Zur Lenkungskreisunterlage vom 4. Mai 2018 mit den neuen Zeitplänen, dem Baufortschritt und den Tunnelvortriebsständen bei Stuttgart 21

Es lohnt sich wieder einen Blick in die Lenkungskreisunterlage (hier) zu werfen, die die Bahn letzten Freitag den S21-Projektpartnern von Stadt, Land und Region präsentierte. Wir möchten unsere Zusammenstellung aufgrund der zahlreichen Folien in einzelne Abschnitte gliedern:

  1. Zeitplan von Stuttgart 21 und der Feuerbacher Tunnel als „kritischer Pfad“

Anfang des Jahres hatte der Aufsichtsrat die Verschiebung des Inbetriebnahmetermins von Stuttgart 21 um vier weitere Jahre auf Ende 2025 und die Erhöhung des Projektbudgets auf 8,2 Milliarden Euro genehmigt. Deshalb enthält jetzt die Lenkungskreispräsentation einen komplett neuen Zeitplan für die einzelnen Planfeststellungsabschnitte und Tunnel:

Der rote Pfeil markiert den kritischen Pfad für den neuen Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21. Dabei handelt es sich nicht – wie man annehmen könnte – um die Bauabschnitte 1.3b auf den Fildern und 1.6b für den Abstellbahnhof Untertürkheim, bei denen noch nicht einmal die Planfeststellung vorliegt. Und auch nicht der Bauabschnitt 1.3a mit dem Flughafenbahnhof und -tunnel, dessen Hauptbauarbeiten vor der anhängigen Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof noch nicht einmal vergeben sind, wird als kritisch ausgewiesen.

Der kritische Pfad bei Stuttgart 21 hängt nach diesem Zeitplan allein vom Feuerbacher Tunnel und den zeitlichen Abhängigkeiten für den Bau des „Tiefbahnhofs“ ab. Mit dem Ausbau der Bahntechnik für den „Tiefbahnhof“ kann erst gestartet werden, wenn beim Feuerbacher Tunnel die Arbeiten der Innenverschalung  abgeschlossen sind und der Einbau der Bahntechnik bereits einige Zeit am Laufen ist. Dies lässt sich so erklären: Zum einen soll die Materialanlieferung für den Innenausbau des Feuerbacher Tunnels über das Baufeld 1 des Tiefbahnhofs am Nordkopf abgewickelt werden. Zum andern soll die Materialanlieferung für den Technikausbau des „Tiefbahnhofs“ über den Feuerbacher Tunnel erfolgen. Schließlich habe der „Tiefbahnhof“ – so S21-Chef Manfred Leger – kein „Schiebedach“ (StN). Der Start und Fortgang des Innenausbaus des Feuerbacher Tunnels hängt jedoch maßgeblich von der Realisierung der Injektionen in das umliegende Gebirgé und dem Verhalten des quellfähigen Gesteins entlang der drei kritischen, tiefliegenden Anhydritlinsen ab.

Wie schwierig der Bau des Feuerbacher Tunnels ist, lässt sich auch daran erkennen, dass S21-Chef Manfred Leger Anfang Februar vor dem S21-Ausschuss des Gemeinderats laut den StN (hier) noch davon sprach, dass dessen Rohbau „bis Mitte 2020 stehen [soll], „allerdings gebe es „keinen Vertrag mit der Baufirma“. In dem am Freitag präsentierten Zeitplan ist der Abschluss der Rohbauarbeiten mit Mitte 2021 bereits ein Jahr später geplant. Nicht von ungefähr sprach Abschnittsleiter Christoph Lienhard Anfang März anlässlich des ersten Tunneldurchschlags vom „vielleicht kompliziertesten Tunnelbau Deutschlands“.

Die Stuttgarter Zeitung (hier) schreibt über die Reaktion der Projektpartner auf die Lenkungskreis-Präsentation: „Pofallas Erklärungen in der Sitzung machten [OB] Kuhn zuversichtlich, dass „mit Verlässlichkeit von einer Inbetriebnahme im Jahr 2025 ausgegangen werden könne“. 

