Vor knapp 14 Tagen ist der Vorstand der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gegangen, in der er sowohl über die deutlich lauteren Lärmimmissionen im Umfeld des ZA Prag als auch über die geplanten Schallschutzmaßnahmen informiert hat. Wir haben darüber berichtet.
Das Netzwerk Killesberg und Umgebung e.V. hat jetzt die neue schalltechnische Untersuchung zum PFA 1.5. vom 10.Juli 2015 ausgewertet und sich wegen einer Reihe von kritischen Anmerkungen und dezidierten Nachfragen in einem Schreiben an den Vorstand der DB Projekt gewandt. Lesen Sie hier.
Dabei geht es im Wesentlichen um folgende Punkte:
- Dem neuen Gutachten liegen für den Zwischenangriff (ZA) Prag völlig andere baubetriebliche Abläufe zugrunde als in den vorangegangenen schalltechnischen Untersuchungen vom 21.11. 2014 und 12.02. 2015. So war als Bauszenario die Beladung durch Lkw mit Radladern sowie Lkw‐Transporte von der Betriebseinrichtungsfläche bis zur Logistikfläche C2 angesetzt. Jetzt plant die Bahn am ZA Prag den Einsatz einer deutlich lauteren Baustelleninfrastruktur, die in dieser Notwendigkeit und den dabei zugrundegelegten Lärmpegeln nicht nachvollziehbar ist.
- Der vom Gutachterbüro Fritz beratende Ingenieure GmBH ermittelte Lärmpegel dieser neuen Infrastruktur liegt bei 109 dB(A) und damit über 20 dB(A) über dem bislang prognostizierte Lärmgeschehen am Zwischenangriff Prag. Für das menschliche Ohr ist dies vierfach so laut.
- Statt mit den Lärmprognosen anderer Tunnelbaustellen zu vergleichen, hatte der langjährige Gutachter in den alten Untersuchungen quasi blind die Erkenntnisse des von der Baufirma beauftragten Gutachterbüros übernommen. Diese waren für den ZA Prag als Baustelle „light“ derart verfälschend und führten zu völlig falschen Folgerungen für die betroffenen Anwohnern.
- Bei den vom Gutachter ermittelten Lärmpegel von 109 db(A) sind bereits bei den beiden lauten Baumaschinen (Lkw mit Kran und Stabler) jeweils 10 dB(A) wegen der kurzen Gesamteinsatzdauer von 2,5 Stunden tags und 2 Stunden nachts abgezogen. Allerdings passen diese niedrigen Werte nicht mit den sehr hohen Lkw-Zahlen des Gutachtens zusammen. Danach würde beispielsweise die Beladung eines Lkws mit Aushub nur irreale 1,3 Minuten benötigen.
- Die Lkw‐Fahrten auf den Baulogistikstraßen steigen gegenüber den Vorgutachten im Nachtzeitraum ohne eine Begründung gravierend. So waren bislang für den Nachtzeitraum mit Ausnahme des ZA Prag jeweils nur 10 Lkws als Zu‐ und Abfahrt auf allen Baulogistikstraßen Richtung der zentralen Umschlagfläche C2 eingeplant. Für den ZA Prag waren 19 Zufuhren und 74 Abfuhren den bisherigen Lärmgutachten zugrunde gelegt. Die aktuelle schalltechnische Untersuchung vom 10.Juli 2015 enthält jetzt als nächtliche Fahrzeugbelastungen für die Baulogistikstraßen und die Andienung der zentralen Logistikfläche C 2 plötzlich statt der 10 bis zu 176 Lkws Zufuhren und 51 Abfuhren. Für den ZA Prag sind jetzt statt der 19 Zufuhren 154 Betontransporte angesetzt und bei den Abfuhren 92 statt 74 Lkws. Zum Vergleich hier die Auszüge aus den nur 5 Monate auseinanderliegenden Gutachten vom 12.02.2015 und 10.07.2015 mit den deutlich unterschiedlichen nächtlichen Lkw-Zahlen auf den Baulogistikstraßen:
- Die Steigerungsraten betragen bis 1.760% (!!!) und sind in dieser Größenordnung nicht nachvollziehbar. Unklar ist auch, ob dabei die Leerfahrten enthalten sind. Neben den nächtlichen Fahrten sind die Lkw-Fahrten täglich und stündlich für folgende Szenarien aufgelistet: Durchschnittliche Fahrzeugbelastung / Maximale Fahrzeugbelastung.
- Im Nachtzeitraum übersteigen die Immissionswerte an den Wohngebieten entlang der
Baulogistikstraßen deutlich den Richtwert der AVV‐Baulärm. Bei einigen Immissionspunkten reichen diese Werte bis knapp unter die noch zulässige Überschreitung von + 20 db(A). An der Störzbachstr.13 und der Nordbahnhofstr. 161 überschreiten die Prognosewerte den zulässigen Spitzenpegel der AVV‐Baulärm. Der nächtliche Logistikverkehr ist an diesen beiden Wohngebäuden rechtlich nicht mehr zulässig. Dennoch enthält die Untersuchung des Gutachters, der zugleich aks unabhängiger Immissionsschutzbeauftragter fungiert, keine Forderung nach weiteren aktiven Schallschutzmaßnahmen. - Die gravierende Steigerung des Schalleistungspegels des ZA Prag spiegelt sich nicht in den neuen Prognosewerten während des Tageszeitraums am Wartberg wieder und sind aufgrund von Widersprüchen, fehlenden Detailberechnungen und Schallausbreitungskarten nicht nachvollziehbar. So liegen die im neuen Gutachten für die Wartbergstr.8 nur leicht über den alten Werten. Die Prognosen für den Gudrunweg 7 liegen sogar unter denen der Vorgutachten, die eigentlich ein leiseres Bauszenario zugrundelegen.
- Das Gutachten enthält darüber hinaus keinen beschrifteten Plan für die Lage der einzelnen Baueinrichtungsflächen, Baustraßen und Bahngleise. Die aufgeführten Lkw‐Zahlen für die einzelnen Baustraßen und Straßenabschnitte können mangels eines geeigneten und beschrifteten Übersichtsplan nur begrenzt oder gar nicht örtlich zugeordnet werden.
Update: Im Zusammenhang mit den gravierenden Steigerungen der nächtlichen Lkw-Transporte zur Anlieferung des Baumaterials möchten wir noch auf die Pressemitteilung der Nordlichter hinweisen, die den Transport des Baumaterials durch das Wohngebiet kritisieren.