Wie berichtet hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) den Eilantrag einer Eigentümerin aus Stuttgart.Untertürkheim abgelehnt. Jetzt liegt den Netzwerken auch der Beschluss des VGH vor.
Der Beschluss ist relativ knapp begründet. Wie schon in der Pressemitteilung erkennbar, stützt sich der Beschluss darauf, dass der Entscheidungsvorbehalt des Planfeststellungsbeschlusses den sekundären Luftschall nicht erfasse. Der VGH folgte der Argumentation der Bahn und des Eisenbahn-Bundesamtes. Der Entscheidungsvorbehalt bezieht sich nur auf den direkten Baulärm und die Erschütterungen. Nur hier sei das Eisenbahn-Bundesamt nach dem Planfeststellungsbeschluss verpflichtet, vor Baubeginn auf Basis von Detailgutachten über die konkret zu treffenden Schutzmaßnahmen zu entscheiden. Insofern sei die Planfeststellung zwar vielleicht fehlerhaft, aber bestandskräftig. Da man sich mit baubedingtem sekundärem Luftschall im Planfeststellungsbeschluss überhaupt nicht befasst hat, damals aber auch niemand unter diesem Gesichtspunkt geklagt hat, sind diese Immissionen nunmehr ohne weiteres hinzunehmen.
Die Bahn und das EBA vertreten in ihren Schriftsätzen vor allem die Auffassung, der Meißelvortrieb sei als Standardbaumaßnahme mit der Planfeststellung zugelassen. Wenn das zutrifft – und davon geht auch der VGH aus – , dann hat die Planfeststellung ein wesentliches Problem -nämlich die Belastungen durch den sekundären Luftschall beim Bau von 59 Tunnelkilometern unter einer Großstadt- vollständig übersehen.
Hier zwei Auszüge aus dem Beschluss des VGHs:
- Auszug :
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Die betroffenen Anwohner sind somit davon abhängig, welche konkreten Schutzmaßnahmen von der Bahn im Falle des schlafraubenden Meißelvortriebs unterbreitet werden. Bislang haben viele Anwohner die von der Bahn angebotenen Hotelübernachtungen als restriktiv gehandhabt empfunden. Beispielsweise wurden nach Kenntnis der Netzwerke keine Kosten für eine selbst ausgesuchte Ferienwohnung übernommen. Auch wenn Ferienwohnungen in Stuttgart nur schwer zu finden sind. Statt einer wochen- bzw. monatelangen Hotelunterbringung könnten sie für zahlreiche Betroffene eine Erleichterung in der Organisation des Alltags mit sich bringen. Obgleich ein Umzug für Familien mit kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen nur schwer oder mit vielen Belastungen zu bewerkstelligen ist.
Der Katalog der Schutzmaßnahmen, den die von der Bahn beauftragte Kanzlei Kasper Knacke bzw. ihr Rechtsanwalt Dr. Peter Schütz im Schriftsatz vom 28.Juni 2016 an den VGH aufzählt, ist jedoch umfangreicher als bekannt. Darin ist ein „bunter Strauß“ an Angeboten aufgelistet, um die Anwohner zu schützen. Davon war allerdings auf sämtlichen Anwohnerveranstaltungen nicht die Rede. Der Katalog zeigt, dass die Bahn doch zu weitergehenden Angeboten bereit ist.
Die Netzwerke empfehlen daher den betroffenen Anwohnern, sich auf die jetzt schriftlich gegenüber dem VGH zugesagten Angeboten der Bahn zu berufen. Hier der Auszug aus dem Schriftsatz vom 28.Juni 2016 S.14 f (unter der Beigeladenen ist die Bahn gemeint):
Statt einer Hotelunterbringung fordern jetzt erste Eigentümer in Untertürkheim eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG wegen Schall- und Erschütterungsemissionen aus dem Tunnelvortrieb bzw. für die wochen- bzw. monatelange Einschränkung der Nutzbarkeit der Häuser/Wohnungen. Das Bestehen eines solchen Entschädigungsanspruchs wurde in dem beim VGH geführten Verfahren vom Eisenbahn-Bundesamt bestätigt (vgl. Schriftsatz des Eisenbahn-Bundesamtes vom 27.06.2016, Seite 3). Der Entschädigungsantrag ging erst einmal an die Bahn bzw. DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH. Die Eigentümer haben allerdings noch keine Antwort auf ihre Anträge erhalten.