Wir haben bereits darüber berichtet, dass das Netzwerk Kernerviertel die völlig unzureichende Information von Seiten der Bahn über die zu erwartenden Erschütterungen durch die Setzung der für den Tiefbahnhoftrog erforderlichen Rammpfählen kritisiert hatte. Das Gutachterbüro der Bahn, Ingenieurbüro Fritz GmbH hatte sowohl in zwei Gutachten, zuletzt im Juni 2013, bereits einer Entfernung von 75 bis 125 Meter schwere Erschütterungen für die Gebäude in der Umgebung prognostiziert. Dabei sollen nach Plänen der Bahn entgegen der 11. Planänderung auch noch am Baufeld 25, in der Nähe der Wohngebäude, weitere Rammpfähle gesetzt werden. Die Bahn reagierte auf die Kritik mit dem pauschalen Hinweis, dass es sich bei diesen Arbeiten um ein „immissionsarmes“ Bauverfahren handele, das durch die Planfeststellung angedeckt sei. Das Netzwerk Kernerviertel forderte eine Klärung dieses Widerspruches in einem neuen erschütterungstechnischen Gutachten, das auch die aktuelle Bauplanung am Baufeld 25 berücksichtigt.
Rammgerät und Rammpfähle auf dem Baufeld 16
Die Bahn ist jetzt dem Netzwerk Kernerviertel entgegen gekommen. Dr. Florian Bitzer, Anschnittsleiter der Technischen Fachdienste bei Stuttgart 21, bot einen Vor-Ort-Termin auf der Baustelle wegen der geplanten Rammarbeiten an. Seit Ende Juni ist aus Sicht der Netzwerke eine Wende in der Öffentlichkeitsarbeit der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH festzustellen. Die Bahn geht aktiv auf das Netzwerk Kernerviertel zu, um über die von Seiten des Netzwerks kritisierten Punkte zu sprechen. Transparenz über die Bauplanung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen sind zu begrüßen. Daher haben am letzten Freitag zwei Vertreter des Netzwerks Kernerviertel diese Einladung angenommen und gemeinsam mit Florian Bitzer, Michael Pradel, dem neuen Abschnittleiter für den PFA 1.1., und einem Verantwortlichen der Firma Züblin die Baustelle besucht. Auf dem Vor-Ort-Termin wurden folgende Punkte angesprochen:
- Auf dem Baufeld 25 sollen neben der éhemaligen Polizeistation im Bereich einer Doline mit einem ungefähren Radius von 20 Metern Rammpfähle gesetzt werden. Auf der Bezirksbeiratsitzung war von 10-15 Pfähle die Rede. Nach Information des neuen Abschnittsleiters steht die Anzahl der Pfähle noch nicht genau fest. Es könnten auch 30 Pfähle zur Stabilisierung des Untergrundes erforderlich sein. Die Setzung der Rammpfähle würde jedoch im Baufeld 25 wegen der geringen Anzahl von Pfählen einen Zeitraum von ca. zwei Wochen benötigen.
- Die Doline neben der Polizeistation ist seit 2012 bekannt. 2013 wurde ein Rammpfahl als Test neben der ehemaligen Polizeistation gesetzt. Warum die Setzung der Rammpfähle im Baufeld 25 nicht im immissionsrechtlichen Gutachten zur 11. Planänderung berücksichtigt wurde, konnte der neue Abschnittsleiter nicht sagen. Möglicherweise sei damals doch noch nicht klar gewesen, ob und in welchem Umfang Rammpfähle dafür erforderlich sind.
- Nach Information von Michael Pradel hat die Bahn jetzt das Gutachterbüro Fritz GmbH mit einem neuen erschütterungstechnischen Gutachten beauftragt, das neben den neuen Erkenntnissen aus der Geologie auch die aktuelle Bauplanung berücksichtigt. Die Setzung des Testrammpfahls im Baufeld 25 und die Setzung der Rammpfähle im Baufeld 16 hätten nahzu keine Erschütterungen in der Umgebung ausgelöst.
- Die Bahn plant nach Auskunft von Florian Bitzer Anfang Oktober eine Informationsveranstaltung, in der sowohl über die neu geplanten Lärmschutzwände als auch über die prognostizierten Auswirkungen der Rammarbeiten informiert werden soll. In der unmittelbaren Umgebung der Baustelle sollen die Anwohner auch per Flyer informiert werden.
- Nach Auskunft von Florian Bitzer wird ein neues schalltechnisches Gutachten durch das Gutachterbüros Fritz GmbH erarbeitet. In diesem sollen die neuen Lärmpegel auf Basis der akuellen Ausführungsplanung und der geplanten aktiven Schallschutzmaßnahmen für das Kernerviertel ermittelt werden. Es wird dem EBA im Sommer zur Genehmigung vorgelegt und soll im Herbst veröffentlicht werden.
- Der Vertreter der Baufirma Züblin informierte auch über die Lärmschutzwand entlang der Sängerstraße. Zwischen dem Gebäude Sängerstraße 6 und der Polizeidirektion solle eine weitere Lärmschutzwand aufgebaut werden, um so mit den Gebäude Sängerstraße 6 und der alte Polizeistation auf drei Seiten in U-Form einen Lärmschutz zu erreichen.
Die Vertreter des Netzwerks Kernerviertel hakten bei der Baustellenführung auch wegen der offensichtlich erkennbaren Bauverzögerungen nach. Nach dem auf der Pressekonferenz im August 2014 präsentierten Zeitplan sollten im Juli 2015 im Baufeld 16 bereits die Bodenplatte gesetzt werden und die Bauarbeiten am Baufeld 22 und 25 laufen. Bei dem Vor-Ort-Termin wurde jedoch eingeräumt, dass die Geologie für die Gründung entgegen den Vorerkundungen doch heterogener sei. So wurden bei den Aushubarbeiten beispielsweise auch teilweise organische, d.h. torfhaltige Schichten, angetroffen. Auf die starke Heterogenität des Untergrundes und die damit verbundene Problematik für die Gründung des Tiefbahnhof bzw. der Rammpfahlsetzung hatte bereits auch der geotechnische Prüfer des Eisenbahn-Bundesamtes, Prof. Dr. Michael Borchert, in seinem Vortrag an der Universität Stuttgart hingewiesen. Wir haben darüber berichtet.