„Die Bahn will auch nachts bauen“: so lautete die Schlagzeile der Stuttgarter Nachrichten am 14. Dezember 2016 (hier) im Zuge der Berichterstattung über die Aufsichtsratssitzung der DB AG. Wir hatten darüber berichtet. Die Ausweitung der Bauzeiten für den „Tiefbahnhof “ war ein Bestandteil des „Maßnahmenpakets“ der Bahn um zumindest ein der eingeräumten zwei Jahre Bauverzögerung aufholen und die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2022 sicherstellen zu können.
Von dieser Gegensteuerungsmaßnahme war bereits im Juni 2016 in einem internen Papier an den Aufsichtsrat die Rede, als die Bahn massive massive Termin- und Kostenprobleme beim Bau von Stuttgart 21 einräumen musste. Auch gegenüber den Wirtschaftsprüfern der KPMG hatte die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH die Ausweitung der Bauzeiten am Tiefbahnhof in zwei Schichten zwischen 4 Uhr bis 24 Uhr als Gegensteuerungsmaßnahme präsentiert.
In der anfangs erwähnten StN-Meldung heißt es weiter: „Der für den Umweltschutz zuständige Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) sagte, die Überlegungen der Bahn seien der Stadt bekannt, es brauche aber Detailuntersuchungen. Die Stadt unterstütze die Beschleunigung. „Uns liegt viel an einem schnellen Bauablauf, da dadurch die Belastung der Bürger verkürzt werden kann.“
Von diesen Nachtbauarbeiten rund um den geplanten „Tiefbahnhof“ wären jedoch die Anwohner des nahe gelegenen Kernerviertels stark betroffen. Daher hatte das Netzwerk Kernerviertel unmittelbar auf den StN-Bericht Mitte Dezember sowohl beim Eisenbahn-Bundesamt als auch bei der Stadt Stuttgart schriftlich nachgehakt. Doch die Rückmeldungen von Seiten der Behörden auf die von der Bahn gegenüber dem Aufsichtsrat, den Wirtschaftsprüfern und der Presse angekündigten Gegensteuerungsmaßnahmen überraschen. Weder dem Eisenbahn-Bundesamt als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde noch der Stadt Stuttgart liegen bislang Unterlagen dazu vor:
- Eisenbahn-Bundesamt
Den Antrag des Netzwerks Kernerviertel vom 15.12.2016 auf Einsicht nach dem Umweltinformationsgesetz lehnte das Eisenbahn-Bundesamt mit Schreiben vom 10.02.2017 mangels nicht vorliegender Unterlagen ab.
Als Begründung gibt die Behörde an: „Mit Ihrem Antrag vom 15.Dezember 2016 begehren Sie die beim Eisenbahn-Bundesamt vorhandenen oder für es bereitgehaltenen Informationen zum Komplex: „Ausweitung des Baubetriebs Tiefbahnhof und SSB in den Nachtzeitraum“. Insbesondere interessieren Sie sich ausdrücklich für den in diesem Zusammenhang in jeglicher Form geführten Schriftverkehr, alle Gutachten, Untersuchungen, Protokolle, Aktenvermerke, Stellungnahmen, Berichte, Empfehlungen sowie die Genehmigungen zu diesem Themen-Komplex. Das Eisenbahn-Bundesamt verfügt zu dem für Sie interessierenden Sachverhalt nicht über Umweltinformationen im Sinne des §2 Abs.3 des Umweltinformationsgesetzes (UIG). Aus diesem Grunde war der Antrag abzulehnen.“
2. Stadt Stuttgart
Auf die Nachfrage des Netzwerks Kernerviertel bei der Bürgerbeauftragten Alice Kaiser, ob die Stadt wegen der geplanten Ausweitung des Baubetriebs in den Nachtzeitraum die von der Bahn vorgelegten Unterlagen mitprüfe, erhielt das Netzwerk am 20.12.2016 eine Antwort von Herrn Dr. Zirkwitz, Amtsleiter des Amtes für Umweltschutz (AfU).
Dieser schrieb: „Wie Sie richtig dargelegt haben, ist das Eisenbahn-Bundesamt sowohl planfeststellende Behörde als auch Aufsichtsbehörde für den Immissionsschutz beim Projekt Stuttgart-Ulm.
Die fachliche und rechtliche Zuständigkeit für die Prüfung und Bewertung von Messungen und Prognosen sowie den sich daraus ergebenden rechtlichen Schritte obliegt dem Eisenbahn-Bundesamt. Eine Zuständigkeit der Landeshauptstadt Stuttgart zur Überwachung immissionsschutzrechtlicher Belange ist somit nicht gegeben.
Daher kann die Stadt nur in der von Frau Kaiser bereits dargestellten und bewährten Art und Weise agieren. Im Rahmen unserer personellen und fachlichen Möglichkeiten werden wir dies entsprechend begleiten.“
Nur zum Verständnis, welche Art der fachlichen Begleitung von Seiten der Stadt Stuttgart bei den Immissionen von Stuttgart 21 gemeint ist. Die Bürgerbeauftragte Alice Kaiser hatte in ihrer Mail beschrieben, dass sie aufgrund von Beschwerden bei der Bahn nachhake.
Zu mehr Schutz ihrer Bürger sieht sich die Stadt aufgrund der Zuständigkeit des EBAs beim Bau von Stuttgart 21 nicht verpflichtet. Auch wenn die Gegensteuerungsmaßnahmen mit Vertretern der Stadt im Hinblick auf die verkehrstechnische Realisierung in Workshops erarbeitet wurden. Und Bauarbeiten während des Nachtzeitraums die Anwohner des Kernerviertels jahrelang betreffen könnten. Auf die nochmalige Nachfrage des Netzwerks Kernerviertel vom 21.12.2016 an Herrn Dr. Zirkwitz, ob dem AfU bereits ein aktualisiertes Detailgutachten bzw. eine immissionsrechtliche Bewertung für die Ausweitung des Baubetriebs des PFA 1.1./1.2. in den Nachtzeitraum vorliegt, kam daher keine Antwort.