Abriss in der Sängerstraße trotz fragwürdiger Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21

Die Stuttgarter Zeitung berichtete gestern über ein Zitat von Prof.Dr. Martin, des Leiters des Institutes für Eisenbahn- und Verkehrswesen der Uni Stuttgart, das aus Sicht der Gegner die von der DB versprochene Leistungsfähigkeit und damit auch die Planrechtfertigung für die Eigentumseingriffe weiterhin in Frage stellt:

„Der Leiter des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen an der Uni Stuttgart erklärte vor einiger Zeit, dass „unter den veränderten Bedingungen eine praktisch relevante Kapazität von 42 bis 51 Zügen für den Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 ermittelt wurde (wobei eher eine Orientierung am unteren Ende dieses Bereichs empfohlen wurde oder zusätzliche betriebliche Maßnahmen vorgesehen werden sollten.).“Christoph Engelhardt, der Experte der S-21-kritischen Gruppe Wikireal, sieht damit die in Planfeststellungs-beschlüssen und Gerichtsurteilen mit Verweis auf Gutachten von Martin aufgeführte Kapazitätsreserve des neuen Tiefbahnhofs, nämlich 51 Züge, offiziell korrigiert – und diesen Entscheidungen damit die sachlichen Grundlage entzogen. …..Für Engelhardt sind zudem Abriss- oder Enteignungsverfügungen wie zuletzt für einHaus in der Sängerstraße rechtlich fragwürdig. Wenn der verkehrliche Nutzen von S 21 nicht mehr belegt sei, bestehe auch kein öffentliches Interesse, sagt er.“

Das Haus an der Sängerstraße wurde jetzt dennoch als erstes Gebäude im Zuge der Baumaßnahmen für den Bau des Filderttunnelportals  abgerissen.  Der letzte verbliebene Eigentümer im Haus, ein Mitglied des Netzwerks Kernerviertel, hatte mehrfach dagegen geklagt. Zuletzt unterlag er im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gegen den Beschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart, mit dem der Bahn das Recht eingeräumt wurde, das Wohnhaus auf dem Grundstück ab dem Stichtag 23. September abzureißen. Der Eigentümer musste binnen weniger Tage seine Wohnung räumen.

Das Gericht entschied im Eilverfahren gegen den Kläger und begründete die Ablehnung damit, dass das Grundstück „eine Schlüsselstellung für den Bau der Tunneleinfahrt“ ­habe. Das RP dürfe der Bahn den Besitz vorzeitig, also vor einem förmlichen Enteignungs-verfahren, zuweisen. Die Behörde müsse nicht abwarten, bis sämtliche noch nicht abgeschlossene Änderungen an den bestehenden Bahnplänen genehmigt seien. Ein Rechtsanwalt des Eigentümers, Eisenhardt von Loeper, berichtete auf der Montagsdemo am 23.09.2013 über die Mängel des Urteils. Es läuft noch ein weiterer Antrag der Rechtsanwälte beim Bundesverfassungsgericht.

Der Abbruch wurde auf  einer vorzeitigen Besitzeinweisung ohne ein eingeleitetes Enteignungs- und Entschädigungsverfahren vollzogen. Die Bahn hat damit wieder einmal vorzeitig Fakten geschaffen. Dies auch, ohne dass die für den Bau des Projekts zentrale Fragen, wie beispielsweise die Genehmigung des höheren Grundwasservolumens oder die Brandsicherheit des Tiefbahnhofs geklärt sind.

Frank Schweizer, der Sprecher des Netzwerks Kernerviertel, hatte in einer Rede am 21.09.2013 vor dem Haus an der Sängerstraße 4 auf die Mängel bei Stuttgart 21, dem Vorgehen der Bahn bei diesem Haus und die Folgen für die betroffenen Hausbesitzer hingewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

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