Die Stuttgarter Zeitung berichtet morgen (hier), dass die Bahn zum wiederholten Mal ihre Pläne für den Abstellbahnhof in Untertürkheim, den Abschnitt PFA 1.6b, zurückgezogen hat. Der Grund dafür sei vorallem die prognostizierte Lärmbelastung für die Anwohner.
Das hört sich bekannt an. Bereits 2014 entschied sich die Bahn für die Rücknahme der 2010 öffentlich ausgelegten Pläne. Anwohner kritisierten in ihren Einwendungen die mit dem 24-Stundenbetrieb verbundenen hohen Lärmwerte. 2010 untersagte die Stadt Stuttgart dem Infobündnis Zukunft Schiene eine nächtliche Lärmsimulation der Dezibelwerte, die die Bahn damals den Bewohnern mit dem Nachtbetrieb des Abstellbahnhofs dauerhaft zumuten wollte. Mehr dazu finden Sie hier.
Nach den neuen Plänen sollen jetzt die befahrenen Gleiseweiter von der Wohnbebauung an der Augsburger Straße abgerückt werden. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung „wäre schon der Bau der notwendigen Lärmschutzwand so laut gewesen, dass sich daraus wieder Ansprüche auf Lärmschutzfenster in den betroffenen Vierteln Untertürkheims ergeben hätten. Dies und auch eine abermalige Überprüfung der betrieblichen Anforderungen an die Anlage habe die Bahn dazu veranlasst die Pläne neu zu zeichnen.“ Offen ist noch, ob damit auch die Stadtteile Obertürkheim und Münster weiterhin mit in die Planungen für den Abstellbahnhof einbezogen sind.
Gestern hatte Projektchef Manfred Leger auf der Anwohnerveranstaltung in Untertürkheim erklärt, dass sie im Herbst 2016 neue überarbeitete Pläne beim Eisenbahn-Bundesamt zur Erlangung einer Baugenehmigung einreichen werden. Eine öffentliche Erörterung erhoffen sie sich vor den Sommerferien 2017, eine Genehmigung ihrer Pläne dann im 2.Quartal 2018.
Damit ist auch der bereits jetzt eng gestrickte Zeitplan für den noch nicht einmal genehmigten Abschnitt des Abstellbahnhofs für Stuttgart 21 obsolet. Noch beim Lenkungskreis im November 2015 rechnete die Bahn mit einer Genehmigung und damit dem Startschuss der Vergabeverfahren für die Bauleistungen im November 2016. Nach dem seit März 2015 auf Webseite der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH eingestellten Informationspapier für die interessierten Firmen ist nach Ausschreibungsbeginn bis zur Fertigstellung des Abstellbahnhofs in den drei Stadtteilen insgesamt 4,25 Jahre bis Ende 2020 vorgesehen:
Daran anschließen würde sich der einjährige Testbetrieb bis Ende 2021. Also insgesamt ein Zeitrahmen von 5,25 Jahren. Auf Basis dieses Zeitrahmens wäre eine Inbetriebnahme von Stuttgart 21 bei einer erhofften Baugenehmigung für den PFA 1.6b im 2.Quartal 2018 frühestens zum Fahrplanwechsel 2023/24 realistisch.
Doch die Bahn geht laut StZ von mehr als einer Halbierung der Vergabe-/Bauzeit beim Abstellbahnhof in Untertürkheim von 4,25 auf 2 Jahre aus: „... Die Bahn zeigt sich aber überzeugt, dass sich durch die neuerlichen Umplanungen, die Bauzeit auf zwei Jahre beschränken ließe. „Wir sind zuversichtlich, mit der neuen Planung sowohl den Lärmschutz für die Anwohner, den Bauablauf wie auch das Betriebskonzept deutlich zu verbessern“, erklärt S-21-Projektsprecher Jörg Hamann den neuerlichen Anlauf in Untertürkheim.“ Dabei müssen auf dem Gelände des zukünftigen Abstellbahnhofs 6.000 Eidechsen eingesammelt und für 30 Jahre in ein neues, noch nicht gefundenes Habitat in Baden-Württemberg umgesiedelt werden.
Die Aussage von plötzlich möglichen Optimierungspotentialen beim Bau von Stuttgart 21 ist nicht neu. Selbst mehrjährige Bauverzögerungen scheinen laut der Projektgesellschaft die geplante Inbetriebnahme von Stuttgart 21 zum Fahrplanwechsel 2021/22 nicht zu gefährden. Optimierungspotentiale beim sich dahin schleppenden Bau des „Tiefbahnhofs“ werden von der Bahn postuliert, ohne genau zu erläutern, wie dies realisiert werden soll. Bestes Beispiel ist die bis heute nicht veröffentlichte aktuelle Bauzeitenplanung für die komplexen Bauarbeiten am Südkopf. Doch dass ein Vergabe- und Bauzeitenplan wie beim Abstellbahnhof kurzum halbiert werden kann, erscheint dennoch sehr gewagt.