Michael Pradel, seit Sommer 2015 Abschnittsleiter für die Bauarbeiten des PFA 1.1. rund um den „Tiefbahnhof“, lud vor zwei Wochen die Ingenieure22 zu einem Vorort-Termin auf die Baustelle ein. Auch eine Vertreterin des Netzwerks Kernerviertel konnte daran teilnehmen. Uli Fetzer hat an dem Rundgang Fotos gemacht. Über den Baustellenbesuch hat Wolfgang Kuebart von den Ingenieuren22 ein Protokoll verfasst. Wir zitieren daraus Auszüge über die südlich gelegenen Bauabschnitte, die für (technisch) interessierte Anwohner des Kernerviertels von Interesse sein könnten:
- BA 25/24 (Südkopf Randbebauung Kernerviertel)
Die Baugrube 25 liegt am Rand des Südkopfes neben den Häusern des Kernerviertels hinter der grünen Lärmschutzwand. Die Absicherung der Baugrube ist sehr mächtig. Nach der ursprünglichen Planung sollte der Tunnelvortrieb von der Baugrube 25 Richtung Anfahrbereich Süd starten. Jetzt ist vorgesehen, dass der Vortrieb von der Wendekaverne Richtung Baugrube 25 erfolgt. Wenn der Tunnelbau hier ankommt, werden jedoch die Anker der Baugrubensicherung in der Wand abgeschert. Der Baufortschritt muss dann entsprechend sein, damit es nicht mehr auf die Baugrubensicherung ankommt und der Anschluss an den Tunnel gemacht werden kann. Eigentlich sollte der Bauabschnitt nach der im August 2014 fertig gestellten Planung bereits im Juli 2016 fertig gestellt sein. Verzögerungen gab es durch die 15. Planänderung im PFA 1.1. für das Schwallbauwerk Süd, die im November 2016 vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt wurde. Weiterhin ist die Bahn mit der Stadt Stuttgart über die Einbettung des Schwallbauwerks in einen Gebäudekomplex im Gespräch. Dies wurde bereits auf der Rathausveranstaltung im März 2017 kommuniziert. Auf Nachfrage erklärte Herr Pradel, dass die Bauarbeiten am BA 25 nicht von der Genehmigung der 18. Planänderung / Entfluchtung bzw. der Genehmigung des Brandschutzkonzepts abhängig seien.
Zur besseren Orientierung, hier ein Überblick der DB Projekt Stuttgart Ulm-GmbH über die Bauabschnitte am Südkopf aus der letzten Lenkungskreisunterlage:
- BA23/24 (Bereich der Willy Brandt Straße mit alter Haltestelle Staatsgalerie)
Diese Bauabschnitte müssen ebenfalls frei gemacht werden, damit dort die Tunnel für den Bahnhof angelegt und die Haltestelle Staatsgalerie fertiggestellt werden können. Dieser Bereich am Südkopf ist der kritische Pfad für den Tiefbahnhof. Um zumindest einen Teil der zweijährigen Verzögerung am Südkopf des Tiefbahnhofs einzuholen, wird der BA 24 parallel zum BA 25 gebaut und Bewehrungsarbeiten im BA 25 /24 auch im Nachtbetrieb durchgeführt. Mit dem vorgezogenen Bau des BA 24 soll die B 14 beim Bau des BA 23 über den dann fertig gestellten Trogblock BA 24 verschwenkt werden. Damit sollen rund 8 Monate der zweijährigen Verzögerung eingeholt werden. Mehr sei wegen der komplexen Abläufe am Südkopf nicht machbar. Der ursprünglich geplante Fußgängersteg vom Kernerviertel zum Südausgang des Tiefbahnhofs wird nicht mehr erstellt. Stattdessen ist nach dem Umbau der B14 ein ebener Fußgängerübergang mit Ampel zwischen Kernerviertel und dem Südausgang des geplanten Tiefbahnhofs sowie der neuen SSB-Haltestelle vorgesehen. (Ergänzung Netzwerke21: Den 2013 im Umwelt- und Technikausschuss des Gemeinderates vorgestellten damaligen Planungsstand finden Sie hier.)
- BA 22 (Bereich der neuen Haltestelle Staatsgalerie mit Unterfahrung durch Bahntunnel)
Dieser Bauabschnitt ist als erster Trogblock einschließlich Decke im Rohbau fertig gestellt und kann an die SSB für den Bau der neuen Haltstelle übergeben werden.