2. Keine oberirdischen Baustellen bis Ende 2021? Zum Stand der Bauarbeiten für den  Tiefbahnhof und dessen Zeitplan

Bahnvorstand Roland Pofalla konnte sich auf Nachfrage des SWR (unten Audiobericht von Jürgen Waibel ab Min. 1:40) nicht mehr an das selbstgesetzte Zeitlimit erinnern, dass die Bahn mit ihren Baustellen im öffentlichen (Verkehrs-)Raum bis 2021 verschwunden sein will. Dies hatte S21-Chef Manfred Leger laut SWR-Meldung noch im Februar 2018 vor dem Unterausschuss des Gemeinderats angekündigt. Doch der Zeitplan in der Lenkungskreisunterlage geht davon aus, dass sich zumindest die Rohbauarbeiten für den „Tiefbahnhof“ bis Mitte 2022 hinziehen werden. Die Folie in der Lenkungskreisunterlage zum PFA 1.1..  listet nur die aktuellen Aktivitäten/Meilensteine und gibt keine Auskunft über den geplanten Fortgang des Baus wie beispielsweise der ersten Kelchstütze:

3. Tunnelvortriebsstände und Stand der Bauarbeiten in den einzelnen S21-Abschnitten

Interessant sind auch die Folien in der Lenkungskreisunterlage zum Stand der Bauarbeiten und Tunnelvortriebsstände in den einzelnen Planfeststellungsabschnitten:

a) Überblick über den Vortriebstand

Hier die Folie mit dem Vortriebsstand bei Stuttgart 21 zum 23.04.2018:

Erneut wurden neben dem Vortriebstand auch der Stand der Innenverschalung in Meter angeben. Von den 12.703 Metern entfallen rund ca. 9.600 Meter auf die Innenverschalung durch die Tübbinge beim maschinellen Vortrieb des Fildertunnels. Von den rund 43.480 Metern, die bergmännisch aufgefahren werden und anschließend in einem zweiten Arbeitsgang noch mit einer Innenschale versehen werden müssen, sind es aktuell ca. 3.100 Meter.

Zu besseren Übersicht fügen wir hier noch unsere Tabelle über den Tunnelvortrieb zum 30.4.2018 bei, die wir aus den Vortriebsständen zusammenstellen, die wöchentlich auf der Webseite der Projektgesellschaft veröffentlicht werden:

Aktuell sind mit 39,5 Kilometer 67,1% vorgetrieben; die Stände in den einzelnen Tunnelröhren finden Sie in unseren Übersichten ab Oktober 2015 / bis September 2015. 

b) Fildertunnel

  • Aktuell hat die von Degerloch aus gestarte Tunnelvortriebsmaschine auf ihrer 3.Schildfahrt die Innenstadt erreicht. Wir haben darüber berichtet. Allerdings zeigt die Lenkungskreisfolie noch einen alten Vortriebstand, der noch weit entfernt von den Wohnhäusern der Sonnenbergstraße und der oberen Gänsheide entfernt ist.
  • Nach der letzten Information sollten die Herstellung der Hebungsfelder im Kernerviertel zu Beginn des Jahres 2018 starten. Laut der Folie sind die Hebungsinjektionen und der Beginn des Vortriebs im Anfahrbereich Süd unter dem Kernerviertel im 3. und 4.Quartal 2018 geplant.
  • Der Rohbau des Fildertunnels einschließlich Innenverschalung soll laut dem aktuellen Zeitplan Ende 2020 abgeschlossen sein.

