Die beiden Stuttgarter Zeitungen erinnern heute (hier) an den Baustart von Stuttgart 21 vor knapp fünf Jahren. Damals, am 2.Februar 2010, wurde der Prellbock 049 (StZ) in einem symbolischen Akt mit 400 geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft, begleitet von einem Pfeifkonzert der Projektgegner, versetzt. Mehr dazu im damaligen StZ-Bericht und im Bericht von Frontal 21. In der heutigen Meldung der Stuttgarter Zeitungen heißt es zur Frage, ob denn die Bahn, nachdem sich jahrelang nichts oder nur „homöopathischen Dosen“ auf den Baustellen getan hat, noch im Zeitplan sei:
„...Für Laien ist das schwer zu beurteilen: Kann hier, wo jetzt Bagger und Baumaschinen jede Menge Dreck hin und herfahren in knapp sieben Jahren ein voll funktionsfähiger unterirdischer Bahnhof starten? Man sei gut in der Zeit, heißt es bei der Bahn. Ende 2021 sei für die Fertigstellung nach wie vor drin. Alle vier Tunnel in Stuttgart seien im Bau, ein Zehntel davon im Rohbau fertig…“
Erstaunlich, dass die beiden Zeitungen unkritisch die von der Bahn weiterhin so felsenfest versicherte Eröffnung des „Tiefbahnhofs“ und seiner 60 Kilometer unterirdischer Zulaufstrecken bis Ende 2021 nicht hinterfragen. Möglicherweise wollen sie nicht wieder eine Klage des Kommunikationsbüros riskieren. Selbst der Verkehrsminister des Landes BW Winfried Hermann hielt bereits vor zwei Jahren in einem Interview mit der StZ (hier) die Eröffnung von Stuttgart 21 zum offiziellen Zeitpunkt für völlig unrealistisch:
„2025 wäre das schon extrem optimistisch kalkuliert. Es kann ja niemand wollen, dass wir bis 2030 eine Dauerbaustelle haben. Nicht weil wir schwergängig sind, sondern weil die Bahn es ist. Sie ist an den Verzögerungen schuld.“
Bis auf die Abriss- und Rodungsarbeiten wurde bis heute kein einziger von der Bahn veröffentlichter Bauzeitplan – auch wegen der zahlreich erforderlichen Planänderungen – einhalten. Über die zeitlichen Abweichungen von den aktuellen Zeitplänen haben wir vor Kurzem in unserem Beitrag „Quartalsbericht statt Baufortschritt“ berichtet. Auf der Baustelle zum „Tiefbahnhof“ ist weiterhin nicht erkennbar, dass der Anfang August 2014 vom Bauleiter der ausführenden Baufirma Züblin vorgestellte eng getaktete Zeitplan mit den einzelnen Trogbautätigkeiten in den Baufeldern 1,16,22 und 25 (hier) eingehalten werden kann. Obwohl mittlerweile die Genehmigungen zur erhöhten flexiblen Grundwasserentnahme und geänderten, offenen Bauweise des Nesenbachdükers vorliegen. Lediglich die Bauarbeiten der SSB zur Verlegung der beiden Stadtbahnhaltestellen Türlenstraße und Staatsgalerie laufen.
Und auch nach den aktuellen offiziellen Zahlen zum 26.Januar 2015 (hier) sind von den rund 60 Kilometer Tunnelstrecken mitnichten ein Zehntel im Rohbau fertig, sondern lediglich 3,29 % bzw 1.945 km. Davon entfallen allein 425 Meter auf schmale Zugangsstollen am Zwischenangriff Wangen und Prag sowie an der Rettungszufahrt am Wagenburgtunnel. Eine Übersicht der Netzwerke 21 über den Verlauf finden Sie hier. Unabhängig vom weiteren Fortgang in den noch nicht genehmigten Bauabschnitten auf den Fildern und beim Abstellbahnhof Untertürkheim scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch die Bahn erneut einen verzögerten Fertigstellungstermin und die damit auch verbundenen Kostensteigerungen bei den Projektpartnern und in der Öffentlichkeit einräumen muss. Die Anwohner der umliegenden S 21- Baustellen werden mit den Belastungen sicherlich deutlich länger als offiziell geplant leben müssen.