Nachtrag zum vorläufigen Schluss der Filderanhörung

Die längste Anhörung in der Geschichte des Regierungspräsidiums Stuttgart ist nach 11 Tagen vorläufig beendet. Steffen Siegel, der Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft Filder kritisierte in seiner Schlußrede in  harschen Worten das Verfahren als unbefriedigend. Die Bahn habe ein „denkbar schlechtes Bild abgegeben, viele Fragen nicht beantwortet, viele Fragen falsch beantwortet, ja einige bewusst falsch beantwortet“ und forderte die Bahn auf sich zu entschuldigen. Auch die mangelnde Leistungsfähigkeit der gesamten Bahninfrastruktur von Stuttgart 21 wurde von Christoph Engelhardt als Gutachter des BUND noch einmal auf der Erörterung thematisiert. Kontext berichtet darüber im Beitrag „Wiedergeburt des Wutbürgers„. Im Vorfeld der Erörterung erläuterten Axel Wieland vom BUND und Christoph Engelhardt auf einer Pressekonferenz am 1.10.2014 (Video) ihre Kritikpunkte an der Leistungsfähigkeit des Gesamtprojekts.

Nach Berichten der beiden Stuttgarter Zeitungen (StZ 1 / StZ 2 / StN 1 / StN 2 ) ist damit zu rechnen, dass die Unterlagen schon allein wegen des nicht berücksichtigten Lärmschutzes entlang der Bahnstrecke im nächsten Jahr neu ausgelegt werden müssen. Darüberhinaus steht die geplante Trasse, die bereits 2002 von der Bahn beantragt und vom Eisenbahn-Bundesamt als nicht genehmigungsfähig abgelehnt wurde, wieder auf der Kippe. Der von der Stadt Leinfelden-Echterdingen beauftragte Gutachter der TU Dresden hatte erhebliche Verspätungsprobleme für S-Bahn, Nah- und Fernverkehr nachgewiesen. Die Bahn bestritt dies und musste sich den Vorwurf der Stadt gefallen lassen, dass sie den Gutachtern die aktuelle Planungsdaten bewusst vorenthalten hatte. Nun soll eine Fahrplansimulation, die die Bahn allein schon durch die Zurückhaltung der Daten selbst verschuldet hat,  in einigen Monaten Klarheit bringen.

Der offizielle Zeitplan der Bahn, Stuttgart 21 Ende 2021 fertigzustellen, ist damit perdu. Die Bahn räumt ein weiteres Jahr der Verspätung ein. Auch die Möglichkeit der zeitlichen Abtrennung des Filderbereichs ist im Gespräch. Dennoch besteht die Vermutung, dass die Bahn bewusst mit einer kaum genehmigungsfähigen Trasse in die Erörterung gegangen ist, um so die Chance für eine politische Unterstützung der mittlerweile schon wieder 220 Millionen Euro teureren Alternativtrasse zu erhalten und damit den von Stadt und Land festgezurrten Kostendeckel nach oben zu öffnen. Zumal nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten (hier) trotz des geringen Baufortschritts bereits 531 Millionen aus dem Risikotopf verbraucht sind. Der erste Vorstoß ist bereits getan. Die Regionalversammlung stimmte gestern mit Stimmen der CDU, Freien Wählern, SPD und FDP dafür, dass „im S-21-Lenkungskreis Ende Oktober über die Finanzierung von Verbesserungen im Filderabschnitt Gespräche stattfinden sollen und die Region dazu einen Beitrag leistet für eine Erhöhung des Finanzierungsanteils„. Kritiker wiesen jedoch bereits 2013 bei bereits deutlich niedrigeren Zahlen darauf hin, dass sowohl die Antrags- als auch die Alternativtrasse  entlang des Filderbereichs deutlich überfinanziert sind.

Update: Steffen Siegel zieht auf der 242. Montagsdemo eine Bilanz der Filderanhörung. Seinen Redetext finden Sie hier. 

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