Zum Baufortschritt von Stuttgart 21 zum 25.02.2019 incl. Projektstatus von Manfred Leger im S21-Ausschuss

Zuletzt hatten wir Anfang November 2018 ausführlich anhand der Lenkungskreis-Unterlagen über den Zeitplan und den Baufortschritt beim Tunnelvortrieb für Stuttgart 21 berichtet. Jetzt möchten wir wieder einen Überblick über den Vortriebsstand Ende Februar geben. Vorneweg unsere Tabelle über den Stand zum 25.02.2019, die wir aus den Zahlen zusammenstellen, die wöchentlich auf der Webseite der Projektgesellschaft veröffentlicht werden:Aktuell sind mit 43,8 Kilometer 74,4 %, also fast dreiviertel der Tunnelstrecke für Stuttgart 21 vorgetrieben. Die detaillierten Stände in den einzelnen Tunnelröhren finden Sie in unseren Übersichten ab Oktober 2015/ bis September 2015.  In den vier Monaten seit unserer letzten Aufstellung vom 5.November wurden insgesamt bei allen Tunnelbaustellen 1.461 Meter aufgefahren. Davon entfällt ungefähr die Hälfte auf den maschinellen Vortrieb des Fildertunnels.

Ergänzen möchten wir unseren Überblick mit einigen Informationen, die S21-Geschäftsführer Manfred Leger als Projektstatus vor dem S21-Ausschuss des Gemeinderates Mitte Februar im Rathaus präsentierte und die wir mitgeschrieben hatten. Auch wenn er vor dem Ausschuss die Transparenz im Projekt betonte, in der auf der Seite der Projektgesellschaft eingestellten Präsentation vom 12.Februar 2019 fehlen ausgerechnet seine Folien. Laut seinem Projektstatus waren Mitte Februar 2019:

  • 7 der 8,8 t Aushub aus den Baustellen im Talkessel über die Logistikfläche am Nordbahnhofviertel abtransportiert. Der restliche Aushub fällt hauptsächlich noch für den Vortrieb des zweigleisigen Tunnels des Bad Cannstatter Tunnels und den noch nicht ausgehobenen Baugruben rund um den Hauptbahnhof an.
  • bei 16 der vorgetriebenen 43 Tunnelkilometer eine Innenschale eingebaut. (Davon müssten ca. 13 Kilometer auf den maschinell aufgefahrenen Fildertunnel entfallen, bei dem zeitgleich mit dem Vortrieb auch die Verschalung erfolgt. Das bedeutet, dass Mitte Februar 2019 erst 3 der 43,5 km für Stuttgart 21 insgesamt bergmännisch aufzufahrenden Tunnel mit einer Innenschale versehen waren.)
  • für den Bau des „Tiefbahnhofs“ sind einer der achtundzwanzig Vollkelche, zwei Randkelche und acht Kelchfüße betoniert. Die Betonage eines zweiten Vollkelchs, bei dem noch die Bewehrungsarbeiten laufen, sei für Anfang März an einem Samstag geplant. Im 2. Halbjahr soll über dem Baufeld am Nordkopf ein „Deckel“ gebaut werden, sodass die derzeit frei auf Stützen stehende denkmalgeschützte Bahnhofsdirektion darauf abgesenkt werden kann. Im Bauabschnitt 15 (neben dem Startbaufeld 16) laufen archäologische Grabungen. Damit auch zwischen den beiden Verbindungsstegen gebaut werden kann, wird noch ein dritter Verbindungssteg aufgebaut und dafür der Steg, der den Bauarbeiten im Weg steht, abgerissen.
  • Bei der Neckarbrücke stehen Restarbeiten an, u.a. Betonage der Fahrbahn. Der unter der Brücke verlaufende Geh- und Fahrradweg soll voraussichtlich im 4.Quartal angebaut werden. Entsprechend müsse die Stadt sich jetzt um die Zuwege kümmern, damit dieser Neckarweg dann auch genutzt werden kann.

