Seit bald einem Jahr wird unter der Degerlocher Gemarkung zum Bau des bergmännischen Abschnitts des Fildertunnels gesprengt. Viele Degerlocher klagen über die Beeinträchtigungen durch die Erschütterungen und den Lärm, besonders im Nachtzeitraum. Letzte Woche hat die Zeitschrift Kontext (hier) sehr ausführlich darüber berichtet und schriebt: „Die Deutsche Bahn sprengt sich durch den Degerlocher Untergrund. Rund um die Uhr, weil laut Projektsprechern keine Kompromisse drin sind. Der Lärm lässt Anwohnern keine Ruhe, auch nicht nachts. Jetzt wollen Betroffene wegen Körperverletzung klagen.“ Über die teilweise Überschreitung des nächtlichen Richtwerts hatten wir bereits berichtet.
Insbesondere der sekundäre Lärm durch die Sprengungen macht den Anwohnern zu schaffen. Kontext schreibt: „Zudem wird die nächtliche Lärmbelastung, die nach Schilderungen der Anwohner das eigentliche Problem darstellt, gar nicht erst erfasst. Ein Sprecher der Bahn, der namentlich nicht genannt werden will, sagt dazu auf Rückfrage der Redaktion, dass es beim Tunnelvortrieb keine gesetzliche Regelung diesbezüglich gebe: „Insofern kann es auch zu keiner Überschreitung eines zulässigen Grenzwertes kommen.“ Eine bestechende Logik: Wo keine Vorschrift, da keine Messung, da kein Problem. Unstrittig ist allerdings, dass die Explosionen mindestens in einem Radius von rund 300 Metern hörbar sind, und der Schall durch die Röhrenstruktur des Tunnels noch verstärkt wird. Gerade nachts wird das zur Zumutung, klagen nicht nur Kampe und Bender.“
Wir müssen ergänzen, dass die rechtliche Situation der Anwohner noch viel absurder ist. Bei der Baugenehmigung für Stuttgart 21 wurden die Beeinträchtigungen durch den sekundären Luftschall beim Spreng- und Meißelvortrieb komplett ausgeklammert. Da man sich mit baubedingtem sekundärem Luftschall im Planfeststellungsbeschluss überhaupt nicht befasst hat, damals aber auch niemand unter diesem Gesichtspunkt geklagt hat, sind diese Immissionen nunmehr nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshof Mannheim ohne weiteres hinzunehmen. Insofern sei die Planfeststellung zwar vielleicht fehlerhaft, aber bestandskräftig. Diese Rechtseinschätzung erhielt eine Untertürkheimer Eigentümerin im Juli 2017 als sie in einem Eilantrag gegen die nächtlichen Meißelarbeiten geklagt hatte.
Morgen, am 25.4.2107 um 18 Uhr, kommen Vertreter der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) in den Bezirksbeirat Degerloch und wollen über den Fortgang und den Zeitplan der Vortriebsarbeiten berichten. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (hier) kündigten in ihrer Freitagsausgabe diesen Termin an.