Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichteten gestern (hier), dass die Bahn ein Jahr der eingeräumten zwei Jahre Bauverzögerung beim „Tiefbahnhof“ einholen will. Die Stadt Stuttgart sei der Bahn in Fragen der Verkehrsführung an der Heilbronnerstraße entgegen gekommen. Ab 20.2. werden dort die Fahrspuren von drei auf zwei reduziert, damit zwei Bauabschnitte am Nordkopf des „Tiefbahnhofs“ gleichzeitig gebaut werden können.
Die StZN schreiben: „Möglich wird die Änderung der ursprünglichen Planungen durch ein Entgegenkommen der Landeshauptstadt. Der für S 21 beim Tiefbauamt zuständige Projektleiter Gerhard Rotermund sagte, ursprünglich habe die Stadt im Planfeststellungsbeschluss für den Bauabschnitt darauf gedrängt, dass alle Fahrspuren erhalten werden müssten. De facto, so interpretierte Rotermund den Beschluss, bedeute dies, dass sich „die Qualität des Verkehrs nicht verschlechtern darf“ und somit der Status quo erhalten bleibe. Dies sei aufgrund der Untersuchungen des Ingenieurbüros auch mit dann nur noch zwei Spuren in besagtem Abschnitt gegeben. Projektsprecher Jörg Hamann lobte die „lösungsorientierte Zusammenarbeit“ mit den städtischen Verkehrsbehörden. Dies helfe, die Belastungen durch die Bauarbeiten so kurz wie möglich zu halten.“
Der Abschnittsleiter des „Tiefbahnhofs“ Michael Pradel spricht in der Zeitungsmeldung, dass „die von einem Ingenieurbüro simulierten und berechneten Maßnahmen „die Leichtigkeit des Verkehrs“ auf der Heilbronner Straße nicht beinträchtigen werde“.
Abgesehen davon, dass man in der Stauhauptstadt Stuttgart kaum von einer „Leichtigkeit des Verkehrs“ sprechen kann, überrascht die Meldung. Bislang hatte die Bahn in den Sitzungen des Lenkungskreises im Juni 2016 und November 2016 gegenüber ihren Projektpartnern zwar eingeräumt, dass der Bau des „Tiefbahnhofs“ um zwei Jahre hinter dem Zeitplan hinterherhinke:
Doch der Blick in die Lenkungskreispräsentation vom Juni 2016 zeigt, dass es sich nicht um den Nordkopf, sondern um den Südkopf des „Tiefbahnhofs“ handelt, bei dem ein Aufholbedarf eingeräumt wird:
Auch im November findet sich in der Lenkungskreispräsentation wieder die Aussage, dass der Südkopf (Folie) derzeit am stärksten verzögert sei.
Wir halten daher fest: die Auflage aus der Planfeststellung, die Anzahl der Verkehrsspuren aufrecht zuerhalten, wurde beim Nordkopf aufgehoben bzw. von der Stadt anders „interpretiert“. Einem Abschnitt des „Tiefbahnhofs“, den die Bahn bislang gar nicht als im Zeitverzug ausgewiesen hatte.
Wie der eigentliche Zeitverzug von zwei Jahren beim Bau des Südkopfes mit den komplexen Bauarbeiten für den „Tiefbahnhof“, den Nesenbachdüker und der SSB aufgeholt werden soll, dazu gibt es bisher keine offiziellen Verlautbarungen. Man kann spekulieren, dass für den Südkopf die Auflage aus der Baugenehmigung, alle Fahrspuren der neuralgischen B 14 und der Schillerstraße während der Bauzeit aufrecht zu erhalten, ebenso uminterpretiert wird. Zumal für den Bau der Trogbaufelder 23 und 24 am Südkopf, den Bau des Nesenbachdükers, den SSB-Bauarbeiten sowie der Verlängerung der Tieferlegung der B 14 massiv in den öffentlichen Straßenraum und die alte SSB-Haltestelle Staatsgalerie eingegriffen werden muss.
Dass hier bereits schon Gegensteuerungsmaßnahmen mit der Stadt Stuttgart und der SSB abgestimmt wurden, zeigen die im EU-Amtsblatt veröffentlichten Nachträge für die Baufirma Züblin, wie beispielsweise die Änderung der Umsteifung Verbau BA24 / BA25 zur terminlichen Optimierung oder die vorgezogene Herstellung des Querverbaus zwischen BA23 und BA24 in Insellage. Beim letzt genannten Nachtrag heißt es ausdrücklich: „Mit dieser Maßnahme wird eine Terminsicherung der Herstellung des Südkopfes gewährleistet.“
Nachdem an der im Januar 2016 an den „Tagen der offenen Baustelle“ aufgestellten Schautafel sollte der Rohbau des Trogblocks 23 entlang der B14 erst im Januar 2021 gebaut werden. Es ist damit zu erwarten, dass die Bauarbeiten der Bahn am Südkopf sehr viel früher in die B14 eingreifen. Falls der Bau des Trogblocks 23 vorgezogen werden sollte, müsste vorher die SSB ihre alte Haltestelle Staatsgalerie abbrechen. Doch der Termin der Fertigstellung der neuen SSB- Haltestelle ist wegen Bauverzögerungen der Bahn am darunterliegenden Trogblock 22 nicht absehbar.