StZ: Bahn meißelt wieder unter Wangen. Probleme beim Tunnelbau unter dem Neckar wegen erhöhtem Wasserandrang

Nach der zuletzt kommunizierten Umstellung des Bauablaufs wollte sich die Bahn beim Tunnelvortrieb in Wangen zunächst vor allem auf die Röhren in Richtung Neckarquerung konzentrieren. Heute berichtet die Stuttgarter Zeitung  (hier), dass die Bahn doch wieder an der Tunnelröhre unter den Wohngebäuden in Wangen arbeitet.

Damit werden die Anwohner in Wangen erneut durch die Sprengarbeiten am Tag und im Nachtzeitraum durch die Meißelarbeiten massiv belästigt. Die StZ schreibt, dass der Antrag der Bahn auf nächtliche Sprengungen weiterhin zur Prüfung bei der  Landesbergdirektion in Freiburg liegt. Die für die Ausnahmegenehmigung zuständige Behörde hat von der Bahn Messungen und ein Gutachten über die gesundheitlichen  Auswirkungen der nächtlichen Sprengungen eingefordert. Die Unterlagen gingen letzte Woche an die Behörde.

Ursache für die nochmalige Umstellung des Bauablaufs ist laut StZ ein unerwartet hoher Wasserandrang beim Bau der Röhre Richtung Neckarunterquerung, bei der die Baustelle aufwendig abgedichtet werden musste. Damit stösst die Bahn beim Tunnelbau in Wangen erneut auf geologische Probleme, die trotz der umfassenden Erkundungen nicht prognostiziert wurden. Auch zu Beginn des Tunnelbaus Mitte 2013 musste die Bahn einräumen, dass erheblich mehr Wasser als geplant angetroffen wurde. Die Tunnelvortriebsarbeiten ruhten bis zur Genehmigung der darauf beantragten Planänderung zur Tieferlegung der Tunnelgradienten um 4 Meter.

Die Schwierigkeiten mit den unerwartet großen Wassermassen bei den unterirdischen Vortriebsarbeiten treten ausgerechnet in einem Gebiet auf, das die Bahn im Rahmen der Planfeststellungsverfahren gegenüber einer Vielzahl von Einwendungen als geologisch bestens erkundet verkaufte. Bei der im September 2014 vom EBA genehmigten Planänderung zum Grundwassermanagement ging die Bahn noch davon aus, dass gerade in diesem Abschnitt deutlich weniger Grundwasser anzutreffen sei, als ursprünglich in der Planfeststellung angesetzt war. Die im Planänderungsverfahren vorgetragene Kritik des Sachverständigen des BUND an den zugrundeliegenden Wassermodellen wurde von den Behörden nicht berücksichtigt.

Noch letzte Woche hatten wir in unserer Zwischenbilanz zum Baufortschritt bei den S21-Tunneln erwähnt, dass  kritische Ingenieure im PFA 1.6 a beim Bau der doppelstöckigen Neckarunterquerung in mineralwasserführenden Schichten mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen. Kritisch sei der Bau des Tunnels für den Mineralwasserzufluss entlang des Neckars. Angesichts der Fehleinschätzungen in Wangen zum Wasserandrang stellt sich erneut die Frage, inwieweit die Bahn beim geplanten Bau der doppelstöckigen Neckarunterquerung neue Erkenntnisse zu den Mineralwasserströmen in ihrem Wassermodell berücksichtigt hat bzw. das Wassermodell aussagekräftige Prognosen für die Bauarbeiten liefert. Auf die Risiken des Tunnelbaus für den Mineralwasserstrom im Neckartal hatten kritische Geologen und Ingenieure bereits seit Planungsbeginn für Stuttgart 21 immer wieder hingewiesen. Der Dipl. Geologe Dr. Martin Schaffer hatte sich sogar nach der Schlichtung 2011 in einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt.  Mehr dazu finden Sie unter www.geologie21.de.

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