Baustatische Untersuchung zum Bahnhofsgebäude: Machbarkeitsstudien erst nach Baugenehmigung ?

Die Stuttgarter Zeitung meldet heute (hier), dass die Bahn jetzt für 225.000 Euro die Baustatik des Bahnhofsgebäudes durch externe Experten aus Dresden untersuchen lässt. Die Bahn dementiert jedoch, dass dies etwas mit der Diskussion um die Statik des Bahnhofsturms zu tun habe. Sowohl die Kritiker wie die Ingenieure 22 und die Netzwerke 21, als auch der Oberbürgermeister Fritz Kuhn und das Regierungspräsidium hatten im Zuge der Planänderung zum Grundwassermanagement eine Untersuchung der Turmgründung (Stichwort Eisen- oder Eichenpfähle) gefordert, ob diese der jahrelangen Grundwasserabsenkung Stand halten könne. Die Bahn hielt Bohrungen für überflüssig und das Eisenbahn-Bundesamt hielt dies in seinem Bescheid vom September für obsolet. Möglicherweise hat jetzt auch die Versicherung der Bahn oder des Bauunternehmens Züblin auf Risikenabklärung gedrungen.

Die jetzt von der Bahn beauftragte baustatische Untersuchung des Bahnhofsgebäudes könnte jedoch einen weitergefassten Auftrag beinhalten, nämlich die nachträgliche Machbarkeitsuntersuchung der unmittelbar neben dem Rumpf des Bonatz-Baus geplanten Tiefbau- und Rammarbeiten. Normalerweise müssten diese Untersuchungen vor der zu erteilenden Baugenehmigung erstellt werden. Der jetzt erst vergebene Statik-Auftrag hinterlässt ein weiteres dickes Fragezeichen an der Planungsqualität und Risikenabklärung im Zuge der Planfeststellung. An zwei Beispielen zeigt sich, dass die von der Bahn darin vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen für unmittelbar vom Trog- und Tunnelbau betroffene Gebäude wahrscheinlich nicht ausreichend waren:

  • Nur wenige Meter neben dem Gebäude der LBBW sind ebenfalls Tiefbau- und Rammarbeiten zur Herstellung des „Tiefbahnhof“-Troges geplant. 2012 berichtete die Stuttgarter Zeitung (hier), dass diese geplanten Bauarbeiten gravierende Auswirkungen auf das benachbarte Gebäude der LBBW haben könnten. Risiken würden für die Statik und die Glasfront drohen. Im Sommer 2014 klagte die Bank laut Meldung der StN (hier) mit einer einstweiligen Anordnung gegen das Eisenbahn-Bundesamt auf weitergehende Sicherungsmaßnahmen zum Schutz des Gebäudes, der Mitarbeiter und der vorhandenen Elektronik vor dem VGH Mannheim: „…Beantragt ist, dass das Eba der Bahn ein bestimmtes Injektionsverfahren vorläufig untersagt, bis eine andere Lösung gefunden worden ist. Das Eba hat das Injektionsverfahren in den Ausführungsplänen für den Bahnhofstrog gebilligt und die Forderung der Landesbank abgelehnt. Dagegen geht das Institut nun mit Gutachten und dem Schritt vor Gericht vor...“ Über den Ausgang dieses Verfahrens wurde nicht berichtet.
  • Das in der Nähe des Bahnhofs gelegene ehemalige Verwaltungsgebäude der IHK sollte in geringer Tiefe vom Tunnel unterfahren werden. Dafür waren nach der Planfeststellung Hebungsinjektionen vorgesehen. Doch statt diese durchzuführen, kauft der Bahn-Konzern von der IHK das Grundstück für einen nicht gerade unerheblichen Betrag von 7,2 Mio. Euro ab, um das Gebäude abreißen zu lassen. Dies sei -so der Konzern- wirtschaftlicher, als die geplanten Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Nicht erwähnt wurde, dass die Bahn in ihrer internen Risikoliste (“Hany-Azer-Liste”) wegen der geringen Überdeckung zu 49% mit  größeren Schäden bzw. einem zeitweisen Baustopp rechnete. Wir haben darüber berichtet (hier).
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