Rede von Dr.-Ing. Hans-Jörg Jäkel, Ingenieure22, auf der 395. Montagsdemo am 27.11.2017 über die Folgen des Umbaus der S-Bahnrampe und die Fehler in der Bahn-Präsentation im Lenkungskreises zur Unterfahrung der Gleise in Unter- und Obertürkheim:
Liebe Freunde,
es ist nur wenige Wochen her, dass ich über die Fehlplanungen der Bahn an der Wolframstraße, beim Umbau der S-Bahnrampe und beim Tunnelbau in Untertürkheim gesprochen habe. Bei allen Themen hatte ich Vorschläge gemacht, wie wir die Verantwortlichen mit ihren Problemen konfrontieren können. Darüber möchte ich Euch heute berichten.
Dass die neue S-Bahn-Strecke zwischen Hauptbahnhof und Mittnachtstraße den City-Ring der Stadt Stuttgart an der Wolframstraße durch einen „Halbtieftunnel“ zerschneiden soll, der dann mit abenteuerlichen, einspurigen Straßenschleifen zu überfahren ist, das wollen Stadtverwaltung, Bahn und Infoladen möglichst lange „unter den Teppich kehren“.
Den Bezirksbeirat Nord haben wir darüber informiert, aber über eine Reaktion ist uns noch nichts bekannt. Wir werden nachfragen.
Um diese Fehlplanung in die Öffentlichkeit zu tragen, haben wir einen Flyer (hier) entworfen, von dem es heute die ersten Exemplare gibt. Die Stadtteilgruppe „Nordlichter“ hat in der Bürgerversammlung des Stadtbezirkes Nord vor mehreren Hundert Bürgern die Planung hinterfragt. Als Oberbürgermeister Kuhn aber auf keine Frage antwortete, hat Claudia Jechow mutig mit Zwischenruf die fehlenden Antworten eingefordert. Die Themen seien zu komplex und sehr detailliert –man werde die Antworten nachliefern. Da aber bisher nichts passiert ist, haben die „Nordlichter“ eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben und einige Gemeinderäte um Unterstützung gebeten.
Ab Anfang November hat die Bahn nun im Hauptbahnhof oben das erst vor 5 Jahren neu gebaute Gleis 1, Teile von Gleis 2 und den dazwischen liegenden Bahnsteig abgerissen. Dort soll ebenso ein neuer Tunnel für die S-Bahn gebaut werden. Als die Bahn diese Baumaßnahme im Verband Region Stuttgart vorgestellt hat, da wurde nur dargestellt, dass die S-Bahn nach Abschluss dieses Umbaus weitgehend unverändert in den Hauptbahnhof tief einfahren kann. Was aber alles während des Baus passiert, das versuchte man ebenfalls „unter den Teppich zu kehren“.
Durch Nachfragen bei den Planern wissen wir, dass es durch den Abbruch von Stützmauen direkt neben den S-Bahn-Gleisen zu Komplettsperrungen der S-Bahn auf der Rampe kommen soll – etwa so wie das in Feuerbach immer wieder passiert. Um genauer zu wissen, was bis Anfang 2019 –so lange soll der Umbau dauern – auf die S-Bahn-Fahrgäste zukommt, hat die Fraktionsgemeinschaft von Linken und Piraten nun einen Auskunftsantrag gestellt, der erstaunlicherweise von allen anderen Fraktionen unterstützt wurde. Die Bahn muss jetzt erklären, wie oft der S-Bahn -Verkehr reduziert oder gar ganz unterbrochen wird und welche Notfallkonzepte während des Baus bestehen.
Wie berechtigt diese Fragen sind, das zeigte sich gleich am 7. November, als in der Nacht für die Unterbrechung der Gleise 1 und 2 gearbeitet wurde, aber am Morgen eine Weiche für die S-Bahn nicht wieder rechtzeitig richtig angeschlossen werden konnte. Für den Berufsverkehr bedeutete das am Dienstagmorgen dann „Großstörung“ mit Ausfall aller Verstärkerzüge, also nur Halbstundentakt. Derartige Betriebsstörungen und auch die
Unterbrechungen im Stadtbahnverkehr an der Staatsgalerie sind seit Jahren an der Tagesordnung. Aber unverfroren erhöhen VVS und Bahn auch in diesem Jahr wieder ihre Preise. Ein Abo für das gesamte VVS -Netz kostet jeden Monat sagenhafte 195 Euro
und dasin unserer Feinstaubhauptstadt!
Weiterhin hatte ich über den Tunnelbau in Untertürkheim gesprochen. Nach der 11. Planänderung sollen dort nun komplett alle fünf Gleise mit zwei bergmännisch vorgetriebenen Tunnelröhren unterfahren werden. Inzwischen wissen wir, dass auch in Obertürkheim die Gleise der S-Bahn und das Richtungsgleis der Fernbahn nach Esslingen bergmännisch unterfahren werden sollen. Ursprünglich waren dort eine Gleisverschwenkung und ein offener Tunnelbau geplant. Unser Aktionsbündnis hat sich an das Verkehrsministerium gewandt und für den Ende Oktober stattgefundenen Lenkungskreis neben mehreren anderen Themen auch die Sicherheit im Tunnelbau
bei der knappen Unterfahrung von Bahnstrecken hinterfragt. Offenbar hat dies – ebenso wie die vom SWR ausgestrahlte Sendung „Plus Minus“ mit einem Beitrag zur Sicherheit beim Tunnelbau dazu beigetragen, dass die Verantwortlichen der Bahn im Lenkungskreis
einen extra Tagesordnungspunkt „Sicherheit im Tunnelbau und Notfallkonzepte“ präsentiert haben. Nach Rastatt fällt es halt doch schwerer, die 100%-ige Sicherheit zu behaupten.
Allerdings sind in der Präsentation der Bahn mehrere schwere Fehler enthalten, die völlig ungeeignet sind, das angekratzte Vertrauen wieder aufzubauen. So sollen in Obertürkheim angeblich vier Gleise untertunnelt werden –es sind aber nur drei. Für Untertürkheim werden zwei Querschnitte im Abstand von 80 m präsentiert. Dass die mit 25‰ ansteigenden Tunnelröhren aber dabei einen Höhenunterschied von 2 Meter haben, das wird falsch gezeichnet. Bei der Bahn sind es nur 20 cm. Dieser Fehler tritt nicht nur bei der Zeichnung auf. Auch die angetragenen Maße sind falsch. Eine Überdeckung von 7,80
Meter–Schwellen und Schotterbett in fragwürdiger Weise mitgerechnet – wird als „mindestens 8 Meter“ bezeichnet. Es ist unglaublich, wie liederlich diese Präsentation erarbeitet wurde! Aber uns gab dies natürlich Gelegenheit, beim Verkehrsministerium nachzufragen („wurden Herrn Minister wirklich solche Fehler präsentiert“), und erstaunlicherweise fanden wir offene Ohren und die Bahn wurde um Aufklärung gebeten. Über die recht kleinlaute Antwort wurden wir bisher nur am Telefon informiert.
Und so kann ich meine Rede genauso wie die letzte schließen: Ihr kriegt uns nicht los, aber wir Euch schon. Oben bleiben!