c) Bad Cannstatter Tunnel

  • Die beiden eingleisigen Bahnröhren sind vorgetrieben. Aktuell läuft der Vortrieb des zweigleisigen Abschnitts Richtung dem Rostensteinportal am Neckarhang. Dieser ist jedoch nicht auf der Folie abgebildet.
  • Die angegebenen 13% Innenverschalung basieren hauptsächlich auf die Verschalung der Tunnelstrecke zwischen dem Zwischenangriff Nord und der Ehmanstraße. Die Arbeiten zum Einbau der Innenschale im Verzweigungsbauwerk Nord sind laut Folie nach der „erfolgreichen Bearbeitung der Störzonen“ wieder angelaufen. Weiterhin erfolgen im Tunnel die Injektionsarbeiten zum Schutz vor eindringendes Wasser.
  • Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die Rohbauarbeiten des Bad Cannstatter Tunnels einschließlich Innenverschalung Ende 2020 abgeschlossen sein. Allerdings findet man auf der Folie den Hinweis auf  „Abstimmung eines aktualisierten Zeitplans unter Berücksichtigung der Störzone Kriegsberg, des Anhydritbereichs sowie der Juchtenkäferthematik und der Schnittstelle zum Ausbau.

d) Feuerbacher Tunnel

  • Aktuell laufen die Vortriebsarbeiten der zweiten Röhre unter dem Kriegsberg.  Der Vortriebsstand auf der Grafik stimmt nicht. Die Vortriebsarbeiten unter dem Kriegsberg sind etwas weiter fortgeschritten und die eingleisige Röhre in Feuerbach ist entgegen der Markierung auf der Karte noch nicht so weit vorgetrieben. Zur Fertigstellung des Tunnelvortriebs fehlen dann noch im Bereich des Feuerbacher Bahnhofs rund 60 Meter, die laut StZ erst 2019 realisiert werden sollen.
  • Anfang März wurde der Durchschlag der zweiten Röhre für Juli 2018 angekündigt. Auf der Folie ist kein Zeitplan genannt.
  • Aufgrund der schwierigen Geologie ist laut dem aktuellen Zeitplan der Abschluss der Rohbauarbeiten einschließlich Innenverschalung erst für Mitte 2021 vorgesehen.
  • Zum den Anhydrit-Linsen im PFA 1.5. und den Injektionen findet man folgende Folie in der Lenkungskreisunterlage:

e) Obertürkheimer Tunnel

f) Geplanter Abstellbahnhof in Untertürkheim

  • Weiterhin ist der Planfeststellungsabschnitt nicht genehmigt. Die dem EBA vorzulegenden Unterlagen mussten mehrfach überarbeitet werden.
  • Nach der Lenkungskreisunterlage S.22 wurden sie zuletzt wieder am 7.4.2017 eingereicht. Als nächster Schritt ist jedoch vermerkt: „Die Antragsunterlagen überarbeiten und neu einreichen“.
  • Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die Rohbauarbeiten Mitte 2021 starten.
  • Neben der überarbeiteten Konzeption des Abstellbahnhofs stellt die Suche nach Flächen für die auf dem Bahngelände in Untertürkheim lebenden Mauereidechsen weiterhin ein Problem dar:

g) S-Bahn-Tunnel

h) PFA 1.4. / Tunnel Denkendorf

  • Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die Rohbauarbeiten des Tunnels Denkendrorf einschließlich Innenverschalung Anfang 2022 abgeschlossen sein.

i) Filderbereich

  • Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die Rohbauarbeiten im Bereich des PFA 1.3a Mitte 2019 starten und Ende 2022 abgeschlossen sein. Allerdings sollen die Arbeiten im 3.Quartal 2018 neu ausgeschrieben werden. Mit einer Verhandlung der Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim gegen den Planfeststellungsbeschluss rechnet die Bahn im 2.Halbjahr 2018.
  • Derzeit läuft beim noch nicht planfestgestellten Abschnitt PFA 1.3b (Station Terminal und Rohrer Kurve) die Einwendungsbearbeitung nach dem Anhörungsverfahren. Der Planfeststellungsbeschluss wird laut Lenkungskreisunterlage (S.22) für das 4.Quartal 2019 erwartet. Der Start der Rohbauarbeiten ist laut aktuellem Zeitplan für Ende 2020 angesetzt. Die Bauarbeiten einschließlich der eisenbahntechnischen Ausrüstung dieses Abschnitts sollen auch über die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 hinaus gehen.
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