Zum heutigen Tag des Lärms: Baulärm bei Stuttgart 21 ohne behördliche Aufsicht

Heute jährt sich der Tag gegen Lärm zum 18. Mal. Darauf macht die Staatssekretärin im Verkehrsministerium und Lärmschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Gisela Splett, in einer Pressemitteilung (hier) aufmerksam. In einer Beilage (hier) findet sich u.a. auch ein Interview mit ihr und ab Seite 20 Beiträge zum Baustellenlärm.

Auf das Großprojekt Stuttgart 21 wird dabei kurz eingegangen und die Möglichkeiten, die zum aktiven Lärmschutz beitragen können. Unter anderem wird auch auf die aufblasbare mobile Lärmschutzwände hingewiesen, die hier an der Universität Stuttgart entwickelt wurden und die bei  anderen Bahnbaustellen bereits im Einsatz sind. Doch die Anwohner müssen die Bahn „zum Jagen tragen“.  Ein Beispiel: erst nachdem das Netzwerk Kernerviertel sich in einem Schreiben an die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH gewandt hatte, und den Einsatz von mobilen Lärmschutzwänden für das Baufeld 25 in unmittelbarer Nähe der Wohnhäuser gefordert hat, signalisiert die Bahn darüber nachzudenken. Bislang hatte der langjährige Gutachter, der zugleich als unabhängiger Immissionschutzbeauftragter fungieren soll, einen Einsatz von aktiven Schallschutzmaßnahmen beim Trogbau als nicht realisierbar eingeschätzt.  Ein weiteres Beispiel: auch bei Rückwärtspipser mussten die Anwohner die Bahn „auf die Sprünge helfen“, dass diese nicht verpflichtend, sondern durch optische Systeme ersetzbar sind.

Von daher trifft die Antwort von Gisela Splett im Interview auf die Frage: Ein zunehm- endes Problem wird der Baustellenlärm. Was kann dagegen getan werden? zu : „Die Regelungen für die Baustellen sind relativ alt. Baustellen sind privilegiert. Für eine  normale Baustelle, etwa wenn an einem Tag die Kanalisation aufgemacht wird und am nächsten wieder zu, ist das auch in Ordnung. Aber dieselben Regelungen gelten auch für Großbaustellen. Da muss meiner Meinung deutlich mehr gemacht werden. Das Wissen über die Möglichkeiten ist im Grunde vorhanden. Sie reichen vom Einsatz lärmarmer Maschinen über die Baustellenlogistik, Zeitfenster, in denen bestimmte laute Arbeiten erledigt werden bis hin zum Aufstellen von temporären Lärmschutzwänden. Aber man ist, wenn es um die konkreten Planungen geht, doch immer wieder erstaunt, dass das Wissen nicht präsent ist. Wie in allen anderen Bereichen gilt auch für den Baustellen- lärm, dass der Lärmschutz von vornherein in die Planungen einbezogen werden muss. Denn wenn der Lärm erstmal da ist, bekommt man ihn nur noch schlecht wieder weg.

Diese Erfahrungen haben die Anwohner der Stuttgart 21-Baustellen auch machen müssen. Allerdings stehen sie der Bauherrin Bahn mit ihren Forderungen nach Einhaltung der Auflagen aus den Planfeststellungsbeschlüssen, wie z.B. umfassende Lärmplanungen und mehr aktivem Lärmschutz, ohne behördliche Unterstützung gegenüber. Wir haben vielfach darüber berichtet, dass das Eisenbahn-Bundesamt als zuständige Aufsichtsbehörde weder das Interesse noch die Personalkapazität hat, sich um den Baulärm bei Stuttgart 21 zu kümmern. Die Aufsichtsbehörde wird ihrer Aufgabe, die Einhaltung der Schutzauflagen aus den Planfeststellungsbescheiden zu überwachen, nicht im Mindesten gerecht. Weder werden rudimentäre Lärmplanungen geprüft und bemängelt, noch weitere aktive Schutzmaßnahmen für die Anwohner eingefordert, noch entscheidet das EBA über aktive und passive Schutzmaßnahmen, noch fordert das EBA von der Bahn regelmäßig zur Kontrolle die Messberichte ein.  Auch die Stadt Stuttgart lässt ihre Bürger in Sachen Lärmschutz allein und verweist auf die formale Nicht-Zuständigkeit. Und das Infobündnis Zukunft Schiene hatte sich im Januar mit seinem Anliegen, der Petition an den Deutschen Bundestag,  auch an Frau Dr. Splett als Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung gewandt. Bis heute leider ohne Reaktion.

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