? Das sind die Themen, die im Moment auf dem Tisch liegen.“

Ein starkes Stück, dass die Bahn den Anhydrit jetzt als „neu“ in die Betrachtung zu ziehenden Kostentreiber und Zeitverzögerer ausmacht. Fünfzehn Kilometer Tunnelbau im quellfähigen Anhydrit war einer der zentralen Kritikpunkte der Geologen und Gegner seit Planungsbeginn von Stuttgart 21. Doch die Bahn und ihr Sachverständiger für den Tunnelbau, Prof. Dr. Walter Wittke (WBI), wiesen stets auf die Beherrschbarkeit der Risiken durch die vorgesehene Bautechnik hin. Nach und nach muss die Bahn eingestehen, dass unter dem Killesberg immer neue, teure und zeitaufwendige Bauverfahren erforderlich sind, um dem Risiko eines starken und andauernden Quellens zu entgegnen. Der Feuerbacher Tunnel wird laut einem aktuellen Bericht der beiden Stuttgarter Zeitungen vom S21-Chef Manfred Leger vor dem S21-Ausschuss des Gemeinderates als „Knackpunkt“ beim Zeitplan von Stuttgart 21 bezeichnet.

Bis heute wurde die Öffentlichkeit über die Hintergründe, die zur „neuen“ Risikobetrachtung führten, nur unzureichend und die betroffenen Anwohner gar nicht informiert. Die kritischen, vom Aufsichtsrat der DB AG in Auftrag gegebenen Gutachten sind unter Verschluss. Stattdessen betreibt die Bahn weiterhin eine „Salamitaktik“.   Wir möchten daher einen kurzen Rückblick geben:

  • Dezember 2009: Die Bahn räumt ein, dass Stuttgart 21 eine Milliarde Euro teurer wird. 8oo Millionen Einsparungen werden als Gegenmaßnahmen präsentiert um unter der ausstiegsrelevanten Grenze von 4,5 Milliarden Euro zu bleiben, so dass ein Baustart im Februar 2010 möglich ist. Als eine der Einsparpotentiale werden geringere Röhrenquerschnitte und dünnere Betonwände der Tunnel ausgemacht. Dabei waren die dicken Tunnelwände auch den Quelldrücken durch den Anhydrit geschuldet. Die StZ zitiert Bahnchef Rüdiger Grube: „Wir wollen sichere Tunnel bauen, aber keine Bunker“.
  • Oktober 2010: In der Schlichtung (Protokoll S.10ff /Videos)  verweist der Tunnelbausachverständige der Bahn bei Stuttgart 21, Prof. Dr. Walter Wittke (WBI), auf seine langjährigen Forschungen und Erfahrungen beim Bau der S-Bahn-Wendeschleife und des Hasenbergtunnels. Er beteuert die doppelte Sicherheit durch „Gürtel und Hosenträger“ mit  Dammringen als Abdichtungsbauwerke jeweils vor und hinter einer Anhydritschicht. An den Dammringen sollen jeweils  Injektionenkränze zusätzlich vor Wassereintritt schützen. Bei den besonders kritischen Tunnel nach Feuerbach und Bad Cannstatt unter dem Kriegs- und Killesberg soll das „bewährte Bauverfahren“ mit einer Knautschzone nach dem Ausweichprinzip zum Einsatz kommen. Der von den Projektgegnern beauftragte Geologe Dr.Jakob Sierig zeigt auf, dass nur in Ausnahmefällen keinerlei Quellungen beim Tunnelbau in diesem Gestein eingetreten sind. Die Quellprozesse könnten auch noch Jahre bzw. Jahrzehnte später einsetzen und Folgekosten für regelmäßige Instandsetzungen in mehr als dreistelliger Millionenhöhe verursachen. So sind beim 1999 gebauten Engelbergtunnel trotz des angewandten Ausweichprinzips Schäden durch den Quelldruck aufgetreten. Dr. Sierig zieht das Fazit, dass zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssten und sich der Tunnelbau im quellenden Gipskeuper „noch im Pionierstadium befindet. Auch die Stuttgart-21-Tunnel werden mit Sicherheit Prototypen sein.“
  • Juli 2011: Arno Luik berichtet im Stern 2011 über die bahninterne, geheime Risiken-Liste des damaligen Projektleiters Hany Azers. Wie zahlreiche weitere Risiken werden darin die Erschwernisse des Tunnelbau im Anhydrit mit Null Euro angesetzt, weil die Bahn Risken bei Stuttgart 21 mit einer geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeit unter 50% kostenmäßig nicht berücksichtigt. 2013 veröffentlichen die Ingenieure 22 als Abschrift die vollständige Risiken-Liste  und werfen der Bahn Kostenvertuschung vor.
