Am 10. April 2019 geriet bei Verschalungsarbeiten eine Betonspritzmaschine knapp 700 Meter vom Zwischenangriff Wangen in einer der beiden Tunnelröhre des Obertürkheimer Tunnels in Brand und konnte erst Stunden später mit einem Großeinsatz der Feuerwehr gelöscht werden. Die Rauchschwaden drangen auch über das Tunnelportal der Rettungszufahrt neben Wagenburgtunnel aus. Die Anwohner des Kernerviertels wurden gebeten Fenster und Türen zu schließen. Als Grund für die lang andauernden Löscharbeiten gab die StZN (hier) an, dass die Feuerwehr neben dem langen Weg zur Brandstelle noch mit einer zweiten Herausforderung zu kämpfen hatte: „An der Brandstelle konnte aus technischen Gründen nur mit Löschpulver und Kohlendioxid gearbeitet werden, nicht mit Wasser.“ Die Ingenieure22 schrieben damals in ihrer kritischen Betrachtung (hier), dass sich die Stuttgarter Medien allesamt sehr bedeckt und uneinheitlich hielten, was den Hergang angeht. Deutlich mehr erfuhren die Leser des Konstanzer Südkuriers (hier). Dort fand sich die Information, dass der Brand in einem Tunnelabschnitt mit dem quellfähigen Anhydritgestein lag und daher nicht mit Wasser gelöscht werden konnte.
Damals stellte die Gemeinderatsfraktion SÖSLINKEPLUS eine Anfrage an die Stadt Stuttgart zum Brand im S-21-Tunnel, u.a. nach dem Brandschutz bei S21-Tunneln, den durch den Brand entstandenen Schäden am Tunnelbau, den kurz- und langfristigen Gefahren durch emittierte Giftstoffe und dem Einsatz einer Rettungswehr der Baufirmen. Die Fragestellungen zum Brandgeschehen wurden bereits am 30.August von der Branddirektion Stuttgart unter Beteiligung der DB AG beantwortet. Wir möchten etwas verspätet auf die Stellungnahme hinweisen. Lesen Sie hier.
In dem neunseitigen Papier heißt es zur Frage, warum der Brand nicht mit Wasser gelöscht konnte: „Dass beim Brand am 10.04.2019 zunächst nicht mit Wasser gelöscht wurde, stellte eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund des Anhydritgesteins dar. Nachdem die betroffene Baumaschine in einen Bereich außerhalb des Anhydritbereichs verbracht wurde, in dem mit Wasser vorgegangen werden kann, wurde Wasser eingesetzt. Wenn sich im Einsatzverlauf ergeben hätte, dass eine Menschenrettung im Tunnel erforderlich gewesen wäre, hätten wir – unabhängig von möglichen Schäden am Bauwerk – sofort mit Wasser gelöscht. Nach dem vollständigen Einbau der Innenschale kann in allen Tunneln ohne Rücksicht auf Anhydrit mit Wasser gelöscht werden.“
Zur Frage nach der Giftigkeit der Rauchwolken, die auch über das Kernerviertel zogen, schreibt die DB AG, dass die Feuerwehr erst zu einem späteren Zeitpunkt Luftmessungen durchführen konnte. Die Branddirektion ergänzt: „Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die entstandenen Verbrennungsprodukte bei Bränden von Pkw, Lkw, Wohnungen o.ä. nicht signifikant. Je nach brennendem Stoff wären zwar Unterschiede erkennbar, diese sind aber nicht praxisrelevant und werden daher nicht näher untersucht oder bewertet. Brandrauch ist grundsätzlich toxisch und korrosiv.“
Auch vier Monate nach dem Brand kann die Bahn keine Auskunft zur Brandursache machen. In der Stellungnahme heißt es: „Welche Öle oder Stoffe genau in einer Baumaschine enthalten sind, dazu kann die ARGE keine Aussage tätigen, weil es ihr nicht bekannt ist. Was genau gebrannt hat, dazu konnte die ARGE noch keine Aussage machen, da es hierzu momentan noch eine Untersuchung gibt.“
Auch keine konkrete Antwort geben die Branddirektion und die Bahn auf die Frage der Fraktion: „Wie ist die Menge Hydrauliköl der verbrannten Betonspritzmaschine zu bewerten im Vergleich zu einem ICE-Triebkopf?“ Die Branddirektion kann dazu keine Aussage treffen. Die DB AG verweist auf die ihre Merkblätter, die auch die jeweils mitgeführten Betriebsmittel enthalten würden und der Branddirektion jederzeit zugänglich seien.
Interessant ist, dass laut der Stellungnahme nach dem Brand sämtliche Bauarbeiten im Obertürkheimer Tunnel nur 48 Stunden ruhten und keine weitere zeitliche Verzögerung eintrat. Wir hatten noch in unserem Bericht über die letzte Informationsveranstaltung in Obertürkheim spekuliert, ob der geringe Baufortschritt bei der Innenverschalung des Tunnels auf den Brand zurückzuführen sei.