Brigitte Lösch, Landtagsabgeordnete der Grünen und Landtagsvizepräsidentin, ist eine der PolitikerInnen, die immer wieder im Interesse der von Stuttgart 21 betroffenen Anwohner und Eigentümer nachhakt. So zuletzt in einem Schreiben an den Projektchef Manfred Leger anlässlich der Wangener Eigentümer, die sich in Vertragsverhandlungen mit der Bahn unfair behandelt sahen. Manfred Leger, Vorstand der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm GmbH, hat ihr in einem Brief ausführlich geantwortet. Lesen Sie hier.
Doch viele Fragen der Grundstückseigentümer zur Entschädigung und der Haftung sind offen geblieben. Daher hat sie jetzt die folgende Pressemitteilung herausgegeben, die wir auf unserer Seite ebenfalls veröffentlichen:
Mehr als 3.000 Grundstücke sind durch Errichtung von ca. 58 km Tunnelbauwerke im Rahmen des Großprojekts Stuttgart 21 betroffen. Hierzu braucht die DG Netz AG für die Unterfahrung der Grundstücke die Erlaubnis der Grundstückseigentümer. Auch in Stuttgart-Wangen, wo ein Anfahrtsbereich eines Tunnels liegt, wurden im Sommer diesen Jahres Enteignungsverfahren für entsprechende Grundstücke betrieben und den Eigentümern entsprechende Besitzeinweisungen zugestellt.
„Diese Besitzeinweisungen lassen aber einige sehr wichtige Fragen bezüglich Enteignung, Entschädigung und der Haftung offen“, erklärt Brigitte Lösch, Landtagsabgeordnete für den Neckarwahlkreis und hat einen entsprechenden Brief an die DB Projekt Stuttgart-Ulm GbmH geschrieben.
Nun liegt die Antwort vor. „Leider sind die Antworten der Deutschen Bahn alles andere als befriedigend und auch der Umgang mit den Eigentümern bzgl. Auskünften und Informationen lässt wieder einmal zu wünschen übrig“, so Brigitte Lösch. Vor allem beim Thema Entschädigung ist die Bahn widersprüchlich.
„Die Bahn setzt zur Ermittlung der Entschädigungshöhe den Bodenwert eines Grundstücks an. Das Landesenteignungsgesetz und auch das RP Stuttgart verweisen aber hierbei auf den Verkehrswert des Grundstücks. Da fragt man sich doch, wer nun Recht hat?“ sagt Brigitte Lösch.
Auch der Verweis der Bahn, dass die Entschädigungshöhe nach dem Bodenwert mit dem des Verkehrswerts vergleichbar ist, stimmt so nicht: unter Umständen liegt der Bodenrichtwert deutlich unter dem Verkehrswert des Grundstück, ergänzt die Abgeordnete. Für sie ist klar, dass die Eigentümer nicht die Entschädigungen erhalten sollen, die ihnen eigentlich zustehen.
„Und beim Thema Haftungsanspruch der Eigentümer geht es weiter. Die DB AG übernimmt eine Haftung nach der halben Beweislastumkehr während der Vortriebsphase der Bauarbeiten“, so Brigitte Lösch. Für Schäden am Gebäude, die erst nach Wochen oder Monaten auftreten, gelten die gesetzlichen Bestimmungen – d.h. die Eigentümer müssen beweisen, dass die Schäden durch die Baumaßnahmen entstanden sind. Gerade im Rahmen des Großprojekts S21 müssten hier besser auf die Betroffenen eingegangen werden und deutlich längere und ggf. sogar unbefristete Haftungsansprüche gelten, fordert Brigitte Lösch.
„Aber auch in Sachen Kommunikationspolitik hat die DB AG wohl nichts dazu gelernt“, meint die Politikerin Lösch. Die Eigentümer in Wangen wurden – nicht wie die Bahn schreibt – zu einem klärenden Gespräch eingeladen, wo über die individuelle Eigenschaften des Geländes verhandelt werden sollte. Stattdessen – so berichten die Eigentümer – ist eine beauftragte Firma an sie mit der Forderung herangetreten, sie sollen die Besitzeinweisungen unterschreiben oder es geht gleich vor das Regierungspräsidium.
„Über 3.000 Eigentümer sind von den S21 Bauarbeiten betroffen und müssen in diesem Rahmen zum Teil erhebliche Opfer bringen. Da wäre es sehr wünschenswert, wenn die Deutsche Bahn AG angemessen mit ihnen umgeht und ihnen gute und faire Angebote bzgl. Entschädigung und Haftung unterbreitet,“ so die Abgeordnete abschließend.