Die Stuttgarter Zeitung berichtete heute (hier), dass das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) jetzt die zusätzlichen Stollen am Zwischenangriff Prag unter der Wartberg genehmigt hat. In diesem Stollen soll der Aushub über Nacht gelagert werden. Soweit dies die Landesbergdirektion genehmigt, wird in einem weiteren Stollen ein unterirdisches Sprengmittellager eingerichtet. Die geplanten Stollen liegen unter einem Grundstück der Stadt Stuttgart. Den Bescheid des EBAs zur Planänderung finden Sie hier. Es ist bereits die 21.(!) Planänderung im Planfeststellungsabschnitt 1.5. Mit der Planänderung erhofft sich die Bahn einen Teil ihres Zeitverzugs beim Feuerbacher Tunnel wieder aufholen. Die Bahn hatte zuletzt gegenüber dem Aufsichtsrat und dem Lenkungskreis einen Zeitverzug beim Bau des Feuerbacher Tunnels von einem Jahr eingeräumt. Als Ursache wurde vorallen das neue Bauverfahren zum Schutz vor Quellungen bei tiefliegenden Anhydrit angegeben. Aber auch die wegen Immissionsüberschreitungen eingeschränkte Baulogistik und die reduzierte Lüfterleistung führen zu Verzögerungen am Tunnelbau.
Wir hatten im Februar über die geplante Änderung des Transport- und Lagerkonzeptes berichtet. Die Bahn setzt mit dieser Planänderung verspätet die Auflage des EBAs aus der Planfeststellung um, dass Nachts wegen der hohen Lärmbelastung kein Abraum abtransportiert werden darf. Das dies erforderlich ist, zeigten nach Beschwerden der Anwohner durchgeführte Messungen. Im April ergaben Messungen am Gudrunweg oberhalb des Zwischenangriffs, dass der nächtliche Logistikbetrieb die Richtwerte der AVV-Baulärm deutlich übersteigen, auch der zulässige maximale Spitzenpegel von 60 dB(A) wurde wegen der nächtlichen Baulogistik unzulässigerweise um mehr als 22 dB(A) überschritten. Hier zwei Auszüge aus dem Messbericht vom 08.04.2016:
Noch unklar ist, welche zusätzlichen Belastungen mit der Ausweitung des Tunnelbaubetriebs auf die Anwohner des Wartbergs, beispielsweise durch den verstärkten Lkw-Anlieferverkehr am Tag oder höhere Lüfterleistung zukommen werden. Ein neues schalltechnisches Detailgutachten, bei dem im Gegensatz zu den letzten Untersuchungen das zeitweise geplante schallmindernde Dach den Berechnungen nicht zugrunde gelegt wurde, ist entgegen der Ankündigung der DB Projekt noch nicht auf deren Webseite veröffentlicht.
Noch immer klagen die Anwohner unter den von den beiden Lüftern am Tunnelmund ausgehenden Lärm und Vibrationen. Allerdings hat die letzte Schallmessung vom 24.Juni 2016 am Gudrungweg 7 direkt oberhalb des Zwischenangriffs Prag bei reduzierter Drehzahl erstmals einen Immisionswert von 45 dB(A) Tag/Nacht ergeben, der innerhalb der Prognose liegt. Die Messungen davor, wie z. im Mai ergaben noch mit 48 db(A) nach Einschätzung des Gutachter deutliche Überschreitungen gegenüber der Prognose an diesem Messpunkt am Wartberg. Nicht berücksichtigt ist jeweils der zusätzlich von der Baulogistik am Tunnelmund ausgehende Lärm durch Lkw- und Baggerfahren, der noch bei Betrieb dazuzurechnen ist. Ebenfalls nicht in diesem Wert berücksichtigt sind die nicht-baustellenbedingten Hintergrundgeräusche.
Die Zahlen entsprechen nicht den Erfahrungen der Anwohner, die teilweise trotz Schallschutzfenster mit Oropax schlafen müssen. Und die rund um die Uhr spürbaren Vibrationen der Lüfter sind für die zahlreiche Anwohner der oberhalb des Zwischenangriffs Prag liegenden Wohnhäuser das am meisten belastende Problem. Trotz monatelangen „Modifikationen“ an den Lüftern sind diese immer noch nicht in Griff zu bekommen. Die Lüfterturbinen sind schwingungsmäßig nicht von der Stahl-Unterkonstruktion und darunter liegenden Containern entkoppelt.
Ulrich Hangleiter, Vorsitzender des Netzwerks Killesberg und Umgebung e.V., schrieb:
„Über die Lärm-Perspektiven der Bewohner rund um den Zwischenangriff Prag wollte sich der Vorstand des Netzwerks schon längst ein eigenes Bild machen. Schon im Mai hatte die Bahn versprochen, Maßnahmen zur Reduzierung der Lärm- und Körperschallimmissionen fertig zu stellen. Nun wollten wir uns am 08. Juli bei einer Baustellen-Begehung vergewissern, wie dort der aktive Schallschutz erfolgreich umgesetzt wurde. Das Bild, das der Vorstand und einige Bewohner des Wartbergs dort gewannen, war ärgerlich und frustrierend: Die Maßnahmen sind immer noch nicht abgeschlossen, und das, was fertig ist, stieß bei den meisten Netzwerkern auf Kritik und Unverständnis. Bahn und ausführende ARGE bekommen die Emissionen aus der Bewetterungsanlage nicht in den Griff. Und der Verantwortliche, Herr Dr. Bitzer von der PSU, kündigt an, dass die Immissionen sich noch bei verstärkten Tunnelvortrieb steigern werden…
Es kann kein Zweifel an der Notwendigkeit der Frischluftzufuhr für die Arbeitnehmer unter Tage bestehen. Dass dies ausschließlich über den ZA Prag erfolgt, bedeutet aber: Je weiter der Vortrieb vorankommt, desto stärker muss die Belüftung sein. Das bedeutet zugleich eine höhere Lärmbelästigung der Anwohner dort. Und das nicht kurzfristig, sondern für die nächsten zweieinhalb bis drei Jahre. Eine unerträgliche Perspektive.“