Die Stuttgarter Zeitung (hier) meldet heute, dass die Bahn für rund 7,2 Millionen Euro das Grundstück von der IHK erworben hat. Die Bahn würde sich durch den Abriss des Altbaus die Kosten für die ursprünglich geplanten Hebungsinjektionen sparen. Genaue Zahlen für die Einsparung werden nicht genannt.
Nicht erwähnt wird, dass die Bahn in ihrer internen Risikoliste („Hany-Azer-Liste“) zu 49% damit rechnete, dass bei der Untertunnelung der IHK wegen der geringen Überdeckung größere Schäden und damit auch ein zeitweiser Baustopp eintreten würde:
„Risiko Nr.91: Risiko auf Grund nicht vorhersehbarer Störungen bei Unterfahrungen von Gebäuden mit geringer Überdeckung (IHK, Presselstraße, Gäubahnviadukt, etc.). Beim Unterfahren treten größere Setzungen bzw. Schäden an den unterfahrenen Gebäuden auf. Es werden zus. Sicherungsmaßnahmen, ein geänderter Bauablauf (zeitweiser Baustopp), zus. Entschädigungen, etc. erforderlich.”
Mit dem Abkauf des IHK-Geländes ist die Bahn möglicherweise einem Imageschaden, dass sich ihre langjährigen Planungen wieder einmal als zu risikobehaftet erwiesen haben, und einem weiteren Zeitverlust zuvorgekommen.
Damit stellt sich die Frage, wie Bahn mit dem Eigentümern im Kernerviertel auf der anderen Seite der Tiefbahnhofzufahrt umgehen wird. Auch hier müssen Gebäude wegen der geringen Überdeckung zum Tunnel angehoben werden. Auch hier weist die interne Risikoliste der Bahn ein 49%iges Risiko aus, dass bei den Hebungsinjektionen Schäden auftreten und der Anfahrbereich bei den geplanten Anhebungen der Gebäude an der Sänger-/ Urbanstraße nicht wie geplant ausgeführt werden kann:
„Risiko Nr.116 – PFA 1.2/1.6: Schäden Gebäude Sängerstrasse: Bei Störungen im Bereich der Hebungsinjektionen (dienen zur Sicherung der Gebäude) kann der Anfahrbereich eventuell nicht wie geplant ausgeführt werden. Dann müssen Alternativen überlegt werden.“
Die im Kernerviertel geplanten Hebungsinjektionen werden nach Einschätzung des Landesamtes für Geologie vom 31.07.2013 / S.4 auch erstmals in Stuttgart in dieser weichen Gesteinsart durchgeführt: „Bergmännische Tunnel im Anfahrbereich PFA 1.2/1.6a: Hebungsinjektionen sind ein vielfach angewandtes und ausgereiftes Verfahren zur Setzungskompensation. Der Erfolg der Injektionsmaßnahmen an der U15-Trasse kann für den betrachteten Bereich nicht zum direkten Vergleich herangezogen werden. Dazu sind die geologischen und morphologischen Verhältnisse zu unterschiedlich. An der Urban-/Sängerstraße sollen Hebungsinjektionen im Hangbereich auch in quartären Schichten durchgeführt werden. Dem LGRB sind für derartige Verhältnisse noch keine Vergleichsfälle im Stadtgebiet bekannt.“
Während die IHK-Geschäftsführung sich mit dem Verkauf des Grundstücks ihres Risikos zu einem angemessenen Preis entledigen konnte, haben die betroffenen Eigentümer im Kernerviertel keine Lobby. Sie müssen weiterhin um die Gebäudesicherheit ihrer quasi unverkäuflichen Immobilie (StN-Bericht) und um die Haftung bzw. eine angemessene Entschädigung im Schadensfall bangen.