Er informierte auch über die drei S21-Abschnitte, die noch nicht planfestgestellt sind:

  • Filderabschnitt 1.3a: Wann die Bauarbeiten im PFA 1.3 a rund um den Flughafenbahnhof mit der Anbindung des Fildertunnels starten, hängt davon ab, wann das Eisenbahn-Bundesamt mit der Vorlage des Gutachtens zur Straßenumgehung den vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim beanstandeten Verfahrensfehler heilt. Dann könne wieder ein Sofortvollzug der Bauarbeiten angeordnet werden. Es müssen jedoch wieder Eidechsen eingesammelt werden. Eventuell droht, so Leger, eine weitere Verzögerung von einem Jahr, falls die Sammlung nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Während der angekündigten, einjährigen Sperrung der S-Bahn sei laut Manfred Leger ein Interimshalt am Flughafen nur dann geplant, wenn die Anbindung des Flughafens mit den SSB-Linien U6 und U 17 nicht rechtzeitig realisiert werden kann.
  • Filderabschnitt PFA 1.3b: Für die Planfeststellung des zweiten Filderabschnitts sind die Pläne seit Januar zur Anhörung wieder ausgelegt. Unter anderem musste ein neues Gutachten für Lärm und Erschütterung  vorgelegt werden. Mit dem Flughafen war zu abzuklären, dass die Bauarbeiten der Bahn dort Vorrang vor denen des Flughafens haben sollen. Trotz des äußerst knappen Zeitplans soll seiner Aussage nach noch vor den Sommerferien die öffentliche Erörterung für diesen Abschnitt stattfinden.
  • Abstellbahnhof in Untertürkheim (PFA 1.6b): Für den Abstellbahnhof in Untertürkheim hat die Bahn Ende des Jahres erneut einen überarbeiteten Planantrag beim Eisenbahn-Bundesamt abgegeben. (Dies ist inzwischen der vierte Planantrag.) Der Abstellbahnhof soll aus allen Fahrtrichtungen erreichbar sein. Auf Nachfrage erklärte Leger vor den Stadträten, dass das Konzept des Abstellbahnhofs wegen der Vergabe des Regionalverkehrs an einen Konkurrenten abgespeckt sei. So wären zahlreiche Wartung und Reinigungsanlagen nicht mehr vorgesehen. Dieser Wegfall und die Verlagerung der Durchfahrstrecke weg von der Augsburger Straße würden die prognostizierten Lärmwerte für die nahe Wohnbebauung etwas vermindern. (Konkrete Zahlen nannte er jedoch nicht.) Leger rechnet mit Anfang des 4.Quartals 2019 mit einem Erörterungstermin.

Hier nun unser Überblick zum Baufortschritt der S21-Tunnel anhand der von der Projektgesellschaft veröffentlichten Grafiken, u.a. ergänzt mit einigen Informationen, die Manfred Leger in seinem Statusbericht vor den Stadträten erwähnte:

a) Fildertunnel (PFA 1.2.)

  • Nach der Wende (hier) startete die Tunnelvortriebsmaschine Ende Oktober zu ihrer vierten und letzten Schildfahrt von der Wendekaverne aus Richtung Degerloch. Auch entlang dieser Strecke laufen die Logistik und der Abtransport des Aushubs über das Filderportal.
  • Nach der Grafik unterfährt die Tunnelvortriebsmaschine die Gänsheidestraße Richtung „Spinne“.  Die durchschnittliche tägliche Vortriebsleistung der Maschine schwankt deutlich. In den letzten Wochen lag sie bei ca. 13 Meter pro Tag.
  • Das Ende der 4.Schildfahrt wird im Sommer/Anfang Herbst erwartet. Parallel dazu sind laut S21-Gschäftsführer Manfred Leger die Arbeiten zur Innenverschalung des bergmännisch aufgefahrenen, mittleren Fildertunnels angelaufen.
  • Die Hebungsinjektionen unter dem Kernerviertel vom Schacht 3 in der Urbanstraße laufen weiter. Die Häuser Schützenstraße 8 bis 14 wurden im Vorfeld des Tunnelvortriebs um ca. 2,5 cm angehoben. Der ursprünglich geplante Schacht 1 an der Willy-Brandt-Straße entfällt aus Kosten-und Zeitgründen. Die von diesem Schacht aus geplanten Bohrungen und Hebungen sollen vom  Schacht 2 an der Sängerstraße durchgeführt werden.
  • Zeitgleich zu den Hebungsinjektionen wurde ein unmittelbar an die Schützenstraße 14  angrenzender Gebäudeteil des Wohnhauses in der Kernerstraße 30 schwer beschädigt. Der von starke Rissbildung betroffene Anbau musste jetzt abgestützt werden und ist nicht bewohnbar.
  • Seit November ist der Vortrieb der beiden zweigleisigen, je 240 m langen Röhren unter dem Kernerviertel Richtung Hauptbahnhof angelaufen. Wo genau der Vortrieb steht, ist der Grafik nicht zu entnehmen. Laut Info der Bahn hat der bergmännische Vortrieb die Kernerstraße erreicht. Laut letzter Infoveranstaltung ist pro Tag ein maximaler Vortrieb von 35 bis 40 cm geplant.
  • S21-Chef Manfred Leger erwähnte vor den Stadträten im S21-Ausschuss weder, dass für den Tunnelvortrieb im weichen Gestein des ausgelaugten Gipskeupers Hebungsinjektionen erforderlich sind, noch wann die Vortriebsarbeiten fertiggestellt sein sollen.
  • Laut letzter Lenkungskreisunterlage soll der Rohbau des Fildertunnels Ende 2020 abgeschlossen sein.

