Morgen werden am Verwaltungsgerichtshof Mannheim zwei Klagen eines Eigentümers aus dem Kernerviertel verhandelt. Die Stuttgarter Nachrichten (hier) und der SWR (hier) weisen in einer Meldung auf den ersten Prozess hin. Zum Prozesstag findet man auf der Webseite des VGHs folgende Informationen:
Verhandlung 13.30: „Streitgegenstand: Der Kläger klagte ohne Erfolg gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben „Projekt S 21, Umbau des Bahnknotens Stuttgart“ – Planfeststellungsabschnitt 1.1. Mit seiner erneuten Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlüsse vom 28.1.2005 (Talquerung mit Hauptbahnhof) und vom 19.8.2005 (Fildertunnel) aufzuheben. Diese seien mangels ausreichender Finanzierung des Vorhabens sowie infolge planerischer Missgriffe rechtswidrig.“
Verhandlung 15.30: „Streitgegenstand: Der Kläger wendet sich gegen die 11. Planänderung des Eisenbahn-Bundesamtes für das Vorhaben „Projekt S 21, Umbau des Bahnknotens Stuttgart, PFA 1.1 (Gründung von Ingenieurbauwerken im Bereich Bahnhofshalle)“. Das Grundstück des Klägers ist von der Planänderung dadurch betroffen, dass auf ihm weitere Gründungspfähle für den neuen Bahnhof eingebracht werden sollen.“
Update: Die Stuttgarter Zeitung (hier) und der SWR (hier) berichten darüber, dass beide Klagen vor dem VGH Mannheim abgewiesen wurden. Das Gericht akzeptierte trotz der Kostenexplosion bei Stuttgart 21 und der immer noch im Raum stehenden Kritik an der versprochenen Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs keine der von der Klägerseite vorgebrachten Argumente.
Ein Mitglied des Netzwerks Kernerviertels, der als Zuschauer den Gerichtsprozess verfolgte, beschrieb den Tenor der Entscheidung wie folgt: „Am Schluss der Verhandlung hatte der Rechtsanwalt, der den Kläger vertrat, noch 20 Beweisanträge gestellt und verlesen, die die Arbeiten von Christoph Engelhardt in den Prozess einführen sollten. Nach einer Beratung von etwas mehr als einer Stunde wurden sämtliche Beweisanträge mit der Begründung zurückgewiesen, gegenüber der schon gegen denselben Kläger ergangenen Entscheidung aus 2006 könnten die angebotenen Beweise keine neuen „Tatsachen“ erbringen, wie dies Voraussetzung für die Abänderung eines früher zwischen denselben Parteien ergangenen Urteils sei. Es ging in dem Verfahren ging ganz generell um die Frage, ob neue Erkenntnisse (wie die von Christoph Engelhardt erarbeiteten), die sich aus im Vorprozess bereits bekannten Gutachten ergeben“ haben, neue Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift seien. Das wurde verneint.“ Auch juris (hier) berichtete über den Tenor des Urteils.
Unberücksichtigt blieb, dass im ursprünglichen Prozess vor dem selben Gericht 2006 drei Gutachter zur Frage der Leistungsfähigkeit des künftigen Tiefbahnhofs auftraten, die unmittelbar mit dem Projekt befasst waren. Selbst Heiner Geißler wunderte sich in der Schlichtung, dass damals keine neutralen Gutachter vor Gericht hinzugezogen wurden. Die Stuttgarter Zeitung berichtete darüber im Zuge der Schlichtung (hier). Der VGH wies diesen Vorwurf zurück (hier).
Vor einiger Zeit hatte jedoch einer der Gutachter, Prof. Martin, Leiter des Institutes für Eisenbahn- und Verkehrswesen der Uni Stuttgart, öffentlich eingeräumt, dass „unter den veränderten Bedingungen eine praktisch relevante Kapazität von 42 bis 51 Zügen für den Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 ermittelt wurde (wobei eher eine Orientierung am unteren Ende dieses Bereichs empfohlen wurde oder zusätzliche betriebliche Maßnahmen vorgesehen werden sollten.)“. Wir berichteten darüber im Zuge des Abriss des Wohnhauses an der Sängerstraße. Damit war aus Sicht der Kritiker die von der DB versprochene Leistungsfähigkeit und damit auch die Planrechtfertigung für die Eigentumseingriffe weiterhin in Frage stellt.