  • Sommer/Herbst 2013: Die Netzwerke fordern im Rahmen des öffentlichen Planänderungsverfahrens zum Grundwassermanagement  eine ausführliche Behandlung der Gebäuderisiken und wenden sich auch in einem Schreiben an den Bundesrechnungshof. Der vom Netzwerk Killesberg beauftragter Geologe Dr. Hermann Behmel weist in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2013 auf das Risiko des Tunnelbaus im Anhydrit unter dem Kriegs- und Killesberg hin, bei dem sich aufgrund der Störungen, oft breite Gesteinszerüttungen, der Wasserzutritt in den Anhydrit kaum vermeiden lässt. In seiner Präsentation vom 13. September 2013 weist er auf die mangelnde Vergleichbarkeit der Geologie der S21-Tunnel durch den Anhydrit mit dem Bau des S-Bahntunnels unter dem Hasenberg hin. Das Netzwerk Killesberg kritisiert darüber hinaus, dass die Bahn auf der Erörterung entgegen den ursprünglichen Planfeststellungsunterlagen und ohne weitere Erkundungsbohrungen einen neuen geologischen Längsschnitt des Feuerbacher Tunnels mit einer deutlich längeren Anhydritlinse 2  präsentiert (Längsschnitt Planfeststellung  PFA 1.5. / vermutete Anhydritlinsen blau-gestrichelt mit „A“ gekennzeichnet  / Längsschnitt WBI ab 2010 / vermutete Anhydritlinse rot eingezeichnet). Die Einwände der Netzwerke und ihres Sachverständigen werden vom Regierungspräsidium Stuttgart als Anhörungsbehörde lediglich zu den Akten genommen.
  • Jahr 2014: Gutachten von Prof. Dr. Wittke (WBI) zum Dauersanierungsfall Engelbergtunnel (Folie WBI 01/2017)

  • Januar 2016: Das Netzwerk Killesberg hakt in einem Gespräch mit der Projektgesellschaft wegen offener Fragen aus der Infosveranstaltung nach den Risiken der Sprengungen im Anhydrit nach. Mit der schriftlichen Antwort, dass die „Maßnahmen zur Gewährleistung der Unversehrtheit der Tunnelbauwerke so umfangreich sind, dass für die Bauwerke über dem Tunnel keine Gefahr besteht“, will sich das Netzwerk nicht zufrieden geben. Ein Vorstand des Netzwerks verweist auf den S-Bahn-Bau, wo im Anhydrit nur ausnahmsweise gesprengt und ansonsten gefräst wurde. Auf seinen Einwand, dass die Projektgesellschaft es hier an Sorgfalt mangeln lasse, wird er als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet.
  • Juni 2016: Im Zuge der Kostenexplosion von 623 Millionen Euro Juni 2016 räumt die Projektgesellschaft öffentlich ein, dass im Cannstatter und Feuerbacher Tunnel das in der Schlichtung präsentierte Bauverfahren doch nicht ausreichend ist. Nach dem Gutachten im Jahr 2014 zum Dauersanierungsfall Engelbergtunnel habe WBI eine neue Bauweise empfohlen. Statt einer Knautschzone nach dem Ausweichprinzip mit kreisrunden Tunnelquerschnitt werden im Anhydrit jetzt ein U-Profil mit verstärktem Betonboden gebaut. Zusätzlich werden zum Schutz vor eindringendes Wasser in den relevanten Bereichen umfangreiche Injektionen mit Acrylatgelen zur Abdichtung des umliegenden Gebirgs und der bei den Sprengungen entstandenen Auflockerungszonen durchgeführt. Dieses Bauverfahren soll zusätzlich 144 Millionen Euro kosten.