b) Bad Cannstatter Tunnel (PFA 1.5.)

  • Die beiden eingleisigen Bahnröhren sind vorgetrieben. Weiterhin erfolgen in den beiden Tunnelröhren Injektionsarbeiten zum Schutz vor eindringendes Wasser.
  • Nach Aussage von S21-Geschäftsführer Manfred Leger sind mittlerweile beim Bad Cannstatter und Feuerbacher Tunnel alle Anhydritlinsen aufgefahren und weiterhin keine nennenswerten Hebungen zu verzeichnen.
  • Laut einer Anwohnerinformation sind die Verschalungsarbeiten der Röhren zwischen der Birkenwaldstraße und der Mönchshalde angelaufen.
  • Beim Vortrieb des zweigleisigen Abschnitts Richtung Rosensteinportal am Neckarhang kamen die Vortriebsarbeiten nur schleppend voran. In den letzten vier Monaten waren es rund 136 Meter. Seit letztem Monat liegt die Vortriebsleistung jedoch bei 2,5 Meter am Tag. Auf der Grafik ist erkennbar, dass auch ein Vortrieb vom Rosensteinportal am Neckarhang läuft.
  • Nach dem Zeitplan der letzten Lenkungskreisvorlage ist die Fertigstellung der Rohbauarbeiten des Bad Cannstatter Tunnels einschließlich der Innenverschalung von Ende Dezember 2021 auf Anfang 2022 verschoben worden.

c) Feuerbacher Tunnel (PFA 1.5.)

  • Mit dem zweiten Durchschlag des Feuerbacher Tunnels Mitte Juli 2018 sind die Vortriebsarbeiten der beiden Röhre unter dem Kriegs- und Killesberg sind abgeschlossen. Weiterhin laufen die im Feuerbacher Tunnel Injektionsarbeiten, die das Eindringen von Wasser in das Anydritgestein verhindern sollen.
  • Beim Feuerbacher Tunnel waren laut S21-Chef Manfred Leger Mitte Februar rund 20% der hochbewehrten Innenschale entlang der Anhydritlinsen hergestellt. Um möglichen Quelldrücken standzuhalten, sind die Tunnelwände in diesen Abschnitten 100 cm dick und dreifach mit Stahl bewehrt.
  • Wann der Tunneldurchschlag Richtung Feuerbach geplant ist, erwähnte er nicht. Er fehlte in der Liste der 2019 zu erwartenden Meilensteine. Noch letztes Jahr kommunizierte die Bahn einen Abschluss der Vortriebsarbeiten in 2019. Insgesamt fehlen noch rund 300 Meter Vortrieb, davon 43 Meter in der Weströhre, 200 Meter in der zweigleisigen Röhre Richtung Feuerbach und 56 Meter für die Querschläge. Der Grafik kann man  entnehmen, dass der Vortrieb der zweigleisigen Röhre von Feuerbach her realisiert wird.
  • Damit können die Anwohner rund um den Zwischenangriff Prag vorerst nicht mit einem absehbaren Ende der Belastungen durch die laute und vibrierende Tunnelbelüftung rechnen.
  • Aufgrund der schwierigen Geologie ist der Abschluss der Rohbauarbeiten einschließlich Innenverschalung laut dem Zeitplan im letzten Lenkungskreis erst für Mitte 2021 vorgesehen.