Um die in diesem Abschnitt entstehende Haltestelle fertigstellen zu können, muss auch der BA 23 frei sein, da dort die südliche Wand der Haltestelle gebaut werden muss. Die alte Haltestelle muss daher bis dahin abgebrochen sein. Dies erfordert ein sehr komplexen zeitlichen Bauphasenplan. Auf Nachfrage bestätigte Herr Pradel, dass während der Bauarbeiten an der B 14 / BA 23 der Zugang zur neuen Haltestelle vom Kernerviertel aus noch ein nicht gelöstes Problem darstellt.
- Startbaufeld BA 16 (mit erste Bodenplatte, Bau des ersten und zweiten Kelchstützenfußes)
Im östlichen Bereich wurde der erste Kelchfuß betoniert und die Schalung freigelegt. Es entstehen an den Kelchen Grate durch die absichtlichen Trennfugen der Schalteile, die beim Entfernen der Schalungen unregelmäßig abbrechen. Die Form der Trennfugen wurde auf besonderen Wunsch des Architekten Ingenhoven so ausgeführt. Die Deckenteile der Kelchstützen werden keine kreisrunden Deckenbereiche haben sondern vieleckige gerade Begrenzungen haben. Zwischen zwei Kelchstützen werden sog. Schwindgassen ( bis zu 50 cm) betoniert, deren Armierungen die Armierungen der Kelchstützen miteinander verbinden. Im BA 16 scheint es demnächst eine weitere Freigabe zu geben, um das wesentlich umfangreichere Deckenteil der Kelchstütze angehen zu können. Es scheint jedoch so, als ob die übrige 18. Planänderung noch auf sich warten lässt. In der Lenkungskreisunterlage vom April 2017 ist davon die Rede, dass noch zwei Fluchttüren in die Pläne einzuarbeiten sind. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass es sich um Türen Richtung der SSB-Tunnel handeln soll.
- BA 14/15 (Im Bereich der ehemaligen Gleise, ehemals liegenden Eiffelturm) Hier werden jetzt nach der Baufeldfreiräumung die Bohrpfeiler gebohrt.
- BA 12 (Im “Innenhof” zwischen den zwei Passagierbrücken von der Bonatzhalle zum Querbahnsteig) Die auffälligen Querrinnen dienen zur Aufnahme von 10km Leerrohren für Leitungen der Telekom. Die Leitungen kommen jeweils im Bereich zwischen Außenwand und Innenausbau der Halle an die Oberfläche. In der nördlichen Querrinne wird die Bodenplattenbewehrung gelegt. Herr Pradel berichtete, dass sie in diesem BA die Pfähle nicht so tief setzen konnten, weil die Grundgipsschichten unerwartet hoch lagen. Man habe dann mit kürzeren Pfählen und mehr Bewehrung (zum Abtrag der größeren Kräfte auf die Pfahlspitzen) gearbeitet.
- Statikberechnungen für den Tiefbahnhof Bei der Statik für den Tiefbahnhofbau arbeitet man mit zwei Modellrechnungen (G-/geotechnisches Modell für die Gründung und einem T-Modell für die Tragwerkstatik), die im Hinblick auf die Verformungen bis auf 1-3 cm übereinstimmen müssen. Diese beiden Modelle müssen bei Änderungen der Rahmenbedingungen jeweils neu gerechnet werden. (Anmerkung Netzwerke21: für die Entwicklung der Statikmodelle ist u.a. das Unternehmen CDM Smith beauftragt. Im Mai 2017 referierten ein Vertreter der PSU und ein Vertreter von CDM Smith in einer Vorlesung des geotechnischen Institut der Universität Stuttgart über die hoch komplexen statischen Berechnungen des G- und T-Modells. Auch mit der Universität München werde zusammengearbeitet. Für technisch Interessierte ist rechts auf der Webseite von CDM Smith Constling GmbH eine Fachveröffentlichung über die „numerischen Berechnungen der Pfahlgründungen des neuen Hauptbahnhofs“ eingestellt. Sie vermittelt eine Weiterentwicklung gegenüber dem Stand, den der vom Eisenbahn-Bundesamt beauftragte Prüfer 2015 in einem Vortrag am geotechnischen Institut der Universität Stuttgart vorstellte. Ein komplexeres Statikmodell wurde damals von den EBA-Prüfern eingefordert.)