  • September 2016: Bahnchef Rüdiger Grube sichert er bei der Grundsteinlegung des Tiefbahnhofs“ die Einhaltung des Finanzierungsrahmen zu. Dieser würde „genügend Vorsorgepositionen“ vorsehen. Zitat aus seiner Rede (Video): „Selbst wenn alle Kostenrisiken eintreten, bliebe Stuttgart 21 innerhalb des Finanzierungsrahmens von 6,5 Milliarden Euro.“
  • Oktober 2016: Die Südwestpresse berichtet über die erneut erforderliche Sanierung des Engelbergtunnels. 450 Meter liegen bei diesem Straßentunnel im kritischen, quellfähigem Anhydritgestein, davon gelten 175 Meter als gefährdet. Als zusätzliche Schutzmaßnahmen muss dort die Fahrbahnplatte über der drei Meter dicken Betonschale verstärkt werden. Die Wände und Decke bekommen ein Stahlgerippe, das mit Beton ausgegossen wird. In dem SWP-Artikel werden die Auswirkungen dieser Sanierungsarbeiten für Stuttgart 21 deutlich: „Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) spricht von „erheblichen Folgen“ für das Jahrhundertprojekt. Der Tunnel in Feuerbach müsse mit einem zusätzlichen Gitternetz umgeben werden, erklärte der Minister, damit „das Gestein wasserdicht wird“. Ursprünglich habe die Bahn diesen Aufwand nicht eingeplant gehabt, sagte Hermann. Er schloss nicht aus, dass weitere Abschnitte von S 21 so abgesichert werden müssen: „Bei einer so großen Baumaßnahme weiß man nie, was noch kommt.“
  • Dezember 2016: Die vom Aufsichtsrat der DB AG beauftragten Gutachter, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und das Schweizer Ingenieurbüro Ernst, Basler & Partner,  warnen in einem streng vertraulichen Gutachten auf das unterschätzte Risiko beim Tunnelbau im Anhydrit bei Stuttgart 21 hin. Das Fazit der Studie: Es gebe für Tunnel im Anhydrit generell „keine bautechnische Lösung“, die eine risiko- und unterhaltsfreie Nutzung über Jahrzehnte zuverlässig sicherstellen könne. Insofern müsse man sich bewusst sein, dass bei jedem dieser Bauwerke „ein im Ingenieurbau unüblich großes Risiko für die Betriebstauglichkeit besteht“.  Die Gutachter weisen auf das Risiko hin, wenn die Bahn wie geplant den Cannstatter und den Feuerbacher Tunnel ein bis zwei Jahre nach dem Vortrieb mit der Spritzbetonausbruchsicherung stehen lassen würde, bevor das Innengewölbe betoniert wird. Laut den Gutachtern besteht während dieser Sicherheitsmaßnahme ein Risiko, dass Quelldrücke allein auf die Ausbruchsicherung wirken und dann zusätzlich diese Schäden vor der Innenverschalung des Tunnels behoben werden müssen. Trotz der von der Bahn gewählten Sicherungsmethoden muss nach Einschätzung der Gutachter „dennoch damit gerechnet werden, dass es zu Wasserzutritten kommen kann. Die Erfahrung zeigt, dass „Tunnelbau ohne Wasser“ nicht möglich ist. Insofern halten wir es nicht für realistisch, dass das Quellen des Anhydrits mit absoluter Sicherheit vermieden werden kann.“ Beim Feuerbacher Tunnel rechnen sie allein bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 mit einem Baurisiko im Anhydrit von Hebungen über 10 cm, die sich bis zur Geländeoberfläche auswirken, von bis zu 13,5 %. Auch das neue Bauverfahren mit dem U-Profil beim Cannstatter und Feuerbacher Tunnel wird von den Gutachtern wegen der verstärkten Sprödbrüche als kritisch gesehen.
  • Auch der Bundesrechnungshof warnt laut einem StZ-Bericht vor den Tunnelbaurisiken im Anhydrit. Der Rechnungshof schätzt  laut StZ „die Risiken von Bodenhebungen wegen Anhydrits als „noch viel problematischer“ ein als bei Straßentunneln wie dem A-81-Engelbergtunnel bei Leonberg, der nach Quelldruckschäden bald umfassend saniert und teilgesperrt werden muss. Die Kontrollbehörde schließt auf konkrete Nachfrage bei den Stuttgart-21-Tunneln eine Gefährdung der Betriebssicherheit, lange Sperrungen zur Sanierung und ein daraus resultierendes Verkehrschaos ausdrücklich nicht aus.“
  • Die Projektgesellschaft lädt zu einem Pressegespräch mit ihrem Sachverständigen für den Tunnelbau, Prof. Dr-Ing. Walter Wittke (WBI) ein. Dem Pressegespräch geht eine Pressemitteilung  voraus, in der trotz des Risikos die Sicherheit des Bauverfahrens dank der jahrelangen Forschungsarbeit  und praktischen Erfahrung ihres  Sachverständigen betont wird.
  • Die Netzwerke fordern für die über den Anhydritstrecken liegenden Grundstücke Garantien der Bahn und des Bundes, dass jeder Schaden an Gebäuden, der im Zusammenhang mit dem Tunnelbau steht, vollumfänglich übernommen wird.