d) Obertürkheimer Tunnel (PFA 1.6a)

  • Der Vortrieb des Obertürkheimer Tunnels unter der Uhlandshöhe, Gänsheide, Gablenberg und Wangen ist abgeschlossen. Aktuell laufen vom Zwischenangriff Wangen aus die Arbeiten zur Innenverschalung der beiden Tunnelabschnitte Richtung Innenstadt.
  • Der Tunnelvortrieb Richtung Untertürkheimer Bahnhof steht am Karl-Benz-Platz. Die Bahn teilte den Anwohnern mit, dass auch mit Sprengungen zwischen 6 bis 22 Uhr zu rechnen sei. Diese könnten im Umkreis von bis zu 300 Metern wahrgenommen werden.
  • Die Vortrieb Richtung Untertürkheim soll im Spätsommer 2019 abgeschlossen sein. Um den nur über einen Aufzug erreichbare Zwischenangriff Wangen zu entlastet, plant die Bahn laut StZ (hier) auch von Untertürkheim aus den Obertürkheimer Tunnel logistisch zu beliefern.
  • Weiterhin stocken die beiden Vortriebe Richtung Obertürkheim auf Höhe des Bruckwiesenwegs/Nordkai wegen massivem Wasserandrang von 30 Liter pro Sekunde, über den in den Medien (StZ / SWR) mehrfach berichtet wurde. Aktuell läuft ein zweites Testverfahren mit einer zusätzlichen Vortriebstechnik zum Schutz vor dem eindringenden Wasser.
  • Die Folgen für den Wasserhaushalt: der Grundwasserspiegel ist gesunken, ein Notbrunnen in Untertürkheim ist wegen des sinkenden Grundwasserspiegels stillgelegt und ein weiteres Jahr wird Grundwasser für den Tunnelbau abgepumpt. Offen ist, ob und welche langfristigen Folgen die jahrelange Absenkung des Grundwasserspiegels für die umliegende Bebauung durch die Absenkung und Verdichtung der Böden hat.
  • Laut StZ soll in diesem Jahr soll kein weiterer Vortrieb in Richtung Portal Obertürkheim erfolgen. Es fehlen etwas mehr als 600 Meter, die noch aufzufahren sind.
  • Mitte November 2018 kündigte die Bahn den Baubeginn der Interregiokurve zwischen Untertürkheim und Bad Cannstatt an. Das Infobündnis Zukunft Schiene- obere Neckarvororte- zweifelt jedoch daran, dass die Bahn die Bauarbeiten wegen noch einer anhängigen Planänderung zur Anbindung der Interregiokurve tatsächlich richtig angehen kann.
  • Nach dem Zeitplan im letzten Lenkungskreis sollen die Rohbauarbeiten des Obertürkheimer Tunnels einschließlich der Bestandsanbindung Unter- und Obertürkheim Ende 2021 abgeschlossen sein.

e) S-Bahn-Tunnel

  • Rot eingezeichnet sind die bereits gebauten Tunnelabschnitte für den neuen S-Bahn-Tunnel. Grün die Bestandsstrecke. Für den Nordabschnitt fehlen noch 229 Meter und für den Südabschnitt 366 Meter.
  • Die StZ erwähnte in einem Kommentar, dass für Januar geplante Bauarbeiten entlang des neuen S-Bahn-Tunnels, die zu Einschränkungen des S-Bahnverkehrs an Wochenenden führten, verschoben und im Lauf des Jahres nachgeholt werden müssen, da es zu kalt (!) war.
Dieser Beitrag wurde unter Anhydrit, Bad Cannstatt, Bauarbeiten, Baufortschritt, Degerloch, Erörterung, Erschütterungen, Feuerbach, Filderbereich, Gablenberg, Gänsheide, Grundwassermanagement, Hebungsinjektionen, Kernerviertel, Killesberg, Lärm, Münster, Obertürkheim, Planfeststellung, S-Bahn, Sprengungen, SSB, Stadt Stuttgart, Tiefbahnhof, Tunnelstrecken, Untertürkheim, Vortriebsstand, Wangen, Zeitplan veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.