Die Bahn beantragt mit „Petrus-Faktor“ ein deutschlandweit einmaliges flexibles Wasserrecht – nur das Kernerviertel fehlt

Einer der zentralen Kritikpunkte an der Planänderung der Bahn auf Erhöhung der Grundwasserentnahmemenge ist, dass sie ein flexibles Wasserrecht beantragt. Die Erhöhung von 3 auf 6,8 Milliarden Kubikmeter Grundwasser ist nur auf Mittelwasser-verhältnisse ausgerichtet. Bei wetterbedingten Hochwasser soll die Entnahme weiterer Wassermengen über einen sogenannten „Petrusfaktor“ erlaubt sein. (siehe S. 68ff) Dies ist deutschlandweit einmalig und aus Sicht der Kritiker nicht verantwortbar. Damit würden unbegrenzt über fast ein Jahrzehnt künstliche unterirdische Wasserströme im Bereich der Baustellen zulässig  sein. Lesen Sie hier dazu den heutigen Bericht der Stuttgarter Nachrichten.

Dieser witterungs- bzw. niederschlagsbedingte „Petrus-Faktor“ macht ausgerechnet vor dem Kernerviertel halt. Die Bahn hat in ihrem Planänderungsantrag den diesen Stadtteil betreffenden Planfeststellungsabschnitt 1.2. (Fildertunnel) als einzigen ausgenommen.

Sie argumentiert in ihrer Stellungnahme zu den wiederkehrenden Einwendungen, dass die Bohrdaten aus dem 2009 durchgeführten Brunnenbohrprogramm niedrigere Durchlässig-keitswerte ergeben hätten. Es wäre damit für diesen Abschnitt weder ein höherer Grundwasserandrang noch eine Vergrößerung der 0,5 Meter-Absenkung verbunden.

Dies ist aus Sicht des Netzwerks Kernerviertel nicht nachvollziehbar, da auch der Abschnitt 1.6. Richtung Ober-/Untertürkheim niedrigere Werte aufweist und dennoch in der Planänderung enthalten ist. Die Infiltrationsbrunnen im Kernerviertel hat die Bahn daher entgegen ihrer eigenen Abschnittsgrenzen dem PFA 1.6. zugeschlagen. Die Brunnen des Kernerviertels werden jedoch auch nach der Fertigstellung des Tunnelanfahrbereichs weiterhin für anfallendes Wasser (einschließlich dem Petrus-Faktor) aus den Baugruben des PFA 1.1., d.h. dem Bahnhofstrog im Talgrund, genutzt werden. Daher hat das Netz- werk Kernerviertel bereits am ersten Tag der Erörterung auf diesen groben formalen Verfahrensfehler (Fehlen des Abschnitts PFA 1.2.) aufmerksam gemacht und wird auf der Erörterung eine Behandlung des aus Zeitgründen ausgefallenen Tagungsordnungspunkt „Abschnittsbildung“ fordern.

Die auf Basis der Grundwassermodelle prognostizierten Absenktrichter in den einzelnen Bauphasen, die teilweise bis zu 10 Meter betragen, können  Sie auf der Seite des Regierungspräsidiums unter dem Punkt „Dokumentation „Instationäres Grundwasser- strömungsmodell, Prognoseberechnungen“…“  ab Anlage 5.10 einsehen.

Update: Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V. hat am letzten Tag der Erörterung zum Grundwassermanagement noch einmal in einer ausführlichen Stellungnahme die nach dem Wasserrecht nicht zulässige unbegrenzte Grundwasserentnahme kritisiert. Lesen Sie hier.

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