  • Januar 2017: Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter der Grünen, berichtet auf seiner Webseite über eine Anfrage zum Tunnelbau im Anhydrit an die Bunderegierung und stellt fest, dass die Bundesregierung erschreckend ahnungslos sei“Er hat bei der Bundesregierung nachgefragt, „ob es bereits fertiggestellte Tunnel gibt, die nach diesem Verfahren gebaut wurden und ob es im Nachhinein Probleme durch aufquellendes Anhydrit gegeben hat. Die Bundesregierung konnte jedoch trotz mehrmaliger Nachfragen – und obwohl sie sich erfahrungsgemäß bei derartigen Fragen bei der Deutschen Bahn erkundigt – keinen einzigen Tunnel benennen, der in dieser Bauweise gebaut und in bereits in Betrieb genommen wurde.“
  • Februar 2017: Die Projektgesellschaft und ihr Tunnelbau-Sachverständiger Prof. Dr. Walter Wittke (WBI) können auf der Sondersitzung des Lenkungskreises über die Baurisiken im Anhydrit die Projektpartner von Stadt, Land und Region sowie die Gutachter von Ernst, Basler + Partner nicht überzeugen. Die Projektgesellschaft veröffentlicht auf ihrer Webseite nur die Argumente ihres Sachverständigen. Die Präsentation des Ingenieurbüros Ernst, Basler + Partner bleibt wie auch das KPMG-Gutachten unter Verschluss. Die SWP schreibt in einem Kommentar: „Das Unternehmen [Bahn] gibt weiterhin nur preis, was es muss oder was durch ein gestreutes Gutachten ohnehin bekannt ist. Es ist die Fortsetzung einer völlig asynchronen Informationspolitik. Eine Strategie, die die Bahn aber nur fahren kann, weil man sie lässt: Der Politik gelingt keine unabhängige Kontrolle. Sie negiert fortwährend jede Verantwortung, obwohl das Projekt von Bundeskanzlerin Angela Merkel einst zur Chefsache erklärt wurde.“
  • April 2017:  Die Bahn informiert auf dem Lenkungskreis ihre Projektpartner auch über den „Sachstand Anhydrit im PFA 1.5.“ Die StZ schreibt: „Nach Angaben von S-21-Chef Manfred Leger seien knapp drei Viertel der kritischen Passagen gemeistert. Dabei habe es im Bereich des Tunnels aus Feuerbach Hebungen gegeben. Um bis zu 13 Millimeter habe sich die Oberfläche gehoben, die Bewegungen seien aber vor Monaten zum Stillstand gekommen.“ Dass die Bahn nicht ausschließen kann, dass es auch bei den 13 Millimeter bleiben könnte, zeigt die Folie zum Sachstand Anydrit im PFA 1.5. Danach laufen auch Untersuchungen für höhenjustierbare Ausgleichsmaßnahmen von bis zu 30 cm.
  • Mai 2017: Die Projektgesellschaft und ihr Tunnelbau-Sachverständiger Prof. Dr. Walter Wittke (WBI) informieren im Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats über „die zentralen Aspekte zum Tunnelbau im anhydrithaltigen Gestein“. Darin ist von den neuen, zusätzlichen Bauverfahren, U-Profil und nachlaufende Injektionen, die Rede. Der Sachverständige und der Co-Geschäftsführer der Projektgesellschaft, Peter Sturm, schließen aus, dass Schäden beim Tunnelbau im Anhydrit auftreten werden. In der Folie Zusammenfassung ist davon die Rede, dass es sich in den zwei Jahren nach Einbau der Innenschale zeigen werde, ob Hebungen auftreten. Hebungen bis 8 cm könnten durch höhenadjustierbare Gleissysteme ausgeglichen werden.
  • Oktober 2017:
  • Nach dem den Projektpartnern auf dem Lenkungskreis präsentierten Zeitplan  ist nur der Feuerbacher Tunnel ein Jahr in Verzug. Doch unten findet sich der Hinweis zu den beiden Tunneln im PFA 1.5. „Zusatzaufwand zur Anhydritsicherung wird zu weiteren Verzögerungen führen, Verhandlungen mit Auftragnehmern laufen, Terminauswirkungen nicht absehbar“. Laut der Folie zum Bad Cannstatter Tunnel sind aktuell erst 11% der Radialinjektionen zum Schutz vor eindringendes Wasser durchgeführt. Von einer „Abstimmung eines aktualisierten Terminplans unter Berücksichtigung der Injektionen, der Juchtenkäferthematik und der Schnittstellen zum Ausbau Bahntechnik/Oberbau“ ist die Rede.
