Stuttgart 21 und juristische Feinheiten – Die StZ berichtet über die Klage eines Eigentümers gegen Planänderungen

Die Stuttgarter Zeitung berichtet morgen (hier) über einen Eigentümer eines Bürohauses an der Jägerstraße, der gegen die 5. (Zentralisierung Grundwassermanagement) und 10.Planänderung (Bau neuer Stadtbahntunnels) im Planfeststellungsabschnitt 1.1. zu Stuttgart 21 Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim erhoben hat. Er befürchtet durch die Bauarbeiten und die Einleitung von Grundwasser in einem auf seinem Gelände liegenden Infiltrationsbrunnen Schäden für sein Gebäude. Er bezieht sich dabei auf die vom BUND- Gutachter in der Erörterung zur Planänderung Grundwassermanagement vorgetragene Kritik an den Grundwassermodellen und den geologischen Risiken. Leider wird seine Klage dem Bericht nach wenig Aussicht auf Erfolg haben, da die Richter seine Klage bereits im Eilverfahren abgewiesen hatten und im Laufe der Verhandlung keinen konkreten Bezug zur 5. Planänderung sahen. Auch die Stuttgarter Nachrichten (hier) und die Bildzeitung (hier) haben eine Meldung dazu veröffentlicht .

Fatal für alle betroffenen Eigentümer und Anwohner im Umkreis der Baustellen ist, dass die Errichtung weiterer Infiltrationsbrunnen anscheinend auch von den Richtern der reinen Ausführungsplanung zugeordnet wird, für die eine formale Planänderung nicht erforderlich sei.  Dies ist leider nach den Vorgaben der Planfeststellungsbescheide gelebte Praxis. Auch die Brunnen im oberen Kernerviertel sind damals nach der Planfeststellung ohne die Anwohner anzuhören und ohne ein geotechnisches Gutachten in das Konzept des Grundwassermanagements mitaufgenommen worden. Die Analyse der geologischen Schichten der Bohrkerne wurde 2009 noch als ausreichend erachtet. Erst als die Bahn eine deutliche Erhöhung der Wasserentnahmemenge beantragte, forderte das Umweltamt der Stadt  – auch nach Anfragen besorgter Bürger – von der Bahn ein geotechnisches Gutachten über die Unbedenklichkeit der Infiltration für die umliegenden Gebäude.

Nachdem auch im Anhörungsbericht des Regierungspräsidiums der Bau zusätzlicher Infiltrationsbrunnen entgegen den Einwendungen von betroffenen Anwohnern als unbedenklich erklärt wurde, ist damit zu rechnen, dass die Bahn im Rahmen des beantragten flexiblen Wasserrechts bei höheren Grundwasserandrang weitere Infiltrationsbrunnen ausbauen wird. Das Regierungspräsidium schreibt in seinem Anhörungsbericht auf Seite 85 dazu:

„Mögliche weitere Brunnen könnten ggf. helfen, die Versickerung zu optimieren und somit effektiver zu gestalten. Sollte sich dies im Zuge der Bauausführung als sachgerecht erweisen, sind mögliche Standorte unter Berücksichtigung der Geologie und sonstigen
Randbedingungen in enger Abstimmung mit dem AfU abzuklären.“

Wie unkritisch das Regierungspräsidium das in schwierige geologische Schichten eingreifende Infiltrationskonzept der Bahn einschätzt und dabei die Bedenken einer Fachbehörde ignoriert, zeigt auch der Hinweis (S.84) auf den Brunnen 202 (Ecke Werastr. / Sängerstaffel) als Notbrunnen. Das Amt für Umweltschutz hatte jedoch ausdrücklich in seiner Stellungnahme vom 31.07.2013 (S.20 Nr.3.4.4.) auf Stilllegung dieses Brunnen wegen der Gefahr von Hohlraumbildung durch Sulfatauslaugung wegen des vorhandenen Gips votiert: “ Brunnen 202 ist unter dauerhaftem Verzicht einer Infiltration in das Grundwassermonotoringprogramm (Beweissicherung Wasser) aufzunehmen.“ Die Bahn hatte dagegen in den Planänderungsunterlagen (hier) das von der Fachbehörde der Stadt bereits 2009 angesprochene Risiko schlicht relativiert. Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag „Keine blauen Rohre über dem Schützenplatz“.

Udate: Nach Meldungen der beiden Stuttgarter Zeitungen (StZ 1/ StZ 2 ) ist die Klage des Eigentümers abgewiesen worden. Vor Gericht konnte er nicht nachweisen, dass sein Gebäude durch die Planänderungen zusätzlich beeinträchtigt sei. Wenn man den Tenor des Berichterstattungen zusammenfasst, so war der Auftritt der Klägerseite vor Gericht, die ohne den eigentlichen Gutachter angetreten sind,  leider nicht überzeugend. Wer sich über die vorgetragenen Argumente informieren möchte, dem sei der Bericht der Kläger- seite (hier) empfohlen.

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