Nachdem das Umweltamt der Stadt Stuttgart sowie der Sachverständige für Wasserwirt-schaft der Bahn keinen Grund zur Beanstandung der Wasserqualität sahen und die Firma Hölscher im Kernerviertel die Rohre mit Wasser durchspült, hat Hans Heydemann am 22.Juni 2014 in einem Beitrag zu den Rostwasser-Proben aus den „blauen Rohren“ Stellung genommen, den wir im Folgenden ungekürzt veröffentlichen:
Die Wasserproben wurden am IBr 34 gezogen, also am gleichen Brunnen, den angeblich auch ein „neutraler“ Sachverständiger beprobt hat, allerdings zu einem anderen Zeitpunkt. Unsere Probenahme wurde zu Beweiszwecken von CamS21 gefilmt und kann auf Youtube unter: [youtu.be] aufgerufen und angesehen werden (bisher knapp 1.400 Aufrufe!). Dort ist der Austritt der Rostbrühe aus der Zuleitung unmittelbar vor dem Brunnen klar ersichtlich und kann weder vom AfU noch von der Vorhabensträgerin bestritten werden! Ein anerkanntes und zertifiziertes Prüfinstitut hat in diesem Wasser einen Eisen-Gesamt-Gehalt von 17 mg/l ermittelt, so wie wir dies auch verbreitet haben. Es handelt sich auch keineswegs nur um ein „einmaliges Ergebnis“, sondern um eines, das dem vorgesehenen Regelbetrieb entspricht, wie nachfolgend begründet. Weitere Proben wurden aus IBr 55 sowie der Überschuß-Wasserleitung DN 250 zum Neckar am Rosenstein-Hang gezogen, im letzteren Fall mit geradezu erschreckenden Eisenwerten von 139 mg/l im Anfangswasser und immer noch 35 mg/l nach einigem Ablaufenlassen.
Wenn nun der „neutrale“ Sachverständige nach Angabe des AfU Wasserproben entnommen hat, die „keine Trübung“ und auch keine bedenklichen Eisengehalte aufgewiesen haben, so kann das auf folgende Gründe zurückzuführen sein:
1. Läßt man die Wasserprobe längere Zeit stehen, so setzt sich das unlösliche Eisen(III)-Hydroxid (sichtbarer Rost) als feinste Schwebstoffteilchen am Gefäßboden ab, und das Wasser erscheint dann nicht mehr als rostbraun getrübt. Bei vorsichtigem Abgießen verbleibt dieser Bodensatz und damit der größte Teil des Eisens im ursprünglichen Gefäß und wird bei der Analyse nicht miterfaßt, sondern nur noch das im Wasser in gelöster Form verbliebene Eisen(II)-Hydroxid. Ein so „manipuliertes“ Ergebnis entspricht aber nicht dem tatsächlichen Sachverhalt! Der Rost ist im Wasser drin und wird folglich auch über den Brunnen in den Untergrund des Stuttgarter Heilquellen-Schutzgebietes eingeleitet. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätten die gleichen Werte wie bei unserer Probe herauskommen müssen. Jedoch werden die Werte nicht mitgeteilt – warum wohl? Es steht somit im Belieben des AfU, die Werte als „unbedenklich“ einzustufen.
2. Die Leitungen wurden vorher kräftig und lange „saubergespült“ (so steht das sogar in den Richtlinien für das Probenehmen!). Erinnert wird in diesem Zusammenhang an die beobachteten „Spülarbeiten“, die Fa. Hölscher Wasserbau in der 2. Maihälfte an den Leitungen im Kerner-Viertel vorgenommen hat. Ein „Sauberspülen“ der Leitungen vor der Probenahme entspricht jedenfalls nicht der Wirklichkeit! Wenn die Leitungen gerade „sauber“ gespült sind, wird sich auch kaum Rost in den Wasserproben feststellen lassen – das so „manipulierte“ Ergebnis steht damit von vorn herein fest!
