Vor einem Jahr berichtete der SWR in seinem Beitrag „Bei Anruf Sprengung. Der Staat baut, die Bürger leiden“ über die von den Tunnelsprengungen für die Umgehungsstraße in Reutlingen belasteten Bürger. Jetzt war der SWR wieder vor Ort und berichtete gestern in „Zur Sache Baden-Württemberg“ in einem TV-Beitrag über die eingetretenen Schäden. Risse ziehen sich durch die Häuser und für die Eigentümer ist nicht klar, ob sie diese Schäden ersetzt bekommen:
„Rund 800 Sprengungen hat Sigurd Brenner ertragen müssen. Jetzt hat sein Haus Risse und es ist unklar, wie er dafür entschädigt wird. Die neue Reutlinger Umgehungsstraße soll den Verkehr durch einen Tunnel unter der Stadt führen. Denen, die direkt über dem Tunnel wohnen, hat das Regierungspräsidium zugesagt: Schäden durch die Sprengungen und Bohrungen würden den Hausbesitzern ersetzt. Derzeit geht ein Gutachter von Haus zu Haus, um Riss für Riss zu beziffern. Bei Walther Lang war er schon. „Aber das, was sie uns angeboten haben“, klagt der Apotheker, „reicht für die Reparaturen hinten und vorne nicht.“Jetzt befürchtet auch Sigurd Brenner, dass er die Schäden an seinem Marmorboden weitgehend selber zahlen muss. Eigentlich müssten die Platten komplett ausgetauscht werden. Das Regierungspräsidium wiegelt ab: „Wir können doch nicht ganze Böden oder Terrassen auf Steuerzahlerkosten neu verlegen lassen!“
Der Reutlinger Scheibengipfeltunnel als neue Ortsumgehung ist nur 1,9 Kilometer lang und es waren nur eine vergleichsweise geringe Zahl an unterfahrenen Häusern betroffen. Vom Land BW hatten Sie die Zusage, dass die Schäden ersetzt werden. Dennoch müssen sich jetzt die Anwohner mit dem Regeierungspräsidium um einen angemessene Entschädigung für die eingetretenen Schäden streiten.
In Stuttgart geht es jedoch um andere Dimensionen. Von den geplanten 60 km langen Tunneln unterhalb des Stadtgebiets für den Bau des unterirdischen Bahnknotens Stuttgart 21 sind nach Angaben der Bahn 3.168 Grundstücke betroffen. Auch hier sind Sprengungen, wie beispielsweise in Wangen vorgesehen. Dazu kommen noch die Risiken durch den geologisch äußerst kritischen Stuttgarter Untergrund, wie z.B. dem sehr weichen Gestein des ausgelaugten Gipskeupers oder dem bei Wasserkontakt langjährig quellfähigen Anhydrit. Die von der Bahn in den Gestattungsverträgen vorgesehenen Haftungsregelungen zur Deckung dieser Risiken reichen bei weitem nicht aus. Nach Auffassung der Vertreter der Netzwerke muss die Bahn die durch den Bau der Tunnel verursachte Schäden ohne Rücksicht auf den Nachweis eines Verschuldens im Sinne einer Risikohaftung übernehmen. Vertreter der Netzwerke führen mit der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH zu diesem Thema Gespräche, die jedoch noch nicht abgeschlossen sind.