Gestern hat der Aufsichtsrat der DB AG u.a. auch zu Stuttgart 21 getagt. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (Meldung 1/ Meldung 2) berichten über die Verlängerung des Vertrages von Bahnchef Rüdiger Grube bis 2020, die Neuordnung des Vorstandes, das Verschieben der Sparpläne im Güterverkehr. In welchem Umfang über das KPMG-Gutachten und den Bericht des Bundesrechnungshofs behandelt wurde, geht aus den Zeitungsmeldungen nicht hervor.
Eine Meldung ist jedoch besonders für die Anwohner des Kernerviertels und des Kriegsbergs alarmierend. Laut den Stuttgarter Zeitungen will die Bahn auch nachts an der Baustelle für den Tiefbahnhof bauen und zwar zwischen 4 bis 24 Uhr! Damit soll ein Teil der zwei Jahre Bauverzögerung aufgeholt werden. Dafür sind Ausnahmegenehmigungen des Eisenbahn-Bundesamtes erforderlich. Das Netzwerk Kernerviertel hakt wegen der geplanten Maßnahmen und der Auswirkungen für das nahgelegene Wohngebiet beim Eisenbahn-Bundesamt und der Stadt Stuttgart nach.
Die StZN schreibt: „Neben der Nachtarbeit sind parallele Arbeiten in mehr Baugruben vorgesehen. Um zu beschleunigen soll der Verkehr um die Baustelle vor allem am Nordkopf verbessert werden. Die Rede ist von einer weiteren Bau- oder „Notstraße“. Die Beschleunigung der Arbeiten ist nur mit zusätzlichen Genehmigungen möglich. Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes (Eba) vom 28. Januar 2005 für den Hauptbahnhof setzt dem Unternehmen bisher enge Grenzen. So hat die Bahn zugesagt, dass in der City „in der Regel im Nachtzeitraum (20 bis 7 Uhr) auf den Baustraßen keine Logistikaktivitäten stattfinden werden“. An der Bahnhofsbaustelle können nachts damit in der Regel weder Erde ab- noch Beton und Stahl zugefahren werden. (…) Der für den Umweltschutz zuständige Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) sagte, die Überlegungen der Bahn seien der Stadt bekannt, es brauche aber Detailuntersuchungen. Die Stadt unterstütze die Beschleunigung. „Uns liegt viel an einem schnellen Bauablauf, da dadurch die Belastung der Bürger verkürzt werden kann.“
Bereits die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG monierte in ihrem Gutachten, dass von Seiten der Bahn außer der Ausweitung der täglichen Bauzeiten keine Gegensteuerungsmaßnahmen vorgelegt wurden. Auch dem Aufsichtsrat wurden die seit Juni angekündigte Liste der Gegensteuerungsmaßnahmen nicht präsentiert. Laut STZN will der jetzt „die vom Vorstand versprochenen Einsparoptionen aufgelistet haben„. Mit diesen sollten die im Juni eingeräumten Risiken von rund 524 Millionen Euro teilweise aufgefangen werden.
Update: Auch der SWR (hier) berichtet über die geplanten Nachtarbeiten. In der meldung dementiert der Sprecher der Projektgesellschaft alle kritischen Punkte:
- „Aber von „Bauarbeiten rund um die Uhr“ könne keine Rede sein“. (Er erwähnt jedoch nicht, dass laut dem KPMG-Gutachten ein 2-Schichtbetrieb von 4-14 Uhr und 14-24 Uhr geplant ist.)
- „Man werde sich an die Immissionsschutzrichtlinien halten, damit werde es auch „keine relevanten Beeinträchtigungen“ etwa durch Lärm oder Dreck für die Anwohner geben, so Hamann weiter“.
- Der parallele Bau von mehreren Baufeldern erfordere entgegen der Einschätzung des BUND keine weitere Planänderung und „Selbstverständlich wird „nichts, aber auch absolut gar nichts passieren“, was die Mineralquellen gefährden könnte.“