Ein derartiges Ergebnis ist aber für den vorgesehenen Infiltrationsbetrieb nicht aussagekräftig, sondern eine bewußt herbeigeführte Täuschung der Öffentlichkeit! Die Betriebsweise des GWM sieht im Regelbetrieb nur sehr geringe Strömungsgeschwindig-keiten (um 0,1 m/sec) in den Zuleitungen zu den Infiltrationsbrunnen vor sowie zeitweil- ige, auch länger andauernde Stillstände je nach Pegelstand der Brunnen, so daß sich Rost in hohem Maße im Wasser bilden und anreichern kann. Bis zum Öffnen der Bau- gruben werden noch Monate vergehen, bis dahin wird sich das Wasser in den „Blauen Rohren“ erneut in eine dunkle „Rostbrühe“ verwandeln.
Der Rostvorgang in den Rohren wird durch den Spülvorgang ja nicht gestoppt, sondern geht bedingt durch den im Wasser mitgeführten Sauerstoff unvermindert weiter bis zur völligen Zerstörung. Ein m² Eisen-Oberfläche verliert durch Rostung bis zu 10 Gramm Eisen am Tag, die in Eisenhydroxid umgewandelt werden; das sind in einem Jahr bis zu 3,65 kg je m² innerer Rohr-Oberfläche!
Eisen bildet – entgegen der inzwischen eindeutig widerlegten Behauptung der Fa. Hölscher Wasserbau – eben keine schützenden Deckschichten aus; der Rostaustrag aus den Rohrleitungen ist keineswegs vernachlässigbar. Den Nachweis der„Gleichwertigkeit“ der hier eingesetzten Rohre ohne inneren Korrosionsschutz gegenüber solchen mit Korrosions-Schutz ist Hölscher bis heute schuldig geblieben! Nach dem Austritt des Wassers aus der Reinigungsanlage des GWM sind auch keinerlei Meßeinrichtungen zur Qualitäts-Überwachung mehr vorgesehen; das Einleiten einer „Rostbrühe“ in den Untergrund wird folglich auch gar nicht erfaßbar!
Um zu verhindern, daß diese Rostmengen in den Untergrund des Stuttgarter Heilquel-len-Schutzgebietes versenkt werden, müßten die nicht gegen Korrosion geschützten Rohrleitungen regelmäßig in kurzen Zeitabschnitten immer wieder gespült werden, wozu der laufende Infiltrationsbetrieb jedesmal zu unterbrechen wäre. Dies ist aber weder vorgesehen noch praktisch durchführbar angesichts des damit verbundenen hohen Zeitaufwandes und der großen Spülwassermengen (jeweils mehrere tausend m³), die dann dem eigentlichen Infiltrationsbetrieb nicht mehr zur Verfügung stehen, sowie der vorschriftengerechten Entsorgung der verunreinigten Spülwasser-Mengen. In den Unterlagen zur Planfeststellung findet sich dazu nichts.
Entscheidend ist, daß das Grundwasser durch den aus den Rohren ausgetragenen Rost in seiner Zusammensetzung verändert wird, weil etwas hinzutritt, was vorher nicht drin war! Dies verstößt gegen die Heilquellen-Schutzverordnung §8 und steht auch dem Sinn des Abschnittes 7.1 „Grundwasser- und Heilquellenschutz“ des PFB 1.1 entgegen, der strenge Anforderungen an die Durchführung des Vorhabens stellt, um das Grundwasser wie auch das darunterliegende Mineralwasser vor Beeinträchtigungen zu schützen. Im PFB 1.1 heißt es dazu auf S. 60 unter Ziff. 7.1.10 „Baumaterialien“: „Baustoffe bzw. Baumaterialien die bauzeitlich oder dauerhaft im Kontakt mit dem Grundwasser stehen (bzw. bei denen mittelfristig ein Kontakt mit dem Grundwasser nicht ausgeschlossen werden kann) müssen grundwasserverträglich sein.“ Rostende Rohre entsprechen dem aber nicht.
Nachdem die fortdauernden Rostungen in den „Blauen Rohren“ von der Bahn und den Behörden jetzt nicht mehr bestritten werden können, heißt es nur noch, dies sei unbe- denklich für das Grundwasser und auch für das Mineralwasser. Die vom AfU festgestellten Eisenwerte werden nicht veröffentlich – warum wohl? Stattdessen wird einfach der „zulässige“ Einleit-Grenzwert entsprechend hoch angesetzt; schon ist alles wieder in Ordnung und damit der Schutz des Mineralwassers gewährleistet.
Und da sollen sich die Bürger dann nicht getäuscht sehen?
Hans Heydemann von den Ingenieuren22