Heute veröffentlichte die Stuttgarter Zeitung (hier) ein ganzseitiges Interview mit Manfred Leger, Vorsitzender Geschäftsführer der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH. Die Schlagzeile „Warten Sie ab, wie schnell wir hier noch werden.“ fasst den Tenor des Interviews zusammen, nachdem die mehrjährigen Verzögerungen beim „Tiefbahnhof“ und den Tunnelstrecken wieder eingeholt werden sollen. Die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 zum Ende des Jahres 2021 sei – so Leger – bis auf den Flughafenabschnitt nicht gefährdet.
Dabei liegen die Voraussetzungen für eine verstärkte Bautätigkeit in zahlreichen Baustellen gar nicht vor. Weiterhin fehlen die Genehmigungen des Brandschutzes für den „Tiefbahnhof“, des Artenschutzes im PFA 1.5 / Ehmannstraße, der Planänderung zur Tieferlegung der Tunnel im PFA 1.6.a sowie der Planfeststellungen zu den Abschnitten 1.6b/Abstellbahnhof und des Filderbereichs.
Aktuell sind rund 3,56 bzw. 6 % der 59 Tunnel-Kilometer gegraben. Eine Übersicht der Netzwerke seit Juli 2014 finden Sie hier. Manfred Leger kommentiert den aktuellen Vortriebsstand mit den Worten: „Wenn ich mir anschaue, wo wir vor einem Jahr waren, bin ich sehr zufrieden mit dem, wo wir jetzt stehen.“ Angesichts des zähen Baufortschritts und dem Umstand, dass rund 22 Kilometer bergmännische Tunnelkilometer noch nicht einmal angefangen wurden, fragt man sich, wie die Bahn in den nächsten 2,75 Jahren bis Ende 2018 den Rohbau der restlichen 55,5 Tunnel-Kilometer einschließlich der Verschalung der bergmännischen Strecken herstellen will. Darüber haben wir bereits vor kurzem im Beitrag „“Suse” dominiert die Berichterstattungen zum Tunnelbau“ berichtet.
Auch beim Zeitplan für die Herstellung des „Tiefbahnhofes“ kann man skeptisch sein. Noch in der Schlichtung stellte Bahn-Vorstand Volker Kefer einen Zeitplan vor, der für den Rohbau, die eisenbahntechnische Ausrüstung und den Testbetrieb rund 8,5 Jahre umfasste:
Seit der Volksabstimmung im November 2011 hat die Bahn immer wieder den endgültigen Start der Trog- und Kanalbauarbeiten angekündigt, zuletzt auf der Pressekonferenz am 5. August 2014. Bereits zu diesem Zeitpunkt musste der Projektleiter der Baufirma Züblin, Ottmar Bögel, einräumen, dass die vorhandenen Zeitpuffer aufgrund der Verzögerungen verbraucht seien. Er stellte damals einen Zeitplan vor, nachdem die Bauarbeiten trotz der noch ausstehenden Genehmigung des Grundwassermanagements und des Brandschutzes an den Baufeldern 1, 16, 22 und 25 mit Hochdruck starten würden. Doch dann war wegen der fehlenden Genehmigung des Brandschutzkonzeptes von den angekündigten Arbeiten über mehrere Monate hinweg bis auf den Abtransport des Erdaushubs auf mehreren Baufeldern wenig zu erkennen. In den Berichten der beiden Stuttgarter Zeitungen war von Bauarbeiten „mit angezogener Handbremse“ bzw. „auf Sparflamme“ die Rede.
Jetzt soll laut Manfred Leger die weitere Zeitverzögerung durch den parallelen Bau der Deckenkelche, für die beispielsweise im Baufeld 16 bislang 9,5 Monate Bauzeit angesetzt waren, wieder eingeholt werden. Doch es stehen bis zur offiziell angestrebten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2021 statt der 8,5 nur noch 6,75 Jahre bzw. statt 6,5 nur noch 4,75 Jahre für den Rohbau zur Verfügung. Es wäre jedoch das erste Mal, dass die Bahn mit einer Baumaßnahme schneller als geplant fertig wäre. Man denke nur an den Umbau des Gleisvorfeldes, der 50 % länger als geplant dauerte oder die Baustraßen, deren Herstellung sich statt einem halben Jahr über mehrere Jahre hinzogen. Oder den Nesenbachdüker, dessen Bau bis heute nicht begonnen wurde.
Von daher warten wir es ab und wünschen erst einmal allen Anwohnern hoffentlich ruhige Osterfeiertage ohne Baulärm in Schuttgart:
Update 9.4.2015: Christoph Engelhardt hat auf dieses Interview einen offenen Brief an Manfred Leger (hier) geschreiben, in dem er u.a. Transparenz in Sachen Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 fordert.