  • Die Projektgesellschaft informiert im Bezirksbeirat Nord über den aktuellen Baustand, darunter auch die Durchfahrung der Anhydritlinsen unter dem Killesberg. Die Präsentation enthält jedoch keine Informationen über die eingesetzte Vortriebstechnik und über bislang festgestellte Quellungen. Ebenfalls wird nicht erwähnt, dass entgegen dem veröffentlichten geologischen Längsschnitt nicht eine, sondern zwei Anhydritlinsen beim Bau des Bad Cannstatter Tunnels angetroffen wurden. Vor Baubeginn präsentierte die Bahn einen Längsschnitt mit einer Linse von 215 m, durch die die beiden Tunnelröhren jeweils gebaut werden sollten. Nach Abschluss der Baumaßnahmen war in der Präsentation vor dem Bezirksbeirat von 570 m  (Vortrieb 3a) und 350 m (Vortrieb 3 b) die Rede und damit mehr als 100% mehr als der Planfeststellung  zugrundgelegt.
  • Im Fachmagazin „Tunnel“ bzw. auf der Webseite www.tunnel-online.de erscheinen zwei Veröffentlichungen zum neuen Injektionsverfahren im Anhydrit beim Test im Feuerbacher Tunnel sowie der Verträglichkeit und Haltbarkeit des Injektionsmaterials.
  • November 2017: Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichten, dass sich der Bau von Stuttgart 21 bis Ende 2025 hinziehen könnte. Indiz sei die Ausschreibung eines Sachverständigen für die „Gesamtheitliche Verformungsbetrachtung“ der Betonfahrbahn durch das Risiko von Hebungen und Senkungen. Diese gutachterliche Tätigkeit sei mit zwei Verlängerungsoptionen bis Februar 2026 ausgeschrieben.
  • Januar 2018: Im Zuge der Kostenexplosion auf 8,2 Milliarden Euro und der Bauverzögerung bis Ende 2025 muss die Bahn einräumen, dass dies u.a. auch durch weitere zusätzliche Sicherungsmaßnahmen beim Tunnelbau im Anhydrit verursacht ist. Die StN schreiben: „Der Aufsichtsrat hat sich im Detail die Schwierigkeiten bei Stuttgart 21 erläutern lassen, auch von Walter Wittke. Der Gutachter für die Bahn und anerkannte Experte für Felsmechanik habe das Bauen in Anhydrit, einem quellfähigen Gestein, erläutert. „Drastisch mehr Beton, Stahl und Zeit“ seien nötig, um es gegen Wassereintritt und die Tunnel gegen hohe Drücke durch das Quellen abzusichern. Das führe zu immensen Verzögerungen. „Wittke sprach von einer 99,99-prozentigen Sicherheit, dass es keine Hebungen von Tunneln über die Toleranzwerte hinaus geben werde“, so ein Teilnehmer der Veranstaltung.“
  • Februar 2018: Der Tunnel Feuerbach wird laut einem Bericht der beiden Stuttgarter Zeitungen vom S21-Chef Manfred Leger vor dem S21-Ausschuss des Gemeinderates als „Knackpunkt“ beim Zeitplan von Stuttgart 21 bezeichnet. In dem Artikel heißt es: „Bei der Bauzeit sagte Leger, man rede von 2024/2025, und „es wird wohl 2025 sein“. Knackpunkt ist der Tunnel vom Tiefbahnhof nach Feuerbach, der durch quellfähiges Anhydrit führt. Der Rohbau soll laut Leger bis Mitte 2020 stehen, allerdings gebe es „keinen Vertrag mit der Baufirma“. Durch den Tunnel müsse der Technikausbau im Hauptbahnhof bedient werden, der Tiefbahnhof habe ja „kein Schiebedach“. Im Protokoll der SÖS-Linke-Plus-Fraktion räumt Manfred Leger ein: „Anhydrit: Engelbergtunnel. Wurde gebaut wie unsere Tunnels geplant waren. Dann haben wir umgeplant. Der Gutachter hat ein Verfahren vorgeschlagen. Ziel ist ein 100-jähriger Tunnel.“ Co-Geschäftsführer Peter Sturm nennt zwei Effekte, die das Bauen im Anhydrit teurer machen: „a) Größere Injektionsmengen,
    um das Gestein abzudichten. b) Bau der Innenschale dauert länger, 1 Meter dicke
    Innenschale, da gehen wir keine Kompromisse ein. Erhöhter Zeitbedarf und höhere
    Kosten. Das konnte man damals noch nicht erkennen.“
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