Gestern kündigte die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH in einer Pressemitteilung (hier) an, dass im Juni die technisch anpruchsvollen Betonarbeiten für die erste der achtundzwanzig Kelchstützen starten werden. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (StN / StZ) berichten ausführlich über darüber. Eigentlich sollten diese Arbeiten an den ersten beiden Kelchen des „Tiefbahnhofs“ bereits im August 2015 beginnen. So sah es zumindest der zum Baustart im August 2014 vorgestellte Zeitplan vor.
Wegen der weiterhin ausstehenden Planänderung zur Entfluchtung und der damit verbundenen Statikänderung der Bahnsteighalle kann nach der StN-Meldung erst einmal nur der sechs Meter hohe Kelchfuß betoniert werden. Die Bahn rechnet mit einer Genehmigung dieser 18.Planänderung für Juli 2017. Allerdings findet sich in der Lenkungskreisunterlage vom April bei der Auflistung der Planänderungsverfahren beim Verfahren „Anpassung Fluchtwege“ der Hinweis, dass noch neue Fluchtwegeausgänge einzuarbeiten sind. Erst wenn die Genehmigung der Planänderung durch das Eisenbahn-Bundesamt erfolgt ist, kann der der obere Abschnitt des ersten Kelchs fertig gestellt werden. Dies soll nach dem gestern vorgestellten Zeitplan bis Ende des Jahres der Fall sein. Von den beiden „Hybridkelchen“, für die die Freigabe unabhängig vom Ausgang des Planänderungsverfahrens vorliegen würde und über die die StZ (hier) noch im April berichtete, ist plötzlich nicht mehr die Rede.
Auf der Pressekonferenz standen die enormen technischen Schwierigkeiten des Bau der Kelchstützen im Mittelpunkt. Einiges davon wurde der Presse bereits im Oktober 2015 bei der Begutachtung eines Achtels einer Kelchkonstruktion als Musterstütze präsentiert, die damals von S21-Chef Manfred Leger als „Riesen-Meilenstein“ bezeichnet wurde.
Deutlich interessanter sind die Ausführungen der beiden Zeitungen zum weiteren Zeitplan für den Bau der achtundzwanzig Kelchstützen. Die StN schreibt dazu: „Ab 2018 sollen dann alle fünf Monate bis zu drei Stützen entstehen, so Pradel am Freitag bei einer Pressekonferenz im Bahnhofsturm. Insgesamt sind es 28. Der Rohbau der riesigen Halle könnte im Sommer 2021 vollendet sein – frühestens. In Unterlagen aus 2015 für den S-21-Lenkungskreis waren für den technischen Ausbau im Tiefbahnhof und für den Probebetrieb (zwölf Monate) insgesamt drei Jahre veranschlagt worden. Das würde die Inbetriebnahme auf Ende 2024 schieben.“
Es ist nicht zu fassen. Noch am Dienstag dieser Woche mahnte die Bahn laut einem StZ-Bericht an, Änderungen an der Wendlinger Kurve würden das anvisierte Inbetriebnahmedatum 2021 gefährden. Jetzt wird nur vier Tage später gegenüber der Presse eingeräumt, dass der Rohbau der Bahnhohshalle ohne den eisenbahntechnischen Innenausbau und den Testbetrieb frühestens 2021 fertig sein kann. Nicht einmal die Projektpartner von Stadt und Land wurden Ende April auf dem vom neuen Bahnvorstand Roland Pofalla geleiteten Lenkungskreis darüber informiert. Die Lenkungskreisunterlage enthält keinen Hinweis auf diesen gravierenden Zeitverzug beim Rohbau der Bahnhofshalle. Übrigens, bereits im Dezember 2015 hatte das vom Aktionsbündnis beauftragte Gutachterbüro Vierregg wegen der komplexen Arbeiten für den Tiefbahnhof eine Inbetriebnahme von Stuttgart 21 frühestens im Jahr 2024 und Kosten von 10 Millarden Euro prognostiziert. Die Bahn hatte damals beides vehement dementiert.
Update 22.5.: Eine aktuelle Fotodokumentation rund um die Bauarbeiten am „Tiefbahnhof“ finden Sie im Album von Fotomedium.