Der bergmännische Vortrieb der vier Tunnelröhren vom Verzweigungsbauwerk unter dem Kernerviertel aus Richtung Wangen (PFA 1.6a Obertürkheimer Tunnel) und der Wendekaverne (PFA 1.2. Fildertunnel) ist seit Mitte Februar angelaufen. Jetzt ist das 320 Meter lang Förderband zwischen der Rettungszufahrt Süd am Wagenburgtunnel und dem ehemaligen mittleren Schloßgarten seit dieser Woche in Betrieb gegangen. Dies meldet eine aktuelle Pressemitteilung der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH (PSU). Ein Foto der Pressemeldung zeigt den Verlauf der Anlage:
Das seit Juli 2014 aufgebaute Förderband konnte bisher noch nicht eingesetzt werden, da für den lauten 24-Stunden-Baustellenbetrieb einschließlich des neu im Außenbereich geplanten Steinbrechers vor der Rettungszufahrt zusätzlich noch ein Schallschutzdach installiert werden musste. Der Steinbrecher soll den Aushub aus dem Sprengvortrieb, der mit kleinen Lkws aus dem Tunnel angeliefert wird, auf eine transportable Größe von maximal 30 cm zerkleinern. Ob mit dem Lärmschutzdach und der Einhausung der Brech- und Förderanlage der Lärm für die Anwohner des Kernerviertels -wie von den schalltechnischen Gutachten der Bahn prognostiziert- auch beim Transport der großen Steinbrocken erträglich ist, wird sich noch zeigen. Bei dem im Januar 2015 durchgeführten Testbetrieb war noch weiches, körniges Material eingesetzt. Das aktuelle schalltechnische Detailgutachten vom Oktober 2015 setzt für das Förderband als Linienschallquelle 76 dB(A) (S.64) und für die Brecheranlage mit Einhausung 104,2 dB(A) (S.106) an.
Das Förderband soll rund um die Uhr und 7 Tage die Woche den Aushub aus den bergmännischen Tunnelvortrieben Richtung Wangen und Richtung Wendekaverne zur Zwischenlagerung am Rande der Trogbaubestelle transportieren. Hier ein Foto der Förderband-Abwurfstelle:
Von dort wird der Aushub werktags zwischen 7 bis 20 Uhr per Lkw entlang der Baulogistikstraßen zur zentralen Logistikfläche am Nordbahnhof gebracht.
Daher ist der Hinweis in der Pressemitteilung, dass damit zahlreiche Lkw-Fahrten gespart werden, irreführend. Zum einen, weil die Lkw-Fahrten nur wenige hundert Meter weiter entlang der Baulogistikstraße erfolgen und zum anderen weil die die Planfeststellungsbescheide zum Tunnelbau des PFA 1.2. und 1.6a den Einsatz eines Förderbandes („zu entwickelnde elektrische Transporteinrichtung anderer Art„) zwingend vorsahen. Anders wäre der Abstransport des Aushubsvolumens von vier Tunnelröhren an einem der neuralgischten Verkehrspunkte der Innenstadt nicht denkbar. Auch wenn mit der Genehmigung des maschinellen Vortriebs für den Bau des über 9 Kilometer langen Fildertunnels der Großteil des Aushubs über das Filderportal am Fasanenhof abtransportiert werden soll. Unabhängig vom Einsatz des Förderbandes fällt der Lkw-Verkehr in der Innenstadt über die B 14 für die Andienung des Tunnelbaumaterials, inbesondere Beton für die Innenschale, an.
Laut der Pressemitteilung sollen nach derzeitiger Planung über dieses Förderband rund 900.000 Tonnen Erd- und Aushubmaterial aus den bergmännischen Vortrieben abtransportiert werden. Das entspricht bei einer durchschnittlichen Beladung von 20 Tonnen pro Lkw 45.000 Lkw Fahrten plus nochmals die gleiche Anzahl an Leerfahrten. Undenkbar, dass dies unmittelbar an der stauanfälligen Kreuzung B14/Schillerstraße/Wagenburgtunnel hätte abgewickelt werden können.
Unklar ist, wie lange das Förderband in Betrieb sein wird. Nach der Pressemitteilung werden „derzeit 500 bis 700 Tonnen Aushub über das Förderband transportiert. Das entspricht 25 bis 35 Lkw-Ladungen pro Tag.“ Wenn man überschlägig durchschnittlich täglich 600 Tonnen ansetzt, dann würde das Förderband für den Abtransport der genannten 900.000 Tonnen Aushubmaterial 1.500 Tage bzw. bei 350 Arbeitstagen pro Jahr rund 4,3 Jahre laufen. Auf der letzten Anwohnerveranstaltung in Wangen hatte der Abschnittsleiter Günther Osthoff angekündigt, dass der Vortrieb des Obertürkheimer Tunnels zwischen Wangen und dem Verzweigungsbauwerk Süd für mindestens eine der beiden Röhren bereits dieses Jahr realisiert sein soll. Daher hat das Netzwerk Kernerviertel bei der PSU nachgehakt, ob etwas an den o.g. Zahlen nicht stimmt oder ob die tägliche Aushubmenge zum Erreichen des geplanten Tunneldurchbruchs zwischen Hauptbahnhof und Wangen bereits in diesem Jahr hochgefahren werden soll.
Update 7.April: Das Netzwerk Kernerviertel hat auf seine Nachfrage von der Projektgesellschaft folgende Antwort zum Förderbandeinsatz erhalten, nach der über das Förderband in Spitzenzeiten täglich bis zu 1.200 t täglich (entspricht 60 Lkw-Ladungen) transportiert werden kann:
„Eine lineare Hochrechnung des anfangs geförderten Ausbruchsmaterials auf die Gesamtmenge ist nicht zielführend. Derzeit bewegt sich der Vortrieb noch im Bereich des Verzweigungsbauwerks von Fildertunnel und Tunnel Ober-/Untertürkheim. Der setzungsarme Vortrieb erfolgt in diesem Bereich naturgemäß langsamer. Sobald der Vortrieb in den Streckentunnel Fahrt aufnimmt, fällt auch entsprechend mehr Ausbruchsmaterial pro Zeiteinheit an. Die technischen Kapazitäten für deutlich höhere Vortriebsleistungen sind bereits vorhanden, in Spitzenzeiten können über das Förderband bis zu 1.200 to/h geschickt werden. Genaue Mengenangaben über einen längeren Prognosezeitraum sind im Tunnelbau nicht möglich, da die Vortriebsleistung insbesondere von den jeweiligen geologischen Gegebenheiten abhängt.
Das Gesamtvolumen von 900.000 t verteilt sich grob zu ca. 60 % auf den Tunnel Ober-/Untertürkheim und zu ca. 40 % auf den Fildertunnel. Dabei sind die Massen der 4. Schildfahrt bereits in Abzug gebracht. Diese werden entgegen der bisherigen Planung über das Filderportal abtransportiert, was eine weitere Entlastung der Innenstadt zur Folge hat.“
Die letztere Information ist eine gute Nachricht. Bislang war noch offen, über welchen Weg der Aushub aus dem Fildertunnel abtransportiert werden soll, wenn die Tunnelvortriebsmaschine nach dem Umsetzen in der Wendekaverne wieder von der Innenstadt nach Degerloch hochfährt. Der Planänderungsbescheid zum Einsatz der Tunnelvortriebsmaschine ließ auch noch den Abtransport über die Innenstadt bzw. die Rettungszufahrt am Wagenburgportal zu.