Die beiden Stuttgarter Zeitungen berichten heute (hier) über eine aktuelle Ausschreibung der Bahn, dass sich der Bau von Stuttgart 21 bis Ende 2025 hinziehen könnte. In der Meldung heißt es:
„Die jüngste, am Samstag in einer Beilage des „Europäischen Amtsblatts“ veröffentlichte Ausschreibung der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH zeigt nun, wie groß die Verspätung des bisher auf 6,5 Milliarden Euro taxierten Projektes noch werden könnte. Die Bahn sucht in der Ausschreibung einen Sachverständigen für die „Gesamtheitliche Verformungsbetrachtung“ der Betonfahrbahn. Der Experte soll Verformungsverläufe und -unterschiede mit den zulässigen Werten abgleichen und „auch unter Berücksichtigung der geplanten Einbautermine“ eine Einbauempfehlung aussprechen. Der Vertrag soll bis Anfang 2022 laufen, hat aber zwei Verlängerungsoptionen. Die erste reicht bis Anfang Februar 2024, womit die Inbetriebnahme Ende 2023 abgedeckt wäre. Die zweite Option reicht bis Anfang Februar 2026. Mit dieser Option könnte eine Inbetriebnahme Ende 2025 abgedeckt werden“.
Dass die Bahn bei Stuttgart 21 entgegen ihrem offiziellen Inbetriebnahmetermin und der bislang eingeräumten zweijährigen Verzögerung bereits Aufträge mit Optionen über das Jahr 2023 hinaus ausschreibt, darüber hatten wir zuletzt im Juni 2017 in „Wann geht Stuttgart 21 in Betrieb? Zur Anfrage der Grünen-Fraktion an die Bundesregierung“ berichtet. Nur scheint jetzt die Halbwertszeit für weiter nach hinten verschobene Verlängerungsoptionen immer kürzer zu werden. Man fragt sich, ob und auf welcher Grundlage die Bahn überhaupt noch die Dauer ihres Megaprojektes Stuttgart 21 abschätzen kann. Wie der Bahnvorstand Roland Pofalla auf der Pressekonferenz zum letzten Lenkungskreistreffen verkündete, soll im Dezember die mit der Überprüfung der Zeit- und Kostenpläne beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft pwc im Dezember dem Aufsichtsrat der DB AG berichten.
Erschreckend an der StZN-Meldung ist, dass im Falle einer Verlängerungsoption des oben beschriebenen Auftrags bis Februar 2026 eine Inbetriebnahme von Stuttgart 21 frühestens Ende 2027 realistisch wäre. Denn nach dem Einbau der Betonfahrbahn ist noch die eisenbahntechnische Ausstattung und der geplante Testbetrieb erforderlich.
Und die Ausschreibung für die gutachterliche Beratung weist auch darauf hin, dass die Bahn entgegen ihren offiziellen Darstellungen die Risiken in kritischer Geologie für eine Verformung der Fahrbahn durch tunnelbaubedingte Hebungen oder Senkungen auch deutlich nach dem eigentlichen Vortrieb nicht ausschließt. Dass die Bahn auch nicht ausschließt, dass es beim Tunnelbau im kritischen Anhydrit bei den bislang eingeräumten „nicht nennenswerten“ Hebungen bleiben könnte, zeigt eine Folie zum Sachstand Anhydrit im PFA 1.5., die die Bahn im vorletzten Lenkungskreis präsentierte. Danach laufen derzeit Untersuchungen für höhenjustierbare Ausgleichsmaßnahmen von bis zu 30 cm!