Vor zwei Wochen feierte die Bahn den Abschluss des maschinellen Vortriebs im Fildertunnel. Maschinell aufgefahren wurden der obere und der untere Fildertunnel. Der mittlere Abschnitt wurde wegen der Abdichtungsbauwerke im Übergang zum stark quellfähigen Anhydritgestein in bergmännischer Spritzbetonbauweise vorgetrieben. Teile dieses Tunnelabschnitts liegen in diesem Gestein (rot). Hier ein Längsschnitt von WBI von 2012, der die Strecken des maschinellen (TVM) und bergmännischen Vortriebs (SBW) darstellt:
Daher machte ein Nachtrag im EU-Amtsblatt von Mitte August 2019 etwas hellhörig, in dem von einem Wasserzutritt im mittleren Fildertunnel und zusätzlichen Maßnahmen die Rede ist. Darin heißt es: „Maßnahmen zur Gebirgswasserreduktion im mittleren Fildertunnel (MFT) GL. 802 […] Nach Ausräumung der Sohle in der Gleisachse 802 wurden unvorhergesehene Wassereintritte festgestellt, die nach Abstimmung mit dem SV Tunnel zusätzliche Maßnahmen vor dem Einbau der Innenschale erforderlich machten.“
Netzwerk-21 hat bei der Bauinfo nachgefragt, ob der Wasserzutritt im anhydritführenden Gestein stattfand und als Antwort erhalten, dass dies nicht der Fall war: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Wasser ist nicht im anhydritführenden Bereich des Fildertunnels zugetreten. Es kam daher auch nicht zu Hebungen. Die im Amtsblatt genannte Formulierung „zusätzliche Maßnahmen“ meint, dass die Maßnahmen im Hinblick auf den Bauvertrag „zusätzlich“ waren. Die Maßnahmen selbst waren die üblichen Maßnahmen vor Einbau der Innenschale, z. B. das Aufbringen des Abdichtungsträgers, der Einbau eines Vlies oder der Einbau von Kunststoffabdichtungsbahnen.“
In diesem Zusammenhang möchten wir anmerken, dass Projektgesellschaft bis heute nicht die Öffentlichkeit informiert hat, in welchem Tunnelabschnitt ein Wasserzutritt im Anhydrit stattfand, den sie im letzten Lenkungskreis gegenüber ihren Projektpartnern einräumte. Ob dies im Obertürkheimer Tunnel am Rande von Gablenberg der Fall war, wie wir damals aufgrund eines EU-Nachtrags vermuteten, oder in einem anderen S21-Tunnel, ist weiterhin offen.
Wenn Anhydritgestein durch den Tunnelbau mit Wasser in Kontakt kommt, sind die Quellprozesse fast nicht zu stoppen und ziehen wie beim Leonberger Engelbergtunnel immer wieder millionenteure Sanierungsarbeiten mit längeren Komplettsperrungen nach sich. Auf ein weiteres Beispiel, den im Jahr 2005 eröffneten Gotschnatunnel im Schweizer Kanton Graubünden, macht der S21-Irrtum-Blog in seinem aktuellen Beitrag „Erleidet Stuttgart 21 das Schicksal des Schweizer Gotschnatunnels?“ aufmerksam. Hier auch ein Bericht des Schweizer Rundfunks zu den Schäden durch die Quellungen und den Sanierungsarbeiten in diesem Tunnel.