Thorsten Krenz, der neue Konzernbevollmächtigte der DB für Baden-Württemberg, hatte in der Sitzung des S21-Ausschuss im Rathaus am 15.Juli seine Stellungnahme zur Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 beim Deutschlandtakt vorgelesen. Die Ingenieure22 haben die Aussagen des Papiers analysiert und einen offenen Brief (hier) an Thorsten Krenz gerichtet.
In der Pressemitteilung der Ingenieure 22 heißt es: „Die S21-kritischen Ingenieure22 werfen dem Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für Baden-Württemberg Thorsten Krenz in einem offenen Brief abenteuerliche, groteske und unbewiesene Behauptungen zur Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 vor. Thorsten Krenz hatte sich am 2.7.2019 sowie in einer Erklärung vor dem Stuttgarter Gemeinderat am 16.7.2019 zum Verhältnis von Stuttgart 21 zum Deutschlandtakt geäußert. Wolfgang Kuebart, Physiker und Mitglied bei den Ingenieuren22: „Wir müssen die Diskussion zu S21 und zum Deutschlandtakt wieder zurück auf den Boden der Tatsachen holen. Die Angaben von Herrn Krenz sind grotesk, ohne nachvollziehbare Begründung und widersprechen DB-eigenen Regeln. Man kann es auch als fake news bezeichnen – oder als bewusste Irreführung der Öffentlichkeit.“
Die von Herrn Krenz gemachten Angaben zur Leistungsfähigkeit, die eine angeblich mühelose Verdoppelung des Schienenpersonenverkehrs durch Stuttgart 21 prognostizieren, sind ohne nachvollziehbare Begründung. Die zugrunde gelegten Doppelbelegungen im S21-Tiefbahnhof sind nach dem vorliegenden Brandschutzkonzept nicht zulässig, die behauptete Leistung und die damit angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen sind also gar nicht möglich.
Gleiches gilt für die Reisezeiten-Vergleiche, die eine irreführende Schönfärberei von Stuttgart 21 sind, indem Fahrzeitverkürzungen herausgestellt werden, die allein auf Fahrzeitgewinnen durch die Neubaustrecke nach Ulm beruhen, die sich also auch ohne Stuttgart 21 realisieren lassen.
Geradezu grotesk ist die Behauptung, Stuttgart 21 erlaube „einen S-Bahn-ähnlichen Hochleistungsbetrieb“, bei dem „auf jedem Bahnsteiggleis ohne Weiteres alle fünf Minuten ein Zug fahren“ könne. Die Realität bestehender Durchgangsbahnhöfe wie z.B. Hannover, Hamburg Hbf und Köln widerlegt diese Aussage mit erheblichen Verspätungen. Bei Stuttgart 21 kommt erschwerend hinzu, dass in den Tiefbahnhof wegen der zu hohen Gleisneigung (15 ‰) bei Doppelbelegung nur mit 20 km/h oder gar nur mit Schrittgeschwindigkeit eingefahren werden kann, was einen „S-Bahn-ähnlichen Hochleistungsbetrieb“ ausschließt.
Ferner zeigt die Behauptung, „auf jedem der acht Streckengleise [kann] im Schnitt alle zwei Minuten ein Zug fahren“, wie losgelöst von den örtlichen Gegebenheiten der Bahnbevollmächtigte argumentiert: fordert doch die DB-eigene „Tunnelrichtlinie“, dass „ein Zug aus dem Tunnel herausrollen [können muss], auch wenn die Versorgung mit elektrischer Energie z.B. durch die Folgewirkung eines Brandes bereits unterbrochen ist.“ Dies ist eine direkte Folge der Gewährleistung der Sicherheit für die Fahrgäste im Brandfall und bedingt im fast 10 km langen Fildertunnel, dass frühestens alle 5 Minuten ein Zug in den Tunnel einfahren darf, wenn der vorausfahrende Zug den Tunnel verlassen hat.
Die Ingenieure22 stellen fest: Stuttgart 21 ist weder ausreichend leistungsfähig noch zukunftsfähig. Die topografische Anordnung des Bahnhofs quer zum Stuttgarter Becken, die Zulaufgleise in steilen, 60 km langen Tunneln und der Plan, mehrere Züge gleichzeitig in einer Tunnelröhre zu führen, sind eine Sicherheitsprovokation und widersprechen bisheriger Bahnpraxis.