Die Untertürkheimer Zeitung hat bereits am 25.Oktober darüber berichtet. Heute veröffentlicht die Stuttgarter Zeitung einen Artikel (hier) über die Probleme beim Tunnelbau für Stuttgart 21 in Untertürkheim. Seit September ruht der Baubetrieb auf Höhe der Albert-Dulk-Straße wegen des starken Wassereinbruchs, der zwar gestoppt werden konnte. Doch um einen weiteren für die Mineure gefährlichen Wassereinbruch in dem mit Hohlräumen durchzogenen Gestein zu vermeiden, muss quer über den nahgelegenen Fußballplatz mit schweren Gerät Beton in den Boden gepresst werden. Der von elf Teams bespielte Fußballplatz kann laut StZ ab Mitte Dezember für ein halbes Jahr wegen den Bauarbeiten für Stuttgart 21 nicht mehr genutzt werden.
Interessant ist die Antwort der Stadt Stuttgart auf eine Anfrage des Stadtrats Ralph Schertlen, STAdTISTEN, über die die StZ folgendes schreibt:
„Nach den Vorgängen auf der Tunnelbaustelle hat sich auch Ralph Schertlen, Stadtrat der „Stadtisten“, erkundigt. Den Kommunalpolitiker trieb die Frage um, ob Vergleichbares an anderen Stellen in der Stadt, wo die Bahn an Stuttgart 21 baut, auch passieren könne – insbesondere im Kernerviertel. Die Stadtverwaltung zeigt sich in ihrer Antwort zuversichtlich, dass ein ähnliches Ereignis dort nicht zu erwarten sei. Aus der Zusammenstellung aus dem Rathaus geht auch hervor, dass in Untertürkheim gut fünf Millionen Liter Wasser in die Baustelle gelaufen sind, ehe sie wieder abgedichtet werden konnte.“
Die Antwort der Stadt Stadt Stuttgart können Sie hier lesen. Sie zeigt u.a. mit welchem extremen Wassereinbruch die Mineure auf der Tunnelbaustelle Anfang September zu kämpfen hatten. Allein in den ersten drei Tagen rund 4.750 Kubikmeter Wasser und einen Höchststand am 7.September mit 2.030 Kubikmeter. Dies entspricht nach unser Umrechnung an diesem Tag ca. 23 l/s. Die Stadt schreibt lediglich dazu: „Aus hydrologischer Sicht wird der Vorgang als außergewöhnlich eingestuft.“
Dabei haben laut Projektsprecher Jörg Hamann in der UZ weitere Untersuchungen ergeben, „dass sich in der ausgelaugten Gipskeuperschicht noch weitere Hohlräume befinden. „Wenn die Arbeiter bei der bergmännischen Vortriebsweise auf eine solche Wasserblase stoßen, besteht eine große Gefahr für Leib und Leben“, sagt Projektsprecher Jörg Hamann.“
Vergleichsweise „bescheiden“ waren die Wasserandrangsraten, die in der 7.Planänderung Grundwassermangement für diesen Tunnelbauabschnitt zwischen Wangen und Untertürkheim prognostiziert wurden, d.h. auf S.18f im Erläuterungsbericht Hydrogeologie und Wasserwirtschaft für den PFA 1.6a / Anlage 20.1B (hier). Dort ist bei Mittelwasserverhältnissen von Werten mit gerade einmal 0,1 bis 0,2 l/s die Rede und für die Summe aller Bauabschnitte ein Wasservolumen von rund 3.800 Kubikmeter. Dieses Volumen für die gesamte Bauzeit wurde allein an den ersten drei Tagen beim Wassereinbruch überschritten. Man fragt sich auch, wie die Bahn dazu kam, das Gesamtvolumen in diesem Bauabschnitt gegenüber dem Wert der Planfeststellung von 61.800 auf 3.800 Kubikmeter zu verringern. Schließlich lagen der 2011 beantragten Planänderung Grundwassermanagment weitere Erkundungsbohrungen des 5. Bohrprogramms zugrunde.
Wir möchten noch einmal daran erinnern, dass im Zuge der Planänderung zum Grundwassermanagement der BUND und die Ingenieure 22 das Wassermodell der Bahn für die Prognose als unzureichend kritisiert haben. Auch das Netzwerk Untertürkheim hatte in den Erörterungen zum Grundwassermanagement und mehreren unbeantworteten Anfragen an die Bahn auf die unzureichende Berücksichtigung der Aufschüttungen im ehemaligen Neckar-Flußbett beim Tunnelbau hingewiesen. So stehen die am Sportplatz angrenzenden Gebäude des Bruckwiesenwegs, darunter auch Wohnhäuser, wegen des kritischen Untergrunds auf Pfählen.
Die Antwort an den Stadtrat Ralph Schertlen ist insoweit auch bemerkenswert, als die Stadt Stuttgart noch am 27.Oktober schreibt, dass außer zusätzlichen Erkundungsbohrungen keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien und von erkundeten Hohlräumen entlang der geplanten Tunnelstrecke nicht die Rede ist:
„Durchgeführte Rammsondierungen im Bereich der Albert-Dulk-Straße zeigen bisher, dass keine weiteren Hohlräume vorhanden sind…. Weitere Maßnahmen im Hinblick auf den eingetretenen Wassereintritt sind derzeit aus Sicht der Verwaltung nicht erforderlich… Es sind weitere Erkundungsbohrungen entlang der geplanten Tunneltrasse ab Albert-Dulk-Straße bis zur Bruckwiesenbrücke geplant.“
Dabei berichtete bereits zwei Tage vorher die Untertürkheimer Zeitung über die zusätzlich erforderlichen Betonverfüllungen des Untergrunds und die monatelange Sperrung des Fußballplatzes. Dies zeigt, dass möglicherweise die Stadt Stuttgart von der Bauherrin Bahn nicht über die tatsächlichen Konsequenzen des Wassereinbruchs in Kenntnis gesetzt wurde und die Untertürkheimer Zeitung nicht gerade zur bevorzugten Lektüre im Rathaus gehört. Oder die Stadt wollte in ihrer Antwort an den Stadtrat nicht umfassend informieren.
Auf eine Begleiterscheinung des Wassereinbruchs in Untertürkheim müssen wir noch hinweisen, über die weder in den Zeitungsmeldungen noch in der Antwort der Stadt Stuttgart berichtet wurde: Während des Wassereinbruchs auf der Tunnelbaustelle drang auch in Kellern des nahgelegenen Lindenschulviertels Wasser ein. Gestoppt wurde dies erst, als die Mineure auch das Wasser auf der Tunnelbaustelle mit Beton in den Griff bekamen.